Stefanie Hock, Stefan Seitz
Arbeitszeitkonten nach § 10 TVöD können durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch durch landesbezirklichen Tarifvertrag (im Bereich eines Mitgliedverbandes der VKA) oder durch einen Tarifvertrag auf Bundesebene (im Bereich des Bundes) eingerichtet werden, § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 TVöD. Diese Regelungen werden in der Praxis bedeuten, dass ein Arbeitgeber in einem Betrieb/einer Verwaltung, für die ein Personalvertretungsgesetz gilt, ein Arbeitszeitkonto i. S. d. § 10 TVöD nicht mehr gegen den Willen der Personalvertretung durchsetzen kann. Lehnt nämlich die Personalvertretung eine entsprechende Dienstvereinbarung ab, so lässt sich diese auch nicht nach einem Einigungsstellenverfahren gegen den Willen des Personalrates durchsetzen. Die Möglichkeit des Abschlusses eines landesbezirklichen Tarifvertrags ist in diesen Fällen wohl eher theoretischer Natur. Die Gewerkschaften werden kaum geneigt sein, die vom Arbeitgeber gewünschte Vereinbarung in einem Tarifvertrag zu regeln. Dem Arbeitgeber steht es in diesen Fällen aber frei, ein Arbeitszeitkonto einzurichten, das nicht den Regeln des § 10 TVöD, sondern eigenen Regeln folgt (hierzu Ziff. 2.5.2).
Der TVöD sieht keinesfalls vor, dass bei Einrichtung von Arbeitszeitkonten die Regeln des § 10 TVöD stets und zur Gänze einzuhalten sind. § 10 TVöD ist zunächst eine reine "Kann-Bestimmung". Nur soweit ein Arbeitszeitkorridor im Sinne von § 6 Abs. 6 TVöD oder eine Rahmenzeit im Sinne von § 6 Abs. 7 TVöD vereinbart wird, muss dazu ein Arbeitszeitkonto nach den Regelungen in § 10 TVöD eingerichtet werden. Das macht auch Sinn: Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit sind Arbeitszeitmodelle zur Vermeidung von Überstunden. Sie wirken zugunsten des Arbeitgebers, der damit seine Arbeitszeitflexibilität erweitert. Allerdings auf Kosten des Arbeitnehmers, der damit ein Stück seiner Arbeitszeitsouveränität verliert. Um eine Balance zwischen beiden Parteiinteressen wiederherzustellen, ist für den betroffenen Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto nach den arbeitnehmerfreundlichen Regelungen in § 10 TVöD einzurichten. Damit gewinnt der Arbeitnehmer Arbeitszeitsouveränität wieder zurück.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht in Verbindung mit der Protokollerklärung zu § 6 TVöD und der Protokollerklärung zu Abschnitt II TVöD. Diese Tarifnormen haben mit der Arbeitszeitkontenregelung in § 10 TVöD nichts zu tun. Nach der Protokollerklärung zu § 6 TVöD sind Gleitzeitregelungen unter Wahrung der jeweils geltenden Mitbestimmungsrechte unabhängig von den Vorgaben zu Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit (und damit auch unabhängig von den Vorgaben aus § 10 TVöD) möglich. Sie dürfen nur keine Regelungen nach § 6 Abs. 4 TVöD (betriebliche Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz) enthalten. Nach der Protokollerklärung zu Abschnitt II TVöD bleiben bei Inkrafttreten des TVöD bestehende Gleitzeitregelungen unberührt. Der TVöD enthält keine Rechtsnormen zu Gleitzeitregelungen, und damit auch keine zu Gleitzeitkonten. Dennoch sind diese Arbeitszeitmodelle weiterhin zulässig unter Berücksichtigung der allgemeinen tariflichen Regelungen zur Arbeitszeit und der gesetzlichen Vorschriften. Gleiches gilt für andere Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit).
Anders als im TVöD ist im TV-L ausdrücklich geregelt, dass in den Gleitzeitregelungen auf Vereinbarungen nach § 10 TV-L verzichtet werden kann (Protokollerklärung zu Abschnitt II TV-L). Es ist kaum anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD das Gegenteil gewollt haben.
In der Praxis sollte auf eine möglichst exakte Begriffsbestimmung geachtet werden. Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit sind spezielle Arbeitszeitmodelle, die bestimmten Tarifvorschriften unterworfen sind. Sind diese Modelle nicht gewollt, so sollte dies dem Wortlaut nach klar zum Ausdruck gebracht werden. Der Begriff Arbeitszeitrahmen sollte deshalb nicht für Gleitzeitmodelle verwendet werden. Denn ein Arbeitszeitrahmen könnte ausgelegt auch eine Rahmenzeit nach § 6 Abs. 7 TVöD sein, mit der Folge, dass zwingend ein Arbeitszeitkonto nach den Vorgaben aus § 10 TVöD einzurichten ist. Besser ist hier die Formulierung "Gleitzeitrahmen". Regelungen dazu sind in Verbindung mit der Protokollerklärung zu § 6 TVöD zu sehen. Danach sind Gleitzeitregelungen unter Wahrung der jeweils geltenden Mitbestimmungsrechte unabhängig von den Vorgaben zu Arbeitszeitkorridor und Rahmenzeit möglich.
Stellen Sie den Wert eines Arbeitszeitkontos für die Arbeitszeitsouveränität der Beschäftigten in den Mittelpunkt der Verhandlungen zu einer Dienst-/Betriebsvereinbarung. Ein Arbeitszeitkonto im Sinne des § 10 TVöD ist keineswegs selbstverständlich. Es sollte als Gegenleistung für die Gewährung von mehr Arbeitszeitflexibilität des Arbeitgebers angesehen werden. Ein Arbeitszeitkonto im Sinne des § 10 TVöD sollte stets mit der Vereinbarung von Rahmenzeit oder Arbeitszeitkorridor oder Gleitzeitmodellen verbunden werden.