Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer in Kaufvertrag über Gesellschaftsanteile

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nrn. 3 a, 3 c, Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Beschluss vom 24.04.1998; Aktenzeichen 5 Ta 5/98)

ArbG Hamburg (Beschluss vom 28.01.1998; Aktenzeichen 18 Ca 261/97)

 

Tenor

1. Die weitere sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 24. April 1998 – 5 Ta 5/98 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte zu 2) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 108.500,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines vertraglichen Wettbewerbsverbots.

Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 als kaufmännische Angestellte bei der Beklagen zu 1) beschäftigt. Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten zu 1) war bis Ende Januar 1996 der Ehemann der Klägerin. Am 29. Januar 1996 verkaufte und übertrug dieser seine Geschäftsanteile dem Beklagten zu 2). Zugleich wurde dieser zum neuen Geschäftsführer der Beklagten zu 1) bestimmt. Der Ehemann der Klägerin legte sein Amt als Geschäftsführer nieder. Sein Dienstvertrag wurde einvernehmlich zum 31. Januar 1996 aufgelöst. Ebenfalls am 29. Januar 1996 schloß die Beklagte zu 1) – noch vertreten vom Ehemann der Klägerin – mit dieser einen Aufhebungsvertrag. Danach sollte ihr Arbeitsvertrag einvernehmlich mit Wirkung zum 30. Juni 1996 enden. Dieselbe Abrede wurde zugleich in Ziff. 7.5 des Kaufvertrages getroffen.

In diesem Kaufvertrag mit dem Beklagten zu 2) verpflichtete sich der Ehemann der Klägerin, für die Dauer von fünf Jahren keinerlei Wettbewerb in dem von der Beklagten zu 1) betriebenen Geschäftsbereich zu treiben oder in Geschäftsverbindungen zu deren bisherigen und künftigen Lieferanten und Kunden zu treten. Das Wettbewerbsverbot war mit einem Betrag von 200.000,00 DM strafbewehrt. Die Klägerin trat diesem Wettbewerbsverbot in einer gesonderten schriftlichen Erklärung vom 29. Januar 1996 bei. Als Generalbevollmächtigter der Klägerin bestätigte ihr Ehemann im notariellen Kaufvertrag mit dem Beklagen zu 2) diesen Beitritt. Die Klägerin hält das zu ihren Lasten vereinbarte Wettbewerbsverbot für unwirksam. Sie möchte festgestellt wissen, daß sich für sie daraus weder gegenüber der Beklagten zu 1) noch gegenüber dem Beklagten zu 2) Pflichten ergeben. Sie hat im November 1997 gegen beide Beklagten negative Feststellungsklage vor dem Arbeitsgericht erhoben. Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien um die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Klage gegen die Beklagten zu 1) folge aus § 2 Abs. 1 Nr. 3a ArbGG. Der Streit über die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots sei eine Streitigkeit zwischen ihr und der Beklagten zu 1) aus dem Arbeitsverhältnis. Klagegrund sei jedenfalls auch § 74 Abs. 2 HGB. Zur Entscheidung über die Klage seien deshalb die Arbeitsgerichte berufen. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 2) folge aus § 2 Abs. 3 ArbGG.

Die Beklagten haben demgegenüber vorgebracht, die Vereinbarung des Wettbewerbsverbots für die Klägerin beruhe nicht auf dem Umstand, daß sie als Arbeitnehmerin im Betrieb beschäftigt war, sondern darauf, daß sie die Ehefrau des früheren Gesellschafters der Beklagten zu 1) sei. Es habe ausgeschlossen werden sollen, daß dieser, wenn nicht in eigener Person, so doch über sie – die Klägerin – ein Konkurrenzunternehmen betreibe. Im übrigen bestehe das Wettbewerbsverbot nicht zugunsten der Beklagten zu 1), sondern ausschließlich zugunsten des Beklagten zu 2). Nur dieser sei Berechtigter aus dem Schuldbeitritt der Klägerin. Für die – mangels Rechtsschutzbedürfnisses ohnehin unzulässige – Klage gegen die Beklagte zu 1) seien darum die Arbeitsgerichte nicht zuständig. Die nur über § 2 Abs. 3 ArbGG begründbare Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 2) scheide damit ebenfalls aus.

Die Vorinstanzen haben den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig gehalten. Mit seiner weiteren sofortigen Beschwerde verfolgt der Beklagte zu 2) seinen Antrag weiter, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig zu erklären.

 

Entscheidungsgründe

II. Die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für den Rechtsstreit der Parteien bejaht. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs folgt gegenüber der Beklagten zu 1) aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, c ArbGG, gegenüber dem Beklagten zu 2) aus § 2 Abs. 3 ArbGG.

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, c ArbGG sind die Arbeitsgerichte zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern “aus dem Arbeitsverhältnis” und “aus dessen Nachwirkungen”. Die Klägerin möchte die Unwirksamkeit eines für sie geltenden Wettbewerbsverbots festgestellt wissen. Das Verbot wurde in der Weise vereinbart, daß die Klägerin einer entsprechenden Wettbewerbsabrede ihres Ehemannes im Kaufvertrag mit dem Beklagten zu 2) vom 29. Januar 1996 beitrat. Äußerlich legt dieser Umstand die Verbindung mit einem lediglich kauf- oder gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot nahe. Darauf berufen sich die Beklagten. Der Kaufvertrag stellt jedoch in Wirklichkeit ein “gemischtes” Vertragswerk dar. Die Klägerin war Arbeitnehmerin der Beklagten zu 1). In Ziff. 7.5 des Kaufvertrages wurde die Aufhebung dieses Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1996 vereinbart. Zeitgleich geschah dies auf einer separaten Vertragsurkunde vom 29. Januar 1996, die die Klägerin und ihr Ehemann für die Beklagte zu 1) unterzeichneten. Die Vorinstanzen haben als unstreitig festgestellt, daß die Vertragsauflösung auf Wunsch des Beklagten zu 2) geschah. Kaufvertrag, Aufhebungsvertrag und Wettbewerbsverbot für die Klägerin stehen deshalb in einem nicht auflösbaren Zusammenhang. Sie bilden einen einheitlichen Lebenssachverhalt.

Die Wirksamkeit und Verbindlichkeit des Wettbewerbsverbots ist damit auch unter arbeitsrechtlichen Aspekten zu beurteilen. Jedenfalls ist § 74 Abs. 2 HGB als Grundlage für das Feststellungsbegehren der Klägerin nicht offensichtlich ausgeschlossen. Kommt – bei unstreitigem Sachverhalt – auch ein arbeitsrechtlicher Klagegrund in Betracht, so ist dies für die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten ausreichend (BAG Beschluß vom 18. August 1997 – 9 AZB 15/97 – AP Nr. 70 zu § 74 HGB = NZA 1997, 1362; BGH Urteil vom 25. Februar 1993 – BGHZ 121, 367, 373; zur Bedeutung der Offensichtlichkeit für die Rechtswegzuweisung ferner BGH Urteil vom 5. Juli 1990 – III ZR 166/89 – BGHWarn 1990, Nr. 211).

Der Klagegrund des § 74 Abs. 2 HGB kommt im Verhältnis zur Beklagten zu 1) in Betracht. Zwar trifft es zu, daß die Wettbewerbsabrede, der die Klägerin beigetreten ist, zwischen ihrem Ehemann und dem Beklagten zu 2) getroffen wurde. Begünstigte des Wettbewerbsverbots ist jedoch zumindest auch die Beklagte zu 1). Nach Ziff. 7.4 des Kaufvertrages ist Gegenstand des Wettbewerbsverbots die Tätigkeit bei Unternehmen, soweit diese “im derzeit ausschließlich betriebenen Geschäftsbereich Pferdesport der B… GmbH tätig sind”. Die Verpflichtung erstreckte sich darauf, “mit keinem der … Lieferanten oder Kunden der B… GmbH im Geschäftsbereich Pferdesport der B… GmbH in Geschäftsverbindung zu treten”. Außerdem enthielt die Vertragsabrede die Erklärung des Ehemannes der Klägerin, daß “die zeitliche und regionale Ausgestaltung und der Umfang des Wettbewerbsverbotes zur Gewährleistung eines adäquaten Schutzes des Unternehmens B… GmbH erforderlich” seien. Der Beklagte zu 2) wird anschließend als Gläubiger des Vertragsstrafeversprechens genannt. Als Gläubiger des Wettbewerbsverbots selbst wird er dagegen an keiner Stelle erwähnt. Wortlaut und objektive Interessenlage der Beteiligten sprechen darum dafür, daß auf diese Weise ein Wettbewerbsverbot – zumindest auch – zugunsten der Beklagten zu 1) begründet werden sollte. Es kann dahinstehen, ob dabei nicht der Beklagte zu 2) ohnehin als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) aufgetreten ist, auch wenn es an einem äußeren Vertretungshinweis in der Vertragsurkunde fehlt. Zumindest kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte zu 1) über § 328 BGB eigene Rechte aus dem Wettbewerbsverbot erhalten sollte. Damit ist § 74 Abs. 2 HGB möglicher Grund für die gegen sie erhobene Klage. Zur Entscheidung über diesen Klagegrund sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, c ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen berufen.

Zwar hat die Beklagte zu 1) im vorliegenden Verfahren die Ansicht vertreten, eigene Rechte aus dem Wettbewerbsverbot nicht erlangt zu haben. Mit Schreiben vom 25. Mai 1998 hat sie zudem ausdrücklich erklären lassen, sie werde gegenüber der Klägerin keine Rechte aus dem Wettbewerbsverbot herleiten. Diese Umstände sind jedoch für die Rechtswegbestimmung schon wegen § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG ohne Bedeutung. Ebensowenig kommt es für die Zulässigkeit des Rechtswegs darauf an, ob für die Klage gegen die Beklagte zu 1) ein Rechtsschutzbedürfnis (noch) besteht und das Wettbewerbsverbot aus arbeitsrechtlichen Gründen tatsächlich unwirksam ist.

Soweit sich die Klägerin auf Klagegründe beruft, die nicht auf ihrem früheren Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1) beruhen, sind wegen § 17 Abs. 2 GVG die Arbeitsgerichte auch insoweit zuständig.

2. Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten für die Klage gegen den Beklagten zu 2) folgt aus § 2 Abs. 3 ArbGG. Nach dieser Vorschrift können vor die Gerichte für Arbeitssachen auch solche Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, die zwar nicht unter § 2 Abs. 1 ArbGG fallen, die aber mit einer gleichzeitig anhängig werdenden Rechtsstreitigkeit der dort bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und nicht in die ausschließliche Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit fallen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Mit der Klage gegen die Beklagten zu 1) ist eine die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte begründende Hauptklage anhängig. Auf deren Zulässigkeit unter weiteren Gesichtspunkten kommt es nicht an (Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 2 Rz 136). Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ist gegeben, wenn Haupt- und Zusammenhangklage aus dem gleichen einheitlichen Lebenssachverhalt entspringen und nicht nur zufällig in Verbindung miteinander stehen (BAG Beschluß vom 18. August 1997, aaO, m.w.N.). Dies ist der Fall. Kaufvertrag, Aufhebungsvertrag und Wettbewerbsverbot sind ein zumindest wirtschaftlich einheitliches Vertragswerk.

Die weitere Beschwerde des Beklagten zu 2) ist nach allem nicht begründet.

3. Soweit der Beklagte zu 2) einen Verstoß des Beschwerdegerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG gerügt hat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wurde die Beschwerdeerwiderung der Klägerin vom 23. März 1998 den Beklagten offenbar erst zusammen mit dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts zugestellt. Fraglich ist aber schon, ob die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf Vorbringen der Klägerin beruht, welches erstmals mit diesem Schriftsatz in den Prozeß eingeführt worden wäre. In jedem Falle wurde eine mögliche Versagung rechtlichen Gehörs durch das Landesarbeitsgericht im Verfahren über die weitere sofortige Beschwerde geheilt.

 

Unterschriften

Griebeling, Reinecke, Kreft

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2628928

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