Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung von Fremdtrainern
Normenkette
BetrVG § 99
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Beschluss vom 20.02.1990; Aktenzeichen 4 TaBV 137/89) |
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 17.05.1989; Aktenzeichen 1 BV 36/88) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 1990 – 4 TaBV 137/89 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der Arbeitgeber vertreibt Einrichtungen der Datenverarbeitungselektronik und entsprechende Software. Er unterhält in der Bundesrepublik in mehreren Orten Betriebe, u.a. in F., D., in dem einige Hundert Arbeitnehmer beschäftigt werden. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der in diesem Betrieb gewählte Betriebsrat.
Zum Betrieb D. gehört auch das Trainingszentrum in F. In diesem Trainingszentrum sowie in entsprechenden Zentren führt der Arbeitgeber Lehrgänge für Kunden, aber auch sonstige Interessierte durch, die Kenntnisse und Fertigkeiten im EDV-Bereich vermitteln. Daneben werden auch anwendungsorientierte Lehrgänge bei den Kunden selbst durchgeführt. Über den Umfang dieser Lehrgangstätigkeit ergibt sich aus dem „DEC-Journal IV/88 – Informationen der D. -Bildungszentren”, daß der Arbeitgeber in seinen Trainingszentren im Jahre 1988/1989 u.a. rd. 100 unterschiedliche „Fachseminare” und rd. 20 „Betriebssystemkurse” sowie eine Vielzahl von Software-Lehrgängen angeboten hat. Die Lehrgänge dauern in der Regel mehrere Tage, vielfach eine volle Woche. Im Jahre 1987 haben etwa 30.000 Personen an diesen Lehrgängen teilgenommen.
Die Lehrgänge werden in der Regel von sogenannten Trainern durchgeführt, die als Arbeitnehmer des Arbeitgebers beschäftigt sind.
Im Herbst 1988 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit, daß in den Lehrgängen auch Trainer einer Firma „EDV-Fachberatung Fritz W.” beschäftigt werden sollten (im folgenden nur Fa. W.). Die Fa. W. soll 27 „Trainer” beschäftigen. In diesem Schreiben heißt es, „daß die Fa. W. beauftragt worden sei, mit ihren Beschäftigten im Trainingszentrum Seminare durchzuführen. Es handele sich hier nicht um besondere Seminare, vielmehr gehe es darum, in Spitzenbelastungszeiten mit eigenem Personal nicht arbeiten zu müssen”. Nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung sollen die Trainer der Fa. W. etwa sechs Wochen vor Lehrgangsbeginn angefordert werden, nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist jedoch auch eine kürzere Anforderungsfrist möglich. Weitere Einzelheiten über den Inhalt der Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und der Fa. W. sind nicht bekannt.
Im Herbst 1988 haben zwei Trainer der Fa. W. insgesamt vier vom Arbeitgeber angebotene Kurse im Trainingszentrum durchgeführt, die sich jeweils über eine Woche erstreckten. Den Trainern der Fa. W. (im folgenden nur Fremdtrainer) wurden die Schulungsräume zugewiesen. Sie arbeiteten während der Lehrgänge mit den vom Arbeitgeber gestellten Datenverarbeitungsanlagen. Die Schulungsunterlagen wurden vom Arbeitgeber gestellt. Im Anschluß an die Lehrgänge wurden von den Teilnehmern Fragebogen zur Beurteilung des jeweiligen Lehrganges ausgefüllt, die anschließend zur Qualitätskontrolle ausgewertet wurden. Inwieweit die Fremdtrainer vor ihrer Tätigkeit vom Arbeitgeber „geschult” und eingewiesen wurden, ist unter den Beteiligten streitig.
Der Betriebsrat sieht in der Beschäftigung der Fremdtrainer eine Einstellung, die nach § 99 BetrVG seiner Mitbestimmung bedürfe. Die Fremdtrainer seien in den Schulungsbetrieb eingegliedert und arbeiteten mit den beim Arbeitgeber beschäftigten Trainern zusammen. Die Lernziele der einzelnen Lehrgänge seien vorgegeben. Für jeden Lehrgang existierten detaillierte Stoffpläne. Die Fremdtrainer würden zuvor durch den Arbeitgeber wie die eigenen Trainer ausgebildet. Ihre Seminartätigkeit werde ebenso beurteilt wie die der eigenen Trainer. Ihre Tätigkeit diene dem Betriebszweck des Trainingszentrums.
Da der Arbeitgeber eine Beteiligung des Betriebsrats bei der Beschäftigung von Fremdtrainern abgelehnt hat, hat der Betriebsrat das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt,
- die Einstellung der beiden Fremdtrainer rückgängig zu machen,
- festzustellen, daß es sich bei der Beschäftigung der Fremdtrainer der Fa. W. um eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG handelt.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Betriebsrats nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der beiden beschäftigten Fremdtrainer für erledigt erklärt. Das Verfahren ist insoweit vom Landesarbeitsgericht eingestellt worden. Der Betriebsrat hat vor dem Landesarbeitsgericht beantragt,
den Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und festzustellen, daß es sich bei der Aufnahme von Tätigkeiten von Arbeitnehmern bzw. Beauftragten der Fa. W. in der Trainingsabteilung des Arbeitgebers um eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG handelt und der Arbeitgeber verpflichtet ist, vor einer Einstellung die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG einzuholen.
Das Landesarbeitsgericht hat diesem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Arbeitgeber die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beschäftigung der Fremdtrainer der Fa. W. im Trainingszentrum der Zustimmung des Betriebsrats bedarf.
1. Das Landesarbeitsgericht ist von der ständigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen, wonach eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung dann vorliegt, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Arbeitgeber als Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgebend ist, ob die von diesem Personenkreis zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebes zu dienen bestimmt ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Darauf, ob und gegebenenfalls von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit gegeben werden, kommt es nicht an (Beschluß vom 15. April 1986, BAGE 51, 337 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972; Beschluß vom 16. Dezember 1986 – 1 ABR 52/85 – AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972). Das Landesarbeitsgericht hat diese Rechtssätze auch rechtsfehlerfrei auf den von ihm festgestellten Sachverhalt anläßlich der Beschäftigung von Fremdtrainern im Trainingszentrum des Arbeitgebers angewandt.
2. Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung, die Fremdtrainer seien in den Betriebsablauf des Arbeitgebers integriert, soweit es um den im Trainingszentrum abgewickelten Lehrbetrieb geht. von der festgestellten Tatsache aus, daß mit Hilfe der Fremdtrainer der Lehrgangsbetrieb im Trainingszentrum in dem von dem Arbeitgeber gewollten und geplanten Umfang durchgeführt und aufrechterhalten wird, wenn nicht genügend eigene Trainer zur Verfügung stehen. Es schließt dies zu Recht aus den relativ kurzen Anforderungsfristen für die Fremdtrainer. Die Fremdtrainer werden mit der Durchführung jeweils bestimmter Lehrgänge betraut, die der Arbeitgeber als seine Lehrgänge anbietet, deren Inhalt er konzipiert hat und für die er selbst ausführliches Unterrichtsmaterial erstellt und bereitstellt. Die Lehrgänge finden zu festgelegten Zeiten in den Räumen des Trainingszentrums des Arbeitgebers und unter Inanspruchnahme der sächlichen Hilfsmittel des Arbeitgebers statt. Auch die von den Fremdtrainern durchgeführten Lehrgänge werden von den Teilnehmern beurteilt und in die Qualitätskontrolle aller Lehrgänge einbezogen.
Wenn das Landesarbeitsgericht aufgrund dieser Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, daß die Fremdtrainer und die angestellten Trainer des Arbeitgebers den Kern des arbeitstechnischen Betriebszweckes, nämlich die Lehrgangstätigkeit im Trainingszentrum, gleichartig erarbeiten, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Damit setzt sich das Landesarbeitsgericht entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 28. November 1989 (– 1 ABR 90/88 – AP Nr. 5 zu § 14 AÜG). In dieser Entscheidung hat der Senat zwar ausgeführt, daß die Arbeitnehmer eines Bewachungsunternehmens auch dann nicht im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG für den Betrieb eingestellt werden, wenn die Bewachung des Betriebsgeländes zu anderen Zeiten von Arbeitnehmern des Betriebes durchgeführt wird. Daraus folgt jedoch nicht, daß immer dann keine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG vorliegt, wenn Arbeitnehmer einer Fremdfirma und Arbeitnehmer des Arbeitgebers die gleiche Arbeit – wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten – durchführen. Entscheidend ist auch in solchen Fällen, ob die Arbeitnehmer eines Fremdunternehmens so in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert werden, daß auch dieser die für ein Arbeitsverhältnis typischen Entscheidungen über deren Einsatz auch nach Zeit und Ort zu treffen hat. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 5. März 1991 (– 1 ABR 39/90 – zur Veröffentlichung vorgesehen) noch einmal ausgesprochen und näher begründet. Von einer solchen Eingliederung ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Die von Fremdtrainern abgehaltenen Lehrgänge werden vom Arbeitgeber lange Zeit im voraus hinsichtlich ihrer Themen und zeitlichen Lage geplant und festgelegt. Fremdtrainer werden dann mit diesen festliegenden Lehrgängen betraut, wenn eigene Trainer ausfallen oder an anderer Stelle benötigt werden. Damit entscheidet aber gerade der Arbeitgeber über den Einsatz der Fremdtrainer auch nach Zeit und Ort ihrer Tätigkeit.
Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von denjenigen Fallgestaltungen, in denen „bestimmte absonderbare Arbeiten auf Fremdfirmen übertragen werden”, in denen auch nach der Rechtsprechung des Senats keine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG vorliegt (so im Beschluß vom 28. November 1989, a.a.O.). Der Arbeitgeber läßt nicht im Interesse der Vergrößerung seines Lehrgangsangebotes bestimmte Lehrveranstaltungen von anderen Unternehmen, die dafür eine besondere Sachkunde besitzen, in eigener Verantwortung gestalten und durchführen, sondern er nimmt lediglich die Arbeitskraft der Fremdtrainer bei Bedarf in Anspruch, um die von ihm angebotenen und konzipierten Lehrgänge auch durchführen zu können. Zu Recht stellt das Landesarbeitsgericht daher auch darauf ab, daß so wie der Einsatz der Fremdtrainer tatsächlich erfolgt, nicht erkennbar ist, welche eigenverantwortlich organisierte und gestaltete Leistung die Fa. W. mit der Überlassung der Fremdtrainer noch erbringen kann.
Wenn das Landesarbeitsgericht es schließlich als unerheblich angesehen hat, daß die Fremdtrainer hinsichtlich der didaktischen Gestaltung der von ihnen durchgeführten Lehrgänge keine Weisungen erhielten und im einzelnen nicht überwacht würden, so entspricht auch das der Rechtsprechung des Senats. Danach kommt es allein darauf an, ob in der Durchführung der Lehrgänge durch die Fremdtrainer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit zu sehen ist, die vom Arbeitgeber organisiert wird. Das aber ist vorliegend der Fall.
Damit erweist sich die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers als unbegründet.
Unterschriften
Matthes, Dr. Weller, Dr. Peifer, Dr. Schmidt, Dr. Wohlgemuth
Fundstellen