Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Sozialeinrichtung mit dem Ziel der betrieblichen Altersversorgung, bei deren Verwaltung der Betriebsrat gemäß BetrVG § 87 Abs 1 Nr 8 zu beteiligen ist, liegt nur dann vor, wenn die Altersversorgung aus einem zweckgebundenen Sondervermögen (zB Pensionskasse, Unterstützungskasse) geleistet wird.
2. Wird betriebliche Altersversorgung durch generelle Direktzusagen oder Versicherungen gewährt, so unterliegt diese Art der Altersversorgung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach BetrVG § 87 Abs 1 Nr 10 mit folgendem Inhalt:
a. Der Arbeitgeber ist in vierfacher Beziehung frei: nämlich darin, ob er finanzielle Mittel für die betriebliche Altersversorgung zur Verfügung stellen will, in welchem Umfang er das tun will, welche Versorgungsform er wählen will und welchen Arbeitnehmerkreis er versorgen will.
b. Für ein Mitbestimmungsrecht nach BetrVG § 87 Abs 1 Nr 10 ist insoweit kein Raum, als eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht.
c. In jedem Fall sind bei der Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung Arbeitgeber und Betriebsrat an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden, und sie müssen die freie Entfaltung der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer schützen (BetrVG § 75).
3a. Innerhalb des vorstehend zu 2a-c abgegrenzten Rahmens hat der Betriebsrat bei der Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung mitzubestimmen. Dazu gehört auch die Gestaltung des "Leistungsplanes", soweit nicht der Dotierungsrahmen, die Grundform der Altersversorgung, und die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises berührt werden,
b. Für das soeben dargestellte Mitbestimmungsrecht steht dem Betriebsrat ein Initiativrecht zu. Will er eine Änderung des Leistungsplanes erreichen, muß er konstruktiv darlegen, wie dabei der vom Arbeitgeber vorgegebene Dotierungsrahmen gewahrt werden kann.
c. Über den vorstehend gekennzeichneten Rahmen hinaus hat der Betriebsrat das Recht, jede Versorgungsordnung auf ihre Vereinbarkeit mit BetrVG § 75 zu überprüfen.
d. Vor Einführung einer betrieblichen Versorgungsordnung muß der Arbeitgeber den Betriebsrat so rechtzeitig und sachgerecht unterrichten, daß der Betriebsrat sein Mitbestimmungs- und Überwachungsrecht in der gebotenen Weise sorgfältig ausüben kann.
4. Die Betriebsvereinbarung kann eine betriebliche Ruhelohnordnung abgelöst werden (im Anschluß an BAG 1970-01-30 3 AZR 44/68 = BAGE 22, 252 (258 ff) = AP Nr 142 zu § 242 BGB Ruhegehalt (zu B der Gründe); BAG 1971-03-25 2 AZR 185/70 = BAGE 23, 257 (267) = AP Nr 5 zu § 57 BetrVG (zu II 4 der Gründe)).
Normenkette
BGB §§ 242, 305; BetrVG §§ 75, 77, 80 Abs. 1 Nr. 2, § 87 Abs. 1 Nrn. 8, 10
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Entscheidung vom 22.11.1973; Aktenzeichen 2 TaBV 8/73) |
Fundstellen
BAGE 27, 194-209 (LT1-4) |
BAGE, 194 |
BB 1975, 1062-1064 (LT1-4) |
BB 1976, 605 |
DB 1975, 1559-1562 (LT1-4) |
BetrR 1975, 500-511 (LT1-4) |
BetrAV 1975, 159-162 (LT1-4) |
SAE 1976, 37-42 (LT1-4) |
AP § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung (LT1-4), Nr 1 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVB Entsch 27 (LT1-4) |
AR-Blattei, ES 530.14.2 Nr 27 (LT1-4) |
ArbuR 1975, 248-249 (ST1) |
EzA § 87 BetrVG 1972 Lohn- und Arbeitsentgelt, Nr 4 |
JuS 1975, 742 (T1-4) |
VersR 1976, 254-256 (LT1-4) |