Dr. Cornelia Feldmann, Dr. Dieter Bremecker
– Bisherige Rechtsprechung des BAG
Nicht selten wird eine Auslagerung vorgenommen, um dem Entgeltniveau eines Flächentarifvertrags zu entgehen. In diesen Fällen wird das z. B. städtische Personal übergeleitet in eine nicht tarifgebundene GmbH/AG.
Nachdem sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Kureinrichtungen in den letzten Jahren massiv verschlechtert haben, wurde von einigen Gemeinden der bisher kommunale Kurbetrieb in eine Kur-GmbH, die nicht tarifgebunden ist, überführt.
Diesbezüglich gilt:
- Für Arbeitsverträge, die bis zum 31.12.2001 geschlossen wurden, gilt weiterhin die bisherige Rechtsprechung zur Gleichstellung von tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern. D. h., ob die Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglied sind, ist ohne Bedeutung. Der BAT/TVöD gilt eingefroren auf dem Stand des Auslagerungsdatums. Für die Gewerkschaftsmitglieder folgt dies aus § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, für die Nichtgewerkschaftsmitglieder über die Auslegung des Arbeitsvertrags als Gleichstellungsabrede.
Nach der Rechtsprechung des BAG müssen jedoch Änderungen, die von den Tarifvertragsparteien bis zum Auslagerungsdatum bereits vereinbart waren, die ihre Wirkung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt entfalten, dennoch umgesetzt werden.
Eine kommunale Kureinrichtung wird zum 1.1.2009 in eine nicht tarifgebundene GmbH überführt.
Auch bei statischer Fortgeltung des Tarifrechts haben die Beschäftigten Anspruch auf die Erhöhung des Tabellenentgelts zum 1.1.2009, da diese Tariferhöhung von den Tarifvertragsparteien bereits im März 2008 vereinbart wurde und damit Bestandteil des TVöD in der am 31.12.2008 gültigen Fassung ist. Gleiches gilt für die weiteren Stufenaufstiege: Der Beschäftigte rückt auch nach dem Betriebsübergang nach Erreichen der jeweils vorgeschriebenen Berufserfahrungszeit in die nächsthöhere Stufe auf, allerdings ist das Tabellenentgelt eingefroren auf dem Stand 2009.
Des Weiteren ist die Steigerung des Erholungsurlaubs bei Vollendung des 30. bzw. 40. Lebensjahres zu vollziehen: Auch diese Regelung ist dem TVöD in der Fassung vom 31.12.2008 bereits tarifimmanent.
- Soweit Arbeitsverträge nach dem 31.12.2001 geschlossen wurden, ist in den Arbeitsverträgen der Kommunen regelmäßig auf die jeweils gültigen Bestimmungen des BAT/TVöD verwiesen worden. Mit der Überleitung endet die normative Bindung an den TVöD, der jeweilige Tarifvertrag gilt nur noch schuldrechtlich nach dem Gesetz bei den Gewerkschaftsmitgliedern auf dem Ausgliederungsdatum. In den Arbeitsverträgen ist jedoch sowohl bei Gewerkschaftsmitgliedern wie bei Nichtgewerkschaftsmitgliedern dynamisch auf die einschlägigen Tarifverträge verwiesen worden.
Es finden damit über das Günstigkeitsprinzip auch in der Kur-GmbH für sämtliche übernommenen Mitarbeiter die Bestimmungen des TVöD in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
In der geschilderten Situation lassen sich Lohnkosten hinsichtlich der überführten Mitarbeiter über eine Auslagerung unter Geltung der heutigen Rechtsprechung nicht mehr einsparen. Die viel beschworene Tarifflucht über das Instrument "Auslagerung nach § 613a BGB" ist demnach weitgehend gegenstandslos geworden.
Lediglich hinsichtlich der nach dem Ausgliederungsdatum neu eingestellten Mitarbeiter können arbeitsvertraglich vom TVöD abweichende Bestimmungen vereinbart werden.
– Auswirkung der Entscheidung von 2013 und 2017
Diese Situation ist am ehesten vergleichbar mit der Fallgestaltung in der Entscheidung über die Rechtssache "Alemo-Herron" vom 18.7.2013, auch wenn in Großbritannien eine der deutschen normativen Tarifbindung vergleichbare Situation nicht vorhanden ist. In dieser Fallgestaltung sollte das BAG zukünftig den Inhalt der EuGH-Entscheidung bestätigen: Der bisherige Tarifvertrag des Veräußerers wirkt nur statisch, also eingefroren auf dem Stand des Zeitpunkts der Übernahme.
Nur diese Entscheidung ist interessengerecht.