Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsvertrags Aufklärungspflichten treffen könnten. Wenn der Arbeitgeber eine solche Aufklärungspflicht verletzt hätte, so läge darin auch eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten. Der Arbeitgeber wäre schadensersatzpflichtig. Die Grundform des Schadensersatzes erfolgt durch "Naturalrestitution", also durch Herstellen des Zustandes, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Das ist im Fall der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses.

Das Arbeitsgericht Freiburg[1] und das Arbeitsgericht Hamburg ArbG[2] haben einen solchen Verstoß gegen eine arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung bejaht, als einem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit einer Bedenkzeit eingeräumt worden ist.

Das Bundesarbeitsgericht[3] sieht diese Frage allerdings etwas weniger streng. Es ist danach grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, sich vor Abschluss eines Auflösungsvertrags über die rechtliche Tragweite der Vereinbarung Klarheit zu verschaffen.

Eine Ausnahme bestehe dann, wenn der Arbeitnehmer erkennbar im Unklaren ist.

Das BAG hat dabei auch geprüft, auf wessen Initiative die Aufhebung zurückgeht. Ist dies der Arbeitnehmer gewesen, so sind die Anforderungen an den Arbeitgeber noch geringer. Umso mehr, wenn der Arbeitnehmer die Vertragsbedingungen für die Auflösung vorgeschlagen hat.

Dieser Linie ist das BAG auch in seiner Entscheidung vom 23.5.1989[4] treu geblieben. Das BAG hat in seinem Urteil, bei dem es um die Frage der Aufklärung über den Verfall von Versorgungsanwartschaften beim Auflösungsvertrag ging, festgestellt, dass eine solche Aufklärungspflicht dann bestehen kann, wenn der Arbeitgeber Initiator der Aufhebung ist und durch sein Verhalten dem Arbeitnehmer Anlass zur Hoffnung auf die Versorgung gegeben hat.

In dieser Entscheidung stellt das BAG wieder darauf ab, wer den Auflösungsvertrag wollte. Nur daneben spielt dann der Vertrauenstatbestand noch eine Rolle.

Dies bleiben auch die Eckpfeiler eines weiteren BAG-Urteils[5] in welchem unmittelbar die Unverfallbarkeit der Versorgungsansprüche bevorstand.

Auch hier wird zunächst die Frage geprüft, von wessen Seite die Initiative zur Auflösung ausgeht. Ist dies der Arbeitnehmer, so sind die Aufklärungspflichten geringer als bei einer arbeitgeberseits vorgeschlagenen Beendigung.

Aber auch in diesem Falle soll erst dann eine Pflichtverletzung bejaht werden können, wenn ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder der Arbeitnehmer erkennbar die Tragweite nicht überschaut.

In der neuen Entscheidung weicht das Bundesarbeitsgericht von dieser Linie ab.[6] Das Bundesarbeitsgericht sieht den Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass bei einem vorzeitigen Ausscheiden hohe Einbußen bei der Zusatzversorgung entstehen können.

 
Praxis-Beispiel

Eine Arbeitnehmerin bat aus gesundheitlichen Gründen um eine Versetzung außerhalb des Reinigungsdienstes. Daraufhin bot ihr der Arbeitgeber eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an und empfahl ihr, sich wegen der versorgungsrechtlichen Auswirkungen bei der Zusatzversorgungskasse zu erkundigen. Am 15.1. schlossen sie einen Aufhebungsvertrag und beendeten das Arbeitsverhältnis zum 29.2. Die Landesversicherungsanstalt gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente zum 1.9.1996. Hätte das Arbeitsverhältnis bis einschließlich 31.8. fortbestanden, so wäre eine Versorgungsrente in Höhe von 924,22 DM (472,55 EUR) gewährt worden. Durch den Ausscheidungstermin 29.2. jedoch erhielt sie lediglich eine Versichertenrente in Höhe von 157,31 DM (80,43 EUR).

Der Arbeitgeber war hier zwar nicht verpflichtet, der Arbeitnehmerin die genaue Höhe der drohenden Versorgungsnachteile mitzuteilen und ihr die versorgungsrechtlichen Einzelheiten wie die Abgrenzung von Versorgungs- und Versichertenrente zu erläutern, sondern durfte die Arbeitnehmerin insoweit an die Versorgungskasse verweisen. Er hätte jedoch wenigstens darauf hinweisen müssen, dass bei der Zusatzversorgung mit sehr hohen Einbußen zu rechnen war und dieses Risiko auf der angebotenen vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte.[7]

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