Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundlegende Änderungen der Betriebsanlagen
Normenkette
BetrVG § 111 S. 2 Nr. 4, § 112 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, 5; KSchG § 17 Abs. 1; ZPO §§ 286, 144, 256 Abs. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 1987 – 4 TaBV 283/86 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Arbeitgeber (Antragsteller) und Betriebsrat streiten darüber, ob die Ersetzung einer Rollenoffsetmaschine für den Buchdruck durch eine neue Rollenoffsetmaschine – Bücherrotationsmaschine System Book-o-Matic –, die eine erhöhte Druckkapazität hat und durch Verbindung mit Weiterverarbeitungsmaschinen die Produktion in einem Arbeitsgang bis hin zum fertigen Buchblock ermöglicht, eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung insbesondere in Form der grundlegenden Änderung der Betriebsanlagen darstellt.
Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Druckbranche, das in D einen Druck- und Buchbindereibetrieb mit ca. 250 Beschäftigten unterhält. Dort wurden vor allem Bücher hergestellt. Der Druck erfolgte bisher auf zwei Rollen-Offset-Maschinen, die zweischichtig betrieben wurden. In der von der Druckerei räumlich getrennten Binderei wurden die bedruckten Bögen auf insgesamt zwei Klebebinderanlagen zu Buchblocks gebunden, die sodann über eine Buchstraße zur Packanlage liefen. In der Binderei wurde einschichtig gearbeitet.
Im Jahre 1985 entschloß sich der Arbeitgeber, die ältere der Rollen-Offset-Maschinen durch eine sogenannte Bücherrotationsanlage vom Typ „Book-o-Matic” zu ersetzen. Die Anlage sollte Anfang 1987 geliefert werden und am 1. April 1987 in Betrieb gehen. Die Kosten der Anlage belaufen sich einschließlich der Ergänzungsinvestitionen auf ca. 10,1 Mio. DM. Die Book-o-Matic-Anlage druckt wie die bisherigen alten Rollen-Offset-Maschinen im Rollenoffsetverfahren. Sie unterscheidet sich dadurch, daß aufgrund des größeren Umfangs des Druckzylinders eine Erhöhung der Druckkapazität auf 45.000 Bücher pro Tag (Verdoppelung) ermöglicht wird. Weiterhin können wegen der größeren Flexibilität im Formatbereich bislang nicht produzierbare Auflagen gedruckt werden. Die Book-o-Matic-Anlage arbeitet im Gegensatz zu den bisherigen Druckmaschinen nach dem sogenannten In-Line-System. Dabei wird die Offsetmaschine mit einer Klebebinderanlage verbunden, so daß das Buch bis zum fertigen Buchblock in einen Arbeitsvorgang hergestellt wird. Book-o-Matic-Anlage und Klebebinderanlage können also nur noch einheitlich gefahren werden. Die Weiterbearbeitung des Buchblocks auf der Buchstraße bis hin zur Verpackungsanlage ist in technischer Hinsicht auch weiterhin nicht an den Betrieb der Book-o-Matic-Anlage gebunden.
Die Book-o-Matic-Anlage soll zweischichtig gefahren werden, die verbleibende Rollen-Offset-Anlage nur noch in einer Schicht.
Infolge der Einführung der Book-o-Matic-Anlage fallen acht Arbeitsplätze in der Druckerei weg. Die betroffenen Arbeitnehmer sollen innerhalb des Betriebes umgesetzt werden. Wegen des Zweischichtbetriebes der Book-o-Matic-Anlage wird künftig auch an der Klebebinderanlage zweischichtig gearbeitet. Ebenso muß an der Buchstraße und an der Verpackungsanlage in zwei Schichten gearbeitet werden. Zwischen den Beteiligten war streitig, wie viele Arbeitnehmer außerhalb der Druckerei nunmehr zusätzlich in Schicht arbeiten müssen. Der Arbeitgeber ging von zusätzlich 59 Schichtarbeitsplätzen außerhalb der Druckerei aus.
Da der Betriebsrat die Auffassung vertrat, die Einführung der Book-o-Matic-Anlage sei als sozialplanpflichtige Betriebsänderung zu werten, leitete der Arbeitgeber das vorliegende Beschlußverfahren ein.
Er hat vorgetragen, die Einführung der Book-o-Matic-Anlage stelle keine sozialplanpflichtige Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG dar. Eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen liege nicht vor. Zum einen würden nicht „die” Betriebsanlagen, sondern nur eine Betriebsanlage geändert. Zum anderen handele es sich lediglich um eine Ersatzbeschaffung für die abgenutzte Rollen-Offset-Maschine. Der wesentliche technische Unterschied bestehe in der erhöhten Druckkapazität. Das Grundprinzip der Produktion habe sich nicht geändert, insbesondere liege kein neues technisches Produktionsverfahren vor. Die neue Druckmaschine halte sich im Bereich des allgemein üblichen technischen Fortschrittes. Gleiches gelte für die mit der Druckmaschine durch eine kurze Transportanlage verbundene und an diese angeschlossene Klebebinderanlage. Diese werde lediglich überholt und ansonsten in der bisherigen Form weiterverwendet. Durch die Verbindung der Klebebinderanlage an die Druckmaschine entfalle lediglich das vorher erforderlich gewesene Stapeln der bedruckten Seiten, der Transport dieser Seiten zur Klebebinderanlage und das erneute Anlegen der Seiten. Hierdurch entfielen aber nur acht Arbeitsplätze. Die bisher dort beschäftigten Arbeitnehmer würden Arbeitsplätze an anderer Stelle im Betrieb finden. Daß für etwa 59 Arbeitsplätze im Bereich der Klebebinderanlage Schichtbetrieb eingeführt werde, sei unerheblich; dies stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Ersatzinvestition, sondern sei ausschließlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen – und nicht aus technischen Gründen im Hinblick auf die neue maschinelle Anlage – geboten.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
festzustellen, daß es sich bei der von ihm für das Frühjahr 1987 geplanten Ersatzinvestition einer Bücherrotationsmaschine System Book-o-Matic nicht um eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG handelt.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, mit der Einrichtung der Book-o-Matic-Anlage würden die Betriebsanlagen grundlegend geändert. Durch die neue Anlage werde die bisherige Trennung der Druckerei und der Buchbinderei aufgehoben. Der Einsatz der sogenannten In-Line-Produktion stelle eine völlig neue Technologie dar, die in der Bundesrepublik Deutschland bisher im Druckereibereich noch nicht eingeführt sei. Nunmehr müßten 113 Arbeitnehmer zusätzlich Schichtdienst leisten, während bisher nur die Druckerei im Schichtbetrieb gearbeitet habe.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben den Antrag des Arbeitgebers abgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seinen Antrag weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist unbegründet.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Der Antrag bedarf der Auslegung; er ist der Auslegung fähig.
Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand eines Feststellungsantrags das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses sein. Im Streitfalle geht es um das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Verfahrensbeteiligten. Nach dem Wortlaut seines Feststellungsantrages will der Arbeitgeber allerdings das Nichtvorliegen einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG festgestellt wissen. Das aber ist kein Rechtsverhältnis, sondern nur eine gesetzliche Voraussetzung für das Nichteingreifen der in den §§ 111, 112 BetrVG bezeichneten Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Betriebsänderung ist lediglich ein Tatbestandsmerkmal, von dessen Vorliegen die genannten Rechtsbeziehungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber abhängig sind. Im Wege der Auslegung des Antrags mit Hilfe seiner Begründung ergibt sich jedoch eindeutig, daß Ziel des Antrags die Feststellung ist, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, anläßlich der Einführung der Bücherrotationsmaschine System Book-o-Matic mit dem Betriebsrat einen Sozialplan aufzustellen (§ 112 BetrVG). Damit ist Streitgegenstand des Verfahrens die Feststellung eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses (vgl. für einen entsprechenden positiven Feststellungsantrag des Betriebsrats BAGE 41, 92, 100 f. = AP Nr. 10 zu § 111 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe).
2. Der Antrag ist auch bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Maßnahme, die Anlaß der Auseinandersetzung über den Anspruch des Betriebsrats auf Aufstellung eines Sozialplans war, ist so genau bezeichnet, daß eine Sachentscheidung die für die Beteiligten erforderliche Klarheit bringt.
Für den Antrag besteht auch ein Rechtsschutzinteresse. Der Sozialplan kann auch noch nach Durchführung einer Betriebsänderung aufgestellt werden (BAGE 48, 294, 302 = AP Nr. 26 zu § 112 BetrVG 1972, zu B II 3 der Gründe).
II. Der Antrag des Arbeitgebers ist nicht begründet.
Bei der Einführung der Bücherrotationsmaschine Book-o-Matic handelt es sich um eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG. Der Betriebsrat kann daher die Aufstellung eines Sozialplans verlangen (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 112 Abs. 2 bis 5 BetrVG).
1. Nach § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG gelten u.a. grundlegende Änderungen der Betriebsanlagen als Betriebsänderungen im Sinne des § 111 Satz 1 BetrVG. Der Senat hat sich schon in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 1982 (BAGE 41, 92 = AP Nr. 10 zu § 111 BetrVG) mit dem Begriff der Betriebsänderung in Form einer grundlegenden Änderung der Betriebsanlagen im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG befaßt. Er hat ausgesprochen, unter Betriebsanlagen im Sinne dieser Vorschrift seien solche zu verstehen, die dem arbeitstechnischen Produktions- und Leistungsprozeß dienen. Auch die Änderung einzelner Betriebsanlagen könne unter § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG fallen, wenn es sich um solche Anlagen handele, die in der Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sind. Dabei habe die Zahl der Arbeitnehmer, die von der Änderung der einzelnen Betriebsanlagen betroffen werden, indizielle Bedeutung dafür, ob es sich um Betriebsanlagen von erheblicher Bedeutung handele. Bei der Frage, ob die Änderung der Betriebsanlagen grundlegend ist, komme es entscheidend auf den Grad der technischen Änderung an. Im Zweifelsfalle könne sich eine grundlegende Änderung auch aus dem Grad der nachteiligen Auswirkungen der Änderungen auf die betroffenen Arbeitnehmer ergeben. An diesen Grundsätzen hat der Senat auch in der Entscheidung vom 6. Dezember 1983 (BAGE 44, 285, 318 f. = AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, zu B VI 1 der Gründe) mit der Maßgabe festgehalten, daß hinsichtlich der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer auf die Neufassung des § 17 Abs. 1 KSchG abzustellen ist, wobei jedoch von der Änderung mindestens 5 % der Belegschaft des Betriebs betroffen sein müssen. Diese Begriffsbestimmung wird überwiegend auch vom Schrifttum geteilt (vgl. m.w.N. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 111 Rz 32 i.V. mit Rz 19; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 111 Rz 67 ff.; Löwisch, BetrVG, 2. Aufl., § 111 Rz 12 und 13).
2. Das Landesarbeitsgericht hat diese Rechtsprechung seiner Entscheidung zugrundegelegt und ohne Rechtsfehler angenommen, die Bücherrotationsmaschine Book-o-Matic sei eine Betriebsänderung in der Form einer grundlegenden Änderung der Betriebsanlagen im Sinne von § 111 Satz 2 Nr. 4 BetrVG. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Einrichtung der Maschine sei für das betriebliche Gesamtgeschehen von erheblicher Bedeutung, weil sie Auswirkung auf 50 % der Produktion habe. Angesichts dessen bedürfe es nicht des Rückgriffs auf die Zahl der von der Änderung der einzelnen Betriebsanlage betroffenen Arbeitnehmer als Indiz für deren erhebliche Bedeutung.
Die vorliegende Änderung sei hier schon aus technischen Gründen als „grundlegend” zu beurteilen. Schon die beträchtlich erhöhte Druckkapazität spreche für die Beachtlichkeit dieser Kapazitätsausweitung, würden doch weitere Verarbeitungsschritte (etwa in der Buchbinderei und der Packanlage) beeinflußt, weil dort der erhöhte Gesamtausstoß beider Druckmaschinen ebenfalls bearbeitet und bewältigt werden müsse. Hinzu komme, daß die neue Rollen-Offset-Maschine unmittelbar an Weiterverarbeitungsaggregate angekoppelt sei, die bei der bisherigen Rollen-Offset-Maschine getrennt gewesen seien und unabhängig von dieser hätten arbeiten können. Weil nunmehr in einer In-Line-Produktion, d.h. in einem Arbeitsgang bis zum fertigen Buchblock, produziert werde, sei eine Zusammentrageinheit in die Druckmaschine integriert – bislang habe eine solche Einheit als Teil der Weiterverarbeitungsanlage den ersten Schritt der getrennten Weiterverarbeitung dargestellt – und die Druckmaschine sei durch eine Transferstrecke (Transportanlage) mit der Klebebinderanlage verbunden. Abgesehen davon, daß an dieser Anlage die Zusammentrageinheit nicht mehr vorhanden sei, sei diese Anlage auch geändert worden. Sie sei im Herstellerwerk komplett umgebaut worden, um den Anforderungen der In-Line-Produktion zu genügen. Die daran anschließenden Aggregate seien ebenfalls teilweise neu, nämlich einer von zwei Dreimesserautomaten, mit denen die Buchblocks beschnitten würden, und die Palettierungsanlage, mit der die Buchblocks abgestapelt würden. Damit liege etwas wesentlich Andersartiges von der Technik und ihren Auswirkungen auf den Betriebsablauf her als bisher vor. Die Weiterverarbeitung hänge von der Produktionsvorgabe der Druckmaschine ab und diese wiederum sei in ihrer Kapazität soweit nutzbar wie die Weiterverarbeitungskapazität ausreichend sei. Ein unterschiedlicher Produktions- und Arbeitsrhythmus – jeweils getrennt nach Druck und Weiterverarbeitung – sei damit ebensowenig sinnvoll möglich wie verschiedene Betriebs-, Arbeits- oder Stillstandzeiten.
3. Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde, das Landesarbeitsgerecht habe fälschlicherweise angenommen, die Änderung der Betriebsanlagen sei „grundlegend”.
a) Die Rüge des Arbeitgebers, das Landesarbeitsgericht habe insoweit keine Beweise über bestrittene Behauptungen erhoben und habe die eigene mangelnde Sachkunde an die Stelle von objektiven Feststellungen gesetzt und habe seine eigene Ansicht an die Stelle der gegenteiligen Behauptungen ohne vorherige Nachforschungen oder Beweisaufnahmen gesetzt, hatte keinen Erfolg.
Ein Verstoß gegen § 286 ZPO scheidet schon deshalb aus, weil der Sachverhalt unstreitig ist und deswegen für eine Beweisaufnahme über streitige Tatsachen kein Raum war. Deshalb kann sich die Rüge der Rechtsbeschwerde nur auf die Behauptung einer Verletzung des § 144 ZPO beziehen. Ob das Landesarbeitsgericht nach dieser Bestimmung einen Sachverständigen zur Erläuterung des Streitstoffes bzw. zu seiner eigenen Unterstützung zuzieht oder zu diesen Zwecken den Augenschein einnimmt, liegt jedoch im Bereich seines pflichtgemäßen, rechtsbeschwerdegerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessens (vgl. dazu die Urteile des Vierten Senats vom 24. September 1980 BAGE 34, 158, 173 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 28. April 1982 – 4 AZR 728/79 – AP Nr. 60 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieses Ermessen hat das Landesarbeitsgericht vorliegend weder überschritten noch zu Lasten des Arbeitgebers mißbräuchlich angewendet, wenn es die Zuziehung eines Sachverständigen bzw. die Einnahme des Augenscheins von Amts wegen nach § 144 ZPO unterlassen hat. Die technischen Einzelheiten der neuen Druckmaschine sind schriftsätzlich, auch in den beigefügten verschiedenen Schreiben des Arbeitgebers zur Information des Betriebsrats nach den §§ 90, 106 BetrVG sehr genau geschildert und in einer technischen Skizze erläutert. Im übrigen hat der Arbeitgeber die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht beantragt. Ist eine Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten und verlangt dieser keine Begutachtung durch einen Sachverständigen, darf das Gericht auch davon ausgehen, daß er eine solche nicht für erforderlich hält.
Die Rechtsbeschwerde übersieht zudem, daß Rechtsfragen nicht Sachverständigen zur Beurteilung überlassen werden dürfen und daß auch die Frage, ob eine Änderung der Betriebsanlagen sich als „grundlegend” darstellt, eine Rechtsfrage ist, über die die Gerichte selbst zu entscheiden haben. Das Landesarbeitsgericht ist insoweit vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen und hat ihn auch bei der Subsumtion nicht wieder aufgegeben. Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat schließlich auch alle entscheidungserheblichen Tatumstände gewürdigt.
b) Ebenso unbegründet ist die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe bei der Frage, ob sich im Zweifelsfalle eine „grundlegende” Änderung der Betriebsanlagen auch aus dem Grad der nachteiligen Auswirkungen der Änderungen auf die betroffenen Arbeitnehmer ergeben könne, die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer nach § 17 Abs. 1 KSchG zugrunde legen müssen.
Der Begriff der „grundlegenden” Änderung der Betriebsanlagen ist aus dem sozialen Schutzgedanken des § 111 BetrVG zu deuten (BAGE 41, 92, 109 = AP Nr. 10 zu § 111 BetrVG 1972, unter B II 2 e der Gründe). Deshalb ist auf den Grad der nachteiligen Auswirkungen der Änderung für die betroffenen Arbeitnehmer abzustellen und zu überprüfen, ob sich aus den Änderungen wesentliche Nachteile für sie ergeben können. Keine Voraussetzung für das Beteiligungsrecht ist aber, daß diese Gefahr bei einem erheblichen Teil der Belegschaft besteht. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer ist vielmehr nur ein Indiz für die Feststellung, ob die Betriebsanlagen, die geändert werden, in einer Gesamtschau von erheblicher Bedeutung für den gesamten Betriebsablauf sind. Nicht erforderlich ist hingegen, daß diese gleiche Zahl von Arbeitnehmern auch einen wesentlichen Nachteil erleidet; es ist vielmehr auf den Grad der nachteiligen Auswirkungen der Änderung auf die betroffenen Arbeitnehmer abzustellen, „die unter der sozialen Zweckbestimmung des in §§ 111, 112 BetrVG eingeräumten Beteiligungsrechts als grundlegend anzusehen ist” (Richardi, Anm. zu BAG AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung, unter V 2; ders. NZA 1984, 177, 180). Ob Nachteile der Arbeitnehmer im konkreten Fall tatsächlich entstanden sind und ob diese durch einen Sozialplan ausgeglichen oder gemildert werden sollen, bleibt der Feststellung und Einigung zwischen Unternehmer und Betriebsrat bzw. dem Spruch der Einigungsstelle überlassen (vgl. BAGE 40, 36, 42 = AP Nr. 11 zu § 111 BetrVG 1972, unter B II 5 der Gründe).
Dementsprechend war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Koerner, Dr. Federlin
Fundstellen