Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung wegen MfS-Tätigkeit lange nach deren Beendigung, Anforderungen an die Unzumutbarkeit eines weiteren Festhaltens am Arbeitsverhältnis, Zeitraum zwischen Mitteilung des Bundesbeauftragten und Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Frage der Unzumutbarkeit eines weiteren Festhaltens am Arbeitsverhältnis bei früherer MfS-Tätigkeit ist auch auf den Zeitraum abzustellen, der nach der letzten Tätigkeit, der vom Zeitpunkt der Archivierung der IM-Akte erheblich abweichen kann, verstrichen ist. Dabei gelten jedoch keine starren Fristen, insbesondere sind die Vorschriften der §§ 46 Abs 1, 53 Abs 1 Ziff 2 Bundeszentralregistergesetz nicht heranzuziehen. Gleiches gilt für die ordentliche Kündigung gem § 1 Abs 2 KSchG.

2. Der bloße Zeitablauf ist nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang mit der Intensität der Tätigkeit und insbesondere mit dem Grund für deren Beendigung. Dabei ist es ein wichtiges Indiz gegen eine Unzumutbarkeit, wenn sich der Arbeitnehmer einer weiteren Zusammenarbeit mit dem MfS durch Nichteinhaltung von Treffen entzogen hat.

3. Ein Zeitraum von einem halben Jahr zwischen dem Eingang des Einzelberichtes des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen und der Einleitung des Beteiligungsverfahrens gegenüber dem Personalrat ist geeignet, Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung zu begründen (im Anschluß an BVerfG vom 21.04.1994, 1 BvR 14/93 - EzA Art 20 Einigungsvertrag Nr 32).

 

Orientierungssatz

Berufung eingelegt beim LArbG Berlin, 15 Sa 20/95.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; EinigVtr Anlage I Kap. XIX A III Nr. 1 A

 

Fundstellen

Haufe-Index 446243

ARST 1995, 189-190 (L1-3)

ZAP-Ost, EN-Nr 225/95 (L)

ArbuR 1995, 221-222 (S1)

AuA 1995, 328 (L1-3)

Bibliothek, BAG (LT1-3)

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge