Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigung in der Hauptsache bei Unterbrechung des Revisionsverfahrens nach Konkurseröffnung. Kosten

 

Orientierungssatz

1. Ein durch das Konkursverfahren unterbrochener Rechtsstreit kann auch in der Revisionsinstanz aufgenommen und in der Hauptsache für erledigt erklärt werden (Vergleiche BAG Urteil vom 2.11.1959, 2 AZR 479/56 = AP Nr 7 zu § 91a ZPO).

2. Die nach § 91a Abs 1 Satz 2 ZPO durch Beschluß zu treffende Kostenentscheidung hat sich auch auf die im ersten und zweiten Rechtszug entstandenen Kosten zu erstrecken.

 

Normenkette

ZPO §§ 250, 91a; KO § 146 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 01.04.1976; Aktenzeichen 14 Sa 1824/75)

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 06.11.1975; Aktenzeichen 1 Ca 1351/75)

 

Gründe

I. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Kläger eine als 13. Gehalt bezeichnete Sonderzuwendung zeitanteilig beanspruchen kann, wenn er wegen finanzieller Schwierigkeiten des Arbeitgebers vor dem Fälligkeitstag ausscheiden muß. Die Hauptsache haben sie jetzt für erledigt erklärt und streiten nur noch über die Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte ist der Konkursverwalter über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers. Der Kläger war bei ihr seit dem 29. April 1953 zuletzt als Polier bis zum 30. September 1975 tätig. Die Gemeinschuldnerin hat im Rahmen eines Vergleichsverfahrens dem Kläger das Arbeitsverhältnis fristgerecht am 13. Februar 1975 zum 30. September 1975 gekündigt. Hiergegen hat er zunächst Kündigungsschutzklage erhoben und sich im Laufe des Rechtsstreits auf ein Ausscheiden zum 30. September 1975 gegen Zahlung einer Abfindung von 8.500,-- DM geeinigt.

In diesem Rechtsstreit hat der Kläger entsprechend seiner Betriebszugehörigkeit bis zum 30. September 1975 anteilig eine Sonderzuwendung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.878,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen verlangt.

Hinsichtlich dieser Sonderzuwendung hat der Kläger während des Arbeitsverhältnisses folgende Vereinbarung getroffen: Im Zusammenhang mit der Übernahme des Klägers in das Angestelltenverhältnis als Polier teilte die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 16. November 1962 dem Kläger mit:

"...

Als Weihnachtsgratifikation gewähre ich Ihnen

unter dem üblichen Vorbehalt ein 13. Monats-

gehalt. ..."

In den mit allen Polieren gleichlautenden Anstellungsverträgen heißt es hierzu ergänzend:

"Der Arbeitnehmer erhält jährlich zum Novem-

bergehalt ein zusätzliches 13. Gehalt. Die

Berechnung richtet sich nach der zur Zeit der

Auszahlung vereinbarten Vergütung.

Tritt der Arbeitnehmer während des Jahres

in die Firma ein, erhält er das 13. Gehalt

anteilig nach der Zahl der vollen Beschäf-

tigungsmonate. Bedingung für die Auszahlung

des 13. Gehalts ist ein ungekündigtes Ar-

beitsverhältnis für den vollen Monat Dezember..."

Die Parteien haben darüber gestritten, ob die Sonderzahlung Gratifikationscharakter hat oder ein 13. Gehalt ist. Außerdem ist streitig gewesen, ob der Kläger zeitanteilig die Sonderzahlung bis zu seinem Ausscheiden beanspruchen kann, weil er zur Weiterarbeit bereit gewesen und nur wegen finanzieller Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin vorzeitig ausgeschieden ist.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung dagegen zurückgewiesen. Der Kläger hat mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision sein Klageziel weiterverfolgt.

Während des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers am 29. Juli 1977 das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Kläger hat während des durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Revisionsverfahrens seine Klageforderung am 6. Dezember 1982 zur Konkurstabelle angemeldet. Nach anfänglichem Bestreiten der Forderung insgesamt hat der Konkursverwalter diese ohne Vorrecht am 30. Juli 1986 anerkannt.

Daraufhin haben die Parteien diesen Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und mit widersprechenden Kostenanträgen fortgesetzt. Hierüber erbitten sie eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

II. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluß gemäß § 91 a ZPO zu entscheiden. Diese Vorschrift gilt auch für die Revisionsinstanz (BAG Beschluß vom 17. August 1961 - 5 AZR 311/60 -, Urteil vom 12. Juni 1967 - 3 AZR 368/66 - AP Nr. 9 und 12 zu § 91 ZPO sowie Beschluß vom 7. Mai 1986 - 5 AZR 335/83 -). Die weitere Voraussetzung, nämlich die Zulässigkeit des Rechtsmittels, ist ebenfalls erfüllt.

Die Erledigungserklärung ist zugleich mit wirksamer Aufnahme des Rechtsstreits durch Schriftsatz des Klägers vom 13. August 1986 erfolgt (§ 250 ZPO), nachdem er ebenso wie der Beklagte nach Erledigung der Hauptsache eine Kostenentscheidung im schriftlichen Verfahren erbittet und damit unzweifelhaft zu erkennen gibt, daß er die Fortsetzung des Rechtsstreits zum Zwecke der Kostenentscheidung wünscht. Der Kläger ist nach § 146 Abs. 3 KO zur Aufnahme des Rechtsstreits befugt. Zwar verlangt § 146 Abs. 3 KO, daß der Rechtsstreit mit dem Antrag aufgenommen wird, die angemeldete Forderung zur Konkurstabelle festzustellen. Da die Parteien aber hierüber nicht mehr streiten, ist eine auf die Prozeßkosten beschränkte Aufnahme des Rechtsstreits möglich, nachdem sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat (vgl. Kuhn-Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 146 KO Rz 16 h).

Ein durch das Konkursverfahren unterbrochener Rechtsstreit kann auch in der Revisionsinstanz aufgenommen und in der Hauptsache für erledigt erklärt werden (BAG Urteil vom 2. November 1959 - 2 AZR 479/56 - AP Nr. 7 zu § 91 a ZPO). Damit sind das erst- und zweitinstanzliche Urteil gegenstandslos geworden, was aus Gründen der Klarheit im Tenor dieses Beschlusses auszusprechen war.

Die nach § 91 a Abs. 1 Satz 2 durch Beschluß zu treffende Kostenentscheidung hat sich auch auf die im ersten und zweiten Rechtszug entstandenen Kosten zu erstrecken (BAG Beschluß vom 7. Mai 1986 - 5 AZR 335/83 -, zu II 4 der Gründe; Zöller-Vollkommer, ZPO, 14. Aufl., § 91 a Rz 55). Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Dieser Grundsatz verbietet ebenso eine Trennung zwischen den bis zur Konkurseröffnung und nach der Konkurseröffnung entstandenen Kosten (BAG Urteil vom 2. November 1959 - 2 AZR 479/56 - AP Nr. 7 zu § 91 a ZPO).

Dem Beklagten waren unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen gemäß § 91 a ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, nachdem er die vom Kläger im Konkursverfahren angemeldete Klageforderung zwar anfangs bestritten hat, aber nunmehr ohne Vorrecht zur Konkurstabelle anerkannt hat. Hierdurch ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden, ohne daß im einzelnen zu prüfen wäre, welche Erwägungen des Beklagten für dieses Anerkenntnis ausschlaggebend waren. Nach der Erklärung des Beklagten war nicht lediglich das Vorrecht des Klägers streitig. Die Anerkennung der Klageforderung zur Tabelle ohne Vorrecht kann unter diesen Umständen nicht nur als teilweises Zugeständnis angesehen werden. Die Parteien haben von Anfang an nicht über ein Vorrecht der vom Kläger geltend gemachten Klageforderung gestritten, sondern über die Berechtigung dieser Forderung an sich. Hiernach hat der erkennende Senat nicht mehr zu untersuchen, ob die vom Kläger verfolgte Forderung bis dahin begründet war oder nicht. Vielmehr kommt in der Kostenregelung der Zivilprozeßordnung der Grundgedanke zum Ausdruck, daß derjenige, der sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt, die Kosten zu tragen hat, selbst wenn er möglicherweise bei Entscheidung des Rechtsstreits nicht unterlegen wäre (BAG Urteil vom 2. November 1959 - 2 AZR 479/56 - AP Nr. 7 zu § 91 a ZPO). Die Kostenentscheidung knüpft hauptsächlich an das Unterliegen an und stellt es nicht darauf ab, weshalb es dazu kam (BAG, aaO).

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog

Dr. Stadler Scherer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440167

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