Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Anfechtung Betriebsratswahl
Leitsatz (redaktionell)
Der Gegenstandswert in Beschlussverfahren, in denen es um die Anfechtung einer Betriebsratswahl geht, ist ausgehend vom 2-fachen des Ausgangsstreitwertes, gemäß der Staffel des § 9 BetrVG für jede Stufe um den halben Ausgangswert zu erhöhen.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1
Tenor
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO auf
festgesetzt.
Gründe
1. Nach der Rechtsprechung des Siebten Senats ist bei der nach § 10 Abs. 1 BRAGO vorzunehmenden Wertfestsetzung von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO auszugehen. Danach ist der Gegenstandswert auf 8.000,00 DM, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 1 Mio. DM anzunehmen. Der Wert von 8.000,00 DM ist ein „Ausgangs-” oder „Anknüpfungswert”. Von ihm ausgehend ist zu prüfen, ob die Umstände des konkreten Falles eine Erhöhung oder auch eine Reduzierung des Gegenstandswerts gebieten. Dabei sind insbesondere zum einen die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber des Rechtsanwalts sowie zum anderen der maßgeblich durch die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache bestimmte Umfang der anwaltlichen Tätigkeit zu berücksichtigen.
2. In arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, in denen es um die Anfechtung oder um die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl geht, ist die Bedeutung der Angelegenheit regelmäßig deutlich überdurchschnittlich. Denn es geht um die Existenz des Betriebsrats. Wenn der Antragsteller nicht nur die Anfechtbarkeit der Wahl nach § 19 BetrVG, sondern weitergehend deren Nichtigkeit geltend macht, ist die Bedeutung noch erhöht, denn die Feststellung der für die Vergangenheit wirkenden Nichtigkeit der Wahl geht noch über die lediglich für die Zukunft wirkende Ungültigerklärung hinaus. Daher ist es gerechtfertigt, bei einem Wahlanfechtungsverfahren zunächst vom 2-fachen des Ausgangsstreitwerts, also von 16.000,00 DM und bei einem auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl gerichteten Antrag vom 3-fachen des Ausgangsstreitwerts, also von 24.000,00 DM auszugehen.
3. Dies gilt für den aus einer Person bestehenden Betriebsrat, also in Betrieben mit fünf bis zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern. Mit wachsender Größe des Betriebs und des Betriebsrats steigt die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten. Dies zeigt sich ua. an den Schwellenwerten bei Mitwirkungsrechten (vgl. etwa § 99 Abs. 1 Satz 1, § 111 Abs. 1 Satz 1, § 106 Abs. 1 Satz 1, § 110 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und an der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 1 BetrVG. Der Senat orientiert sich bei der mit wachsender Betriebsratsgröße gebotenen Erhöhung des Streitwerts an der Staffel des § 9 BetrVG; dh. der Streitwert wird für jede Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den halben Ausgangswert des § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO, also um jeweils 4.000,00 DM erhöht.
4. Außerdem kann der über den Normalfall hinausgehende Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der entscheidend durch die Schwierigkeit der Angelegenheit bestimmt wird, berücksichtigt werden. In Fällen mit großer Schwierigkeit wird der zuvor ermittelte Gegenstandswert um 8.000,00 DM und in Fällen mit besonders großer Schwierigkeit um weitere 8.000,00 DM erhöht.
5. Für die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfahren bedeutet dies im Streitfall:
Betrieb mit mehr als 1.000 wahlberechtigten Arbeitnehmern: |
40.000,00 DM |
Bedeutung/Schwierigkeit der Angelegenheit: |
+ 16.000,00 DM |
Gegenstandswert: |
56.000,00 DM. |
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Linsenmaier
Fundstellen