Stefanie Hock, Dr. Dieter Bremecker
Erfahrungsgemäß bewegen sich in klassischen Gleitzeitsystemen die individuellen Zeitsalden fast ausschließlich im positiven Bereich – meist nahe der Grenze des höchstzulässigen Zeitübertrags (bisher meistens 10 Stunden zu Monatsende). Wenn dann bei erhöhtem Arbeitsanfall längere Tagesarbeitszeiten erforderlich werden, verbleibt oft nur die Anordnung von Überstunden oder die fast immer als ungerecht empfundene Kappung der über das übertragbare Plus hinausgehenden Zeitguthaben. In modernen Gleitzeitsystemen wird daher mehr und mehr auf flexible Zeitkonten übergegangen, in denen auf automatische Kappung verzichtet wird.
Nach der Rechtsprechung ist es bei Zeitkonten nicht mehr zulässig, ab einem bestimmten Volumen einen ersatzlosen Wegfall der darüber hinaus geleisteten Stunden zu vereinbaren.
Insbesondere ist die Kappung von Zeitsalden problematisch, soweit der Arbeitgeber die geleistete Arbeitszeit angeordnet, gebilligt oder geduldet hat. Allerdings kann die Kappung von Arbeitszeitsalden als Regelungen zur Verteilung der Arbeitszeit wirksam sein, wenn dadurch bestimmt werden soll, dass der Arbeitnehmer von den Möglichkeiten einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung nur innerhalb des gesetzlichen bzw. betrieblich festgelegten Rahmens Gebrauch machen kann. Die Frage, ob eine Kappung der Arbeitsstunden zulässig ist oder im Einzelfall doch anzurechnen bzw. zu vergüten sind, ist danach zu bewerten, ob der Arbeitgeber die Arbeitsstunden ausdrücklich oder stillschweigend angeordnet, gebilligt oder geduldet hat.
In neueren Gleitzeitmodellen werden Zeitkonten häufig nach dem Modell eines "Ampelkontos" geführt. Dies bezieht sich auf die 2 oder 3 "Ampelphasen", in die es unterteilt ist. Im Unterschied zu den oben beschriebenen Zeitkonten hat das Modell keine Kappungsgrenzen, sondern setzt dem Grundsatz nach auf Gegensteuerung:
Die sogenannte "Grüne Zone" (z. B. bis +/– 30 Stunden):
Der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin kann selbstverantwortlich über das Zeitguthaben verfügen.
Die sogenannte "Gelbe Zone" (z. B. bis +/– 40 Stunden):
Die Führungskraft muss Maßnahmen ergreifen, die zumindest ein weiteres Anwachsen von Zeitguthaben bzw. -schulden verhindern.
Die sogenannte "Rote Zone" (z. B. +/– 50 Stunden):
Darf nur ausnahmsweise bzw. vorübergehend erreicht und muss schnellstmöglich wieder verlassen werden. Nach der Rechtsprechung müssen zwischen Vorgesetztem und dem Beschäftigten konkrete Möglichkeiten zum Zeitausgleich aufgezeigt und festgelegt werden.
Diese Konten werden fortlaufend geführt. Verlässt der Mitarbeiter die "Grünphase" und kann er nicht zeitnah wieder in diese zurückkehren, ist er verpflichtet, die Führungskraft hierüber zu informieren. Diese ist dann dafür verantwortlich, dass ein entsprechender Zeitausgleich möglich wird, etwa durch Schieben von Terminen, Entlastung von einzelnen Aufgaben, das Stellen einer Aushilfe und notfalls durch Anordnung von (bezahlten) Überstunden bzw. die Absenkung von Standards.Die Führungskraft bzw. das Kontrollgremium kann dem Mitarbeiter vorübergehend auch einen Zeitsaldo in der "Rotphase" gestatten, wenn ein Zeitausgleich kurzfristig – etwa nach Abschluss der Terminarbeit – möglich ist. In jedem Fall zielt das Ampelsystem als "Frühwarnsystem" darauf ab, dass das Kappen von Zeitguthaben verhindert wird, indem die rechtzeitige Abstimmung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft forciert und v. a. bei absehbaren Schwankungen des Arbeitsanfalls auch einmal der Aufbau von Zeitschulden in Zeiten geringerer Auslastung gefördert wird.Im Krankheitsfall empfiehlt es sich, mit Werten zu agieren, die sich aus einer gleichmäßigen Verteilung der persönlichen Wochenarbeitszeit über die planmäßigen Arbeitstage ergibt. Für Vollzeitbeschäftigte bedeutet das im Regelfall eine Anrechnung des Fehltags mit je 7,8 Stunden. Für Teilzeitbeschäftigte bedeutet es eine gleichmäßige Verteilung der individuell vereinbarten Arbeitszeit. In einer Betriebs-/Dienstvereinbarung könnte die Formulierung zum Ampelkonto wie folgt lauten:Das Arbeitszeitkonto wird in Form eines Ampelkontos geführt. Bis zur Höhe von Plus 30 und Minus 20 Stunden bewegt sich der Arbeitnehmer eigenverantwortlich in der Grünphase. Die Gelbphase als Warnphase erfasst die Stunden von mehr als 30 bis 50 Plus- bzw. 30 Minusstunden. Erreicht der Arbeitnehmer die Gelbphase, so wird ein Gespräch zwischen Vorgesetztem und Arbeitnehmer über Möglichkeiten zum Stundenabbau geführt. Bei Überschreiten der Grenze Plus 50 bzw. Minus 30 Stunden befindet sich der Arbeitnehmer in der Rotphase. Bevor der Mitarbeiter in die Rotphase eintritt, wird ein Gespräch zwischen dem für die Arbeitszeitplanung Verantwortlichen, einem Vertreter der Personalabteilung und dem örtlichen Betriebsrat geführt, um Lösungen zum Abbau der in der Rotphase anfallenden Stunden im Sinne der Präambel zu finden. Bereits bei Genehmigung dieser Stunden wird ein konkreter Maßnahmenkatalog für den Arbeitnehmer zum Abbau der Stunden festgelegt. Stellt sich heraus, dass für die ...