Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Einzelhandel
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung in die Gehaltsgruppe I GTV bei einer Tätigkeit im Bereich „Umtausch/Rückkauf”
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel; BetrVG § 99 Abs. 2, 4; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. September 1997 –13 TaBV 15/97 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die antragstellende Arbeitgeberin und der Betriebsrat ihrer Bielefelder Niederlassung streiten nach teilweiser Einstellung des Verfahrens wegen übereinstimmender Erledigterklärung noch über die zutreffende Eingruppierung eines Arbeitnehmers.
Die Arbeitgeberin betreibt eine Kette von Einrichtungshäusern. Mit Schreiben vom 13. November 1995, dem Betriebsrat am selben Tage zugegangen, teilte sie diesem ihre Absicht mit, den Mitarbeiter Thomas B zum 1. März 1996 als „MA Umtausch im Bereich Kundenlieferservice” der Niederlassung B einzustellen und ihn in die Gehaltsgruppe I Staffel A 7. Berufsjahr des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (im folgenden: GTV) einzugruppieren.
Der Betriebsrat stimmte am 20. November 1995 der Einstellung zu, verweigerte jedoch fristgerecht schriftlich seine Zustimmung zu der beabsichtigten Eingruppierung. Er begründete dies damit, daß alle Kollegen im Bereich Kundenservice seit jeher in die Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert seien und daß den Mitarbeiter B. durch die in B. vorgesehene Einführung des I.-Return-Konzepts im Bereich Umtausch/Kundenservice eine noch verantwortungsvollere Arbeit mit Kassiertätigkeit und Kassenabschluß erwarte, so daß auch er in die Gehaltsgruppe II GTV einzugruppieren sei.
Der Arbeitnehmer B. verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Er wird arbeitszeitlich überwiegend im Bereich „Umtausch” und „Rückkauf” von Waren innerhalb von drei Monaten nach dem Kauf eingesetzt. Dabei ist er mit der Abwicklung der Aufgaben betraut, die dadurch anfallen, daß die Arbeitgeberin ihren Kunden ein unbedingtes Umtauschrecht innerhalb von drei Monaten einräumt. Nach diesem Zeitraum können die Kunden nur noch Gewährleistungsansprüche wegen mangelhafter Ware geltend machen. Zur Durchführung seiner Tätigkeit darf der Arbeitnehmer Barauszahlungen bis zur Höhe von 1.000,00 DM ohne Genehmigung durch einen Vorgesetzten an Kunden tätigen. Wird beschädigte Ware zurückgegeben, kann er Preisnachlässe bis zu 100,00 DM gewähren. Bei darüber hinausgehenden Preisnachlässen ist nach dem Vortrag der Arbeitgeberin eine Genehmigung durch einen Vorgesetzten erforderlich, nach dem Vortrag des Betriebsrats genügt jedoch die Hinzuziehung eines anderen Mitarbeiters.
Zu den Aufgaben des Arbeitnehmers B. gehört auch die Erstattung von Fahrt-, Fracht- oder Reinigungskosten an Kunden, die zu Recht einen Mangel der gekauften Ware gerügt haben. Bis zu einer Höhe von 50,00 DM entscheidet er selbst, die Auszahlung höherer Beträge bedarf der Genehmigung eines Vorgesetzten. Weiterhin obliegt es ihm, Differenzen zwischen dem kassierten Preis und dem Verkaufspreis zu buchen und zu erstatten, Verkaufsorder zu buchen, das Ersatzteillager und Kleinteile-Ersatzteillager zu verwalten, auf Wunsch von Kunden Ersatzteile zu bestellen und an Kunden auszugeben oder zu übersenden. Außerdem sind Kundenquittungen sowie Geschenkgutscheine auszugeben.
Nach dem Vorbringen des Betriebsrats gehört auch die Erstattung von Mehrwertsteuer an Kunden, die dem NATO-Truppenstatut unterfallen, zu den Aufgaben des Mitarbeiters; nach dem Vortrag der Arbeitgeberin benötigt dieser hierzu jedoch die Genehmigung einer Führungskraft.
Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, der Arbeitnehmer B. erfülle nur die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe I Staffel A. GTV. Er verrichte lediglich einfache kaufmännische Tätigkeiten ohne größere Verantwortung.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Mitarbeiters Thomas B. in die Gehaltsgruppe I Staffel A zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, der Arbeitnehmer B. erfülle die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II GW, weil seine Tätigkeit erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordere.
Das Arbeitsgericht hat die begehrte Zustimmung ersetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt der Betriebsrat seinen Abweisungsantrag weiter, während die Arbeitgeberin die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet. Der Arbeitnehmer B. ist zutreffend in die Gehaltsgruppe I Staffel A GTV eingruppiert, so daß dem Betriebsrat kein Recht zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung nach § 99 Abs. 2 BetrVG zusteht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Ersetzung der Zustimmung im wesentlichen wie folgt begründet. Der Arbeitnehmer B. verrichte überwiegend einfache kaufmännische Tätigkeiten. Die Tätigkeit erfordere zum größten Teil weder erweiterte Fachkenntnisse noch ein größeres Maß an Verantwortung, weil sie überwiegend im Zusammenhang mit der Rückgabe von Waren durch die Kunden innerhalb von drei Monaten nach dem Verkauf stehe. Da die-Arbeitgeberin ihren Kunden während dieser Zeit ein Rückgaberecht ohne Bedingungen einräume, spiele es für den Umtausch keine Rolle, ob ein Mangel der Ware vorliege und ob dieser möglicherweise vom Kunden zu vertreten sei. Der mit dem Umtausch beschäftigte Arbeitnehmer habe daher keine Entscheidungen zu treffen. Hinzu komme, daß er den Rückkauf nur bis zu Auszahlungsbeträgen von 1.000,00 DM selbständig bearbeite und bei der Rückgabe beschädigter Ware nur über Preisnachlässe von bis zu 100,00 DM und lediglich über die Erstattung von Fahrt-, Fracht- und Reinigungskosten bis zu 50,00 DM entscheide. Auch die weiteren dargestellten Tätigkeiten seien einfache kaufmännische Tätigkeiten. Die möglicherweise höherwertige Tätigkeit bei der Erstattung von Mehrwertsteuer an dem NATO-Truppenstatut unterfallende Kunden falle demgegenüber nur zu einem sehr geringen zeitlichen Anteil an.
2. Diese Ausführungen sind durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu beanstanden.
a) Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die vom Arbeitnehmer B. ausgeübte Tätigkeit im Bereich Umtausch/Rückkauf der Gehaltsgruppe I und nicht der Gehaltsgruppe II GTV unterfällt.
Der GTV lautet, soweit vorliegend von Interesse:
„§ 2 Gehaltsregelung
(1) Die Angestellten sind nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der nachstehenden Beschäftigungsgruppen einzugliedern. Die unter den Gehaltsgruppen aufgeführten Beispiele gelten als Richtbeispiele
…
§ 3 Beschäftigungsgruppen
A. Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Ausbildung
…
B. Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung
…
Gehaltsgruppe I
Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit
Beispiele:
Verkäufer
Kassierer mit einfacher Tätigkeit
Stenotypisten für einfache Tätigkeit
Telefonisten
Schauwerbegestalter
Angestellte mit einfachen Büroarbeiten in allgemeiner Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation, Kreditbüro, Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung, Registratur, Statistik usw.
Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit in Warenannahme, Lager und Versand
Angestellte in Werbeabteilungen (Gebrauchswerber) Kontrolleure an Packtischen bzw. Warenausgaben
Staffel A |
Staffel B |
Angestellte, die vor dem 01.04.1988 erstmals in die Gehaltsgruppe I eingruppiert wurden: |
Angestellte, die nach dem 31.03.1998 erstmals in die Gehaltsgruppe I eingruppiert wurden/werden: |
…
Gehaltsgruppe II
Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordert
Beispiele:
Erste Verkäufer
Lagererste, Abteilungsaufsichten
Telefonisten, die mehr als drei Amtsanschlüsse zu bedienen haben
Erste Schauwerbegestalter
Erste Kräfte in Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation, Kreditbüro, Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung, Registratur, Statistik, Warenannahme, Lager, Versand usw.
Kassierer mit gehobener Tätigkeit
Exportfakturisten
Importfakturisten
Erste Gebrauchswerber
Stenotypisten mit gehobener Tätigkeit
Krankenschwester
…”
§ 10 des Manteltarifvertrages vom 20. September 1996 für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (wortgleich mit § 9 des Manteltarifvertrages vom 23. Juli 1993) lautet:
„§ 10 Gehalts- und Lohnregelung
(1) Die Festsetzung der Gehälter und Löhne erfolgt in einer besonderen tariflichen Regelung. Der Arbeitnehmer wird in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Gehalts- oder Lohngruppe eingeordnet.
…”
Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß die Tätigkeit des Arbeitnehmers B unter keines der Richtbeispiele der Gehaltsgruppen I und II GTV fällt. Insbesondere handelt es sich bei ihm nicht um eine „Erste Kraft” im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV. Unter „Ersten” Mitarbeitern sind mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag Mitarbeiter mit besonderen außergewöhnlichen Aufgaben zu verstehen (BAG Urteil vom 3. Mai 1978 – 4 AZR 731/76 – BAGE 30, 281 = AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; BAG Urteil vom 30. September 1987 – 4 AZR 303/87 – n.v.).
Anhaltspunkte dafür, daß es sich beim Arbeitnehmer B. um einen solchen „Ersten” Mitarbeiter im Sinne der Beispielsfälle der Gehaltsgruppe II GTV handelt, liegen nicht vor.
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht daher für die Eingruppierung des betroffenen Arbeitnehmers auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppen I und II GTV abgestellt und rechtsfehlerfrei angenommen, daß diejenigen der Gehaltsgruppe I GTV erfüllt sind.
aa) In die Gehaltsgruppe I GTV sind Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit eingruppiert, dagegen unterfallen der Gehaltsgruppe II GTV Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordert.
bb) Diese allgemeinen Tätigkeitsmerkmale sind unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Anwendung den Tatsacheninstanzen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein weiter Beurteilungsspielraum zukommt. Die bei der Auslegung eines solchen unbestimmten Rechtsbegriffes vom Beschwerdegericht vorgenommene Subsumtion kann das Rechtsbeschwerdegericht daher nur daraufhin überprüfen, ob der Rechtsbegriff verkannt, bei der Subsumtion gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden oder die Beurteilung wegen Außerachtlassung wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist (BAG Urteil vom 4. August 1993 – 4 AZR 511/92 – AP Nr. 38 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).
cc) Dieser eingeschränkten Überprüfung hält der angefochtene Beschluß stand.
Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Gehaltsgruppe II GTV kaufmännische Tätigkeiten umfaßt, die sich aus den einfachen kaufmännischen Tätigkeiten der Gehaltsgruppe I GTV deutlich herausheben (vgl. BAG Urteil vom 30. September 1987, a.a.O.). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß die Tragweite der in Gehaltsgruppe II GTV genannten allgemeinen Tätigkeitsmerkmale durch einen Vergleich mit der in Gehaltsgruppe I GTV geforderten einfachen kaufmännischen Tätigkeit zu ermitteln ist (BAG Urteil vom 4. August 1993, a.a.O.).
Weiter hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Arbeitnehmer B verrichte überwiegend einfache kaufmännische Tätigkeiten. Nach den das Rechtsbeschwerdegericht auch im Beschlußverfahren bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (BAG Beschluß vom 5. März 1991 – 1 ABR 38/90 – DB 1991, 281), handelt es sich bei der Tätigkeit des Mitarbeiters B. überwiegend um eine solche im Zusammenhang mit der Rückgabe von Waren durch Kunden innerhalb von drei Monaten nach dem Kauf. Bei dieser Rückgabe spielt es keine Rolle, ob ein Mangel der Ware vorliegt und ob ein solcher ggf. vom Kunden zu vertreten ist, da die Arbeitgeberin ihren Kunden ein unbedingtes Umtauschrecht eingeräumt hat. Eigene Entscheidungen muß der Arbeitnehmer insoweit also nicht treffen.
Wenn das Landesarbeitsgericht hieraus auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß bei Barauszahlungen von über 1.000,00 DM keine selbständige Entscheidung durch den Arbeitnehmer möglich ist, den Schluß zieht, daß die Tätigkeit demzufolge kein größeres Maß an Verantwortung erfordert, ist darin weder ein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennbar, noch werden wesentliche Umstände außer acht gelassen.
So ist nämlich nicht erkennbar, inwieweit für diese Tätigkeit des Arbeitnehmers B. eine größere Verantwortung im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV erforderlich ist. Eine solche größere Verantwortung im Tarifsinne hieße, daß der Arbeitnehmer eine Verantwortung zu tragen hätte, die größer wäre als diejenige eines Angestellten mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit (BAG Urteil vom 4. August 1993, a.a.O.).
Unter „Verantwortung” versteht man nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die mit einer bestimmten Stellung oder Aufgabe verbundene Verantwortung, d.h. die Verpflichtung, der jeweiligen Stellung oder Aufgabe entsprechend dafür zu sorgen, daß innerhalb eines bestimmten Rahmens oder Lebensbereiches alles einen guten, sachgerechten und geordneten Verlauf nimmt. In diesem allgemeinen Sinne ist unter „Verantwortung” im Sinne des Tarifmerkmals die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, daß in dem ihm übertragenen Arbeitsbereich „Umtausch/Rückkauf” die dort zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. BAG Urteil vom 12. Juni 1996 – 4 AZR 1055/94 – AP Nr. 215 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Für eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II GTV genügt nicht die jedem Angestellten im kaufmännischen Bereich obliegende Verantwortung für eine ordnungsgemäße Erledigung der übertragenen Aufgaben. Vielmehr verlangt die Gehaltsgruppe II eine „größere” Verantwortung. Das Landesarbeitsgericht hat eine solche infolge der fehlenden Befugnis des Arbeitnehmers B. zur alleinigen und selbständigen Entscheidung im Zusammenhang mit dem Umtausch bzw. der Rücknahme von Waren verneint. Die vom Landesarbeitsgericht getroffene Wertung, daß sich damit die von ihm überwiegend ausgeübte Tätigkeit bezüglich der Verantwortung nicht von einfachen kaufmännischen Tätigkeiten im Sinne der Gehaltsgruppe I GTV abhebt, ist nach dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht zu beanstanden.
Gleiches gilt für die Würdigung des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Begrenzung der eigenständigen Befugnis zu Preisnachlässen bis zu 100,00 DM, der Begrenzung der Kostenerstattung an Kunden bis zu 50,00 DM sowie der übrigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem „Umtausch/Rückkauf”.
dd) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind diese Tätigkeiten im Bereich „Umtausch/Rückkauf” von Waren die überwiegenden Tätigkeiten des Arbeitnehmers B.. Das heißt, diese nehmen mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Arbeitnehmers in Anspruch. Diese Feststellungen decken sich auch mit dem Vorbringen der Arbeitgeberin, die diesbezüglich von einem Arbeitsanteil von 80 % der Gesamtarbeitszeit ausgeht. Auch der Betriebsrat hat in seiner dem Landesarbeitsgericht in der Anhörung vom 9. September 1997 übergebenen Aufstellung über die „Tätigkeiten im Bereich Umtausch” die Tätigkeit „Umtausch/Rückkauf und Handling der Ware nach Rückkauf” mit zusammen 50 % der Gesamtarbeitszeit des Arbeitnehmers B. angesetzt.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Manteltarifvertrags vom 20. September 1996 für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (wortgleich dem § 9 des Manteltarifvertrages vom 23. Juli 1993) wird der Arbeitnehmer in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Gehalts- oder Lohngruppe eingeordnet. Somit ist der Arbeitnehmer B. auf Grund seiner arbeitszeitlich überwiegenden Tätigkeit im Bereich „Umtausch/Rückkauf”, die als einfache kaufmännische Tätigkeit im Sinne der Gehaltsgruppe I GTV zu bewerten ist, in diese Gehaltsgruppe einzugruppieren. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß der Arbeitnehmer B. der Staffel A der Gehaltsgruppe I GTV unterfällt.
c) Soweit sich der Betriebsrat darauf beruft, andere Mitarbeiter der Arbeitgeberin, welche mit dem Arbeitnehmer B vergleichbare Tätigkeiten verrichten, seien in die Gehaltsgruppe II GTV eingruppiert, kann dies nicht dazu führen, die Eingruppierung des Arbeitnehmers B. in die Gehaltsgruppe I GTV als tarif- oder gesetzwidrig anzusehen, was ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates zur Eingruppierung des Arbeitnehmers gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen würde.
aa) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, entspricht die Eingruppierung des Arbeitnehmers B. in die Gehaltsgruppe I dem GTV. Somit scheidet ein Verstoß gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG aus.
bb) Als ein Verstoß gegen ein Gesetz, der den Betriebsrat zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG berechtigen würde, kommt auch keine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, welche nach herrschender Meinung als Verstoß gegen § 75 BetrVG einen Zustimmungsverweigerungsgrund darstellen könnte, in Betracht (GK-BetrVG/Kraft, 6. Aufl., § 99 Rz 128; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl., § 99 Rz 154; Richard!, BetrVG, 7. Aufl.,§ 99 Rz 186).
Vorliegend ist nur entscheidend, ob die von der Arbeitgeberin beabsichtigte Eingruppierung als solche gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG verstößt.
Wie oben dargelegt, ist die Eingruppierung des Arbeitnehmers B. in die Gehaltsgruppe I GTV tarifgerecht. Somit verstößt die Arbeitgeberin mit der Eingruppierung selbst nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser verlangt nämlich in keinem Fall, daß die tarifgerechte Eingruppierung eines Arbeitnehmers unterbleibt. Wäre das der Fall, würde aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf eine erstmalige tarifwidrige Eingruppierung oder eine spätere Beibehaltung einer tarifwidrigen Zuordnung zu einer falschen Vergütungsgruppe folgen. Dem steht aber entgegen, daß die Rechtsordnung eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht anerkennt (BAG Beschluß vom 24. Juli 1990 – 1 ABR 44/89 – n.v.).
Davon zu trennen ist die Frage, ob der Arbeitnehmer möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine übertarifliche Vergütung verlangen kann. Einen solchen Anspruch müßte er jedoch persönlich im Klageverfahren gegenüber der Arbeitgeberin geltend machen. Die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG beziehen sich jedoch nicht darauf, sondern nur auf die richtige Eingruppierung (BAG Beschluß vom 24. Juli 1990, a.a.O.).
Aus den gleichen Gründen scheidet auch ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG wegen Benachteiligung des Arbeitnehmers B. aus (BAG Beschluß vom 24. Juli 1990, a.a.O.).
d) Erfolglos ist die Rüge des Betriebsrates, das Landesarbeitsgericht hätte den Arbeitnehmer B. als Zeugen hören müssen, um festzustellen, daß seine Tätigkeit weitaus umfangreicher ist als in den Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts dargestellt. Das Landesarbeitsgericht hat den Aufgabenbereich des Arbeitnehmers umfassend gewürdigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, der Arbeitnehmer habe von allen vom Betriebsrat genannten Tätigkeiten arbeitszeitlich überwiegend die als einfache kaufmännische Tätigkeiten zu bewertenden verrichtet. Diese Feststellung des arbeitszeitlichen Umfanges der einfachen kaufmännischen Tätigkeiten, die für das Landesarbeitsgericht entscheidungserheblich war, hat der Betriebsrat aber mit seiner Verfahrensrüge nicht angegriffen.
III. Für dieses Verfahren werden nach § 12 Abs. 5 ArbGG Kosten nicht erhoben.
Unterschriften
Dr. Freitag, Hauck, Bock, Lindemann, Paul
Fundstellen