Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neueingruppierung
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu – 1 ABR 48/92 –
Normenkette
BetrVG §§ 99, 101
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 09.06.1992; Aktenzeichen 8 TaBV 4/92) |
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 06.02.1992; Aktenzeichen 7 BV 164/91) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juni 1992 – 8 TaBV 4/92 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Arbeitgeber und Betriebsrat streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, im einzelnen benannte Arbeitnehmer anläßlich des Inkrafttretens eines geänderten Gehaltstarifvertrages neu einzugruppieren.
Der tarifgebundene Arbeitgeber betreibt ein Unternehmen der privaten Versicherungswirtschaft, das bundesweit in Bezirksdirektionen untergliedert ist. Antragsteller ist der bei der Bezirksdirektion Stuttgart gebildete Betriebsrat.
Auf die Arbeitsverhältnisse der bei dem Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer findet der Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe vom 31. Oktober 1980, zuletzt geändert durch die am 1. Januar 1991 in Kraft getretene Tarifvereinbarung vom 25. Oktober 1990 (im folgenden MTV), Anwendung.
Die Gehälter der bei dem beteiligten Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer richten sich nach den in § 4 Nr. 1 MTV aufgeführten Gehaltsgruppenmerkmalen. Mit der Änderung des MTV vom 25. Oktober 1990 haben die Tarifvertragsparteien die Anzahl der Gehaltsgruppen durch Einfügung einer neuen Gehaltsgruppe zwischen die bisherigen Gehaltsgruppen V und VI (jetzt VII) von insgesamt sieben auf acht erhöht. Die in § 4 Nr. 1 MTV festgelegten Gehaltsgruppenmerkmale wurden dabei in zahlreichen Punkten geändert und ergänzt. Gleiches gilt für die im Anhang zu § 4 Nr. 1 MTV aufgeführten Tätigkeitsbeispiele. § 4 Nr. 1 MTV a.F. und – gegenübergestellt – die n.F. lauten:
„§ 4
Gehaltsgruppenmerkmale und Eingruppierung
1. Gehaltsgruppenmerkmale
Die Gehälter der Arbeitnehmer richten sich nach folgenden Gruppenmerkmalen:
Gehaltsgruppe:
Alt I: |
Einfache Arbeiten, für die nur eine kurze Einarbeitung erforderlich ist. |
Neu I: |
Tätigkeiten, die nur eine kurze Einweisung erfordern. |
Alt II: |
Arbeiten, die Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine Zweckausbildung, eine längere Einarbeitung oder eine abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin erworben werden. |
Neu II: |
Tätigkeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine planmäßige Einarbeitung erworben werden. |
Alt III: |
Arbeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung (als Versicherungskaufmann oder in einem anderen gleichwertigen, auch gewerblichen Ausbildungsberuf) oder Fachschulausbildung erworben werden, oder Arbeiten, die neben den Anforderungen der Gruppe II eine einschlägige Erfahrung voraussetzen. |
Neu III: |
Tätigkeiten, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden. |
Alt IV: |
Arbeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie über die Anforderungen der Gruppe III hinaus im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung, Fortbildung oder die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse auf einem bestimmten Sachgebiet erworben werden. |
Neu IV: |
Tätigkeiten, die vertiefte Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden. |
Alt V: |
Schwierige Arbeiten, die gründliche Fachkenntnisse und mehrjährige einschlägige Erfahrungen oder umfassende theoretische Kenntnisse erfordern. |
Neu V: |
Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Kenntnisse erfordern. |
Neu VI: |
Tätigkeiten, die besonders gründliche oder besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind. Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern. |
Alt VI: |
Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erhöhter Verantwortung verbunden sind. |
Neu VII: |
Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind. |
Alt VII: |
Arbeiten mit Erfordernissen, die über die Merkmale der Tarifgruppe VI hinausgehen und die im allgemeinen mit umfangreichen Leitungsfunktionen verbunden sind. |
Neu VIII: |
Tätigkeiten, die in den Anforderungen an das fachliche Können und in der Fach- oder Führungsverantwortung über diejenigen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.” |
In einer von den Tarifvertragsparteien unterzeichneten Protokollnotiz heißt es erläuternd zu diesen Änderungen und Ergänzungen:
„Zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25. Oktober 1990
In mehrjährigen Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Neufassung der Gehaltsstruktur geeinigt. Dabei ist die Zahl der Gehaltsgruppen durch die Schaffung einer Zwischengruppe zwischen den bisherigen Gehaltsgruppen V und VI (jetzt VII) von sieben auf acht erhöht worden. Durch die Einführung der Gehaltsgruppe VI (neu) wollen die Tarifparteien der Tatsache Rechnung tragen, daß der Abstand zwischen den bisherigen Gruppen V und VI unverhältnismäßig groß war, was eine der konkreten Tätigkeit entsprechende Eingruppierung in diesem Bereich erschwerte. Der Gehaltsgruppe VI (neu) werden Tätigkeiten zugeordnet, die über die Anforderungen der Gruppe V hinausgehen, ohne diejenigen der Gruppe VII (bisher VI) zu erreichen.
Die Gehaltsgruppen I bis V sowie VII und VIII (bisher VI und VII) wurden unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert. Die Tätigkeitsbeispiele wurden nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht.
Die Neufassung der Gehaltsstruktur soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein. Das bedeutet, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen ist. Dies unterstellt die richtige tarifliche Eingruppierung.”
Der Arbeitgeber hat – zumindest – elf in Stuttgart beschäftigte Arbeitnehmer in eine gegenüber ihrer bisherigen Gehaltsgruppe höhere Gehaltsgruppe des MTV neu eingruppiert. Bei den im Antrag genannten 45 Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber dagegen eine Neueingruppierung nicht vorgenommen. Diese Arbeitnehmer waren bislang sämtlich in die Gehaltsgruppen III bis V des MTV a.F. eingruppiert (die jeweilige Eingruppierung ergibt sich aus der im Antrag hinter dem jeweiligen Namen angeführten römischen Ziffer).
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber habe aufgrund der geänderten und ergänzten Gehaltsgruppenmerkmale und Tätigkeitsbeispiele des MTV die Eingruppierung der im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer zu überprüfen und die Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats neu einzugruppieren. Bei der Neufassung der tariflichen Gehaltsstruktur habe es sich nicht nur um eine redaktionelle Überarbeitung der alten Gehaltsgruppenmerkmale gehandelt, sondern um eine inhaltliche Änderung.
Der Betriebsrat hat vor dem Landesarbeitsgericht beantragt:
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, folgende Arbeitnehmer neu einzugruppieren und hierzu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen:
Fachgebiet Antrag:
- Herrn Walter F. (seitherige Eingruppierung: Vergütungsgruppe V)
- Herrn Peter G. (V)
- Herrn Oliver Gw. (V)
- Herrn Hans L. (V)
- Frau Silvia T. (V)
Fachgebiet Leistung
6. Herrn Walter H. (V)
7. Frau Claudia J. (V)
8. Herrn Jochen K. (V)
9. Herrn Gerhard M. (V)
10. Frau Bettina P. (V)
11. Herrn Horst S. (V)
12. Frau Evelin Sc. (V)
13. Herrn Helmut Sch. (V)
14. Frau Annette Sch. (V)
15. Herrn Kurt St. (V)
16. Herrn Rolf T. (V)
17. Frau Marlene W. (V)
Fachgebiet Organisation
18. Frau Sabine B. (V)
19. Herrn Norbert Ge. (V)
20. Herrn Gert He. (V)
21. Herrn Armin Hei. (V)
22. Frau Petra I. (V)
23. Frau Hilde Kr. (V)
24. Herrn Elmar Ste. (V)
25. Herrn Gunter Ta. (V)
26. Frau Marianne Wi. (V)
27. Frau Cordula M. (IV)
Fachgebiet Verwaltung
28. Frau Sofie Bi. (IV)
29. Frau Maria Schw (IV)
30. Frau Elisabeth Bl. (IV)
31. Frau Brigitte Ha. (IV)
32. Frau Evelin P. (IV)
33. Frau Andrea Schi. (IV)
34. Frau Edelgard Schu (IV)
35. Frau Christel Bin. (III)
36. Frau Jutta Bo. (III)
37. Frau Ritta Br. (III)
38. Herrn Harald Hem. (V)
39. Frau Heike La. (III)
40. Frau Helga R. (III)
41. Frau Crona R. (III)
42. Frau Gabriele Scha. (III)
43. Frau Jacqueline Sch. (III)
44. Herrn Norbert We. (III)
45. Frau Ursula Ki. (III)
Hilfsweise: Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die unter Nr. 1–34 genannten Arbeitnehmer neu einzugruppieren und hierzu die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen.
Die vor dem Arbeitsgericht darüber hinaus noch begehrte Neueingruppierung zweier weiterer Arbeitnehmer, des Herrn Bu. und der Frau Schei., hat der Betriebsrat vor dem Landesarbeitsgericht nicht weiterverfolgt. Gegenüber dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag hat der Betriebsrat den vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Antrag um die Angabe der bisherigen Gehaltsgruppe der jeweiligen Arbeitnehmer ergänzt.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
den Antrag des Betriebsrats abzuweisen.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, der Antrag sei bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Im übrigen sei der Antrag auch unschlüssig, weil der Betriebsrat nicht hinreichend dargetan habe, daß bei den einzelnen Arbeitnehmern die Möglichkeit einer Umgruppierung greifbar erscheine. Schließlich ergebe sich aus der Protokollnotiz zu dem neuen MTV, daß die Tarifvertragsparteien nur im Bereich der neuen Gehaltsgruppe VI eine Neuregelung der Gehaltsstruktur gewollt hätten.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde des Betriebsrats dem Antrag stattgegeben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Arbeitgeber die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.
1. Soweit der Betriebsrat seinen Antrag auf Neueingruppierung der im Antrag im einzelnen namentlich genannten Arbeitnehmer im zweiten Rechtszug hinsichtlich zweier Arbeitnehmer, des Herrn Bu. und der Frau Schei., nicht weiterverfolgt hat, ist sein Antrag auf Neueingruppierung durch den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart rechtskräftig abgewiesen worden. Gegen die vom Betriebsrat insoweit vorgenommene Beschränkung der Beschwerde gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts bestehen keine Bedenken.
2. Der Betriebsrat hat seinen im zweiten Rechtszug vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Antrag gegenüber dem erstinstanzlichen Antrag in zulässiger Weise modifiziert, indem er den Namen der im Antrag namentlich bezeichneten Arbeitnehmer jeweils die bisherige Gehaltsgruppe beigefügt hat. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob hierin eine Änderung des Antrags i.S. des gemäß § 87 Abs. 2 Satz 3 ArbGG auch im zweiten Rechtszug anwendbaren § 81 Abs. 3 ArbGG zu sehen ist. Der beteiligte Arbeitgeber hat sich nämlich ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Landesarbeitsgerichts vor dem Beschwerdegericht widerspruchslos auf den vom Betriebsrat gestellten Antrag eingelassen. Die Zustimmung des Arbeitgebers zu der Änderung des Antrages gilt damit jedenfalls gemäß § 81 Abs. 3 Satz 2 ArbGG als erteilt.
3. Das Landesarbeitsgericht hat den im zweiten Rechtszug gestellten Antrag im übrigen zu Recht als zulässig erachtet.
a) Der Antrag des Betriebsrats ist korrekt formuliert. Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber bei den im Antrag aufgeführten Arbeitnehmern nach dem Inkrafttreten des geänderten MTV am 1. Januar 1991 keine neue Eingruppierung vorgenommen. Macht der Betriebsrat in einem solchen Fall geltend, ein Arbeitnehmer sei nach der geänderten Gehalts- oder Lohngruppenordnung neu einzugruppieren, so hat er in entsprechender Anwendung von § 101 Satz 1 BetrVG zu beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, den betreffenden Arbeitnehmer unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats neu einzugruppieren (vgl. dazu BAGE 60, 330, 341 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972, zu B III 2 c der Gründe, mit zust. Anm. Misera = SAE 1989, 307, mit krit. Anm. Pottmeyer sowie grundsätzlich BAGE 43, 35, 43 ff. = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 1 b bb der Gründe, mit zust. Anm. Misera). Diesen Anforderungen entspricht der vom Betriebsrat vor dem Landesarbeitsgericht gestellte Antrag.
b) Bei dem auf § 101 BetrVG gestützten Antrag des Betriebsrats handelt es sich um einen Leistungsantrag, für den kein besonderes Rechtsschutzinteresse erforderlich ist (vgl. Senatsbeschluß vom 20. November 1990 – 1 ABR 87/89 – AP Nr. 47 zu § 118 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 18. Juni 1991 – 1 ABR 53/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 100, zu B I 3 der Gründe). Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich hier bereits daraus, daß der Arbeitgeber dem Verlangen des Betriebsrats, die im Antrag genannten Arbeitnehmer neu einzugruppieren, bislang nicht nachgekommen ist.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht weiterhin angenommen, der Betriebsrat begehre im vorliegenden Fall nicht die Erstellung eines Rechtsgutachtens zu einer abstrakten Rechtsfrage. Wie sich aus der Begründung des Antrages ergibt, meint der Betriebsrat vielmehr, der Arbeitgeber sei aufgrund der Änderung des MTV verpflichtet, die 45 im Antrag namentlich benannten Arbeitnehmer einzugruppieren. Der Betriebsrat hat daher – worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat – im Wege der objektiven Antragshäufung in 45 Fällen vom Arbeitgeber ein konkret bezeichnetes Verhalten verlangt. Daß bei der Prüfung dieses Antrags Rechtsfragen zu beantworten sind, läßt das Rechtsschutzinteresse nicht entfallen und rechtfertigt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde insbesondere nicht die Annahme, der Betriebsrat begehre von den Gerichten ein Rechtsgutachten.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist auch begründet. Mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Betriebsrat gemäß § 101 Satz 1 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen kann, daß er die im Antrag genannten Arbeitnehmer neu eingruppiert und hierzu die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG einholt.
1. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme i.S. des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführt, beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben.
a) Eine Eingruppierung oder Umgruppierung kann allerdings – anders als eine Einstellung oder Versetzung – nicht aufgehoben werden. Die Eingruppierung oder Umgruppierung ist keine tatsächliche nach außen wirkende Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung bzw. die Kundgabe des bei dieser Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, daß nämlich die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht und daher der Arbeitnehmer in diese Vergütungsgruppe einzuordnen ist (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Beschluß vom 18. Juni 1991, a.a.O.; Beschluß vom 20. März 1990, BAGE 64, 254 = AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972 = EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 87, mit zust. Anm. von Hoyningen-Huene und Beschluß vom 20. September 1990 – 1 ABR 17/90 – AP Nr. 83 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe). Der Senat hat daher bereits in seinen Entscheidungen vom 22. März 1983 (BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972, mit Anm. Löwisch) und vom 31. Mai 1983 (BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972, mit Anm. Misera) im einzelnen ausgeführt und begründet, daß dann, wenn der Arbeitgeber eine Eingruppierung ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorgenommen hat, dieser nach § 101 BetrVG zwar nicht die „Aufhebung der Eingruppierung”, wohl aber die nachträgliche Einholung seiner Zustimmung und bei Verweigerung der Zustimmung die Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verlangen könne.
In seinem Beschluß vom 20. Dezember 1988 (BAGE 60, 330 = AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972) hat der Senat entschieden, daß der Betriebsrat dann, wenn der Arbeitgeber überhaupt eine Eingruppierung des Arbeitnehmers unterläßt, nach § 101 BetrVG vom Arbeitgeber die Vornahme der Eingruppierung unter Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats verlangen kann, sofern sich die Nichteingruppierung des Arbeitnehmers als ein betriebsverfassungswidriger Zustand darstellt. Das sei dann der Fall, wenn der Arbeitgeber zu einer Eingruppierung verpflichtet sei und diese nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführen könne. Daran hat der Senat in den Beschlüssen vom 3. Oktober 1989 (– 1 ABR 66/88 – AP Nr. 75 zu § 99 BetrVG 1972) und vom 18. Juni 1991 (a.a.O.) festgehalten.
b) In seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1988 (a.a.O.) hat der Senat eine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Beteiligung des Betriebsrats einzugruppieren, dann angenommen, wenn die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit überhaupt von einer anzuwendenden Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung erfaßt werde und der Arbeitnehmer nach dieser Ordnung einen Anspruch auf Vergütung entsprechend der zutreffenden Vergütungsgruppe und damit auch einen Anspruch auf Eingruppierung habe. Der Arbeitgeber sei dann auch gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, diesen bei der erforderlich werdenden Eingruppierung nach § 99 BetrVG zu beteiligen.
Gegen diese Entscheidung ist eingewendet worden, der Senat dehne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG und dessen Antragsrecht auf § 101 Satz 1 BetrVG in unzulässiger Weise aus, weil sich die Befugnisse des Betriebsrates nach den §§ 99 bis 101 BetrVG darauf beschränkten, Maßnahmen, die der Arbeitgeber tatsächlich vorzunehmen plane, zuzustimmen oder die Zustimmung zu verweigern. Der Betriebsrat könne nicht über § 101 Satz 1 BetrVG die Vornahme einer unterlassenen Eingruppierung erzwingen (Pottmeyer, SAE 1989, 311, 315 f.; ähnlich Veit, RdA 1990, 325, 336 f. sowie zuletzt von Hoyningen-Huene, SAE 1992, 173, 174 f.). Diese Kritik hat der Senat bereits im Beschluß vom 18. Juni 1991 (a.a.O., zu B II 2 a der Gründe) zurückgewiesen. Hieran ist festzuhalten. Im Schrifttum wird übersehen, daß § 101 BetrVG der Beseitigung eines durch die Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entstandenen betriebsverfassungswidrigen Zustandes dient. Dieser betriebsverfassungswidrige Zustand tritt jedoch nicht nur dann ein, wenn der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats eingruppiert, sondern in gleicher Weise auch dann, wenn er eine Eingruppierung, zu der er betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet ist, unterläßt. Zwar geht § 101 Satz 1 BetrVG nach seinem Wortlaut von einer Handlung des Arbeitgebers aus. Dem Durchführen einer personellen Maßnahme steht aber nach dem Grundgedanken des § 101 Satz 1 BetrVG das pflichtwidrige Unterlassen einer gebotenen personellen Maßnahme gleich (ähnlich bereits Misera, Anm. zu BAG AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972).
c) Wie schon im Beschluß vom 18. Juni 1991 (a.a.O., zu B II 2 b der Gründe) näher ausgeführt, folgt die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Vornahme einer Ein- oder Umgruppierung nicht aus einer individualrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, diesen einzugruppieren. Eine solche Pflicht zur Eingruppierung des Arbeitnehmers besteht nicht. Richtet sich die Eingruppierung eines Arbeitnehmers – wie auch im vorliegenden Falle – nach der von ihm auszuübenden Tätigkeit, so besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer einzugruppieren, da die Eingruppierung individualrechtlich keine vom Arbeitgeber vorzunehmende Handlung ist, sondern sich von selbst aus der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit ergibt (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – AP Nr. 3 zu § 24 MTA, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt; BAG Urteil vom 30. Mai 1990, BAGE 65, 163 = AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG; BAG Urteil vom 26. August 1992 – 4 AZR 210/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung kann sich daher nur aus dem Betriebsverfassungsgesetz selbst, als betriebsverfassungsrechtliche Norm aus einem Tarifvertrag oder aus einer Betriebsvereinbarung ergeben.
d) Wie der Senat im Beschluß vom 18. Juni 1991 (a.a.O., zu B II 2 b der Gründe) weiter ausgeführt hat, folgt eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung anläßlich einer Einstellung und einer Versetzung aus § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG (so auch Misera, Anm. zu BAG AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972). § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG setzt voraus, daß der Arbeitgeber bei einer Einstellung und einer Versetzung dem Betriebsrat gegenüber auch zur Eingruppierung des einzustellenden Arbeitnehmers verpflichtet ist.
Gegen eine vom Betriebsrat gerichtlich durchsetzbare betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung bzw. Umgruppierung bei der Einstellung oder Versetzung spricht entgegen von Hoyningen-Huene (SAE 1992, 173, 174 f.) nicht die Systematik des § 99 Abs. 1 BetrVG. Es ist zwar im Grundsatz zutreffend, daß das Beteiligungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG an eine personelle Einzelmaßnahme des Arbeitgebers anknüpft. Dem Betriebsrat steht deshalb im Bereich der Beteiligung nach § 99 BetrVG kein Initiativrecht zu (dazu im einzelnen Senatsbeschluß vom 18. Juni 1991, a.a.O., zu B II 2 f der Gründe). Innerhalb der in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten personellen Einzelmaßnahmen – Einstellung, Versetzung, Eingruppierung und Umgruppierung – ist allerdings zu unterscheiden. Die Eingruppierung bzw. Umgruppierung ist anders als die Einstellung oder Versetzung keine tatsächliche nach außen wirkende Maßnahme, sondern lediglich die Kundgabe des bei der Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, nämlich daß eine bestimmte Tätigkeit dem Merkmal einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht. Der Arbeitnehmer wird nicht, er ist eingruppiert. Wenn der Arbeitgeber im Verfahren nach § 101 BetrVG auf Antrag des Betriebsrats verpflichtet wird, eine Eingruppierung oder Umgruppierung vorzunehmen, wird daher von ihm keine konstitutive Maßnahme verlangt (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 12. Januar 1993 – 1 ABR 42/92 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B II 3 der Gründe). Der Arbeitgeber wird hier allein verpflichtet, dem Betriebsrat seine Rechtsansicht mitzuteilen und ihn im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG zu beteiligen.
Eine solche betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Beteiligung des Betriebsrats bei Eingruppierungen kann von vornherein nicht die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers bei Eingruppierungen oder Umgruppierungen beeinträchtigen, weil der Arbeitgeber diese beiden personellen Einzelmaßnahmen – anders als eine Einstellung oder Versetzung – nicht mit konstitutiver Wirkung vornimmt. Der Arbeitnehmer ist nicht durch die Entscheidung des Arbeitgebers eingruppiert, sondern weil er eine bestimmte Tätigkeit ausübt, die den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht. Wenn dem Betriebsrat daher im Rahmen des Verfahrens nach § 101 BetrVG bei unterbliebenen Eingruppierungen bzw. Umgruppierungen das Recht eingeräumt wird, vom Arbeitgeber die Eingruppierung bzw. Umgruppierung einzelner Arbeitnehmer unter seiner Beteiligung gemäß § 99 BetrVG verlangen zu können, so beruht dies auf der von Einstellung und Versetzung abweichenden Rechtsnatur dieser personellen Maßnahmen. Das Recht des Betriebsrats, unter bestimmten Voraussetzungen vom Arbeitgeber bislang unterbliebene Eingruppierungen bzw. Umgruppierungen verlangen zu können, ist deshalb nicht systemfremd, sondern unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtsnatur von Einstellung bzw. Versetzung einerseits und Eingruppierung bzw. Umgruppierung andererseits systemgerecht.
e) Ebenso wie anläßlich einer Einstellung die erstmalige Zuweisung einer Tätigkeit und anläßlich einer Versetzung die Zuweisung einer anderen Tätigkeit notwendig eine Entscheidung des Arbeitgebers darüber erforderlich macht, welchen Tätigkeitsmerkmalen einer anzuwendenden Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung die erstmalig zugewiesene oder die neu zugewiesene Tätigkeit entspricht, wird eine solche Entscheidung auch dann notwendig, wenn die maßgebende Gehalts- oder Lohngruppenordnung eine Änderung erfährt und damit zu entscheiden ist, welchen der neuen Tätigkeitsmerkmale die von den Arbeitnehmern auszuübenden Tätigkeiten entsprechen (so bereits BAG Beschluß vom 18. Juni 1991, a.a.O., zu B II 2 d der Gründe). Es ist deshalb gerechtfertigt, auch in diesem Falle davon auszugehen, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat ebenso wie bei der Einstellung oder Versetzung die Eingruppierung nach der neuen Gehalts- oder Lohngruppenordnung mitzuteilen hat. In diesen drei genannten Fällen ist daher der Arbeitgeber schon nach § 99 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat gegenüber verpflichtet, die von ihm ohnehin zu treffende Eingruppierungsentscheidung mitzuteilen und den Betriebsrat an dieser Entscheidung zu beteiligen. Hierin liegt kein Initiativrecht des Betriebsrats, das die dem Arbeitgeber in § 99 BetrVG grundsätzlich eingeräumte Entscheidungsfreiheit unzulässig beschränkt.
2. Im vorliegenden Fall war der Arbeitgeber gehalten, die im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer neu einzugruppieren, weil zum 1. Januar 1991 ein geänderter Tarifvertrag in Kraft getreten ist, der die Lohn- und Gehaltsgruppenordnung in wesentlichen Teilen geändert und ergänzt hat. Bei dieser durch die Änderung des MTV erforderlichen Neueingruppierung hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zu beteiligen.
a) Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale sind insgesamt neu gefaßt. Abgesehen von der Erweiterung von bisher sieben auf nunmehr acht Gehaltsgruppen gehen auch die Formulierungen im einzelnen über bloß redaktionelle Änderungen hinaus.
Gehaltsgruppe II a.F. etwa erfaßte Arbeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine Zweckausbildung, eine längere Einarbeitung oder eine abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin erworben werden. Demgegenüber lautet Gehaltsgruppe II n.F.: Tätigkeiten, die Kenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine planmäßige Einarbeitung erworben werden. Der Begriff „längere Einarbeitung” ist nicht deckungsgleich mit dem jetzt verwandten Begriff „planmäßige Einarbeitung”. Es ist also durchaus denkbar, daß ein Arbeitnehmer jetzt nach Gehaltsgruppe II eingruppiert ist, weil er eine planmäßige Einarbeitung durchläuft, die aber nicht als längere Einarbeitung im Sinne der bisherigen Tarifgruppe anzusehen war. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Neuformulierung von Gehaltsgruppe I (früher: Einfache Arbeiten, für die nur eine kurze Einarbeitung erforderlich ist, jetzt: Tätigkeiten, die nur eine kurze Einweisung erfordern).
Eine Änderung der Gehaltsgruppe II ist auch insoweit erfolgt, als die bisher hier aufgeführte „abgeschlossene Ausbildung nach dem Berufsbild Bürogehilfin” in Gehaltsgruppe II n.F. entfallen ist. Da die Bürogehilfin auch nicht unter den Tätigkeitsbeispielen aufgeführt ist, spricht dies dafür, sie nunmehr in Gehaltsgruppe III n.F. einzugruppieren, welche Tätigkeiten erfaßt, die Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie im allgemeinen durch eine abgeschlossene Berufsausbildung oder durch einschlägige Erfahrung erworben werden.
Gehaltsgruppe III n.F. weicht ihrerseits wiederum ab von Gehaltsgruppe III a.F. Danach war die abgeschlossene Berufsausbildung durch einen Klammerzusatz definiert als eine solche als „Versicherungskaufmann oder in einem anderen gleichwertigen, auch gewerblichen Ausbildungsberuf”. Diese Beschränkung ist nunmehr erst in Gehaltsgruppe IV n.F. enthalten, wenn die dort verlangten vertieften Fachkenntnisse als solche bezeichnet werden, „wie sie im allgemeinen durch zusätzliche Berufserfahrung nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann oder einer ihrer Art entsprechenden Berufsausbildung oder durch die Aneignung entsprechender Kenntnisse für den jeweiligen Tätigkeitsbereich erworben werden”. Die bisher in Gehaltsgruppe III a.F. der Berufsausbildung gleichgestellte Fachschulausbildung wird weder in Gehaltsgruppe III n.F. noch in Gehaltsgruppe IV n.F. noch erwähnt.
Auch hier ist also denkbar, daß ein Arbeitnehmer mit abgeschlossener Berufsausbildung mangels Vergleichbarkeit mit dem Ausbildungsberuf Versicherungskaufmann bisher nicht in Gehaltsgruppe III a.F. eingruppiert werden konnte, nach Wegfall der Klammerdefinition aber doch.
Gehaltsgruppe V a.F. ist von den Tarifvertragsparteien durch die Gehaltsgruppen V n.F. und VI n.F. ersetzt worden. Insoweit sind neue Gehaltsgruppen geschaffen worden mit dem Erfordernis einer neuen Eingruppierung.
Auch die bisherigen Gehaltsgruppen VI und VII sind nicht nur neu beziffert worden als Gehaltsgruppen VII bzw. VIII n.F. Sie weisen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen gleichfalls Änderungen auf, die nicht mehr als nur redaktionell betrachtet werden können.
Während Gehaltsgruppe VI a.F. lautete: Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erhöhter Verantwortung verbunden sind, verlangt Gehaltsgruppe VII n.F. Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- oder Führungsverantwortung verbunden sind.
„Hochwertige Arbeiten, die besondere Anforderungen” stellen, sind nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit „Tätigkeiten, die hohe Anforderungen stellen”. „Erhöhte Verantwortung” einerseits und „erweiterte Fach- oder Führungsverantwortung” andererseits sind gleichfalls nicht deckungsgleich.
Entsprechendes gilt für Gehaltsgruppe VII a.F.: „Arbeiten mit Erfordernissen, die über die Merkmale der Tarifgruppe VI hinausgehen und die im allgemeinen mit umfangreichen Leitungsfunktionen verbunden sind” gegenüber Gehaltsgruppe VIII n.F.: „Tätigkeiten, die in den Anforderungen an das fachliche Können und in der Fach- oder Führungsverantwortung über diejenigen der Gehaltsgruppe VII hinausgehen.”
Der Begriff der „umfangreichen Leitungsfunktion” ist fallengelassen worden; gefordert wird statt dessen eine über Gehaltsgruppe VII n.F. (erweiterte Fach- oder Führungsverantwortung) hinausgehende Verantwortung.
b) Sprechen also bereits diese Hinweise auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dafür, daß sich die Struktur der Gehaltsgruppenordnung geändert hat, gilt dies erst recht unter Einbeziehung der tariflichen Tätigkeitsbeispiele.
Dies macht schon die von den Tarifvertragsparteien vorangestellte allgemeine Definition deutlich.
Während es bisher unter der Überschrift „Richtlinien für die Gehaltsgruppeneinteilung” hieß:
„Die Aufzeichnung der Tätigkeitsmerkmale in der nachstehenden Gehaltsgruppeneinteilung enthält nur Beispiele und ist nicht erschöpfend. Die Aufteilung soll nur eine Richtlinie sein. Je nach Umfang, Größe und Eigenart des Betriebes und der Versicherungsart werden Abweichungen erforderlich sein. …
Tätigkeiten, die nach diesen Richtlinien als zu einer bestimmten Gehaltsgruppe gehörig aufgeführt sind, können auch in eine höhere oder niedrigere Gehaltsgruppe eingereiht werden, wenn es sich um schwierigere oder leichtere Verrichtungen, insbesondere nach der Art des Versicherungszweiges, handelt.”
formuliert die Neufassung unter der Überschrift „Tätigkeitsbeispiele zu den Gehaltsgruppen” wie folgt:
„Die nachstehenden Tätigkeitsbeispiele sind nicht erschöpfend. Sie geben die übereinstimmende Auffassung der Tarifvertragsparteien für typische Zuordnungen wieder. Ist eine Tätigkeit als Beispiel bei einer Gehaltsgruppe genannt, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß sie in diese Gehaltsgruppe einzustufen ist. Von diesem Grundsatz kann zuungunsten des Arbeitnehmers nur in begründeten Ausnahme fällen abgewichen werden.
…”
Daraus ist allgemein schon eine strengere Anbindung an die Tätigkeitsbeispiele abzuleiten.
Aber auch die den jeweiligen Gehaltsgruppen zugeordneten Tätigkeitsbeispiele haben sich geändert. Dies wird allein aus der Zahl der einzelnen Beispiele deutlich. Gehaltsgruppe II a. F. waren 12 Tätigkeitsbeispiele zugeordnet gegenüber 8 Beispielen zu Gehaltsgruppe II n.F., Gehaltsgruppe III a.F. 17 Beispiele gegenüber 22 Beispielen zu Gehaltsgruppe III n.F., Gehaltsgruppe IV a.F. 12 Beispiele gegenüber 23 Beispielen zu Gehaltsgruppe IV n.F., Gehaltsgruppe VI a.F. 9 Tätigkeitsbeispiele gegenüber 20 Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe VII n.F. Die Tätigkeitsbeispiele zu den neu geschaffenen Gehaltsgruppen V n.F. und VI n.F. belaufen sich auf insgesamt 47 gegenüber 13 Beispielen zu der bisherigen Gehaltsgruppe V a.F.
Die schon durch diese Zahlen indizierten Änderungen lassen sich an einzelnen Beispielen verdeutlichen, in denen alte Tätigkeitsbeispiele teils entfallen bzw. neue Tätigkeitsbeispiele gebildet worden sind. Wenn Gehaltsgruppe I a.F. etwa das Tätigkeitsbeispiel einfache Boten-, Pförtner- und Wächtertätigkeiten zugeordnet war, Gehaltsgruppe II a.F. dagegen Boten-, Pförtner- und Wächtertätigkeiten, fehlen diese Tätigkeitsbeispiele in Gehaltsgruppe I n.F. ganz, Gehaltsgruppe II n.F. erfaßt nur noch Pförtner- und Wächtertätigkeiten. Die Unterscheidung zwischen einfachen und „normalen” Pförtner- und Wächtertätigkeiten ist also entfallen, die Eingruppierung erfolgt offensichtlich generell in Gehaltsgruppe II n.F. Der Bote wird überhaupt nicht mehr erwähnt, müßte also nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert werden.
In den Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe II a.F. waren aufgeführt einfache Schreib- und Rechenarbeiten bzw. einfache Arbeiten an Datenerfassungs- oder Prüfgeräten, an konventionellen Lochkarten- sowie peripheren Zusatzmaschinen. Demgegenüber lauten die entsprechenden Tätigkeitsbeispiele zu Gehaltsgruppe II n.F. Schreibarbeiten während der Einarbeitung bzw. Datenerfassungsarbeiten während der Einarbeitung. In Gehaltsgruppe III n.F. werden demgegenüber ohne Zusatz erfaßt Schreibarbeiten bzw. Datenerfassungsarbeiten, während es in den Tätigkeitsbeispielen zu Gehaltsgruppe III a.F. noch hieß Schreibarbeiten nach Stenogramm oder Diktiergerät bzw. Arbeiten an Datenerfassungs- oder Prüfgeräten …
Danach sind also Schreibarbeiten bzw. Datenerfassungsarbeiten jetzt nach der Einarbeitung generell in Gehaltsgruppe III eingruppiert, und zwar auch dann, wenn es sich um „einfache” Arbeiten handelt. Hierin liegt eine eindeutige strukturelle Änderung.
Das bisher der Gehaltsgruppe IV a.F. zugeordnete Tätigkeitsbeispiel „Regulierung im Außendienst” ist nunmehr Gehaltsgruppe V n.F. zugeordnet unter „Außenregulierung”.
Gehaltsgruppe IV n. F. sind eine Reihe von Tätigkeitsbeispielen zugeordnet, die bisher in dieser Form nicht genannt wurden, so z.B. Sachbearbeitung im Einkauf. Personalsachbearbeitung ID/AD, Sekretariatsarbeiten, Arbeiten mit elektronischen Sicherheits- und Überwachungsanlagen.
Gehaltsgruppe VII n.F. etwa enthält mit „qualifizierten Technikertätigkeiten” gleichfalls ein neues Tätigkeitsbeispiel.
Diese – nicht erschöpfende – Aufzählung unterstreicht, daß es sich angesichts der Änderungen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale und der Änderungen der Tätigkeitsbeispiele nicht nur um redaktionelle Änderungen handelt, sondern um eine wesentliche strukturelle Änderung der Gehaltsgruppenordnung, die eine Neueingruppierung erforderlich macht.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht dem nicht die Protokollnotiz zu der Tarifvereinbarung vom 25. Oktober 1990 entgegen. Aus der Protokollnotiz läßt sich nicht ableiten, daß der Arbeitgeber anläßlich des Inkrafttretens des neuen MTV am 1. Januar 1991 bei den im Antrag genannten Arbeitnehmern keine neue Eingruppierungsentscheidung treffen mußte.
aa) Protokollnotizen der Tarifvertragsparteien können unterschiedliche Bedeutung haben. Sie können selbst eine tarifliche Regelung enthalten, ihnen kann die Bedeutung einer authentischen Interpretation des Tarifvertrages oder aber die eines bloßen Hinweises auf den Willen der Tarifvertragsparteien zukommen. Welche Bedeutung im einzelnen anzunehmen ist, ist durch Auslegung der Protokollnotiz und des von ihr betroffenen Tarifvertrages zu ermitteln (vgl. Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, TVG, 2. Aufl., § 1 Rz 234, 234 a; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 1 Rz 422 ff., beide m.w.N.).
Die Protokollnotiz vom 25. Oktober 1990 zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur enthält keine eigenständige tarifliche Regelung. Absatz 1 und Absatz 2 erläutern im wesentlichen nur Anlaß und Ziel der Neufassung der Gehaltsstruktur. Sie geben an, warum die Tarifvertragsparteien eine Neuregelung für sinnvoll gehalten haben. Der Regelung des Absatz 2 der Protokollnotiz ist zu entnehmen, daß die Gehaltsgruppen I bis V und VII bis VIII (bisher VI und VII) unter Beibehaltung ihrer Dotierung und ihres wesentlichen Inhalts präziser und aktueller definiert worden seien. Die Tätigkeitsbeispiele seien nach Bezeichnung und Inhalt der heutigen Unternehmenspraxis angepaßt und in eine systematische Reihenfolge gebracht worden. Dies läßt den Willen der Tarifvertragsparteien erkennen, das bisherige Tarifgruppensystem im wesentlichen unverändert fortzuschreiben. Entsprechendes zeigt auch Absatz 3 der Protokollnotiz, wonach die Neufassung der Gehaltsstruktur „nach dem Willen der Tarifvertragsparteien kostenneutral sein” soll. Die Tarifvertragsparteien stellen weiter fest, dies bedeute, daß aus Anlaß dieser Gehaltsstrukturänderung weder eine Höhergruppierung noch eine Herabgruppierung von Arbeitnehmern, abgesehen von den durch die neue Gehaltsgruppe VI erfaßten Tätigkeiten, vorzunehmen sei (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Januar 1993, a.a.O., zu B II 1 b bb der Gründe).
bb) Die ausdrückliche Kundgabe des Willens der Parteien spricht für die Einordnung als authentisches Auslegungskriterium. Jedenfalls ist der Protokollnotiz – unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung – nicht zu entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, die neuen Tarifgruppen seien den bisherigen Tarifgruppen jeweils in der Weise starr zuzuordnen, daß die Arbeitnehmer automatisch in eine bestimmte Gruppe überführt würden und eine Umgruppierung nur für die bisher in der Gehaltsgruppe V eingruppierten Arbeitnehmer in Betracht kommt.
Diese Annahme verbietet sich angesichts des letzten Satzes der Protokollnotiz, wonach dies (nämlich Kostenneutralität bzw. weder Höhergruppierung noch Herabgruppierung) die richtige tarifliche Eingruppierung unterstelle. Hieraus wird hinreichend deutlich, daß die Überführung der Arbeitnehmer in die neue Gehaltsstruktur nicht „mechanisch” und ohne Überprüfung der richtigen Eingruppierung erfolgen sollte. Es bleibt vielmehr bei dem tariflichen Grundsatz, daß die Eingruppierung, ausgehend von den ausgeübten Tätigkeiten, nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen zu erfolgen hat.
cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiterhin darauf hingewiesen, daß die Auffassung des Arbeitgebers, mit Ausnahme der Einführung der neuen Gehaltsgruppe VI und der damit unmittelbar zusammenhängenden Neueingruppierungen sollte sich am Gesamtgefüge der Gehaltsgruppen nichts ändern, in einem unauflösbaren Widerspruch zu den oben beispielhaft aufgeführten Änderungen der Gehaltsgruppen steht. Auch die Rechtsbeschwerde löst diesen Hinweis mit ihren wiederholten Hinweisen auf den Wortlaut der Protokollnotiz nicht auf.
Wenn beispielsweise die „Regulierung im Außendienst” nach dem alten MTV als Tätigkeitsbeispiel der früheren Gehaltsgruppe IV genannt war und nunmehr die „Außenregulierung” Tätigkeitsbeispiel der neuen Gehaltsgruppe V ist und nach dem MTV weiterhin davon auszugehen ist, daß dann, wenn eine Tätigkeit als Beispiel zu einer Gehaltsgruppe genannt ist, grundsätzlich diese Tätigkeit in jene Gehaltsgruppe einzugruppieren ist, dann ist der neue MTV in Wahrheit eben gerade nicht kostenneutral. Nach den insoweit eindeutigen und einer anderen Auslegung nicht zugänglichen Regelungen in den Tätigkeitsbeispielen ist eine Umgruppierung vorzunehmen. Die abweichende Auslegung der Rechtsbeschwerde ist mit dem eindeutigen Wortlaut der Gehaltsgruppenregelung nicht zu vereinbaren.
Im Ergebnis ist der Protokollnotiz daher nicht mehr zu entnehmen als eine gemeinsame Bekundung der Tarifvertragsparteien, sie gingen davon aus, daß die neue Gehaltsstruktur entsprechend ihrer Wertigkeit den bisherigen Gehaltsgruppen entspricht. Bei richtiger Eingruppierung in der Vergangenheit muß also auch die Eingruppierung nach der neuen Gehaltsstruktur – vorbehaltlich ausdrücklicher Veränderungen – zum gleichen Ergebnis führen. Insoweit ist der Hinweis auf die Kostenneutralität der Tarifänderung richtig.
dd) Der Protokollnotiz kann auch nicht entnommen werden, sie beschränke das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats allein auf eine Umgruppierung von Gehaltsgruppe V a.F. nach Gehaltsgruppe VI n.F., lasse aber das Individualrecht des Arbeitnehmers unberührt, eine höhere – tariflich richtige – Eingruppierung geltend zu machen. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Selbst wenn dies die Absicht der Tarifvertragsparteien gewesen sein sollte, was nicht ersichtlich ist, wäre eine solche Regelung unwirksam. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 99 BetrVG stehen nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien, sie können von diesen nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bindend vorgegeben wird nur die Gehaltsstruktur, in die die Eingruppierung zu erfolgen hat (vgl. Senatsbeschluß vom 12. Januar 1993, a.a.O., zu B II 1 b ee der Gründe).
Der Protokollnotiz zur Tarifvereinbarung zur Einführung einer neuen Gehaltsstruktur vom 25. Oktober 1990 kann aber nicht entnommen werden, daß die vom Betriebsrat im Antrag genannten 45 Arbeitnehmer von der zum 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Gehaltsgruppenordnung nicht betroffen sind. Die Arbeitnehmer werden vielmehr von der neuen Gehaltsgruppenordnung erfaßt, weshalb der Arbeitgeber eine neue Eingruppierung vorzunehmen hat. Hierbei erlangt die Protokollnotiz als Auslegungshilfe Bedeutung. Ihre Anwendung führt dazu, daß wegen des Grundsatzes der Kostenneutralität es im Zweifel bei der bisherigen Eingruppierung bleibt. In jedem Falle bedarf die Entscheidung über die Eingruppierung allerdings der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG. Da es in dem Verfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG nicht darum geht, den einzelnen Arbeitnehmer in die richtige Vergütungsgruppe einzugruppieren, sondern nur darum, überhaupt eine Eingruppierungsentscheidung unter der nach § 99 BetrVG vorgeschriebenen Beteiligung des Betriebsrats vorzunehmen, mußte der Betriebsrat auch nicht zur Schlüssigkeit seines Antrages darlegen, warum im einzelnen bei den im Antrag bezeichneten Arbeitnehmern eine Umgruppierung in Betracht kommt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
Die Rechtsbeschwerde war daher zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Dr. Weller, Dr. Rost, H. Blanke, Dr. Feucht
Fundstellen