Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei Arbeitszeit von Redakteuren
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Eigenart eines Unternehmens oder eines Betriebes im Sinne von § 118 Abs 1 BetrVG steht einem Beteiligungsrecht des Betriebsrats nur dann entgegen, wenn durch die Ausübung des Beteiligungsrechts die geistig-ideelle Zielsetzung des Tendenzträgers ernstlich beeinträchtigt werden kann (Bestätigung der ständigen Senatsrechtsprechung seit Beschluß vom 22. Mai 1979 - 1 ABR 100/77 = AP Nr 13 zu § 118 BetrVG 1972).
2. Die Aktualität der Berichterstattung wird nicht beeinträchtigt, wenn der Betriebsrat bei der Dauer der Arbeitszeit der Redakteure an einzelnen Arbeitstagen, nicht aber bei Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Festlegung der einzelnen Arbeitstage mitbestimmt.
Orientierungssatz
1. Auslegung des § 9 (Arbeitszeit) des Manteltarifvertrages für Redakteure an Zeitschriften vom 12.5.1987.
2. Zur Frage des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Wochenstunden.
3. Über die Frage, ob dem Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht, kann in einem sogenannten Vorabentscheidungsverfahren auch vor einem Spruch der Einigungsstelle entschieden werden.
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.10.1988; Aktenzeichen 8 TaBV 101/88) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.05.1988; Aktenzeichen 4 BV 26/88) |
Gründe
A. Der antragstellende Arbeitgeber ist ein Presseunternehmen, das ca. 60 Redakteure beschäftigt und die wöchentlich (freitags) erscheinende "W" herausgibt. Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat besteht Streit darüber, ob dieser ein Mitbestimmungsrecht bei der Umsetzung der tariflichen Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Wochenstunden hat. Bisher hat eine Regelung über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage nicht bestanden. Die tägliche Arbeitszeit ist nicht fixiert gewesen. An welchen Tagen der Redakteur unter Umständen verkürzt arbeitete und an welchen Tagen nicht, war der Vereinbarung mit dem Ressortleiter vorbehalten.
Die für den vorliegenden Fall einschlägige Regelung des § 9 des MTV für Redakteure an Zeitschriften vom 12. Mai 1987 lautet:
§ 9
Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit für Redakteure be-
trägt bis zum 31.12.1987 40 Stunden, ab 1.1.1988
38,5 Stunden wöchentlich. Sie ist auf fünf Tage in
der Kalenderwoche zu verteilen.
(2) Überschreitet die zugewiesene oder nachträglich
anerkannte Arbeitszeit 40 Stunden bzw. 38,5 Stunden
in der Woche und ergibt sich bis zum Ablauf des
nachfolgenden Verrechnungszeitraums von acht Wochen
kein Zeitausgleich im Verhältnis 1 : 1, so erhält
der Redakteur für jede zusätzlich geleistete Stunde
eine Vergütung von 1/133 (ab 1.1.1988 1/127) seines
Bruttomonatsgehalts.
Bei den Redakteuren im Sinne des § 2, 3 b) Gehalts-
tarifvertrag gilt eventuelle Mehrarbeit als abge-
golten.
(3) Für die Tage, an denen der Redakteur außerhalb
des Beschäftigungsortes tätig ist, wird eine Arbeits-
zeit von acht Stunden zugrunde gelegt.
(4) Die in der Kalenderwoche anfallenden zwei freien
Tage müssen im Kalendermonat dreimal zusammenhängend
gewährt werden und zweimal ein Wochenende umfassen.
Sie sind nach Absprache mit dem zuständigen Vorge-
setzten unter Abwägung der persönlichen Belange des
Redakteurs zu nehmen.
Wird aus zwingenden Gründen weisungsgemäß an mehr als
fünf Tagen in der Kalenderwoche gearbeitet, so ist
dies innerhalb von acht Wochen durch Freizeit im Ver-
hältnis 1 : 1 auszugleichen.
Ist ein Freizeitausgleich aus zwingenden Gründen nicht
möglich, so erhält der Redakteur für jeden zusätzlich
geleisteten Arbeitstag eine Vergütung in Höhe von 6 %
des vereinbarten Bruttomonatsgehalts. Für Arbeiten an
zusätzlichen Arbeitstagen bis zu vier Stunden werden
3 % des vereinbarten Bruttomonatsgehalts gezahlt.
(5) Wird die Arbeitszeit von 40 Stunden bzw. 38,5
Stunden wöchentlich durch Arbeit an einem 6. oder
7. Tag überschritten, so erfolgt der Ausgleich nur
nach Regeln von Ziffer 4.
(6) Redakteure, deren Fachgebiet wegen der zeitli-
chen Verteilung der zu behandelnden Ereignisse
regelmäßig Arbeiten an Wochenenden erfordert, haben
anstelle von zwei freien Wochenenden im Monat einen
Anspruch auf mindestens neun freie Wochenenden im
Jahr. Diesen Redakteuren stehen im Jahr zusätzlich
drei freie Tage zu.
Bei diesen Redakteuren kann der Freizeitausgleich
in einem Zeitraum bis zu 12 Wochen nach der Kalen-
derwoche erfolgen, in der zusätzliche Arbeitstage
anfallen.
...."
Mit Schreiben vom 6. November 1987 unterbreitete der Betriebsrat dem Arbeitgeber einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeit der Redakteure folgenden Inhalts:
"Geschäftsführung und Betriebsrat der G schließen
gemäß BetrVG § 87.1.2 die nachfolgende Betriebsverein-
barung für die Arbeitszeit der Redaktion ab.
Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Redakteurinnen
und Redakteure entsprechend dem Manteltarifvertrag für
Redakteure an Zeitschriften.
1. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ab 01.01.1988
38,5 Stunden.
2. In der Regel wird an 4 Arbeitstagen 8 Stunden ge-
arbeitet, an einem Tag 6,5 Stunden.
3. Der Ressortleiter (im Fall der Verhinderung die
Chefredaktion) vereinbart einvernehmlich mit dem
Redakteur(in) den Tag, an dem die Arbeitszeitver-
kürzung stattfindet. Im Konfliktfall muß ein Be-
triebsratsmitglied hinzugezogen werden.
4. Es ist für die Existenz und die Tendenz der W
unabdingbar, daß durch starre Ar-
beitszeitregelungen der redaktionelle Ablauf der
Redaktion nicht gestört wird. Deshalb wird von
jedem Redakteur(in) auch künftig Flexibilität und
Rücksichtnahme auf die Belange der Zeitschrift
erwartet.
5. Sofern in einer Arbeitswoche die Arbeitszeitver-
kürzung nicht wahrgenommen werden kann, erfolgt
- gleichfalls in Absprache mit dem unmittelbaren
Vorgesetzten bzw. der Chefredaktion - ein Frei-
zeitausgleich innerhalb von acht Wochen, wie es
der Manteltarifvertrag in § 9,2 vorsieht.
Sollte diese Regelung geändert werden, bedarf es der
Zustimmung durch den Betriebsrat.
Die Betriebsvereinbarung tritt am 01.01.1988 in Kraft.
Sie ist mit einer Frist von drei Monaten kündbar und
entfaltet die gesetzliche Nachwirkung."
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Arbeitgeber die Feststellung, daß dem Betriebsrat für die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf acht Stunden an vier Tagen und 6,5 Stunden an einem Arbeitstag ein Mitbestimmungsrecht nicht zusteht.
Der Arbeitgeber hat zur Begründung vorgetragen, § 9 des Manteltarifvertrags für Redakteure an Zeitschriften vom 12. Mai 1987 schließe ein Mitbestimmungsrecht aus. Eine Regelungslücke liege ebensowenig vor wie eine Öffnungsklausel für den Abschluß ergänzender Betriebsvereinbarungen. Darüber hinaus sei die Lage der Arbeitszeit der Redakteure entscheidend für die Aktualität der Berichterstattung. Dementsprechend sei für den vorliegenden Fall das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG durch die Bestimmung des § 118 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen, soweit es um betriebliche Regelungen der täglichen Arbeitszeit für Redakteure gehe.
Der Arbeitgeber hat beantragt
festzustellen, daß dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Festlegung der Arbeitszeit der Redakteure auf vier Werktage a acht Stunden und einen Werktag a 6,5 Stunden nicht zusteht.
Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, der Antrag sei unzulässig, weil er nicht genügend bestimmt sei. Im übrigen sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit der Redakteure durch § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern nur, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegenstehe. Insoweit sei insbesondere zu beachten, daß § 118 Abs. 1 BetrVG das Unternehmen und nicht den Unternehmer schütze. Zum Unternehmen gehörten aber auch die Redakteure, denen ebenso das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zur Seite stehe wie dem Unternehmer. Zu berücksichtigen sei ferner, daß die Einigungsstelle tendenzbedingte Gründe im Rahmen von § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG ohnehin zu berücksichtigen habe, da sie ihre Beschlüsse unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebs und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen fassen müsse. Ein Tarifvorbehalt bestehe nicht, da § 9 MTV keine Regelung über die Lage der Arbeitszeit enthalte.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag mit der Begründung stattgegeben, durch die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage werde die Aktualität und Qualität der Berichterstattung beeinflußt. Daraus folge, daß die Regelung der Lage der Arbeitszeit der Redakteure Tendenzbezug im Sinne von § 118 Abs. 1 BetrVG habe und daher dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entzogen sei. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats mit der Begründung zurückgewiesen, bisher habe eine Regelung über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht bestanden. Daher werde die Aktualität der Berichterstattung durch die vom Betriebsrat begehrte Regelung eingeschränkt, obwohl diese zur Wahrung der Flexibilität und Rücksichtnahme auf die Belange der Zeitschrift vorsehe, daß letztendlich der Ressortleiter vereinbare, an welchem Tag der Redakteur verkürzt arbeite und, wenn die Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche nicht eingehalten werden kann, der Freizeitausgleich erst innerhalb von acht Wochen gewährt werden muß. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Abweisungsantrag weiter, während der Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Zur Stützung seiner Rechtsauffassung hat der Arbeitgeber bereits vor dem Landesarbeitsgericht ein für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. und den Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. erstattetes Gutachten von Professor Dr. Dütz vom 31. Mai 1988 zu den Akten gegeben. In der Rechtsbeschwerdeinstanz hat der Betriebsrat ein von Professor Dr. Weiss und Dr. Weyand für die Industriegewerkschaft Medien erstattetes Gutachten vorgelegt.
B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Deshalb war der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, auf die Beschwerde der Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Arbeitgebers abzuweisen.
I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Antrag des Arbeitgebers sei zulässig. Über die Frage, ob dem Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht, kann in einem sogenannten Vorabentscheidungsverfahren auch vor einem Spruch der Einigungsstelle entschieden werden (vgl. statt vieler Senatsentscheidung vom 13. Oktober 1987 - 1 ABR 53/86 - AP Nr. 7 zu § 81 ArbGG 1979 m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Prozeßbevollmächtigten des Betriebsrats ist der Streitgegenstand auch so bestimmt, daß die eigentliche betriebsverfassungsrechtliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Ein Rechtsschutzinteresse besteht, weil der Betriebsrat sich nach wie vor eines Mitbestimmungsrechts für die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Tage berühmt.
II. Der Antrag des Arbeitgebers ist jedoch entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht geprüft, ob die vom Betriebsrat angestrebte Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird und möglicherweise deshalb das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ausgeschlossen ist. Das Landesarbeitsgericht übersieht - geht zumindest mit keinem Wort darauf ein -, daß nach ständiger Rechtsprechung des Senats seit dem Beschluß vom 24. Februar 1987 (- 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191 = AP Nr. 21 zu § 77 BetrVG 1972) Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß die entsprechende mitbestimmungspflichtige Angelegenheit üblicherweise durch Tarifvertrag im Sinne von § 77 Abs. 3 BetrVG geregelt ist. Durch die Vorschrift des § 77 Abs. 3 BetrVG soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gewährleistet werden, indem den Tarifvertragsparteien ein Vorrang zur kollektiven Regelung materieller Arbeitsbedingungen eingeräumt wird. Da, wo die Tarifvertragsparteien von ihrer Normsetzungsbefugnis üblicherweise Gebrauch machen, entfällt demgemäß eine entsprechende Befugnis der Betriebspartner. Es geht um die Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie (vgl. Senatsbeschluß, aaO, sowie den weiteren Senatsbeschluß vom 27. Januar 1987 - 1 ABR 66/85 - BAGE 54, 147 = AP Nr. 42 zu § 99 BetrVG 1972 m.w.N.).
Diese Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie durch § 77 Abs. 3 BetrVG gilt aber nicht im Rahmen der echten Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG.
Im Anschluß an Wiese (Zum Gesetzes- und Tarifvorbehalt nach § 87 Abs. 1 BetrVG, Festschrift 25 Jahre BAG, S. 661, 662 ff.) hat der Senat in den Beschlüssen vom 24. Februar 1987 (aaO) und 18. April 1989 (- 1 ABR 100/87 - EzA § 87 BetrVG 1972 Nr. 13, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) ausgeführt, die notwendige Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten nach § 87 BetrVG diene dem Schutz der Arbeitnehmer und hierbei insbesondere der gleichberechtigten Teilhabe an den sie betreffenden Entscheidungen (vgl. ebenso Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 87 Rz 58; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 87 Rz 133; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 87 Rz 10 a ff.). Dann, wenn ein Tarifvertrag oder ein Gesetz eine abschließende Regelung der in § 87 Abs. 1 BetrVG genannten Angelegenheiten enthält, bleibt jedoch kein Regelungsspielraum mehr für den Arbeitgeber, ebensowenig dann aber auch noch Platz für eine gleichberechtigte Teilhabe an einer Entscheidung des Arbeitgebers. Dem trägt die Bestimmung des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG Rechnung, wonach der Betriebsrat nicht mitzubestimmen hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Demgegenüber schließt eine nicht bestehende, sondern nur üblicherweise vereinbarte Regelung das einseitige Bestimmungsrecht des Arbeitgebers nicht aus und macht daher auch die gleichberechtigte Teilhabe des Betriebsrats an der Entscheidung nicht überflüssig. Dementsprechend geht auch die wohl herrschende Meinung in der Literatur davon aus, daß § 87 Abs. 1 BetrVG durch § 77 Abs. 3 BetrVG nicht ausgeschlossen wird (vgl. Nachweise im Senatsbeschluß vom 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - zu II 4 b bb der Gründe). Ein Teil dieser Autoren entnimmt § 77 Abs. 3 BetrVG nur, daß das Mitbestimmungsrecht nicht durch den Abschluß von Betriebsvereinbarungen, sondern nur durch Regelungsabreden wahrgenommen werden kann. Dieser Auffassung kann der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung seiner Rechtsprechung nicht folgen. Denn das BetrVG stellt die Betriebsvereinbarung gerade als das geeignete Instrument, eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit für den Betrieb zu regeln, bereit. Im Gegensatz zur Regelungsabrede wirken die Normen einer Betriebsvereinbarung unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ein, so daß die geregelten Arbeitsbedingungen unmittelbar und zwingend gelten, unabhängig davon, ob für die Arbeitnehmer Ansprüche oder Pflichten begründet werden. Es entspricht sowohl dem Interesse der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer, daß die mitbestimmten Regelungen in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden und dann keiner Umsetzung der vereinbarten Regelung in das Einzelarbeitsverhältnis mehr bedürfen. Schon von daher kann nicht angenommen werden, daß § 77 Abs. 3 BetrVG zwar Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats unberührt läßt, die Regelung mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten durch Betriebsvereinbarung aber verbieten will.
2. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, § 9 des Manteltarifvertrags für Redakteure an Zeitschriften enthalte keine abschließende Regelung über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.
In § 9 Abs. 1 MTV wird die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit geregelt und für die Zeit ab 1. Januar 1988 von 40 auf 38,5 Stunden verkürzt sowie bestimmt, daß sie auf fünf Tage in der Kalenderwoche zu verteilen ist. Eine Regelung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit enthält § 9 Abs. 1 MTV ebensowenig wie eine Bestimmung darüber, wieviel Stunden an den fünf Tagen zu arbeiten ist. Auch die übrigen Absätze des § 9 MTV regeln die nähere Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit nicht, so daß ein Regelungsspielraum für die genaue Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Tage bleibt. Für eine solche Verteilung geben die Absätze 2 bis 6 des § 9 MTV nur gewisse Vorgaben. So geht § 9 Abs. 2 MTV davon aus, daß, soweit dies erforderlich ist, die Arbeitszeit des Redakteurs auch über 38,5 Stunden in der Woche hinausgehen kann und dann in einem Verrechnungszeitraum von acht Wochen ein Zeitausgleich im Verhältnis 1 : 1 erfolgen muß. Ähnliche Regelungen enthalten die Manteltarifverträge des Einzelhandels, nach denen bei vorwärtsrollierendem Freizeitsystem die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Jahr 38,5 Stunden betragen muß. Der § 9 MTV für Redakteure an Zeitschriften geht insofern einen Schritt weiter, als er dem Arbeitgeber auch erlaubt, im Ausnahmefall von einem Zeitausgleich - wenn nicht möglich - abzusehen und dann dem Redakteur für die zusätzlich geleistete Stunde eine bestimmte Vergütung (1/127 des Bruttomonatsgehalts) zu zahlen. Die übrigen Vorgaben betreffen die Festlegung der freien Tage. Auch dieses Problem ist nicht tendenzspezifisch, sondern dem Senat von den Manteltarifverträgen des Einzelhandels her bekannt. So wie dort die Verkäufer an langen Samstagen zum Teil arbeiten müssen und dafür einen Freizeitausgleich erhalten, gibt es Redakteure, deren Fachgebiet es mit sich bringt, daß sie vorwiegend am Wochenende arbeiten müssen (z.B. Sportredakteure). Für diese Redakteure garantiert § 9 Abs. 6 MTV wenigstens neun freie Wochenenden und drei zusätzliche freie Tage.
Enthalten die Bestimmungen der Absätze 2 bis 6 des § 9 MTV also keine Regelung über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitsstunden auf die einzelnen Arbeitstage und damit keine abschließende Regelung, bleibt der für die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts erforderliche Regelungsspielraum bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die fünf Arbeitstage.
3. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage wird auch nicht durch § 118 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen. Nach § 118 Abs. 1 BetrVG findet das BetrVG keine Anwendung auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Anwendung findet, dienen, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht.
a) Rechtlich unerheblich für die Entscheidung ist die in den Gutachten Weiss/Weyand und Dütz erörterte Frage, ob es sich bei der Einschränkung der Mitbestimmungsrechte durch § 118 Abs. 1 BetrVG um eine Ausnahmebestimmung handelt.
Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, daß die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes nur insoweit keine Anwendung finden, als die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes dem entgegensteht, ergibt sich, daß § 118 Abs. 1 BetrVG die Ausnahme von der Regel ist, daß der Betriebsrat nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zu beteiligen ist. Zutreffend verweist Weiss (Gutachten S. 3 ff.) ergänzend darauf, daß § 118 Abs. 1 BetrVG gegenüber den Vorgängerbestimmungen des § 67 BRG 1920 und § 81 Abs. 1 BetrVG 1952 den Tendenzschutz einschränkt, obwohl die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im BetrVG 1972 erweitert worden sind. Der Gesetzgeber hat die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte für nicht tendenzschädlich gehalten. Dementsprechend heißt es im Ausschußbericht, für eine Einschränkung der Rechte des Betriebsrats im Tendenzbereich bestehe "keinerlei Anlaß" (zu BT-Drucks. VI/2729, S. 17). Eine Einschränkung gegenüber den Tendenzschutzbestimmungen im BRG 1920 und BetrVG 1952 enthält § 118 Abs. 1 BetrVG deshalb, weil die zu ausufernden Interpretationen einladende Passage "und ähnliche Bestimmungen" ersatzlos gestrichen ist, so daß § 118 Abs. 1 BetrVG 1972 nur eine abschließende Anzahl von Tendenzzwecken schützt. Eine weitere Restriktion gegenüber den Vorgängerbestimmungen ergibt sich daraus, daß nach § 118 Abs. 1 BetrVG die angesprochenen Unternehmen und Betriebe "unmittelbar und überwiegend" der im Gesetz genannten Zweckbestimmung dienen müssen. Dementsprechend hat auch der zuständige Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung ausgeführt, bei § 118 Abs. 1 BetrVG 1972 handele es sich um eine Ausnahmevorschrift (zu BT-Drucks. VI/2729, S. 17). Was das Verhältnis von Tendenzschutz und Mitbestimmung im Bereich des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG angeht, so hat der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung ausgeführt, die Vorschrift sei als Versuch zu begreifen, "eine ausgewogene Regelung zwischen dem Sozialstaatsprinzip und den Freiheitsrechten" zu finden (zu BT-Drucks. VI/2729, S. 17).
Allein die Tatsache, daß es sich bei § 118 Abs. 1 BetrVG um eine Ausnahmevorschrift handelt, hat jedoch nicht zur Folge, daß die Tendenzschutzbestimmung des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG restriktiv auszulegen ist. Vielmehr ist, worauf Dütz in seinem Gutachten (S. 9 ff.) zu Recht hingewiesen hat, die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 6. November 1979 (- 1 BvR 81/76 - AP Nr. 14 zu § 118 BetrVG 1972), mit dem es die Verfassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil vom 7. November 1975 (- 1 AZR 282/74 - AP Nr. 4 zu § 118 BetrVG 1972) zurückgewiesen hat, zum Verhältnis von Pressefreiheit, Tendenzschutz nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und den Beteiligungsrechten des Betriebsrats grundsätzlich Stellung genommen. Das Bundesarbeitsgericht hatte in der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung (aaO) damals entschieden, der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG stehe § 118 Abs. 1 BetrVG auch dann nicht entgegen, wenn die Kündigung eines Tendenzträgers aus tendenzbedingten Gründen erfolge. Gegen die tendenzbedingten Motive der beabsichtigten Kündigung könne der Betriebsrat allerdings Bedenken nur insoweit erheben, als auch soziale Gesichtspunkte in Betracht kämen. In seiner Begründung der die Verfassungsbeschwerde zurückweisenden Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG schränke die Pressefreiheit nicht ein, sondern schirme sie gerade - im Rahmen der Reichweite der Norm - vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte ab. Da Normen, die die Pressefreiheit der Verleger beschränken, nicht aufzuweisen seien, könnten insoweit das Sozialstaatsprinzip und Grundrechte der Arbeitnehmer in ihrer Bedeutung für die Auslegung grundrechtsbegrenzender Regelungen keine Rolle spielen. In seinen weiteren Ausführungen kommt das Bundesverfassungsgericht dann zu dem Ergebnis, daß das Sozialstaatsprinzip zwar auch für die Auslegung grundrechtsausgestaltender Regelungen heranzuziehen sei, nur dürfe eine solche Auslegung - bei aller Unsicherheit der Grenzziehung - nicht in eine Beschränkung des Grundrechts umschlagen. Entscheidend sei daher allein, ob die Auslegung des § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu einer Beschränkung der Pressefreiheit führe. Dies verneint das Bundesverfassungsgericht mit der Begründung, die Pflicht zur Information des Betriebsrats über tendenzbezogene Kündigungsgründe wirke sich nicht auf die Verwirklichung der Tendenz einer Zeitung aus. Die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützte Tendenzautonomie befreie weder schlechthin von der Beachtung gesetzlicher Vorschriften noch von der angemessenen Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer.
Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts ist zu entnehmen, daß die Auslegung des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht zu einer Einschränkung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich geschützten Pressefreiheit führen darf.
b) Entgegen der Auffassung von Dütz (Gutachten S. 14/15) wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats durch § 118 Abs. 1 BetrVG aber nicht schon dann ausgeschlossen, wenn es sich um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt. Vielmehr ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß die Beteiligungsrechte des Betriebsrats durch § 118 Abs. 1 BetrVG nur dann ausgeschlossen werden, wenn es sich um eine tendenzbezogene Maßnahme handelt und die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens und deren Verwirklichung durch die Beteiligung des Betriebsrats verhindert oder jedenfalls ernstlich beeinträchtigt werden kann.
aa) Dementsprechend hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats nur dann entgegensteht, wenn die Maßnahme Arbeitnehmer betrifft, für deren Tätigkeit die Bestimmungen und Zwecke der in § 118 Abs. 1 BetrVG genannten Unternehmen und Betriebe prägend sind, die sogenannten Tendenzträger (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAGE 40, 296 = AP Nr. 12 zu § 15 KSchG 1969; BAGE 53, 237 = AP Nr. 32 zu § 118 BetrVG 1972; Senatsbeschlüsse vom 13. Januar 1987 - 1 ABR 49/85 - AP Nr. 33 zu § 118 BetrVG 1972, 18. April 1989 - 1 ABR 2/88 - und 13. Juni 1989 - 1 ABR 15/88 - die beiden letzteren zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch für Tendenzträger werden die Mitbestimmungsrechte aber nur soweit ausgeschlossen, wie ihnen die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs entgegensteht. Dies ist nicht bei allen Maßnahmen der Fall, von denen Tendenzträger betroffen sind. Es muß sich jeweils um eine tendenzbezogene Maßnahme handeln. Die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs steht einem Beteiligungsrecht aber auch noch nicht schon immer dann entgegen, wenn eine Regelung die geistig-ideelle Zielsetzung irgendwie berührt, sondern nur, wenn die Ausübung des Beteiligungsrechts die Tendenzverwirklichung ernstlich beeinträchtigen kann (BAG Urteil vom 7. November 1975, aaO; BAG Beschluß vom 30. Januar 1979 - 1 ABR 78/76 - AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe; BAG Beschlüsse vom 22. Mai 1979 - 1 ABR 45/77 - und - 1 ABR 100/77 - AP Nr. 12 und 13 zu § 118 BetrVG 1972; BAGE 35, 278, 284 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II der Gründe; BAGE 40, 296 = AP Nr. 12 zu § 15 KSchG 1969; BAGE 43, 35, 41 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 1 b aa der Gründe; BAG Beschluß vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979, zu B II 2 der Gründe; BAGE 50, 241, 245 = AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 30. Januar 1987 - 1 ABR 49/85 - AP Nr. 33 zu § 118 BetrVG 1972, zu B II 2 c der Gründe; BAG Beschluß vom 13. Juni 1989 - 1 ABR 15/88 - EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 37; ebenso: Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 118 Rz 30; Etzel, Betriebsverfassungsrecht, 3. Aufl., Rz 1313 ff.; Stege/Weinspach, BetrVG, 6. Aufl., § 118 Rz 6 und 8; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke/Klebe, BetrVG, 4. Aufl., § 118 Rz 3; Weiss, BetrVG, 2. Aufl., § 118 Rz 19; Ihlefeld, AuR 1980, 60, 62; ähnlich Dietz/Richardi, aaO, § 118 Rz 106 ff.; für noch geringeren Tendenzschutz Fabricius, GK-BetrVG, 2. Bearbeitung, § 118 Rz 563 ff.; a.A. Dütz, AfP 1988, 193 ff., m.w.N.). Dementsprechend hat der Senat auch im Bereich der Beteiligung in personellen Angelegenheiten, bei der ein Einfluß auf die Tendenzverwirklichung sehr viel näher liegt als bei der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, entschieden, dem Verlangen des Betriebsrats, Arbeitsplätze innerbetrieblich auszuschreiben (§ 93 BetrVG), stehe die Eigenart eines Tendenzunternehmens in aller Regel auch dann nicht entgegen, wenn sich die Ausschreibung auf sogenannte Tendenzträger erstrecken soll. Die Frage der Tendenzbeeinträchtigung stelle sich nämlich erst dann, wenn der Betriebsrat wegen einer unterbliebenen Ausschreibung seine Zustimmung zur personellen Einzelmaßnahme verweigere. Das zur Sicherung der Chancengleichheit auf dem innerbetrieblichen Arbeitsmarkt dem Betriebsrat eingeräumte Initiativrecht diene in erster Linie dem sozialen Schutz der Arbeitnehmer (Senatsbeschluß vom 30. Januar 1979 - 1 ABR 78/76 - AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG 1972).
bb) Nach ganz überwiegender Meinung kommt eine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts in sozialen Angelegenheiten nur in Ausnahmefällen in Betracht, da es hier meist um den wertneutralen Arbeitsablauf des Betriebes geht (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 118 Rz 33; Dietz/Richardi, aaO, § 118 Rz 108, 127; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 118 Rz 62; nach Auffassung von Fabricius, aaO, § 118 Rz 610 ff., wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 BetrVG niemals durch § 118 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen). Auch das Mitbestimmungsrecht in Arbeitszeitfragen ist nicht tendenzspezifisch, sondern stellt sich in jedem Betrieb (Galperin/Löwisch, aaO). Nur dort, wo tendenzbedingte Gründe für die Anordnung ausschlaggebend sind, entfällt das Mitbestimmungsrecht (Otto, AuR 1980, 289, 300). Dementsprechend hat der Senat im Beschluß vom 22. Mai 1979 (- 1 ABR 100/77 - AP Nr. 13 zu § 118 BetrVG 1972) in einem Falle, in dem der Arbeitgeber wegen der beabsichtigten Erweiterung einer Zeitschrift um zwei aktuelle Farbseiten auch für Redakteure vorübergehend Sonntagsarbeit anordnete, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bejaht. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, aus der Tatsache, daß Redakteure eines Zeitschriftenverlages sogenannte Tendenzträger seien, folge nicht, daß jede ihre Arbeitszeit betreffende Anordnung des Arbeitgebers eine tendenzbezogene und deshalb mitbestimmungsfreie Maßnahme sei. Gehe es nur darum, den Einsatz der Redakteure dem technisch-organisatorischen Ablauf des Herstellungsprozesses der Zeitschrift anzupassen, ohne daß dabei besondere tendenzbedingte Gründe, wie etwa die Aktualität der Berichterstattung, eine Rolle spielen, müsse wegen der Eigenart eines Presseunternehmens das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht zurücktreten. Auch hat der Senat im Beschluß vom 13. Juni 1989 (- 1 ABR 15/88 - aaO) entschieden, der Betriebsrat habe in einer Privatschule nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei der Festlegung der Höchstgrenzen für Vertretungsstunden gegenüber vollbeschäftigten Lehrern mitzubestimmen. Auch diese Entscheidung hat der Senat damit begründet, es gehe nicht um die konkrete Anordnung von Überstunden, die sich auf die Tendenzverwirklichung auswirken könnten, noch nicht einmal um die Auswahl der Arbeitnehmer bei der Anordnung von Vertretungsstunden, sondern nur um die Frage, ob die Festlegung von Höchstgrenzen für Vertretungsstunden eine tendenzbezogene Maßnahme sei und durch die Mitbestimmung des Betriebsrats die geistig-ideelle Zielsetzung ernstlich beeinträchtigt werde. Das sei zu verneinen. Durch die Mitbestimmung bei der Festlegung solcher Höchstgrenzen werde kein Einfluß auf die inhaltliche Gestaltung des Unterrichts genommen. Ebenso bleibe der Arbeitgeber in der - nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts - tendenzbezogenen Entscheidung frei, ob er den Unterricht ausfallen oder durch eine andere Lehrkraft erteilen lassen wolle.
c) Vorliegend begehrt der Betriebsrat mitzubestimmen über die Verteilung der Arbeitsstunden auf die einzelnen Wochentage. Eine Neuverteilung der Arbeitsstunden ist bei einer tariflichen Arbeitszeitverkürzung denknotwendig erforderlich. Hierbei handelt es sich zunächst einmal um eine rein betriebsorganisatorische Frage, die die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers noch nicht einmal berührt, geschweige denn erheblich beeinträchtigt. Im Einzelfalle könnte allerdings eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit die Aktualität der Berichterstattung gefährden. Eine solche Beeinträchtigung der geistig-ideellen Zielsetzung scheidet aber vorliegend aus. Der Betriebsrat hat nämlich weder ein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des Arbeitsbeginns oder des Arbeitsendes noch für die Verteilung der wöchentlichen Arbeitsstunden auf bestimmte Tage verlangt. Vielmehr hat er sich damit begnügt, ein sehr eingeschränktes Mitbestimmungsrecht für die abstrakt-generelle Verteilung der Arbeitszeit auf je acht Stunden an vier Tagen und sechseinhalb Stunden an einem Tag in Anspruch zu nehmen. Der Betriebsrat überläßt es also dem Arbeitgeber, einseitig zu bestimmen, an welchem Tag der einzelne Arbeitnehmer acht und an welchem er sechseinhalb Stunden zu arbeiten hat. Auf diese Weise ermöglicht er dem Arbeitgeber allein den Redaktionsschluß zu bestimmen, und alle anderen Maßnahmen, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich sind. Dazu gehört beispielsweise, daß der Arbeitgeber einseitig ohne Mitbestimmung des Betriebsrats entscheiden kann, daß der Beitrag eines Redakteurs noch fertigzustellen ist und daß Recherchen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeholt werden.
Sinn der angestrebten Regelung ist es allein, den Arbeitnehmern die Arbeitszeitverkürzung in einem Block zukommen zu lassen. Der Betriebsrat hätte sein Mitbestimmungsrecht auch in anderer Weise ausüben können, ohne die geistig-ideelle Zielsetzung des Arbeitgebers ernsthaft zu beeinträchtigen. Eine mitbestimmte Regelung könnte beispielsweise ebenso eine gleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Wochentage vorsehen wie auch eine noch stärkere Gewichtung, etwa auf neun Stunden an vier Tagen, so daß für den fünften Tag nur noch 2,5 Stunden übrig blieben. Auch eine solche Verteilung - die bei fehlender Einigung allerdings von der Einigungsstelle unter Berücksichtigung der Belange des Betriebes beschlossen werden müßte - würde die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers nicht ernsthaft beeinträchtigen. Entscheidend ist, daß der Arbeitgeber die konkrete Arbeitszeit seiner Redakteure allein festlegen kann. Er kann je nach Erfordernis im Rahmen der tariflichen Regelung anordnen, an welchen Tagen der Woche überhaupt der einzelne Redakteur zu arbeiten hat und an welchen Tagen für den einzelnen Redakteur die kürzere Arbeitszeit gilt. Da der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des Arbeitsbeginns und -endes in Anspruch nimmt, wird durch die abstrakt-generelle Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Wochentage die geistig-ideelle Zielsetzung des Arbeitgebers nicht tangiert. Gerade auch der konkrete und allein im Streit befindliche Vorschlag des Betriebsrats nimmt auf die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers soviel Rücksicht, daß eine ernsthafte Beeinträchtigung der Tendenzverwirklichung - hier die Aktualität der Berichterstattung - ausgeschlossen wird. Anders könnte es nur sein, wenn der Betriebsrat verlangen würde, daß an einem bestimmten Tage 6,5 Stunden gearbeitet wird und an vier weiteren bestimmten Tagen acht Stunden.
Das Landesarbeitsgericht kommt nur deshalb zu einem entgegengesetzten Ergebnis, weil es außer Acht läßt, daß das Mitbestimmungsrecht nur dann entfällt, wenn dies die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes verlangt. Es ist der rechtsirrigen Auffassung, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der bisherige Zustand - es hat bisher unstreitig keine Regelung über die Verteilung der Arbeitszeit gegeben - für den Arbeitgeber günstiger sei als der vom Betriebsrat verlangte. Wäre diese Auffassung richtig, würde ein Mitbestimmungsrecht stets entfallen, wenn ein Betriebsrat erstmals ein Beteiligungsrecht wahrnehmen will.
4. Steht also weder die Eigenart des Unternehmens noch die des Betriebes dem vom Betriebsrat geltend gemachten Mitbestimmungsrecht entgegen, ist die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats begründet. Dementsprechend war der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, der Beschluß des Arbeitsgerichts abzuändern und der Antrag des Arbeitgebers zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Mager H. Blanke
Fundstellen
Haufe-Index 436699 |
BAGE 64, 103-117 (LT1-2) |
BAGE, 103 |
BB 1990, 1904 |
BB 1990, 1904-1906 (LT1-2) |
DB 1990, 2224-2226 (LT1-2) |
BetrVG, (4) (LT1-2) |
JR 1990, 440 |
NZA 1990, 693-696 (LT1-2) |
RdA 1990, 190 |
SAE 1990, 281-286 (LT1-2) |
AP § 118 BetrVG (LT1-2), Nr 44 |
AP § 118 BetrVG 1972 (demnächst), Nr 44 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVB Entsch 126 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 530.14.2 Nr 126 (LT1-2) |
AfP 1990, 149 |
AfP 1990, 149-153 (ST1-3) |
EzA § 118 BetrVG 1972, Nr 50 (LT1-2) |