Entscheidungsstichwort (Thema)
Höchstzulässige Wochenarbeitszeit bei Alttarifverträgen. Höchstzulässige Wochenarbeitszeit bei Tarifverträgen, die bereits am 1. Januar 2004 galten. europarechtskonforme Auslegung. Spruch der Einigungsstelle über die Verteilung der tariflich über 48 Wochenstunden hinaus verlängerten Arbeitszeit. Sprungrechtsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
§ 25 Satz 1 ArbZG stellt Tarifverträge, die am 1. Januar 2004 bereits bestanden, nicht von der Verpflichtung frei, die Grenze der höchstzulässigen jahresdurchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden – einschließlich der Zeiten von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst – zu beachten.
Orientierungssatz
- Die betriebliche Einigungsstelle darf gegen den Willen des Arbeitgebers nur einen Dienstplan beschließen, der das tariflich zulässige Arbeitszeitvolumen für die Arbeitnehmer ausschöpft.
- § 14 Abs. 2, Abs. 5 DRK-TV unterstellt die dort für den Arbeitgeber vorgesehene Option einer Verlängerung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
- Der Anteil von drei Stunden Arbeitsbereitschaft innerhalb einer täglichen Höchstarbeitszeit von elf Stunden ist ein erheblicher Umfang iSv. § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG.
- § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG sieht nur die Möglichkeit einer Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus vor. Die Vorschrift hebt dagegen auch für Tarifverträge nicht das Erfordernis eines Ausgleichs der Überschreitung der regulären werktäglichen Arbeitszeit auf durchschnittlich acht Stunden gemäß § 3 Satz 2 ArbZG auf (§ 7 Abs. 8 ArbZG). Dabei sind auch Zeiten von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ohne Einschränkung ausgleichspflichtig.
- Die Ausgleichspflicht wird nach dem Wortlaut des § 25 Satz 1 ArbZG für Tarifverträge, die am 1. Januar 2004 bereits galten, nicht übergangsweise aufgehoben. Die Höchstgrenze der zulässigen jahresdurchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist in den dort in Bezug genommenen Vorschriften, von denen vorübergehend abgewichen werden darf, nicht festgelegt.
- Ein anderes als das am Wortlaut orientierte Verständnis des § 25 Satz 1 ArbZG ist wegen des Gebots zur europarechtskonformen Auslegung nationaler Vorschriften ausgeschlossen. Ein Verständnis, wonach die bis zum 31. Dezember 2006 verlängerte Übergangsregelung auch die Überschreitung der 48-Stunden-Grenze zulässt, widerspricht Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeit-Richtlinie).
Normenkette
ArbZG §§ 25, 3, 7 Abs. 1-2, 2a, 8, § 12; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3; ArbGG § 96a
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Dienstplanregelung durch Spruch einer Einigungsstelle.
Der Arbeitgeber ist ein rechtlich selbständiger Unterverband des Deutschen Roten Kreuzes. Im Landkreis O… betreibt er einen Rettungsdienst und Krankentransport. Er ist tätig auf der Grundlage des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes. Auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten findet der bundesweit geltende Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) Anwendung. Er enthält in seiner Fassung vom 9. Juni 1999 folgende Bestimmung:
Ҥ 14
Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38½ Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von 26 Wochen zugrunde zu legen.
…
(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden
a) bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 49 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt,
b) bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt,
c) bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. …
…
(5) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. …”
Die tariflichen “Sonderregelungen für das Personal im Rettungsdienst und Krankentransport” bestimmen in einer Protokollnotiz zu § 14 Abs. 2 DRK-TV:
“Die Möglichkeit zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit … wird wie folgt eingeschränkt:
…
Ab 01. Januar 1993:
§ 14 Abs. 2a:
… auf 45 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2b:
… auf 49 Stunden/Woche.
§ 14 Abs. 2c:
… auf 54 Stunden/Woche.”
Im Jahr 2004 verhandelten die Beteiligten ergebnislos über ein betriebliches Dienstzeitmodell. Die von ihnen angerufene Einigungsstelle fasste am 11. Juni 2004 unter Beteiligung des Vorsitzenden mehrheitlich – nach Maßgabe späterer, einvernehmlich erfolgter Änderungen – folgenden Beschluss:
“Räumlicher Geltungsbereich:
Dieser Spruch gilt für alle derzeit bestehenden Rettungswachen des Betriebes.
Sachlicher und persönlicher Geltungsbereich:
Dieser Spruch regelt Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Schichtpläne, Pausenzeiten sowie Überstunden und Mehrarbeit der dort beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (im folgenden Mitarbeiter) im Rettungsdienst, insbesondere der Rettungsassistenten, Rettungssanitäter, Rettungshelfer, Rettungsdienstpraktikanten, Beschäftigte im freiwilligen sozialen Jahr, Zivildienstleistenden und Ehrenamtlichen.
1) Die als Anlage 1 beigefügten Rahmendienstplanturnus der einzelnen Rettungswachen und Gruppen der Rettungsdienstmitarbeiter regeln auf Basis der tarifvertraglichen Regelung des § 14 IIb DRK Tarifvertrag West den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit in Schichten sowie die Verteilung auf die einzelnen Wochentage. Aus diesen Rahmenturnus werden die jeweiligen Monatsdienstpläne entwickelt.
2) Der Ausgleichszeitraum beträgt beginnend mit dem 01.10. eines Kalenderjahres 12 Monate. Es wird ein Jahresarbeitszeitkonto eingerichtet, das jeweils zum 30.09. abgerechnet wird.
3) Bereitschaftsdienste finden nicht statt.
4) Für die Herstellung der Einsatzbereitschaft vor Dienstbeginn, für die Fahrzeugübergabe und die Entsorgung kontaminierter Einsatzkleidung nach Dienstende werden auch den rund um die Uhr besetzten Fahrzeugen 15 Minuten zusätzlich zu jeder Schicht auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Für die übrigen Fahrzeuge werden diese Rüstzeiten innerhalb der Vorhaltezeit erbracht und erst im Anschluss hieran der erste Einsatzauftrag ausgeführt.
5) Den Mitarbeitern ist in jeder Schicht von über 6 Stunden Dauer eine Pause zu gewähren. …
6) Überstunden und Mehrarbeit
Die durch den Dienstplan festgelegte tägliche Arbeitszeit darf nur unter den folgenden Voraussetzungen durch Anordnung des Arbeitgebers überschritten werden:
• Eine Toleranz von 15 Minuten besteht in allen Fällen. Daneben ist eine Überschreitung nur bei Notfalleinsätzen (dazu zählen nicht planbare Krankentransporte) zulässig. …
• Im übrigen kann der Mitarbeiter mit seinem Einverständnis zu Überstunden über die Dienstplaneinteilung hinaus herangezogen werden. …
• Es müssen jedoch die gesetzlichen und tariflichen Höchstarbeitszeitgrenzen sowie die Höchstarbeitszeiten nach dieser Regelung eingehalten werden.
7) Dieser Spruch tritt zum 01.10.2004 in Kraft.”
In der Anlage 1 zu Nr. 1 des Spruchs sind für die jeweiligen Einsatzkräfte in unterschiedlichem Turnus Schichtzeiten vorgesehen, die zwar in einzelnen Wochen bis zu 77 Stunden erreichen, aber im Jahresdurchschnitt nach dem Vorbringen beider Beteiligten 48 Wochenstunden nicht überschreiten.
Der Spruch und seine Begründung wurden dem Arbeitgeber am 5. Juli 2004 zugeleitet. Mit einem am 9. Juli 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat dieser ihn angefochten. Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Regelungen in den Nrn. 1 und 3 des Spruchs seien wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Nr. 1 sehe ein Dienstplanmodell vor, das auf einer Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden beruhe, obwohl § 25 ArbZG in Verb. mit § 7 Abs. 1 bis Abs. 2a ArbZG und § 14 Abs. 2, Abs. 5 DRK-TV längere Arbeitszeiten zulasse. Normwidrig sei auch der Ausschluss von Bereitschaftsdienst in Nr. 3 des Spruchs. Zumindest habe die Einigungsstelle die Grenzen ihres Ermessens überschritten. Sie habe ihm finanzielle Mehrbelastungen im Umfang von jährlich 740.000,00 Euro aufgebürdet, die von den zuständigen Kostenträgern nicht getragen würden.
Der Arbeitgeber hat beantragt
festzustellen, dass Nr. 1 und Nr. 3 des zur Dienstplangestaltung am 11. Juni 2004 ergangenen Spruchs der zwischen den Beteiligten eingerichteten Einigungsstelle unwirksam sind.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, der Spruch der Einigungsstelle verstoße weder gegen zwingendes Gesetzes- und Tarifrecht noch überschreite er die Grenzen des der Einigungsstelle eingeräumten Ermessens. Nr. 1 des Spruchs lege nicht die Dauer der geschuldeten Arbeitszeit fest, sondern treffe eine Dienstplanregelung auf der Basis einer bestimmten Tarifnorm. Die vom Arbeitgeber bevorzugte regelmäßige Arbeitszeit von 54 Wochenstunden sei mit den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes auch angesichts von § 25 ArbZG nicht vereinbar. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, die Dauer der wöchentlichen Schichten für den einzelnen Arbeitnehmer im Durchschnitt auf 48 Stunden zu begrenzen. Dies entspreche arbeitsmedizinischen Erkenntnissen und den Vorgaben der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Im Übrigen sei damit die reguläre tarifliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden bereits erheblich ausgedehnt worden.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers entsprochen. Auf Antrag der Beteiligten hat es die Sprungrechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter, den Antrag des Arbeitgebers abzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Arbeitgebers zu Unrecht stattgegeben. Die Einigungsstelle war gesetzlich gehalten, darauf zu achten, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Einsatzkräfte den Umfang von 48 Stunden im Durchschnitt von längstens zwölf Kalendermonaten nicht überschreitet. Auch der Ausschluss von Bereitschaftsdiensten in Nr. 3 des Spruchs ist rechtswirksam. Bereitschaftsdienstzeiten zählen nach dem Arbeitszeitgesetz in vollem Umfang zur Arbeitszeit. Sie dürfen deshalb nicht zusätzlich zur höchstzulässigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden angeordnet werden.
I. Die Sprungrechtsbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Nach § 96a ArbGG kann gegen einen das Verfahren beendenden Beschluss des Arbeitsgerichts unmittelbar Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden. Voraussetzung ist, dass das Arbeitsgericht diese auf Antrag zugelassen hat und die übrigen Beteiligten zustimmen. Eine Begrenzung auf Streitigkeiten besonderer Art findet – anders als nach § 76 ArbGG bei der Sprungrevision – nicht statt. Ist die Zulassung in dem verfahrensbeendenden Beschluss des Arbeitsgerichts selbst erfolgt, sind die Zustimmungserklärungen der Beteiligten der Rechtsbeschwerdeschrift beizufügen.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2004 haben beide Beteiligte um die Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde gebeten. Dem hat das Arbeitsgericht entsprochen. Der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats war die Zustimmungserklärung des Arbeitgebers beigefügt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Antrag des Arbeitgebers ist zulässig, aber unbegründet.
1. Zwischen den Beteiligten steht nur die Wirksamkeit der Nrn. 1 und 3 des Spruchs der Einigungsstelle im Streit. Über die Geltung der in den Nrn. 2 und 4 bis 6 enthaltenen Grundsätze der Dienstplangestaltung haben sie trotz des laufenden Verfahrens Einvernehmen erzielt.
2. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit von Nr. 1 und Nr. 3 des Spruchs gerichtete Antrag ist zulässig. Gegen die Teilanfechtung eines Spruchs bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sie sich auf eine eigenständige Teilregelung bezieht und die Betriebsparteien, wie hier, die übrigen Regelungen übereinstimmend gelten lassen wollen. Das Feststellungsbegehren ist die zutreffende Verfahrensart. Ein Spruch der betrieblichen Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Die Betriebsparteien streiten im Fall seiner Anfechtung um das (Nicht-)Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses. Die begehrte gerichtliche Entscheidung hat deshalb feststellende, nicht rechtsgestaltende Wirkung. Dementsprechend ist die Feststellung der (Teil-)Unwirksamkeit des Spruchs zu beantragen und nicht seine Aufhebung (BAG 22. Juli 2003 – 1 ABR 28/02 – BAGE 107, 78, zu B II 1 der Gründe mwN).
3. Der Antrag des Arbeitgebers ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts durfte die Einigungsstelle ein Dienstplanmodell beschließen, das auf einer durchschnittlichen Arbeitszeit von nur 48 Wochenstunden beruht und darüber hinausgehende Bereitschaftsdienste untersagt. Zwar lässt der DRK-TV in § 14 Abs. 2c und der einschlägigen Protokollnotiz für den Rettungsdienst eine Verlängerung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden zu. Von dieser Option darf der Arbeitgeber aber keinen Gebrauch machen. Das verstieße gegen höherrangiges Recht. § 3 Satz 2 und § 7 Abs. 8 ArbZG begrenzen die zulässige Höchstarbeitszeit auf durchschnittlich 48 Wochenstunden. Die für ältere Tarifverträge geltende Übergangsvorschrift in § 25 ArbZG macht hiervon keine Ausnahme. Das folgt aus der europarechtskonformen Auslegung der Norm.
a) Die Einigungsstelle darf gegen den Willen des Arbeitgebers nur einen solchen Dienstplan beschließen, der das tariflich zulässige Arbeitszeitvolumen für die Arbeitnehmer ausschöpft. Andernfalls überschreitet sie ihre Regelungskompetenz. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und deren Verteilung auf die einzelnen Wochentage. Die Mitbestimmung über den Umfang der geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit ist davon nicht erfasst. Auch wenn sich aus der Bestimmung der Arbeitstage der Woche und der Festlegung von Beginn und Ende der Arbeitszeit an diesen Tagen rechnerisch die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit ergibt, besteht in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit darüber, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sich nicht auf das Maß der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitszeit erstreckt. Der Umfang der betreffenden schuldrechtlichen Verpflichtung ist vielmehr Bestandteil des Synallagmas der Arbeitsverträge und ergibt sich entweder aus einem anzuwendenden Tarifvertrag oder aus Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien. Er ist der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen (BAG 26. Oktober 2004 – 1 ABR 31/03 (A) – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 113 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 7, zu B III 2b bb der Gründe; 22. Juli 2003 – 1 ABR 28/02 – BAGE 107, 78, zu B II 2b aa der Gründe; 27. Januar 1998 – 1 ABR 35/97 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 58; Bender in Wlotzke/Preis BetrVG 3. Aufl. § 87 Rn. 54; Fitting 22. Aufl. § 87 Rn. 103 ff.; GK-BetrVG/Wiese 8. Aufl. § 87 Rn. 275 ff. mwN; Richardi BetrVG 10. Aufl. § 87 Rn. 267 ff. mwN).
Dementsprechend muss die Einigungsstelle dem Arbeitgeber die tatsächliche Inanspruchnahme der von den Arbeitnehmern (tarif-)vertraglich geschuldeten Arbeitszeit ermöglichen. Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Betriebsrat einen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch auf eine Dienstplangestaltung, die eine Ableistung des für die Arbeitnehmer tarif- oder einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeitvolumens zulässt. Bleibt der von der Einigungsstelle beschlossene Dienstplan auch in der Addition der für die einzelnen Wochenarbeitstage vorgesehenen Arbeitszeiten hinter dem von den Arbeitnehmern geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeitvolumen im Durchschnitt des maßgeblichen Berechnungszeitraums zurück, wird dieser Anspruch verletzt. In einem solchen Dienstplan liegt dann mittelbar eine Entscheidung über den Umfang der geschuldeten (wöchentlichen) Arbeitszeit. Das verletzt die Grenzen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
b) Die Einigungsstelle ist mit den Arbeitszeitregelungen in Nr. 1 und Anlage 1 des Spruchs nicht hinter den dem Arbeitgeber rechtlich eröffneten Möglichkeiten zur zeitlichen Inanspruchnahme seiner Mitarbeiter zurückgeblieben.
aa) Nach den zumindest kraft einzelvertraglichen Einbezugs geltenden einschlägigen tariflichen Sonderregelungen zu § 14 Abs. 2 DRK-TV kann die regelmäßige Arbeitszeit der Mitarbeiter im Rettungsdienst und Krankentransport von 38,5 Wochenstunden auf bis zu zehn Stunden täglich und 49 Stunden im Wochendurchschnitt verlängert werden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von täglich durchschnittlich mindestens drei Stunden fällt (§ 14 Abs. 2b DRK-TV idF der Protokollnotiz). Sie kann auf bis zu zwölf Stunden täglich und 54 Stunden im Wochendurchschnitt verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer an jedem Arbeitstag lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten (§ 14 Abs. 2c DRK-TV idF der Protokollnotiz). Nach § 14 Abs. 5 DRK-TV ist es dem Arbeitgeber gestattet, zusätzlich Bereitschaftsdienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit anzuordnen. Das gilt auch, wenn die regelmäßige Arbeitszeit nach Maßgabe der genannten Tarifbestimmungen verlängert worden ist.
Demgegenüber schließt der Spruch der Einigungsstelle für den Arbeitgeber eine Verlängerung der Arbeitszeit auf mehr als 48 Wochenstunden nach § 14 Abs. 2c DRK-TV unabhängig davon aus, ob dieser für eine entsprechende Verlängerung optiert hat. Zu einer solchen Einschränkung ist die Einigungsstelle nicht etwa auf Grund des DRK-TV selbst befugt. Die Ausübung der in § 14 Abs. 2, Abs. 5 DRK-TV für den Arbeitgeber vorgesehenen Optionen ist tarifvertraglich nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterstellt worden. Die Einigungsstelle hat der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit vielmehr die vom Arbeitsgeber optierte Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit zugrunde zu legen. § 14 Abs. 2, Abs. 5 DRK-TV erweitert die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht über den gesetzlichen Umfang hinaus. Beteiligungsrechte des Betriebsrats sind nicht Gegenstand der Tarifbestimmung. Diese beschränkt sich darauf, Spielräume für Abweichungen von der Grundregel des § 14 Abs. 2 DRK-TV durch Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien oder Weisung des Arbeitgebers zu eröffnen (vgl. BAG 22. Juli 2003 – 1 ABR 28/02 – BAGE 107, 78, zu B II 2b bb der Gründe; 29. Februar 2000 – 1 ABR 15/99 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 61, zu B I 3 der Gründe; 30. Januar 1996 – 3 AZR 1030/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 5 = EzA TVG § 4 Rotes Kreuz Nr. 2, zu II 1 der Gründe; für die wortgleiche Bestimmung des § 15 Abs. 2 BAT: Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand September 2005 § 15 Rn. 44 mwN).
bb) Gleichwohl liegt in Nr. 1 in Verbindung mit Anlage 1 des Spruchs der Einigungsstelle kein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Arbeitgebers angenommen wird, er habe für eine Arbeitszeit nach Maßgabe von § 14 Abs. 2c DRK-TV optiert. Die von § 14 Abs. 2, Abs. 5 DRK-TV eröffneten Möglichkeiten einer Verlängerung der Arbeitszeit über dieses Durchschnittsmaß hinaus, verstoßen trotz ihrer Vereinbarkeit mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG gegen § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 ArbZG.
(1) Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG kann in einem Tarifvertrag in Abweichung von der in § 3 Satz 2 ArbZG vorgesehenen werktäglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden eine Verlängerung über diesen Umfang hinaus zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt. Davon hat § 14 Abs. 2 DRK-TV – schon vor In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung vom 24. Dezember 2003 – Gebrauch gemacht. Die tarifliche Vorschrift wird den gesetzlichen Anforderungen an eine Erweiterung der täglichen Arbeitszeit gerecht.
(a) Nach § 14 Abs. 2b DRK-TV in der Fassung der Sonderregelungen für den Rettungsdienst und Krankentransport ist die tarifliche Erweiterung der zulässigen täglichen Arbeitszeit auf bis zu elf Stunden davon abhängig, dass in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden fällt. Dies ist ein erheblicher Umfang im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG. Er entspricht bei elf Stunden Arbeitszeit einem Anteil von etwa 27 %. Im Schrifttum werden zwar ohne Rücksicht auf absolute Obergrenzen Werte von mindestens 30 % (ErfK/Wank 6. Aufl. § 7 ArbZG Rn. 6) oder gar 50 % (Buschmann/Ulber ArbZG 4. Aufl. § 7 Rn. 8) verlangt. Angesichts des Umstands, dass nach § 3 Satz 2 ArbZG täglich bis zu zehn Stunden Vollarbeit auch ohne Zeiten der Arbeitsbereitschaft angeordnet werden können, ist jedoch ein Anteil an Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden erheblich iSv. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG. Das steht nicht im Widerspruch zu dem Urteil des BAG vom 18. Februar 1970 (– 4 AZR 257/69 – AP MTB II § 21 Nr. 1). Dort hat das BAG entschieden, dass ein “erheblicher Umfang” bestimmter Arbeiten bei einem Anteil von 35 % vorliegt, ohne eine Untergrenze festzulegen. Ob ein Anteil von 27 % Arbeitsbereitschaft auch bei längeren Gesamtarbeitszeiten noch als erheblich zu betrachten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.
(b) § 14 Abs. 2c DRK-TV verlangt für eine Erweiterung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden, dass die Arbeitnehmer nur zur Anwesenheit an der Arbeitsstelle verpflichtet sind, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Auch das genügt den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ArbZG. Von den Arbeitnehmern wird während der gesamten Dauer der täglichen Arbeitszeit allenfalls Arbeitsbereitschaft gefordert.
(2) § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b ArbZG sieht indessen nur die Möglichkeit einer Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit über die Grenze des § 3 Satz 2 ArbZG hinaus und die Festlegung eines anderen als des dort vorgesehenen Ausgleichszeitraums vor. Dagegen hebt die Vorschrift auch für Tarifverträge nicht das in § 3 Satz 2 ArbZG normierte Erfordernis eines Ausgleichs der Überschreitung der regulären täglichen Arbeitszeit als solches auf. Tarifliche Arbeitszeitregelungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG sind deshalb nicht von der Verpflichtung befreit, die in § 3 Satz 2 ArbZG vorgegebene Grenze von durchschnittlich höchstens acht Stunden werktäglicher Arbeitszeit einschl. der Zeiten von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in einem bestimmten Ausgleichszeitraum einzuhalten. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 3 Satz 2 ArbZG, zum anderen aus dem Vergleich mit § 7 Abs. 2a ArbZG, der die Worte “auch ohne Ausgleich” gerade enthält, und insbesondere aus § 7 Abs. 8 Satz 1 ArbZG; nach dieser Bestimmung darf auch dann, wenn tarifliche Regelungen nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG zulässig sind, die Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschritten werden.
Tariflich mögliche Erweiterungen der gesetzlichen werktäglichen Höchstarbeitszeit müssen folglich einschließlich der Zeiten von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst spätestens innerhalb eines Jahres auf einen Durchschnittswert von acht Stunden pro Werktag oder 48 Stunden pro Woche zurückgeführt werden (Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 7 Rn. 57; ErfK/Wank § 7 ArbZG Rn. 5; Bermig BB 2004, 101, 104; Schliemann NZA 2004, 513, 517).
(3) Einen solchen Ausgleich sieht der DRK-TV für die Fälle des § 14 Abs. 2b, Abs. 2c und Abs. 5 nicht ausdrücklich vor. Damit sind diese Regelungen zwar nicht als solche rechtswidrig. Der Arbeitgeber darf von ihnen jedoch nur unter Beachtung der gesetzlichen Höchstgrenze einer jahresdurchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Wochenstunden Gebrauch machen.
cc) Aus der Vorschrift des § 25 Satz 1 ArbZG folgt nichts anderes. Die dort vorgesehene Übergangsregelung in der Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 lautet: “Enthält ein am 1. Januar 2004 bestehender oder nachwirkender Tarifvertrag abweichende Regelungen nach § 7 Abs. 1 oder 2 oder § 12 Satz 1, die den in diesen Vorschriften festgelegten Höchstrahmen überschreiten, bleiben diese tarifvertraglichen Bestimmungen bis zum 31. Dezember 2005 unberührt.”
Die gesetzliche Bestimmung ist zwar nicht schon wegen des Ablaufs der vorgesehenen Übergangsfrist seit dem 1. Januar 2006 unmaßgeblich geworden. Durch Art. 5 des am 31. Dezember 2005 in Kraft getretenen Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3676) wurde diese Frist bis zum 31. Dezember 2006 verlängert. Die Auslegung des § 25 Satz 1 ArbZG ergibt jedoch, dass tarifliche Bestimmungen iSd. § 7 Abs. 1 ArbZG von der Änderung des Arbeitszeitgesetzes zum 1. Januar 2004 jedenfalls insoweit erfasst werden, wie sie eine Überschreitung der regulären gesetzlichen Arbeitszeit ohne Ausgleich auf einen Umfang von höchstens 48 Wochenstunden im Jahresdurchschnitt zulassen. Zu den in § 25 Satz 1 ArbZG genannten gesetzlichen Höchstrahmen, von denen Alttarifverträge noch bis zum Ende des Jahres 2006 abweichen dürfen, zählt nicht die in § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 ArbZG normierte Grenze der höchstzulässigen Arbeitszeit.
(1) Der Regelungsgehalt von § 25 Satz 1 ArbZG ist im Schrifttum umstritten. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, die Vorschrift diene dazu, eine Übergangsfrist für solche Tarifverträge nach § 7 Abs. 1 ArbZG zu schaffen, die – insbesondere wegen der Zurechnung des Bereitschaftsdienstes zur Ruhezeit – die 48-Stunden-Grenze des § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 ArbZG überschritten (Baeck/Deutsch § 25 Rn. 13; Bauer/Krieger BB 2004, 549, 550; (wohl) auch Anzinger/Koberski ArbZG 2. Aufl. § 25 Rn. 6, Rn. 11; Bermig BB 2004, 101, 105; Neumann/Biebl ArbZG 14. Aufl. § 25 Rn. 3; Schliemann ArbZG Stand August 2005 B Rn. 400). Eine Mindermeinung ist der Ansicht, bereits bestehende tarifliche Regelungen, die den Bereitschaftsdienst rechtsfehlerhaft (noch) nicht als Arbeitszeit behandelten, fielen deshalb nicht unter die Übergangsvorschrift, weil sie den Höchstrahmen der Arbeitszeit nicht abweichend von § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 ArbZG hätten erweitern, sondern die Grenze der Arbeitszeit gerade hätten einhalten wollen (Buschmann ArbuR 2004, 1, 5; Buschmann/Ulber Arbeitszeitgesetz 4. Aufl. § 25 Rn. 6; Linnenkohl in Hk-ArbZG 2. Aufl. § 25 Rn. 1).
(2) Beide Ansichten berücksichtigen den Wortlaut des § 25 Satz 1 ArbZG nur unzureichend. Diesem zufolge bleiben tarifvertragliche Bestimmungen dann unberührt, wenn sie “abweichende Regelungen” nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 12 Satz 1 ArbZG enthalten, die “den in diesen Vorschriften festgelegten Höchstrahmen” überschreiten.
(a) Einerseits kommt es damit allein auf den objektiven Gehalt und die tatsächlichen Auswirkungen der betreffenden Tarifregelungen an. Eine Abweichung von der gesetzlichen Höchstarbeitszeit liegt seit dem 1. Januar 2004 demnach auch dann vor, wenn die betreffenden Tarifbestimmungen Bereitschaftsdienstzeiten in Übereinstimmung mit der früheren Gesetzeslage weiterhin als Ruhezeiten behandeln.
(b) Andererseits wird nur die Überschreitung derjenigen gesetzlichen Höchstrahmen privilegiert, welche in den in § 25 Satz 1 ArbZG ausdrücklich genannten Vorschriften des § 7 Abs. 1, § 7 Abs. 2 und § 12 Satz 1 ArbZG – und nicht in anderen Bestimmungen des Gesetzes – festgelegt sind. Zu den danach vorübergehend unbeachtlichen Höchstrahmen zählt die Höchstgrenze der jahresdurchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Wochenstunden nicht. Diese Grenze ist weder in § 7 Abs. 1 noch in § 7 Abs. 2 oder in § 12 Satz 1 ArbZG normiert. Sie ist ausschließlich in den Vorschriften des § 3 Satz 2 und § 7 Abs. 8 ArbZG geregelt. Auf diese Bestimmungen nimmt § 25 Satz 1 ArbZG keinen Bezug. Die Annahme, zu den in § 7 Abs. 1 ArbZG festgelegten Höchstrahmen gehöre die 48-Stunden-Grenze deshalb, weil sie dort durch die Erwähnung des § 3 ArbZG gleichsam in Bezug genommen und bekräftigt werde, ist mit dem Wortlaut von § 25 Satz 1 ArbZG nicht zu vereinbaren.
(c) Von der Einhaltung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden im Durchschnitt eines Jahres sind deshalb tarifliche Arbeitszeitregelungen auch nach § 25 Satz 1 ArbZG nicht befreit. Bei einem solchen Verständnis mangelt es der Vorschrift nicht etwa an einem Anwendungsbereich. Gesetzliche Höchstrahmen, von denen Alttarifverträge befristet abweichen dürfen, sind neben § 7 Abs. 2 ArbZG vor allem in § 7 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 5 und § 12 Satz 1 Nr. 1, Nr. 4 ArbZG enthalten. Darüber hinaus sieht § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 4 Buchst. a ArbZG insofern einen Höchstrahmen vor, als dort die Möglichkeit einer Erweiterung der werktäglichen Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus – wie schon nach dem ArbZG 1994 – an das Vorliegen von Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst geknüpft ist.
(3) Ob nach den allgemeinen Regeln der Gesetzesauslegung ein anderes als das aus dem Wortlaut abgeleitete Verständnis des § 25 Satz 1 ArbZG überhaupt in Betracht kommt, kann dahinstehen. Eine andere Auslegung verbietet sich jedenfalls mit Rücksicht auf europäisches Recht. Die Vorschrift des § 25 Satz 1 ArbZG dahin zu verstehen, dass sie auch die Überschreitung der 48-Stunden-Grenze zulässt, widerspricht dem Gemeinschaftsrecht (vgl. Bauer/Krieger BB 2004, 549, 550; Buschmann ArbuR 2004, 1, 5; ErfK/Wank § 25 ArbZG Rn. 4; Schliemann NZA 2004, 513, 518; wohl auch Bermig BB 2004, 101, 105; Neumann/Biebl § 25 Rn. 2). Das Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung verlangt deshalb zwingend nach einem Vorrang der am Wortlaut orientierten Interpretation.
(a) Nach Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 23. November 1993 – abgelöst durch Art. 6 Buchst. b der am 2. August 2004 in Kraft getretenen Richtlinie (RL) 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 4. November 2003 (ABl. Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9) – treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschl. der Überstunden nicht überschreitet.
Nach Art. 16 Buchst. b RL 2003/88/EG können die Mitgliedstaaten zwar einen Bezugszeitraum von bis zu vier Monaten, nach näherer Maßgabe von Art. 18, Art. 19 RL 2003/88/EG von äußerstenfalls bis zu zwölf Monaten zulassen. Eine Erweiterung des Umfangs der höchstzulässigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist aber nach der Richtlinie nicht zulässig.
Dies kommt nach Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG nur in Betracht, wenn der Mitgliedstaat die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des in Art. 16 Buchst. b der Richtlinie genannten Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden wöchentlich zu arbeiten, es sei denn, der Arbeitnehmer habe sich dazu bereit erklärt. Ein entsprechendes Einverständnis muss der Arbeitnehmer selbst erteilen, es kann nicht in einem Tarifvertrag stellvertretend für die Arbeitnehmer von der Gewerkschaft erklärt werden (EuGH 3. Oktober 2000 – Rs. C-303/98 – [Simap] EuGHE I 2000, 7963, 7997, zu Rn. 73 der Gründe). Eine Stellvertretung durch den Betriebsrat ist gleichermaßen ausgeschlossen.
(b) Fehlt – wie im Streitfall – ein solches individuelles Einverständnis, ist eine nationale gesetzliche Bestimmung, die für Tarifverträge eine Überschreitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden incl. Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Überstunden ohne Ausgleichspflicht gestattet, mit Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG nicht vereinbar (so für RL 93/104/EG EuGH 1. Dezember 2004 – Rs. C-14/04 – [Abdelkader Dellas] EuZW 2006, 121, zu Rn. 41, 46, 55 der Gründe; 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 – [Pfeiffer] AP EWG-Richtlinie Nr. 93/104 Nr. 12 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 93/104 Nr. 1, zu Rn. 100, 120 der Gründe; 9. September 2003 – Rs. C-151/02 – [Jaeger] AP EWG-Richtlinie 93/104 Nr. 7 = EzA ArbZG § 7 Nr. 5, zu Rn. 69, 83, 100, 101 der Gründe; BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – BAGE 105, 32, zu B IV 4a der Gründe).
Die Unvereinbarkeit einer nationalen Rechtsnorm mit europäischen Richtlinien führt allerdings grundsätzlich nicht zur Unbeachtlichkeit der Vorschrift. Im Unterschied zu Normen des Primärrechts und Regelungen in EG-Verordnungen kommt Richtlinien keine unmittelbare Wirkung zu. Sie wenden sich nach Art. 249 Abs. 3 EG lediglich an die Mitgliedstaaten (vgl. Art. 29 RL 2003/88/EG) und verpflichten diese, die betreffenden Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Die Befugnis zur unmittelbaren Rechtsetzung haben die Gemeinschaftsorgane nur dort, wo sie Verordnungen erlassen können (EuGH 14. Juli 1994 – Rs. C-91/92 – [Faccini Dori] EuGHE I 1994, 3325, 3347 = NJW 1994, 2473, zu Rn. 24 der Gründe; BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – BAGE 105, 32, zu B IV 4b aa der Gründe mwN; Heinrichs NJW 1995, 153, 154; Scherzberg Jura 1993, 225, 227). Dementsprechend scheidet im Verhältnis privater Rechtsträger zueinander eine Inanspruchnahme von Rechtspositionen unmittelbar auf Grund von Richtlinien ohne deren Umsetzung in nationales Recht grundsätzlich aus.
(c) Die Gerichte eines Mitgliedstaats müssen indessen bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses soweit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auslegen, um das in dieser festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 249 Abs. 3 EG nachzukommen (EuGH 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 – [Pfeiffer] AP EWG-Richtlinie Nr. 93/104 Nr. 12 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 93/104 Nr. 1, zu Rn. 113 der Gründe mwN). Dieses Gebot zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung nationaler Gesetze folgt unabhängig von den Intentionen des nationalen Gesetzgebers aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue gem. Art. 10 EG in Verbindung mit dem Umsetzungsgebot nach Art. 249 Abs. 3 EG (BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – BAGE 105, 32, zu B IV 3b dd (1) der Gründe mwN). Es ist mit deutschem Verfassungsrecht vereinbar (BVerfG 8. April 1987 – 2 BvR 687/84 – BVerfGE 75, 223, 240; BAG 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349; BGH 9. April 2002 – XI ZR 91/99 – BGHZ 150, 248).
Auch die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung hat die Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung zu beachten. Diese werden bestimmt durch die allgemeinen Auslegungsregeln. Insoweit gilt nichts anderes als für die verfassungskonforme Auslegung. Verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung dürfen zum Gesetzeswortlaut und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht in Widerspruch treten (BVerfG 24. Mai 1995 – 2 BvF 1/92 – BVerfGE 93, 37, 81, zu D I der Gründe; BAG 18. Februar 2003 – 1 ABR 2/02 – BAGE 105, 32, zu B IV 3b dd (1) der Gründe; 5. März 1996 – 1 AZR 590/92 (A) – BAGE 82, 211, 225 f., zu B II 2b bb (1) der Gründe). Diese Auslegungsgrenze steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat mehrfach ausgeführt, das innerstaatliche Gericht habe das nationale Gesetz zwar unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräume, aber nur “soweit wie möglich” richtlinienkonform auszulegen (EuGH 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 – [Pfeiffer] AP EWGRichtlinie Nr. 93/104 Nr. 12 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 93/104 Nr. 1, zu Rn. 113, 116, 117 der Gründe; 27. Juni 2000 – verb. Rs. C-240/98 bis C-244/98 – [Oceano Grupo Editorial] EuGHE I 2000, 4941, 4963 = NJW 2000, 2571, zu Rn. 30 der Gründe). Der Gehalt einer nach Wortlaut, Systematik und Sinn eindeutigen Regelung kann deshalb nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung in sein Gegenteil verkehrt werden (Jarass/Beljin JZ 2003, 768, 775). Lassen aber Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck des Gesetzes mehrere Deutungen zu, von denen jedenfalls eine zu einem gemeinschaftsrechtskonformen Ergebnis führt, so ist eine Auslegung geboten, die mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang steht.
(d) Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 25 Satz 1 ArbZG ist ohne Verstoß gegen methodische und verfassungsrechtliche Grenzen der richterlichen Gesetzesauslegung möglich und deshalb geboten.
Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt es nahe, dass tarifliche Bestimmungen, die eine Überschreitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden über einen Zwölfmonatszeitraum hinaus ermöglichen, von der gesetzlichen Einführung dieser Höchstgrenze nicht unberührt bleiben, selbst wenn sie schon am 1. Januar 2004 galten. Dieses auf den Wortlaut gestützte Verständnis steht weder zu der Entstehungsgeschichte noch zu dem Gesamtzusammenhang oder Sinn und Zweck des § 25 Satz 1 ArbZG in Widerspruch.
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes 1994 enthielt keine Übergangsregelung für bereits geltende und den geplanten Gesetzesänderungen inhaltlich widersprechende Tarifverträge (vgl. BT-Drucks. 15/1587 vom 24. September 2003 S. 19). Die Gesetz gewordene Fassung des § 25 Satz 1 ArbZG 2004 wurde vom Bundestag erst auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses beschlossen (vgl. BT-Drucks. 15/2245 vom 16. Dezember 2003). Inwieweit mit ihr auch die Höchstgrenze der jahresdurchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Wochenstunden gem. § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 ArbZG und nicht nur die in § 7 Abs. 1, Abs. 2, § 12 Satz 1 ArbZG selbst enthaltenen Höchstrahmen aufgehoben werden sollten, kann den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden. Immerhin hätte dies in Widerspruch zu dem in der Entwurfsbegründung bekundeten Bestreben gestanden, das Arbeitszeitgesetz den Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie im Anschluss an die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (– Rs. C-303/98 – [Simap]) und 9. September 2003 (– Rs. C-151/02 – [Jaeger]) nunmehr umfassend anzupassen. Es hätte bedeutet, dass der Gesetzgeber bereit war, jedenfalls zunächst eine weitgehende Wirkungslosigkeit der geplanten Änderungen und gerade eine Fortgeltung der richtlinienwidrigen Rechtslage in Kauf zu nehmen. Für eine solche Intention gibt es angesichts des Gesetzeswortlauts keine tragfähigen Anhaltspunkte. Bloße Presseverlautbarungen scheiden als Auslegungsgrundlage aus.
(e) Für den Streitfall bedeutet dies, dass Nr. 1 des Spruchs der Einigungsstelle in Verbindung mit der Anlage 1 die gesetzlich höchstzulässige Arbeitszeit ausschöpft. Die beschlossenen Rahmendienstpläne bleiben trotz der Beschränkung auf eine Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Wochenstunden nicht hinter dem rechtlich zulässigen Umfang einer zeitlichen Inanspruchnahme der Mitarbeiter zurück.
c) Auch Nr. 3 des Spruchs der Einigungsstelle verletzt keine Rechte des Arbeitgebers. Die Regelung schreibt vor, dass Bereitschaftsdienste nicht stattfinden. Ausgeschlossen sind damit lediglich zusätzliche Dienste außerhalb der in Nr. 1 iVm. Anlage 1 des Spruchs festgelegten regulären, betriebsüblichen Arbeitszeit, bei denen von den Arbeitnehmern eine Anwesenheit an der Arbeitsstelle oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle verlangt wird.
aa) Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers lässt Nr. 3 des Einigungsstellenspruchs die Anordnung von Bereitschaftsdiensten innerhalb der regulären Schichtzeiten zu. Nr. 3 des Spruchs enthält kein generelles Verbot der Anordnung von Bereitschaftsdienst. Das ergibt die Auslegung der Bestimmung.
(1) Der Spruch der betrieblichen Einigungsstelle besitzt regelmäßig den Rechtscharakter einer Betriebsvereinbarung. Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres aus § 77 Abs. 4 BetrVG folgenden Normcharakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Über den Wortsinn hinaus ist der wirkliche Wille der Beteiligten und der von ihnen beabsichtigte Zweck der betrieblichen Regelungen zu berücksichtigen, soweit sie im Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Beteiligten liefern kann. Bleiben im Einzelfall weiterhin Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte Rangfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, etwa auf die Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung in der Praxis. Auch die Gesetzeskonformität und Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer rechtswirksamen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 22. Juli 2003 – 1 AZR 496/02 – BAGReport 2003, 334, zu II 1 der Gründe; 12. November 2002 – 1 AZR 632/01 – BAGE 103, 312 mwN; 16. Juni 1998 – 5 AZR 728/97 – BAGE 89, 119, 123; 16. Juni 1998 – 5 AZR 67/97 – BAGE 89, 95, 101 f. mwN).
(2) Bereits nach dem Wortlaut der Nr. 3 des Spruchs sind nur solche Dienste ausgeschlossen, die zusätzlich zu den in Nr. 1 und Anlage 1 festgelegten Schichtzeiten geleistet werden sollen. “Bereitschaftsdienst” ist nach dem allgemeinen Wortgebrauch dadurch gekennzeichnet, dass er außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit erbracht wird (vgl. BAG 29. Februar 2000 – 1 ABR 15/99 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 61, zu B I 2a der Gründe; 30. Januar 1985 – 7 AZR 446/82 – AP BAT § 35 Nr. 2, zu III 2 der Gründe). Dies kommt – wie etwa in § 15 Abs. 6a BAT – auch in § 14 Abs. 5 DRK-TV zum Ausdruck. Dort ist Bereitschaftsdienst definiert als die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich auf Anordnung des Arbeitgebers “außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit” an einer von diesem bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Die gleiche Art und Weise der Leistungserbringung innerhalb der regulären Arbeitszeit ist in § 14 Abs. 2c DRK-TV vorgesehen, wird dort aber gerade nicht als Bereitschaftsdienst bezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass eine betriebliche Einigungsstelle, die im Anwendungsbereich des DRK-TV den Begriff “Bereitschaftsdienst” verwendet, den Ausdruck im Sinne seiner tariflichen Bedeutung gebraucht.
Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Gesamtzusammenhang der Regelung und dem erkennbaren Willen der Spruchmehrheit. Die Einigungsstelle hat in Nr. 1 und Anlage 1 des Spruchs Beginn und Ende der täglichen Schichtzeiten unter Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstgrenzen festgelegt. Für weitergehende Arbeitszeiten in Form von Bereitschaftsdiensten bleibt rechtlich kein Raum. Nr. 3 des Spruchs stellt dies klar. Die Einigungsstelle wollte damit nicht zugleich den einem Bereitschaftsdienst entsprechenden Modus innerhalb der Schichtzeiten untersagen. Dies wird daran deutlich, dass in dem von ihr beschlossenen Rahmendienstplan sog. Springerschichten vorgesehen sind, während derer die Arbeitnehmer für anfallende Aufgaben zur Verfügung stehen, ohne dass ihr tatsächlicher Einsatz von vornherein feststünde.
Mit einer generellen Untersagung der Ableistung von Bereitschaftsdienst hätte die Einigungsstelle außerdem die Grenzen des § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 BetrVG verletzt. Zwar unterfällt die Frage, ob Bereitschaftsdienst angeordnet werden soll, grundsätzlich den dort geregelten Mitbestimmungstatbeständen (vgl. nur BAG 22. Juli 2003 – 1 ABR 28/02 – BAGE 107, 78, zu B II 3c aa der Gründe mwN). Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht aber nur, falls auf diese Weise die Dauer der betriebsüblichen Arbeitszeit vorübergehend überschritten wird (BAG 29. Februar 2000 – 1 ABR 15/99 – AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 61, zu B I 2 a, b der Gründe). Verzichtet der Arbeitgeber dagegen während der betriebsüblichen Arbeitszeit auf die Anordnung von Vollarbeit zugunsten geringerer Anforderungen an die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer, ist dies ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 BetrVG betrifft die tageszeitliche Lage und die vorübergehende Änderung der Dauer der Arbeitszeit, nicht den Modus der Arbeit innerhalb des betriebsüblichen Zeitrahmens. Dabei kommt es nicht darauf an, ob mit den geringeren Anforderungen an die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer vergütungsrechtliche Konsequenzen verbunden sind. Die Beachtung des vereinbarten Synallagmas ist Sache der Arbeitsvertragsparteien.
bb) Mit dem Ausschluss von Bereitschaftsdiensten außerhalb der in Nr. 1 iVm. Anlage 1 des Spruchs festgelegten regulären, betriebsüblichen Arbeitszeit hat die Einigungsstelle auch Ermessensgrenzen nicht überschritten. Da die Schichtzeiten die höchstzulässige gesetzliche Arbeitszeit bereits vollständig ausschöpfen, ist das Verbot weitergehender Bereitschaftsdienste rechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten. Daran vermag, wie ausgeführt, die in § 14 Abs. 5 DRK-TV vorgesehene Möglichkeit der Anordnung solcher Dienste wegen § 3 Satz 2, § 7 Abs. 8 ArbZG nichts zu ändern.
Unterschriften
Schmidt, Linsenmaier, Kreft, Federlin, Platow
Fundstellen
Haufe-Index 1511267 |
BAGE 2007, 27 |
BB 2006, 1685 |
DB 2006, 1161 |