Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerüberlassung. Zivildienstschulen
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu 7 AZR 7/93 vom 1. Juni 1994.
Normenkette
AÜG Art. 1 § 13; AÜG § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6; AFG §§ 4, 13; ZDG § 25a Abs. 2; AÜG Art. 1 § 10 Abs. 1 S. 4; BAT § 4
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 04.09.1992; Aktenzeichen 15 Sa 265/92) |
ArbG Braunschweig (Urteil vom 29.11.1991; Aktenzeichen 2 Ca 466/91) |
Tenor
I. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 4. September 1992 – 15 Sa 265/92 – wird zurückgewiesen.
II. Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 29. November 1991 – 2 Ca 466/91 – zurückgewiesen worden ist und als über die Kosten entschieden worden ist.
Auf die Berufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig abgeändert, soweit die Klage abgewiesen und über die Kosten entschieden worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine schriftliche Bestätigung der geltenden Arbeitsbedingungen zu erteilen,
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen kraft gesetzlicher Vermutung infolge nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt.
Der Kläger arbeitet seit dem 1. Juli 1985 als Dozent in der Zivildienstschule B. Dort werden Einführungslehrgänge für Zivildienstleistende abgehalten. Hierfür, wie für die Durchführung des Zivildienstes insgesamt, ist die Beklagte verantwortlich (§ 2 Abs. 1 ZDG). Für sie wird das dem Bundesministerium für Familie und Jugend unterstellte Bundesamt für den Zivildienst tätig. Die Lehrgänge an den Zivildienstschulen führt die Beklagte entweder in eigener Verantwortung mit eigenem Personal durch oder sie beauftragt Beschäftigungsstellen der Zivildienstleistenden bzw. deren Verbände mit der Durchführung der Lehrgänge (§ 25 a Abs. 2 ZDG). Neben diesen als A- bzw. B-Modell bezeichneten Organisationsformen gibt es ein sog. C-Modell: Von der Beklagten sind lediglich der Schulleiter und das Verwaltungspersonal (sog. staatliches Schulpersonal) angestellt, während die pädagogischen Mitarbeiter (Lehrpersonal und Freizeitbetreuer) von einem sog. Anstellungsträger zur Verfügung gestellt werden. Die Zivildienstschule B. wird nach dem sog. C-Modell betrieben. Neben dem Eingang der Zivildienstschule hängt ein Schild mit dem Bundesadler sowie der Aufschrift „Bundesamt für den Zivildienst” „Zivildienstschule B.”. Das Personal zur Unterrichtung und Betreuung der Lehrgangsteilnehmer wird der Beklagten vom „Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V.” (AdB) zur Verfügung gestellt, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Förderung der außerschulischen, insbesondere der politischen Bildung gehört.
Das Rechtsverhältnis zwischen dem AdB und der Beklagten bestimmte sich zunächst nach dem „Vertrag über die Bereitstellung von Personal und Lehrmitteln für die Durchführung des Einführungsdienstes für Zivildienstleistende” vom 31. Juli 1984. Der Vertrag enthielt unter anderem folgende Regelungen:
Nach § 1 arbeiten die Beklagte und der AdB „bei der Durchführung des Einführungsdienstes nach § 25 a ZDG in der Weise zusammen, daß die Auftraggeberin (Beklagte) sich im vereinbarten Umfang des Personals und der Lehr-, Lern- und Freizeitmittel der Auftragnehmerin (AdB) bedient”. In § 2 verpflichtet sich der AdB, von der Beklagten „benötigte pädagogische Mitarbeiter … anzustellen und ihr zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen” und diesen gegenüber „die Arbeitgeberpflichten wahrzunehmen, die nicht von der Auftraggeberin zu erfüllen sind”. Nach § 3 Absatz 2 bedarf „die Anstellung der pädagogischen Mitarbeiter der vorherigen Zustimmung der Auftraggeberin”. Der AdB „unterstellt die pädagogischen Mitarbeiter den fachlichen Weisungen der Auftraggeberin” (§ 3 Absatz 3). Diese „kann aus wichtigem Grund verlangen, daß der Auftragnehmer einen pädagogischen Mitarbeiter nicht weiter bei ihr einsetzt” (§ 3 Absatz 5). Der AdB ist nach § 3 Absatz 7 „nicht berechtigt, das zur Vertragserfüllung eingesetzte Personal mit Aufgaben zu beschäftigen, die nicht dem Vertragszweck entsprechen”. Die Kosten, die dem AdB durch seine Verpflichtungen aus dem Gestellungsvertrag entstehen, werden dem Verein von der Beklagten erstattet (§ 8). Bei „Meinungsverschiedenheiten zwischen dem jeweils weisungsbefugten Vertreter der Auftraggeberin und den pädagogischen Mitarbeitern des Auftragnehmers über Fragen der Auslegung und Ausführung dieses Vertrages ist innerhalb einer angemessenen Zeit zwischen den Beteiligten eine Einigung anzustreben”. Ist diese nicht möglich, sind die Geschäftsführung des AdB und das Bundesamt für den Zivildienst einzuschalten (§ 9).
Dieser Bereitstellungsvertrag war bis zum 31. Juli 1989 befristet (§ 10). Er wurde durch einen weitgehend regelungsidentischen Vertrag vom 22. März/14. April 1989 ersetzt.
Der Kläger, der Mitglied der ÖTV ist, wurde am 1. Juli 1985 vom AdB angestellt, zunächst befristet bis zum 31. Juli 1989, ab dem 1. August 1989 unbefristet. Nach seinem Arbeitsvertrag ist er „als Dozent an der staatlichen Zivildienstschule in B. dem Bundesamt für den Zivildienst zur Verfügung gestellt” (Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 5. August 1985). „Grundlage und Bedingung des Arbeitsverhältnisses” ist das Bestehen des Gestellungsvertrages zwischen dem AdB und der Beklagten (Nr. 2). Der Kläger ist nach Nr. 3 des Arbeitsvertrages in Bezug auf die Unterrichtsinhalte an die Richtlinien der Beklagten gebunden und untersteht nach Nr. 1 Absatz 1 der Nebenabrede zu dem Arbeitsvertrag den fachlichen Weisungen der Beklagten, vertreten durch den Schulleiter. In dieser Nebenabrede ist weiter bestimmt, daß der Kläger in die Rangordnung des Bundesamtes für den Zivildienst eingegliedert ist (Nr. 6), arbeitsfreie Zeiten mit der Beklagten abzustimmen hat (Nr. 1 Absatz 2) und die Beklagte die Befugnis zur Anordnung von Überstunden besitzt (Nr. 4 e).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bereitstellung von Dozenten für die Zivildienstschule B. stelle eine unerlaubte Arbeitsvermittlung dar, so daß zwischen der Beklagten als Betreiberin der Schule und dem Kläger kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Als Folge dessen habe die Beklagte mit dem Kläger einen schriftlichen Anstellungsvertrag auf der Grundlage des BAT „abzuschließen”, wie sie es mit Dozenten getan habe, die an anderen Zivildienstschulen unmittelbar angestellt seien.
Der Kläger hat im Berufungsrechtszug zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß der Kläger seit Beginn seiner Beschäftigung als Dozent in der Zivildienstschule B. am 1. Juli 1985 ein im Angestelltenverhältnis stehender Bediensteter der Bundesrepublik Deutschland ist,
die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag auf der Grundlage des BAT in Schriftform und mit folgendem Inhalt zu schließen:
„Arbeitsvertrag
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin für Frauen und Jugend, diese vertreten durch das Bundesamt für den Zivildienst, Sybille-Hartmann-Straße 2–8, 50969 Köln, und Eckhart K., …, wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen:
Herr K. ist seit dem 1. Juli 1985 bei dem Bundesamt für den Zivildienst in Köln als Dozent an der Zivildienstschule B. als Angestellter der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt.
Die Arbeitszeit richtet sich nach dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V. geschlossenen Vertrag über die Bereitstellung von Personal und Lehrmittel für die Durchführung des Einführungsdienstes für Zivildienstleistende vom 22.3./14.4.1989 sowie den diesen ergänzenden Vereinbarungen in Verbindung mit den zwischen Herrn K. und dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V. hierzu geltenden Regelungen.
- Die Vergütung erfolgt nach der Vergütungsordnung zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (Anlage 1 a zum BAT). Für die Höhe der Vergütung ist mindestens die Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a der Anlage 1 a zum BAT maßgebend.
- Auf das Angestelltenverhältnis finden im übrigen der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die ihn ergänzenden oder ändernden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.”
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, mit dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag auf der Grundlage des BAT mit dem im Hauptantrag zu 2) genannten Mindestinhalt in Schriftform abzuschließen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, ihre Zusammenarbeit mit dem AdB stelle weder Arbeitnehmerüberlassung noch Arbeitsvermittlung dar. Vielmehr handele es sich um eine andersartige Kooperation des Staates mit einem privaten Verein, um diesem eine verfassungsrechtlich geforderte Beteiligung an der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zu ermöglichen. § 25 a ZDG schließe die Organisation der Einführungslehrgänge nach dem sog. C-Modell nicht aus. Dieses stehe zudem unter ständiger parlamentarischer Kontrolle, da der Deutsche Bundestag die hierfür erforderlichen Mittel jährlich durch Haushaltsgesetz bewillige.
Die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung scheide aus, weil es an einer hierfür erforderlichen Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten fehle. Indem der AdB Dozenten für den Einführungsdienst der Zivildienstleistenden bereitstelle, nehme er eine eigene satzungsmäßige Aufgabe, die Förderung der außerschulischen Bildung, wahr. Demnach erfülle der Kläger nicht nur Aufgaben der Beklagten, sondern auch solche des AdB. Ein Weisungsrecht der Beklagten gegenüber dem Kläger könne nicht angenommen werden; ansonsten wäre das besondere Einigungsverfahren nach § 9 des Gestellungsvertrages entbehrlich.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben, dagegen den Antrag des Klägers auf „Abschluß” eines BAT-Vertrages abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Seiten Berufung eingelegt. Dabei hat der Kläger seinen im ersten Rechtszug zurückgewiesenen Antrag auf Abschluß eines BAT-Vertrages modifiziert und hierzu einen Hilfsantrag gestellt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Berufungen in vollem Umfang zurückgewiesen und für beide Seiten die Revision zugelassen. Mit ihren Revisionen verfolgen der Kläger und die Beklagte ihre Anträge weiter. Sie beantragen wechselseitig, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag zu Recht stattgegeben (hierzu unter I.). Dagegen ist die Revision des Klägers begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Klägers auf „Abschluß” eines unbefristeten Arbeitsvertrags mit bestimmtem Inhalt zu Unrecht abgewiesen (hierzu unter II.).
I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ebenso wie das Arbeitsgericht angenommen, der Kläger stehe kraft gesetzlicher Fiktion infolge unerlaubter, nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung (Art. 1 § 13 AÜG in Verbindung mit Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG) in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten.
1. Das Landesarbeitsgericht hat seinen Ausführungen die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Rechtsfolgen nichtgewerbsmäßiger, unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung unter dem Gesichtspunkt unerlaubter Arbeitsvermittlung zugrunde gelegt, wie der Senat sie zuletzt in seinem Urteil vom 21. März 1990, BAGE 65, 43 ff. = AP Nr. 15 zu § 1 AÜG, zusammengefaßt hat. Danach gilt zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen, wenn mit der Überlassung des Leiharbeitnehmers der Tatbestand der unerlaubten Arbeitsvermittlung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG erfüllt ist. Gemäß Art. 1 § 13 AÜG können, wenn ein Arbeitsverhältnis auf einer entgegen § 4 AFG ausgeübten Arbeitsvermittlung beruht, die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Diese Regelung ist im Zusammenhang mit Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG zu betrachten. Hiernach wird vermutet, daß derjenige, der Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überläßt, Arbeitsvermittlung betreibt, wenn er nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt (Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 1–5 AÜG) oder wenn die Dauer der Überlassung im Einzelfall drei bzw. ab 1. Mai 1985 sechs bzw. nunmehr neun Monate (Art. 2 des 1. Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms – 1. SKWPG – vom 21. Dezember 1993, BGBl. I S. 2353, 2362) übersteigt (Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG). Übersteigt die Überlassungsdauer diese Zeiträume, so wird vermutet, daß die Überlassung des Arbeitnehmers an den Dritten eine Zusammenführung eines Arbeitnehmers mit dem Dritten zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses (Arbeitsvermittlung i. S. der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 AFG) ist und deshalb ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten als zustande gekommen gilt.
Diese Vermutung, die im Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung unwiderleglich ist (BAG Urteil vom 23. November 1988, BAGE 60, 205 = AP Nr. 14 zu § 1 AÜG), ist allerdings im Bereich der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung als widerlegbar anzusehen (Senatsurteil vom 21. März 1990, a.a.O.).
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Kläger der Beklagten zur Arbeitsleistung überlassen worden ist.
a) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i.s. des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung im Betriebe eines Dritten erbringt und dieser (Entleiher) den Arbeitnehmer nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie einen eigenen Arbeitnehmer einsetzt. Die Arbeitskräfte müssen voll in den Betrieb den Dritten eingegliedert sein (BAG Beschluß vom 28. November 1989 – 1 ABR 90/88 – AP Nr. 5 zu § 14 AÜG, zu B 1 c der Gründe; Senatsurteil vom 30. Januar 1991, BAGE 67, 124 = AP Nr. 8 zu § 10 AÜG). Außerdem muß der Arbeitnehmer den Weisungen des Dritten oder dessen Repräsentanten hinsichtlich der Arbeitsausführung unterliegen. Diese Grundsätze gelten auch für den Fall nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung (BAG Urteil vom 21. März 1990, a.a.O.), wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat.
b) Entgegen der Ansicht der Revision erbringt der Kläger seine Arbeitsleistung nicht etwa im Betrieb seines vertraglichen Arbeitgebers, sondern in der von der Beklagten betriebenen Zivildienstschule B. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
Nach § 25 a ZDG ist die Durchführung der Einführungslehrgänge für Zivildienstleistende eine originäre Aufgabe der Beklagten, die diese über das Bundesamt für den Zivildienst ausführt. Von der Möglichkeit, die Lehrgänge gem. § 25 a Abs. 2 ZDG auf Beschäftigungsstellen oder Verbände zu delegieren, denen Beschäftigungsstellen angehören, hat die Beklagte mit dem Modell C in der Zivildienstschule B. keinen Gebrauch gemacht. Sie betreibt die Schule als eigenen Betrieb mit fremden pädagogischen Mitarbeitern. Dementsprechend stellt die Beklagte durch das Bundesamt für den Zivildienst den Leiter der Zivildienstschule und das Verwaltungspersonal. Außerdem behandelt sie den Einführungsdienst in B. auch intern als „staatlichen Einführungsdienst”. Zumindest dadurch, daß die Beklagte an die Spitze der Zivildienstschule einen Schulleiter gestellt hat, der die vom Landesarbeitsgericht im einzelnen festgestellten Befugnisse auch gegenüber dem Kläger hat, wird deutlich, daß die Beklagte die Zivildienstschule als eigenen „Betrieb”, nämlich wie eine eigene Verwaltungsstelle, betreibt und behandelt. Dementsprechend zeigt sie durch Eingangsschild, Briefkopf und Stempel, daß es sich bei der Zivildienstschule B. um eine Verwaltungsstelle des Bundesamtes für den Zivildienst handelt. Die Beklagte und nicht etwa der AdB ist es, die die sächlichen und personellen Mittel zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks, nämlich der Durchführung von Zivildienst-Einführungslehrgängen, organisierend zusammenfaßt. Unerheblich ist für das Vorliegen eines Betriebes, inwieweit die Beklagte zur Durchführung der einzelnen Lehrgänge eigene pädagogische Bedienstete einsetzt oder ob sie sich insoweit der Mitarbeiter dritter Unternehmen, hier des AdB, bedient.
Entscheidend ist, daß der AdB nach den eindeutigen Regelungen der Verträge zwischen ihm und der Beklagten nur verpflichtet ist, von der Auftraggeberin benötigte pädagogische Mitarbeiter (Lehrpersonal und Freizeitbetreuer) anzustellen und ihr zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen (§ 2 der Verträge). Noch deutlicher kommt dies in § 1 der Verträge zum Ausdruck, wonach die Vertragspartner bei der Durchführung des Einführungsdienstes nach § 25 a ZDG in der Weise zusammenarbeiten, „daß die Auftraggeberin (s.c. die Beklagte) sich im vereinbarten Umfang des Personals und der Lehr-, Lern- und Freizeitmittel der Auftragnehmerin bedient”. Insbesondere diese Formulierungen zeigen, daß der AdB es gerade nicht übernommen hat, Lehrgänge bzw. Lehrgangsunterricht und -betreuung als eigenständig übernommene Aufgabe (möglicherweise im Rahmen gesetzlicher Vorgaben) auszuführen, sondern daß sich die Beklagte – umgekehrt – gerade der Mitarbeiter des AdB und damit auch des Klägers bedient, um eine eigene Aufgabe durchzuführen.
Darin besteht auch der Unterschied zu den Schwestern-Gestellungsverträgen, bei denen keine Arbeitnehmerüberlassung angenommen wird. In diesen Verträgen verpflichtet sich eine Schwesternschaft zur Leistung von Pflegediensten in einem Krankenhaus oder Altenheim, wobei die Schwesternschaft selbst den Einsatz der Schwestern organisiert und für die fachlich korrekte Erbringung der Pflegeleistung verantwortlich ist (BAG Urteil vom 4. Juli 1979 – 5 AZR 8/78 – EzAÜG Nr. 58). Im Gegensatz dazu organisiert der AdB gerade nicht die Einführungslehrgänge, er ist auch nicht für den Erfolg der Lehrgänge oder auch nur die Arbeitsleistung der pädagogischen Mitarbeiter verantwortlich. Vielmehr erschöpfen sich seine Pflichten in dem Zurverfügungstellen des pädagogischen Personals.
Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch keine Parallele zu gewerblichen Arbeitsgemeinschaften. Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG stellt die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft dann keine Arbeitnehmerüberlassung dar, wenn der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Vorliegend sind die Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht erfüllt. Zwischen der Beklagten und dem AdB besteht schon keine Arbeitsgemeinschaft zur Herstellung eines Werks. Abgesehen davon wäre der AdB nicht zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet, denn Voraussetzung hierfür wäre, daß der AdB in eigener Verantwortung Teilleistungen erbringt und sich diese Verpflichtung gegenüber der Arbeitsgemeinschaft nicht im Überlassen von Arbeitnehmern erschöpft (so zutreffend OLG Karlsruhe Urteil vom 7. März 1990 – 3 Ss 172/89 – BB 1990, 1561, 1562).
c) Rechtlich unerheblich ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die Durchführung der Einführungslehrgänge nach dem Modell C mit § 25 a Abs. 2 ZDG vereinbar ist oder inwieweit sie haushaltsrechtlichen Vorgaben entspricht. Derartige verwaltungs- bzw. haushaltsrechtliche Gesichtspunkte haben auf die arbeitsrechtliche Beurteilung keinen Einfluß.
3. Ebenso zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß auch die übrigen Voraussetzungen des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG vorliegen. Bereits die Überlassungsdauer von mehreren Jahren ergibt, daß die widerlegbare Vermutung unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 2 Alternative 2 AÜG ausgelöst ist.
Ob dem Landesarbeitsgericht in seiner weiteren Ansicht zu folgen ist, wonach der AdB infolge sachlich nicht gerechtfertigter Befristung des Arbeitsverhältnisses das in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 5 AÜG genannte Arbeitgeberrisiko nicht übernommen habe und auch dadurch die genannte Vermutung ausgelöst sei, mag dahinstehen.
4. Das Landesarbeitsgericht hat weiterhin ohne Rechtsfehler angenommen, die Vermutung des Vorliegens unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung nach Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG sei nicht von der Beklagten widerlegt worden. Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat das Landesarbeitsgericht die Auffassung vertreten, eine Vermutung der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung sei widerlegt, wenn nach der gesamten Gestaltung und Durchführung der vertraglichen Beziehungen mittels wertender Gesamtbetrachtung davon auszugehen sei, der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses liege auch noch nach Ablauf der Überlassungsdauer im Verhältnis zum überlassenden Arbeitgeber (BAG Urteil vom 21. März 1990, a.a.O.).
a) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, die Gesamtbetrachtung der vorliegenden Umstände ergebe, daß der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses des Klägers nicht im Verhältnis zum AdB liege. Bereits die Einstellung des Klägers ist von der Zustimmung der Beklagten abhängig gewesen. Sein Arbeitsort ist ausschließlich die von der Beklagten betriebene Zivildienstschule B., an der der Kläger von Anfang an gearbeitet hat. Die Beklagte kann aus wichtigem Grund verlangen, daß der AdB den Kläger nicht weiter einsetzt, während umgekehrt der AdB nicht berechtigt ist, den Kläger mit anderen Aufgaben als der Lehrtätigkeit bei der Beklagten zu betrauen. Sogar der Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum AdB ist unmittelbar von dessen Beschäftigung in der Zivildienstschule bei der Beklagten abhängig. Zudem nimmt der Kläger in der Zivildienstschule der Beklagten nach deren eigener Einschätzung Daueraufgaben wahr, die im Falle seiner direkten Anstellung bei der Beklagten eine Befristung eines Arbeitsvertrages sachlich nicht rechtfertigen können. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die von der Beklagten dagegengehaltenen Gesichtspunkte seien nicht entscheidend. Dies gilt insbesondere für die verwaltungsmäßige Durchführung des Arbeitsverhältnisses. Unerheblich ist auch, wenn der AdB mit der Gestellung der Arbeitnehmer zugleich eigene satzungsgemäße Aufgaben erfüllen sollte. Auch die Ratio des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erfordert keine andere Betrachtung.
b) Zu Unrecht bemüht die Revision in diesem Zusammenhang das Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Februar 1991 (– 2 AZR 363/90 –). In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, der Einsatz kirchlicher Arbeitnehmer als Religionslehrer an staatlichen Schulen begründe kein Arbeitsverhältnis mit dem Staat. Auf diese Entscheidung kann sich die Beklagte aber nicht stützen. Sie verkennt insoweit die wesentlich unterschiedliche verfassungsrechtliche und staatskirchenrechtliche Lage: Kirchen stehen auf der Grundlage des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV und entsprechenden Konkordatsverträgen bzw. Verträgen zwischen dem Land und der evangelischen Kirche hinsichtlich der Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in einem grundlegend anderen – nämlich staatskirchenrechtlichen – Rechtsverhältnis, als es hier zwischen dem AdB und der Beklagten für die Durchführung von Grundlehrgängen für Zivildienstleistende angenommen werden kann. Die Notwendigkeit, Verträge zwischen den Ländern und den Kirchen über die Wahrnehmung des Religionsunterrichts durch kirchliche Arbeitnehmer zu schließen, ergibt sich mittelbar aus Art. 7 Abs. 3 GG, wonach der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen … ordentliches Lehrfach ist, andererseits aber kein Lehrer gegen seinen Willen verpflichtet werden darf, Religionsunterricht zu erteilen (Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG). Zwischen dem AdB und der Beklagten bestehen dagegen hinsichtlich der hier in Rede stehenden Bereitstellung von Dozenten nur privatrechtliche Rechtsbeziehungen.
5. Insgesamt hat daher das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, daß der Kläger kraft gesetzlicher Fiktion als Angestellter seit Beginn seiner Tätigkeit an der Zivildienstschule B. zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis steht.
II. Den Hauptantrag wie den Hilfsantrag auf „Abschluß” eines schriftlichen Arbeitsvertrags hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht abgewiesen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegenüber der Beklagten weder Anspruch auf Abschluß eines schriftlichen Arbeitsvertrages, gleich welchen Inhalts, noch auf schriftliche Dokumentation der für ihn kraft Gesetzes geltenden Arbeitsbedingungen. Der Anspruch ergebe sich nicht aus § 4 Abs. 1 BAT. Der Anspruch auf eine Vertragsausfertigung nach § 4 Abs. 1 BAT setze voraus, daß überhaupt ein Vertrag geschlossen worden sei, also eine Willenseinigung vorliege. Daran fehle es. Eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 1 BAT auf gesetzlich begründete Arbeitsverhältnisse komme angesichts des Normzwecks dieser Regelung nicht in Betracht.
2. Der Senat kann der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht folgen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer schriftlichen Bestätigung der für das Arbeitsverhältnis der Parteien geltenden arbeitsvertraglichen Bedingungen.
a) Der zulässige Antrag bedarf der Auslegung. Trotz des Wortlautes ist der Antrag nach seiner Begründung nicht darauf abgestellt, daß die Zustimmung der Beklagten zur Abgabe einer Willenserklärung, nämlich zum „Abschluß” eines Arbeitsvertrags, ersetzt werden soll, sondern nur auf eine schriftliche Niederlegung des Inhalts des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Dies hat der Kläger in der Revisionsverhandlung klargestellt; die Beklagte hat gegen dieses Verständnis des Antrags keine Einwendungen erhoben. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.
b) Der Antrag ist auch begründet. Der Anspruch des Klägers auf eine schriftliche Fixierung seiner Arbeitsbedingungen mit der Beklagten ergibt sich aus Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 4 AÜG in Verb, mit § 4 Abs. 1 BAT. Nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 4 AÜG, dessen Bestimmungen auch für den Fall der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses infolge nichtgewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung gelten, richten sich Inhalt und Dauer des fingierten Arbeitsverhältnisses nach den für den Betrieb des Entleihers geltenden Bestimmungen, soweit nicht einzelne Bedingungen des Arbeitsvertrags mit dem Verleiher vorgehen. Zu den für den Betrieb des Entleihers geltenden Bestimmungen zählen auch die vom Entleiher in dem Betrieb üblicherweise angewendeten Normen, vor allem solche aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen (Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 10 Rz 31). Dies sind für Angestellte der Beklagten unter anderem die Regelungen des BAT. Nach § 4 Abs. 1 BAT wird der Arbeitsvertrag „schriftlich abgeschlossen”. Die Vorschrift ist auch dann unmittelbar anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch Willenseinigung der Parteien begründet worden ist, sondern durch eine die Willenseinigung ersetzende gesetzliche Fiktion. Bei § 4 Abs. 1 BAT handelt es sich nicht um eine Abschlußnorm, sondern um eine Inhaltsnorm (Crisolli/Ramdohr/Sieber/Meid, Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst, § 4 BAT Anm. 4), nämlich um eine deklaratorische Formvorschrift (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, § 4 Rz 72; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, § 4 Erl. 6; Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, § 4 Erl. 2, jeweils m.w.N.). Die Vorschrift gibt den Parteien nur Anspruch auf eine schriftliche Festlegung des Inhaltes des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses. Dafür aber ist der Entstehungsgrund des Arbeitsverhältnisses ohne Bedeutung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Dr. Weller, Dr. Steckhan, Schliemann, Niehues, Güner
Fundstellen