Die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG bewirkt eine Progressionsmilderung durch "Verteilung der außerordentlichen Einkünfte" auf fünf Jahre. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine echte Verteilung des steuerpflichtigen Teils der Abfindung auf fünf Veranlagungszeiträume (Kalenderjahre); vielmehr wird die Abfindung weiterhin in dem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) besteuert, in dem deren steuerpflichtiger Teil zufließt. Allerdings wird die potenzielle Progressionserhöhung dadurch aufgefangen, dass die Steuer zunächst in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um die außerordentlichen Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) einerseits und das um 20 v. H. (ein Fünftel) der außerordentlichen Einkünfte erhöhte verbleibende zu versteuernde Einkommen andererseits ermittelt wird. Dieser Betrag ist die Einkommensteuer, die auf ein Fünftel der außerordentlichen Einkünfte entfällt. Um nun die zutreffende Einkommensteuer für die gesamten steuerpflichtigen außerordentlichen Einkünfte zu ermitteln, muss dieser Betrag verfünffacht werden.
Entsprechendes gilt im Bereich der Lohnsteuer bezogen auf den Arbeitslohn, der insoweit nach der Jahreslohnsteuer zu erfassen ist.
Der 52-jährige Arbeitnehmer A, der dem Betrieb zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre angehörte, verliert zum 30.9.2005 seinen Arbeitsplatz. Hierfür erhält er eine Abfindung in Höhe von 40.000 EUR. Im Jahre 2005 hatte er monatlich 3.000 EUR Gehalt bezogen, in den Monaten Januar bis September 2005 also insgesamt 27.000 EUR. Weitere Einmalzahlungen wurden seitens des bisherigen Arbeitgebers im Jahre 2005 nicht geleistet. Auf der Lohnsteuerkarte ist die Steuerklasse III eingetragen.
Die Abfindung ist wie folgt zu besteuern:
Es handelt sich um eine Einmalzahlung, also einen sonstigen Bezug, der unter Anwendung der Jahreslohnsteuer lohnzuversteuern ist. Die Abfindung ist gemäß § 3 Nr. 9 EStG in Höhe von 9.000 EUR steuerfrei und demgemäß in Höhe von 31.000 EUR steuerpflichtig. Unter Anwendung der sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG ist daher zunächst die Lohnsteuer auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn (= 36.000 EUR) zu ermitteln. Danach ist diesem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ein Fünftel des steuerpflichtigen Teils der Abfindung (= 6.200 EUR) zuzuschlagen und für diesen Betrag (= 42.200 EUR) erneut die Jahreslohnsteuer zu ermitteln. Die auf die Abfindung entfallende Lohnsteuer ist das Fünffache der Differenz der Lohnsteuer für den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn zuzüglich eines Fünftels des steuerpflichtigen Teils der Abfindung und der Jahreslohnsteuer auf den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn.
Lohnsteuer auf voraussichtlichen Jahresarbeitslohn
ohne Abfindung (= 36.000 EUR) |
3.242 EUR |
Lohnsteuer auf voraussichtlichen Jahresarbeitslohn |
|
zzgl. ein Fünftel der stpfl. Abfindung (= 42.200 EUR) |
4.946 EUR |
Differenzbetrag: |
1.704 EUR |
multipliziert mit 5 (= Lohnsteuer auf Abfindung) |
8.520 EUR |
Die so ermittelte Lohnsteuer sagt indes noch nichts über die tatsächliche Steuerbelastung des Arbeitnehmers aus. Diese kann erst bei der Veranlagung zur Einkommensteuer unter Berücksichtigung anderweitiger Einkünfte oder Verluste zutreffend ermittelt werden.
Ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG ergeben sich allenfalls für Abfindungen, die vor dem 20.11.1998 (Datum der Zuleitung des Gesetzentwurfs zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 an den Bundesrat) vereinbart und erst nach dem 31.12.1998 ausgezahlt wurden. In seiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sieht der XI. Senat des BFH in diesen Fällen einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag kommt vorrangig bei den regelversteuerten Einkünften zur Anwendung. Verluste aus anderen Einkunftsarten wirken sich nicht unmittelbar bei der sog. "Fünftelung" aus. Denn sonst wäre es möglich, eine Besteuerung außerordentlicher Einkünfte durch einen Verlust in Höhe von lediglich einem Fünftel dieser außerordentlichen Einkünfte zu vermeiden. § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG sieht vielmehr vor, dass der Verlust aus anderweitigen Einkünften bereits den Betrag der steuerpflichtigen außerordentlichen Einkünfte mindert (vgl. Fallbeispiel 3). Diese Regelung ist bereits beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen (§ 39b Abs. 3 Satz 9 Halbsatz 2 EStG).
Fall 1:
Das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers A (Alter: 51 Jahre, ledig, 26 Jahre Betriebszugehörigkeit) soll zum 31.12.2005 aufgelöst werden. Die im Hinblick darauf zugesagte Abfindung in Höhe von 75.000 EUR soll noch im Jahr 2005 ausgezahlt werden. Das monatliche Bruttogehalt des A beträgt 5.000 EUR monatlich; ferner erhielt er bislang ein 13. Monatsgehalt, das für das laufende Jahr ebenfalls noch zur Auszahlung kommt. Werbungskosten werden durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgedeckt; an Sonderausgaben werden 5.000 EUR anzuerkennen sein. Das zu versteuernde Einkommen des A w...