Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktion der Zustimmung des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat anläßlich einer geplanten personellen Einzelmaßnahme Angaben zur Person der Beteiligten, zum vorgesehenen Arbeitsplatz und zur Auswirkung der geplanten Maßnahme, gemacht, die Bewerbungsunterlagen der Beteiligten vorgelegt und um die Zustimmung des Betriebsrats gebeten, so muß der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs 3 BetrVG dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, wenn er für eine abschließende Stellungnahme ergänzende Auskünfte zu den gemachten Angaben benötigt. Andernfalls gilt mit Ablauf der Wochenfrist seine Zustimmung als erteilt.
Normenkette
BetrVG §§ 101-102, 2 Abs. 1, § 99 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Berlin (Entscheidung vom 18.08.1987; Aktenzeichen 11 TaBV 4/87) |
ArbG Berlin (Entscheidung vom 05.03.1987; Aktenzeichen 38 BV 10/86) |
Gründe
A. Der Arbeitgeber betreibt in Berlin in drei "Geschäftsstellen" Spielhallen, deren Öffnungszeiten über die gesamte Woche hinweg mehr als 40 Stunden betragen. Er beschäftigte bis Oktober 1986 in jeder Geschäftsstelle einen Leiter. Daneben waren in Arbeitsverhältnissen mit regelmäßig bis zu 20 Wochenstunden 35 studentische Mitarbeiter als Spielhallenaufsicht tätig. Sowohl Geschäftsstellenleiter als auch Spielhallenaufsichten haben bei Ausübung ihrer Tätigkeit zunächst die gleiche Grundfunktion, nämlich die Spielgeräte zu überwachen, Störungen zu beseitigen, Kleingeld einzuwechseln, kleinere Dienstleistungen für die Kunden vorzunehmen, die Spielhallen vor Betriebsbeginn und/oder nach Betriebsende zu reinigen. Zusätzlich zu diesen Aufgaben trägt der Geschäftsstellenleiter gegenüber der Geschäftsleitung die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung der Arbeiten einschließlich des Funktionierens der Schichtpläne.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1986 beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers P als stellvertretenden Geschäftsstellenleiter für die Geschäftsstelle K-Straße ab 1. November 1986. In diesem Schreiben heißt es:
"...wie schon Ende August 1986 dem Betriebsratsmitglied
Herrn S , mitgeteilt wurde, plant die Geschäfts-
leitung die Einstellung eines festangestellten Mitar-
beiters als stellvertretenden Geschäftsstellenleiter für
den Betriebsteil K -Straße.
Herr S begrüßte diese Entscheidung. Durch diese
Maßnahme war geplant, die Zusage, Herrn R nach unbe-
zahltem Urlaub weiter zu beschäftigten, seitens der
Geschäftsleitung zurückzunehmen. Dazu meldete Herr
S seine Bedenken an.
Da im September 1986 die Mitarbeiterin Frau G
aus dem Betriebsteil Kurfürstendamm kündigte, wird für
Herrn R dieser freigewordene Arbeitsplatz zum
01.01.1987 angeboten. Somit ist die Entscheidung, Herrn
R nicht mehr wieder zu beschäftigen, hinfällig ge-
worden. Hiervon wurde der Betriebsratsvorsitzende, Herr
Sch , am 24.03.1986 telefonisch von der Geschäfts-
leitung unterrichtet.
Bis zum 31.12.1986 wird der freie Arbeitsplatz von
Frau G mit einem befristet eingestellten Mitar-
beiter ausgefüllt. Für die Ersatzbeschaffung für
Frau G wurde Herr Sch von Herrn D Mitte
September 1986 unterrichtet.
Wir möchten den Betriebsrat davon in Kenntnis setzen,
daß die Geschäftsleitung die Einstellung des Herrn
Klaus-Dieter P als stellvertretenden Geschäfts-
stellenleiter für den Betriebsteil K -Straße
für den 01.11.1986 geplant hat.
Anbei übersenden wir Ihnen den Lebenslauf des Herrn
P , aus dem hervorgeht, daß seine schulische wie be-
rufliche Qualifikation (Personalverantwortung, Kassen-
wesen, Administration usw.) dem Anforderungsprofil
eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters voll und
ganz entspricht.
Da Herr P in den ersten zwei Monaten seiner Einar-
beitungszeit noch nicht voll einsetzbar ist, tritt die
Regelung für Herrn R erst am 01.01.87 in Kraft."
Mit einem Nachtrag zu diesem Schreiben vom 6. Oktober 1986, der dem Betriebsrat am 7. Oktober 1986 zuging, übersandte der Arbeitgeber die Unterlagen der weiteren Bewerber.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1986, das dem Arbeitgeber erst am 16. Oktober 1986 zugegangen ist, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung. In dem Schreiben ist u.a. ausgeführt:
"...
Der Einstellung des AN P und der Versetzung des
AN Walter R können wir leider nicht zustimmen.
Wie schon in unserem Schreiben vom 16.09.86 dargelegt,
spricht nichts für, aber einiges gegen die Einstellung
eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters. Der AN
Walter R soll versetzt werden. Wieviele Schichten
er an seinem vorgesehenen Arbeitsplatz arbeiten kann,
ist uns nicht bekannt. Walter R hat sich hervor-
ragend in die Belegschaft des Betriebsteils K -
Straße integriert. Die anderen AN schätzen ihn, und er
selbst fühlt sich dort ausgesprochen wohl. Ein wesent-
liches Kriterium für seine Arbeitsplatzwahl war die
kurze Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.
Eine Versetzung in den Betriebsteil Kurfürstendamm wäre
für den AN nach Lage der Dinge eine unzumutbare Härte,
für die keine betriebliche Notwendigkeit besteht. Eine
innerbetriebliche Ausschreibung ist wieder einmal bei
keiner der personellen Einzelmaßnahmen erfolgt. Zum
ersten Mal sind wir von Ihnen über sämtliche Bewerber
für eine Einstellung informiert worden. Hierfür möchten
wir uns bedanken. Leider fehlen uns aber die Informatio-
nen über die Eingruppierung in das betriebliche Gehalts-
gefüge und über die Rahmenbedingungen des Arbeitsplatzes
eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters für die
K -Straße, den sie erstmals einrichten möchten.
Klaus S hat Ende August lediglich zur Kenntnis ge-
nommen, jedoch mit keinem Wort begrüßt, daß die GL einen
stellvertretenden Geschäftsstellenleiter für den Betriebs-
teil K -Straße einstellen möchte. Christian Sch
wurde darüber unterrichtet, daß einer der AN aus der
K -Straße zum Kurfürstendamm wechseln solle. Dies
sei für Januar oder März 1987 geplant. Der BR werde
hierüber noch schriftlich informiert.
Die Befristung des Arbeitsvertrages der neu eingestellten
AN Sabine H ist daher nicht notwendig. Wir bitten
Sie, dies entsprechend zu ändern und uns, wie bei
früheren Einstellungen, den Personalbogen in Kopie zu-
zusenden.
..."
Seit dem 1. November 1986 beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer P.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Betriebsrat die Aufhebung dieser personellen Maßnahme. Er ist der Auffassung, seine Zustimmung gelte nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht als erteilt, da das Zustimmungsverfahren wegen nicht ausreichender Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden sei. Der Arbeitgeber habe ihm keine genaue Arbeitsplatzbeschreibung über die Position eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters gegeben. Ihm sei nach wie vor nicht bekannt, welche Aufgaben der Arbeitnehmer auf diesem bisher nicht existierenden Arbeitsplatz habe. Aufgrund der fehlenden Information sei ihm insbesondere eine Überprüfung der Folgen für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nicht möglich gewesen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
dem Arbeitgeber aufzugeben, die Einstellung
des Arbeitnehmers P als stellvertretenden
Geschäftsstellenleiter für den Betriebsteil
K -Straße aufzuheben.
Der Arbeitgeber hat die Abweisung dieses Antrags beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung gelte als erteilt, da der Betriebsrat ihm die Verweigerung der Zustimmung nicht innerhalb der Wochenfrist schriftlich mitgeteilt habe. Der Betriebsrat müsse es innerhalb der Wochenfrist geltend machen, wenn er sich nicht ausreichend informiert fühle.
Im übrigen sei der Betriebsrat ausreichend unterrichtet worden. Bereits zu früheren Zeiten seien mit dem Betriebsrat die Probleme diskutiert worden, die sich aus der Arbeitszeit des Geschäftsstellenleiters von 40 Stunden und der darüber hinausgehenden Öffnungszeit der Geschäftsstelle ergeben hätten. Bereits aus der Funktionsbezeichnung ergebe sich auch der Inhalt der Tätigkeit eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters, nämlich Ausübung der Funktion subsidiär gegenüber dem Geschäftsstellenleiter, das heißt eigenverantwortliches Ausüben dieser Funktion nur in Abwesenheit des Geschäftsstellenleiters.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Auf die Beschwerde des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht den Antrag abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts, während der Arbeitgeber um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat der Arbeitgeber mitgeteilt, der Arbeitnehmer P sei mit Zustimmung des Betriebsrats zum Geschäftsstellenleiter befördert worden. Der Betriebsrat hat entgegnet, er habe damit jedoch nicht der Einstellung des Arbeitnehmers zugestimmt. Die Eingliederung des Arbeitnehmers P in den Betrieb des Arbeitgebers sei nach wie vor rechtswidrig.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
I. Der Antrag des Betriebsrats ist zunächst nicht deswegen unbegründet, weil der Betriebsrat inzwischen der Beförderung des Arbeitnehmers P zum Geschäftsstellenleiter zugestimmt hat. Darin liegt nicht notwendig auch die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung dieses Arbeitnehmers überhaupt, die den Antrag unbegründet machen würde.
Die Frage, ob der Arbeitnehmer P in betriebsverfassungsrechtlich zulässiger Weise eingestellt worden ist, war und ist unter den Beteiligten im Streit. Gerade darüber ist das vorliegende Verfahren anhängig. Der Betriebsrat mußte daher auch in Erwägung ziehen, daß seine Rechtsansicht möglicherweise unzutreffend ist und der Arbeitnehmer P in zulässiger Weise im Betrieb beschäftigt wird. Er konnte sich daher einer Mitwirkung bei der vom Arbeitgeber geplanten Versetzung des Arbeitnehmers P nicht deswegen entziehen, weil er nach wie vor der Ansicht war, dieser sei ohne seine Zustimmung eingestellt worden. Zwar kann die spätere Zustimmung zur Versetzung eines Arbeitnehmers auch die nachträgliche Zustimmung zu dessen Einstellung beinhalten, etwa wenn mit der Versetzung die gegen die Einstellung erhobenen Bedenken des Betriebsrats hinfällig werden; daß aus diesen oder anderen Gründen die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung vom Arbeitgeber auch als Zustimmung zur Einstellung verstanden werden konnte, ist jedoch nicht ersichtlich und auch vom Arbeitgeber nicht vorgetragen worden.
II. Der Antrag des Betriebsrats, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Einstellung des Arbeitnehmers P aufzuheben, ist unbegründet. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Zustimmung des Betriebsrats gelte als erteilt.
1. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat am 1. Oktober 1986 über die geplante Einstellung des Herrn P unterrichtet und um dessen Zustimmung gebeten. Die Unterrichtung hat der Arbeitgeber mit dem am 7. Oktober 1986 dem Betriebsrat zugegangenen Schreiben ergänzt, mit dem er die Bewerbungsunterlagen der weiteren Bewerber zugesandt hat. Dazu war der Arbeitgeber auch verpflichtet, da nach der Rechtsprechung des Senats dem Betriebsrat nicht nur die Unterlagen des Bewerbers vorzulegen sind, den der Arbeitgeber ausgewählt hat, sondern die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber (BAGE 35, 278 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972). Innerhalb einer Woche, d.h. bis zum 14. Oktober 1986, hat der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung nicht schriftlich unter Angabe von Gründen verweigert. Die Zustimmungsverweigerungserklärung vom 13. Oktober 1986, mit der der Betriebsrat die Besorgnis von Nachteilen für einen im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer geltend gemacht und eine unterbliebene Ausschreibung im Betrieb gerügt hat, ist dem Arbeitgeber erst am 16. Oktober 1986 zugegangen. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt daher die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt, da der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Wochenfrist schriftlich mitgeteilt hat.
2. Allerdings beginnt die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG nur zu laufen, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zuvor ordnungsgemäß über die geplante Maßnahme unterrichtet hat. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats seit der Entscheidung vom 28. Januar 1986 (BAGE 51, 42 = AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972; zuletzt Beschluß vom 20. Dezember 1988 - 1 ABR 68/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
a) Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber, wie das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat, den Betriebsrat am 7. Oktober 1986 nicht ausreichend und ordnungsgemäß unterrichtet. Zur ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats über die geplante Einstellung eines Arbeitnehmers gehört auch eine Mitteilung über die vorgesehene Eingruppierung (§ 99 Abs. 1 BetrVG). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wird aber die vom eingestellten Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit nicht von einer im Betrieb anzuwendenden tariflichen oder betrieblichen Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung erfaßt. Zur ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG gehört weiter auch die Mitteilung des in Aussicht genommenen Arbeitsplatzes und der Auswirkungen der geplanten Einstellung (vgl. Beschluß vom 18. Oktober 1988 - 1 ABR 33/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu B I 1 a der Gründe). Nach der Rechtsprechung des Senats muß die Unterrichtung des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken, die dem Betriebsrat die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 BetrVG ermöglichen. Nur wenn der Betriebsrat über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die Auswirkungen der geplanten Einstellung unterrichtet ist, kann er prüfen, ob andere Arbeitnehmer durch die geplante Maßnahme und die Berücksichtigung gerade dieses Bewerbers benachteiligt werden.
b) Den für den Arbeitnehmer P in Aussicht genommenen Arbeitsplatz hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht mitgeteilt. Arbeitsplatz ist nicht nur der räumliche Ort, an dem die Arbeit geleistet wird, sondern auch die Funktion, in die der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert werden soll (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 99 Rz 36 m.w.N.). Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts, denen sich das Landesarbeitsgericht angeschlossen hat, hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat den bisher nicht bestehenden Arbeitsplatz eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters nicht im einzelnen beschrieben. Danach fehlten hinsichtlich des in Aussicht genommenen Arbeitsplatzes insbesondere nähere Informationen zur Abgrenzung der Kompetenzen. Das Arbeitsgericht hat auch im einzelnen widerspruchsfrei gewertet, daß sich aus dem zu den Akten gereichten Besprechungsprotokoll vom 27. Juli 1986 und den Schreiben des Betriebsrats vom 28. August 1986 und vom 16. September 1986 nicht ergibt, daß der Betriebsrat Kenntnis über die Aufgaben und Funktionen eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters besaß.
3. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht aber den Antrag als unbegründet abgewiesen, da der Betriebsrat es unterlassen hat, den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG auf die ihm erkennbaren Mängel bei der Unterrichtung hinzuweisen.
a) Das Landesarbeitsgericht hat sich zur Begründung auf Erwägungen gestützt, die der Senat in seiner Entscheidung vom 28. Januar 1986 (BAGE 51, 42 = AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972) angestellt hat, die aber letztlich für die damalige Entscheidung nicht maßgeblich waren. Im damals entschiedenen Fall konnte sich der Betriebsrat nicht darauf berufen, daß der Arbeitgeber ihn unzureichend unterrichtet hatte. Er hatte von dem Angebot des Arbeitgebers, die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, keinen Gebrauch gemacht und trotz möglicherweise unzureichender Unterrichtung eine abschließende Stellungnahme zu der personellen Maßnahme abgegeben, gleichwohl aber später eine unzureichende Unterrichtung durch den Arbeitgeber gerügt. Der Senat hat ausgeführt: "Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG geltend machen muß, er sei unzureichend informiert worden. Dafür sprechen gute Gründe. Zwar bezieht sich die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nur auf das Verfahren nach ordnungsgemäßer Unterrichtung. Doch liegt ein rechtzeitiger Hinweis des Betriebsrats auf Mängel bei der Unterrichtung in seinem eigenen Interesse. Denn der Betriebsrat muß innerhalb der Wochenfrist gegenüber dem Arbeitgeber zum Ausdruck bringen, daß er die Zustimmung verweigert. Andernfalls muß er damit rechnen, daß der Arbeitgeber die Zustimmung als erteilt ansieht und die personelle Einzelmaßnahme durchführt. Der Betriebsrat wird deshalb in aller Regel entweder auf Mängel bei der Unterrichtung hinweisen oder bei ordnungsgemäßer Unterrichtung prüfen müssen, ob ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Dabei kann er darauf hinweisen, daß seine sachlichen Einwendungen gegen die geplante personelle Einzelmaßnahme nur vorsorglich für den Fall geltend gemacht werden, daß der Arbeitgeber ihn ordnungsgemäß informiert hat. Der Arbeitgeber wird in einem solchen Fall prüfen müssen, ob er seine Unterrichtungspflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Hält er den Einwand des Betriebsrats für berechtigt, wird er seine Unterrichtung ergänzen. Er setzt damit eine neue Wochenfrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG in Lauf. Hält er den Einwand des Betriebsrats für unbegründet, kann er beim Arbeitsgericht feststellen lassen, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt, hilfsweise, daß die Zustimmung ersetzt wird. Dann wird in diesem Verfahren geprüft, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß informiert hatte. Halten sich die Beteiligten an dieses Verfahren, können sie unnötigen Streit vor den Arbeitsgerichten vermeiden."
b) Der Senat hält diese Erwägungen nach erneuter Überprüfung für zutreffend und legt sie der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zugrunde. Hat der Arbeitgeber den Betriebsrat anläßlich einer geplanten Einstellung von der geplanten Maßnahme unterrichtet, ihm die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorgelegt, Auskünfte über die Person der Beteiligten gegeben, den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz genannt, die vorgesehene Eingruppierung mitgeteilt und zu den Auswirkungen der geplanten Maßnahme Stellung genommen sowie um die Zustimmung des Betriebsrats gebeten, so muß der Betriebsrat, wenn er die gegebenen Informationen für nicht ausreichend hält, um eine abschließende Stellungnahme abgeben zu können, den Arbeitgeber innerhalb einer Woche um Vervollständigung der Auskünfte bitten (so im Ergebnis auch Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 202; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 100; Dütz/Bayer, Anm. zu AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972; Natzel, SAE 1987, 57, 58).
aa) Wenn § 99 Abs. 3 BetrVG bestimmt, daß der Betriebsrat die Verweigerung seiner Zustimmung dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen muß, anderenfalls seine Zustimmung als erteilt gilt, so ist Zweck dieser Vorschrift, daß der Arbeitgeber alsbald weiß, ob er die geplante Maßnahme durchführen kann oder erst die Ersetzung der Zustimmung des Arbeitsgerichts erstreiten muß. Die betriebsverfassungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Maßnahme soll nicht länger als eine Woche in der Schwebe bleiben. § 99 Abs. 3 BetrVG schützt allein die Interessen des Arbeitgebers an der zügigen Abwicklung personeller Einzelmaßnahmen. Der Senat hat daher auch in seiner Entscheidung vom 17. Mai 1983 (BAGE 42, 386 = AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972) entschieden, daß die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat verlängert werden kann. Die Vorschrift des § 99 Abs. 3 BetrVG schütze nicht die Interessen des betroffenen Arbeitnehmers, sondern wolle die Belange des Arbeitgebers wahren, dem daran gelegen ist, möglichst bald Klarheit darüber zu erhalten, ob er die geplante personelle Maßnahme durchführen kann oder nicht.
Von daher kann der Arbeitgeber, der das Mitbestimmungsverfahren mit der in § 99 Abs. 1 BetrVG vorgeschriebenen Unterrichtung des Betriebsrats und der Bitte um Zustimmung zur geplanten Maßnahme eingeleitet hat, grundsätzlich davon ausgehen, daß der Betriebsrat sich innerhalb einer Woche äußert, wenn er der Maßnahme nicht zustimmen will.
Dem steht nicht entgegen, daß - wie oben dargelegt - nach der Rechtsprechung des Senats die Wochenfrist erst mit einer vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats zu laufen beginnt. "Vollständig" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß der Arbeitgeber zu den in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten Aspekten der geplanten Maßnahme Angaben gemacht haben muß. Die Unterrichtung muß daher Auskunft geben über die Natur der geplanten Maßnahme und über die Person der Beteiligten, zu denen grundsätzlich sämtliche Bewerber um den zu besetzenden Arbeitsplatz gehören. Sie muß Angaben über den zu besetzenden Arbeitsplatz, die vorgesehene Eingruppierung und zu den Auswirkungen der Maßnahme enthalten. Die Bewerbungsunterlagen müssen vorgelegt werden. Eine solche Unterrichtung macht auch dem Betriebsrat deutlich, daß der Arbeitgeber damit seiner Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen will und daß er diese Unterrichtung als ausreichend und damit ordnungsgemäß ansieht.
Gleichwohl kann eine solche Unterrichtung des Betriebsrats noch unvollständig sein. Dem Betriebsrat können nähere Umstände unbekannt sein, deren Kenntnis der Arbeitgeber vorausgesetzt hat. Die Auskünfte des Arbeitgebers, etwa zu den Auswirkungen der geplanten Maßnahme, können Anlaß zu Überlegungen sein, die der Arbeitgeber selbst nicht in Betracht gezogen hat. Für diese kann die Kenntnis weiterer Umstände erforderlich sein, die der Arbeitgeber nur deswegen nicht mitgeteilt hat, weil er deren möglichen Zusammenhang mit der geplanten Maßnahme selbst nicht erkannt hat.
bb) Schon das macht deutlich, daß der Arbeitgeber seiner Pflicht zur vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats nicht stets und in allen Fällen ohne Mithilfe des Betriebsrats nachkommen kann, will er nicht vorsorglich in jedem Einzelfall einen umfangreichen Unterrichtungsaufwand treiben, der sich in vielen Fällen als überflüssig und übertrieben herausstellen kann. Ob der Betriebsrat vollständig unterrichtet ist, läßt sich nur für jeden Einzelfall und unter Berücksichtigung auch des Informationsinteresses des Betriebsrats beantworten.
Von daher erfordert es das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 2 BetrVG, daß dieser den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist, in der der Arbeitgeber die Stellungnahme des Betriebsrats erwartet, Mitteilung macht, wenn er für eine abschließende Stellungnahme noch weitere Informationen benötigt. Der Arbeitgeber, der das Verlangen des Betriebsrats nach weiteren Informationen für berechtigt hält, kann diese dem Betriebsrat dann umgehend erteilen und damit zur zügigen Behandlung der Angelegenheit beitragen und alsbald Klarheit erlangen, ob der Betriebsrat der geplanten Maßnahme zustimmt oder nicht.
Auf der anderen Seite wird damit vom Betriebsrat nichts Unzumutbares verlangt und ihm die Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte nicht erschwert. Der Betriebsrat, der vom Arbeitgeber über eine geplante personelle Maßnahme unterrichtet und um Zustimmung gebeten wird, muß sich mit diesem Zustimmungsantrag ohnehin innerhalb einer Woche befassen, will er nicht Gefahr laufen, daß - wenn seine Unterrichtung ausreichend war - mit Ablauf der Wochenfrist seine Zustimmung als erteilt gilt. Kommt er dabei zu der Ansicht, daß er für eine endgültige Stellungnahme noch weitere Auskünfte benötigt, kann er diese innerhalb der Wochenfrist ebenso anfordern, wie er bei ausreichender Unterrichtung in dieser Zeit seine Zustimmungsverweigerung erklären und begründen kann. Sein Recht, sich erst nach vollständiger Unterrichtung abschließend zu der geplanten Maßnahme äußern zu müssen, wird dadurch nicht beschränkt.
cc) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats liegt in der Bejahung einer solchen Verpflichtung, auf die Unzulänglichkeit der vom Arbeitgeber gegebenen Auskunft innerhalb der Wochenfrist hinzuweisen, keine unzulässige Rechtsfortbildung. Diese Pflicht folgt - wie dargelegt - aus § 2 Abs. 1 BetrVG, der die Betriebspartner zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Dieser Grundsatz ist Maßstab dafür, wie die Betriebspartner ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten wahrzunehmen und auszuüben haben. Sie müssen dabei auch auf die Interessen des anderen Betriebspartners Rücksicht nehmen.
Die Entscheidung des Zweiten Senats vom 29. März 1984 (BAGE 45, 277 = AP Nr. 31 zu § 102 BetrVG 1972) steht dem nicht entgegen. Wenn dort der Zweite Senat verlangt hat, daß der Arbeitgeber den Betriebsrat auch ohne Nachfragen von sich aus vollständig zu einer geplanten Kündigung zu unterrichten hat, so betrifft dies eine andere Pflichtenlage des Arbeitgebers. Nach § 102 BetrVG macht schon die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und damit auch die vollständige Information des Betriebsrats über die geplante Kündigung die Kündigung betriebsverfassungsrechtlich zulässig, unabhängig von der Stellungnahme des Betriebsrats. Würde hier die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats und damit dessen vollständige Unterrichtung von einem Verlangen des Betriebsrats nach weiteren Informationen abhängig gemacht, so würde damit die betriebsverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Kündigung zum Nachteil des zu kündigenden Arbeitnehmers auch auf die Fälle erstreckt, in denen eine ordnungsgemäße Anhörung nicht erfolgt und vom Betriebsrat nicht gerügt worden ist.
In den Fällen des § 99 BetrVG hängt die betriebsverfassungsrechtliche Zulässigkeit der Maßnahme vom Verhalten des Betriebsrats ab. Er kann der Maßnahme zustimmen oder seine Zustimmung verweigern. Sein Untätigbleiben und seine Stellungnahme ist zugunsten des Arbeitgebers fristgebunden. Von daher stellt es keine Erweiterung der Rechtsstellung des Arbeitgebers dar, wenn vom Betriebsrat auf eine ersichtlich als ordnungsgemäß gedachte Unterrichtung über eine geplante personelle Maßnahme verlangt wird, daß er innerhalb der Wochenfrist geltend macht, die erfolgte Unterrichtung ermögliche ihm noch keine abschließende Stellungnahme, da sie unvollständig sei.
4. Im vorliegenden Falle hat der Arbeitgeber den Betriebsrat hinsichtlich aller von § 99 Abs. 1 BetrVG geforderten Aspekte der geplanten Einstellung des Arbeitnehmers P unterrichtet. Er hat die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber vorgelegt und zu deren Person und Geeignetheit Stellung genommen. Er hat als Auswirkung der Maßnahme mitgeteilt, der Arbeitnehmer R könne, wenn auch in einer anderen Geschäftsstelle, weiterbeschäftigt werden. Er hat mitgeteilt, daß der Arbeitnehmer P als stellvertretender Geschäftsstellenleiter beschäftigt werden soll. Damit waren Angaben zum in Aussicht genommenen Arbeitsplatz gemacht worden, von denen angesichts des vorausgegangenen Schriftwechsels der Arbeitgeber nicht ohne weiteres annehmen konnte, daß sie dem Betriebsrat noch keine abschließende Stellungnahme ermöglichten. Der Betriebsrat war daher gehalten, innerhalb der Wochenfrist geltend zu machen, daß er noch nähere Auskünfte über die Aufgaben eines stellvertretenden Geschäftsstellenleiters benötige. Da der Betriebsrat das nicht innerhalb der Wochenfrist getan hat, gilt seine Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers P als erteilt.
Der Betriebsrat kann daher nicht die Aufhebung der Einstellung verlangen, so daß sein Antrag abgewiesen werden mußte.
Matthes Dr. Weller Dr. Olderog
Gnade Dr. Giese
Fundstellen
Haufe-Index 437076 |
BAGE 61, 189-200 (LT1) |
BAGE, 189 |
DB 1989, 1523-1525 (LT1) |
EBE/BAG 1989, 106-109 (LT1) |
BetrVG, (3) (Lt1) |
Gewerkschafter 1989, Nr 10, 39-39 (ST1) |
NZA 1989, 639-641 (LT1) |
RdA 1989, 200 |
ZAP, EN-Nr 438/89 (S) |
ZTR 1989, 367-368 (LT1) |
AP § 99 BetrVG 1972 (LT1), Nr 64 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVC Entsch 121 (LT1) |
AR-Blattei, ES 530.14.3 Nr 121 (LT1) |
DuD 1989, 624-625 (LT) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 71 (LT1) |
JuS 1989, 941-942 (LT1) |
MDR 1989, 849-850 (LT1) |
VR 1989, 420 (K) |