Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Vorwegentnahmen aus dem Spielbanktronc
Normenkette
Spielbankgesetz Rheinland-Pfalz vom 19. November 1985 § 6; GG Art. 14, 12, 70 ff.; BGB § 929; SGB I § 32
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Februar 1998 – 9 Sa 796/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Beklagte betreibt in Rheinland-Pfalz zwei Spielbanken. Der Kläger ist bei ihr seit 1968 als Croupier beschäftigt. Er wird, wie die übrigen spieltechnischen Angestellten der Beklagten auch, auf der Basis eines bestimmten Punktwertes aus dem sog. Tronc vergütet. Der Tronc wird gebildet aus den Trinkgeldern der Spieler. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, dem Tronc vor seiner Aufteilung auch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu entnehmen.
Zu Inhalt und Verwendung des Tronc enthält § 6 des Spielbankgesetzes Rheinland-Pfalz vom 19. November 1985 (GVBl 1985, 260) folgende Regelung:
“(1) Das spieltechnische Personal muß alle Zuwendungen, die ihm mit Rücksicht auf seine berufliche Tätigkeit gemacht werden, den dafür aufgestellten Behältern zuführen (Tronc).
(2) Der Spielbankunternehmer hat von dem Tronc an das Land eine Abgabe (Troncabgabe) für gemeinnützige Zwecke zu entrichten. Den verbleibenden Tronc hat der Spielbankunternehmer zu verwalten und für das Spielbankpersonal zu verwenden.
(3) Der Minister des Innern und für Sport bestimmt durch Rechtsverordnung den Vomhundertsatz der Troncabgabe. Dieser ist entsprechend der Höhe des jeweiligen Aufkommens abzustufen. Er darf 17 v.H. nicht überschreiten.”
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Spielbanken Bad Neuenahr und Bad Dürkheim Anwendung. Der Tronc- und Gehaltstarifvertrag vom 3. September 1990 (TuGTV) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
Ҥ 3
Tronc-Verwendung
Die Troncs sind ausschließlich zugunsten der unmittelbar im Betrieb der Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer zu verwenden.
§ 5
Tronc-Verteilung
1. Aus dem monatlichen Tronc gemäß § 2 Ziffer 1 werden geleistet:
…
I) die Arbeitgeberanteile zur Pflichtversicherung werden entsprechend den Ausführungen der RVO gezahlt,
…
2. der verbleibende Teil des Tronc wird zur Berechnung und Auszahlung der Anteile … für die Arbeitnehmer der Anlage 1 … verwendet.
…
5. Die Beitragszahlungen zur Berufsgenossenschaft und zur Bergbaualtlast werden von der Gesellschaft getragen.”
Am 21. Februar 1996 haben die Tarifvertragsparteien folgende Vereinbarung getroffen:
“Die Gesellschaft ist vom 1. Juli 1996 bis 31. Dezember 1996 im Vorgriff auf die in 1996 stattfindenden Gespräche mit der Landesregierung zur Verbesserung der Troncsituation bereit, einen monatlichen Zuschuß in Höhe von 10 % der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung, Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit) zu leisten. Bemessungsgrundlage des Zuschusses ist der Gesamtbetrag der vorgenannten Arbeitgeberanteile gemäß TGTV § 5 Abs. 1 … des jeweiligen Monats.”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht befugt, die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung dem Tronc zu entnehmen. § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV verstoße gegen § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. und das Prinzip Verteilung der Lasten der Sozialversicherung auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Nach § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. stehe der Tronc den Arbeitnehmern zu. Er falle nicht ins Eigentum des Spielbankunternehmers. Er werde von diesem lediglich treuhänderisch verwaltet. Aus ihm die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zu entnehmen bedeute, daß die Arbeitnehmer die Versicherungslasten alleine trügen. Das verbiete sich für die Beiträge zur Pflegeversicherung auch deshalb, weil zu ihrer Erwirtschaftung zugunsten der Arbeitgeber der Buß- und Bettag in Rheinland-Pfalz als gesetzlicher Feiertag aufgehoben worden sei. Gemäß § 32 SGB I sei die Vorschrift des § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV nichtig.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung (Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung) aus dem Tronc zu entnehmen,
2. die Beklagte zu verurteilen, seine Bezüge rückwirkend ab dem 1. Januar 1994 aus dem Tronc für ihre Arbeitnehmer gem. § 2 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages der Spielbanken Bad Neuenahr und Bad Dürkheim ohne Entnahme des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung (Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung und Pflegeversicherung) aus dem Tronc zu berechnen.
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn die sich aus der Abrechnung gem. Ziff. 2 rückwirkend ab dem 1. Januar 1994 ergebenden Beträge nebst 4 % Zinsen aus den jeweiligen Nettobeträgen seit jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, beim Tronc handele es sich um Mittel, die ihr als Arbeitgeberin zur Verfügung stünden. In der Entnahme der auf sie entfallenden Anteile zur Sozialversicherung liege deshalb eine Verwendung eigener Mittel und zugleich eine Verwendung für das Spielbankpersonal im Sinne des § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. Die Regelung in § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV sei wirksam.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagte ist berechtigt, dem Tronc die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Pflegeversicherung zu entnehmen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
I. Die Klageanträge sind zulässig.
Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags ergibt sich aus § 256 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift kann ein Kläger beantragen, daß ein für die Entscheidung seines Hauptantrags vorgreifliches Rechtsverhältnis gesondert festgestellt werde (Zwischenfeststellungsklage). Die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, die Arbeitgeberanteile aus dem Tronc zu entnehmen, ist vorgreiflich für den Anspruch des Klägers auf Neuberechnung seiner Vergütung. Zwar ist darüber incidenter auch im Rahmen dieses (Haupt-) Antrages zu entscheiden. Von der Rechtskraft einer solchen Entscheidung sind aber künftige Ansprüche nicht erfaßt. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht, ist das zu klärende Rechtsverhältnis für sie über den Streitgegenstand hinaus von Bedeutung. Das reicht für ein Rechtsschutzbedürfnis nach § 256 Abs. 2 ZPO aus (BGHZ 69, 37).
Der Leistungsantrag zu 2) genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 ZPO. Er ist zugleich die erste Stufe einer Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO. Deren weitere Stufe liegt im Zahlungsantrag zu 3). Dessen Unbestimmtheit ist wegen des Stufenverhältnisses unschädlich.
II. Die Klageanträge sind unbegründet. Die Beklagte ist zu den umstrittenen Entnahmen berechtigt. Der Kläger kann darum eine Neuberechnung seiner Vergütung nicht verlangen.
Der Kläger stützt sein Begehren darauf, daß § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV nichtig sei. Die Beklagte verstoße mit der Entnahme der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung gegen § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. und gegen das die Sozialversicherung beherrschende Lastenteilungsprinzip. Die Rechtsansicht des Klägers träfe nur zu, wenn entweder mit der Entnahme der Arbeitgeberanteile aus dem Tronc dingliche oder sonstige Rechte des spieltechnischen Personals verletzt würden oder die Beklagte aufgrund besonderer Vorschriften gehindert wäre, dem Tronc die Arbeitgeberbeiträge zu entnehmen. Beides ist nicht der Fall.
1. Nach § 6 Abs. 1 SpielbankG Rhld.-Pf. hat das spieltechnische Personal alle Zuwendungen, die ihm mit Rücksicht auf seine berufliche Tätigkeit gemacht werden, dem Tronc zuzuführen. Damit ist zugleich die Annahme solcher Zuwendungen an sich selbst gesetzlich verboten. Auf einen möglicherweise entgegenstehenden Willen des Spenders kommt es nicht an. Auf diese Weise erwirbt der Spielbankunternehmer Eigentum am Tronc. Der Senat hat dies in seinen Urteilen vom 11. März 1998 (– 5 AZR 454/96, 5 AZR 476/96 –) für die nahezu gleichlautende Vorschrift des § 7 Abs. 1 Spielcasino-VO Berlin bereits entschieden. Daran hält der Senat fest. Die Angriffe der Revision sind nicht begründet:
a) Aus dem Verbot, Zuwendungen für sich selbst anzunehmen, und der Pflicht, sie sämtlich dem Tronc zuzuführen, folgt, daß das spieltechnische Personal regelmäßig schon keine Erwerbsabsicht im Sinne des § 929 Abs. 1 Satz 1 BGB hat. Andernfalls wäre ein solcher Wille unbeachtlich. Das Personal begründet auch keinen Eigenbesitz am Troncinhalt. Ein Eigentumserwerb des spieltechnischen Personals scheidet deshalb aus (so auch BAG Urteil vom 28. April 1993 – 4 AZR 329/92 – AP Nr. 16 zu § 611 BGB Croupier, unter II 3d aa der Gründe). Auch bestünden andernfalls völlig unklare (Mit-?/Gesamthands-?) Eigentumsverhältnisse innerhalb des Personals. Es kommt stattdessen zu einem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb des Spielbankbetreibers. Mit der Entgegennahme einer Zuwendung und ihrer Zuführung an den Tronc gibt der Angestellte konkludent und in Vertretung für den Unternehmer die Annahmeerklärung nach § 929 Abs. 1 Satz 1 BGB ab und begründet unmittelbaren Besitz des Unternehmers am Tronc. Das Übereignungsangebot des Spielers ist entweder von Beginn an an den Unternehmer gerichtet – wenn der Spieler das Annahmeverbot für das Personal kennt – oder es ist dies zumindest hilfsweise. Der Spieler möchte den oder dem Angestellten wirtschaftlich etwas zuwenden. Auf welchem sachenrechtlichen Wege dieses Ziel erreicht wird, ist für ihn regelmäßig ohne Interesse.
b) Ohne selbst entsprechende Regelungen zu treffen, geht auch § 6 SpielbankG Rhld.-Pf. von einem Eigentumserwerb des Spielbankunternehmers aus. Andernfalls wäre nicht verständlich, weshalb Abs. 2 der Vorschrift diesem und nicht dem spieltechnischen Personal die Pflicht auferlegt, von dem Tronc eine Abgabe für gemeinnützige Zwecke zu entrichten. Auch der Pflicht, den verbleibenden Tronc “für das Spielbankpersonal zu verwenden”, bedürfte es nicht, wenn das Personal ohnehin Eigentümer des Tronc wäre. Daß das Gesetz zugleich vorschreibt, der Spielbankunternehmer habe den verbleibenden Tronc “zu verwalten”, steht der Annahme, er selbst sei Eigentümer des Tronc, nicht entgegen. Diese Pflicht bedeutet lediglich, daß er den Tronc als – eigenes – Sondervermögen zu führen hat und ihn nicht mit seinem sonstigen Vermögen vermengen darf (BAG Urteil vom 28. April 1993, aaO).
Demgegenüber meint Salje (DB 1989, 321, 322), es könne als ausgeschlossen angesehen werden, daß mit dem Trinkgeld der Spielbankunternehmer bedacht werden solle. Er folgert dies daraus, daß im Gaststätten- und Hotelgewerbe der Gast dem Kellner und nicht dem Wirt das Trinkgeld zuwenden wolle. Dieser Vergleich vermag nicht zu überzeugen. Den Kellner trifft kein Verbot, Trinkgelder anzunehmen. Dagegen bleibt das für das Spielbankpersonal bestehende gesetzliche Verbot, Zuwendungen für sich selbst anzunehmen, auf die Wirksamkeit der Willenserklärungen der am Spielgeschehen Beteiligten nicht ohne Einfluß. Im übrigen spricht Salje an anderer Stelle seiner Ausführungen (aaO, S. 325 Fn. 43) selbst davon, daß der Spielbankunternehmer “von vornherein treuhänderisch gebundenes Eigentum an den zugewendeten Jetons usw.” erwerbe. Dies entspricht der Rechtslage.
2. Der Spielbankbetreiber hat nach Entrichtung der Tronc-Abgabe den verbleibenden Tronc “für das Spielbankpersonal” zu verwenden. Das bedeutet, daß er berechtigt ist, die Aufwendungen für das Personal aus dem Tronc zu bestreiten. Zu diesen Aufwendungen gehören die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Auch diese dienen den Interessen der Arbeitnehmer, sie werden “für das Spielbankpersonal” aufgebracht. Zu ihnen wiederum zählen nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, sondern auch die Beiträge zur Pflegeversicherung (Senatsurteil vom 11. März 1998 – 5 AZR 454/96 – mit weiteren Nachweisen). Daß in Rheinland-Pfalz zum Ausgleich für die Belastungen durch die Pflegeversicherung der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag aufgehoben wurde, ändert daran nichts. Die Sonderstellung der Beklagten als Spielbankbetreiberin besteht darin, daß sie sogar die gesamte Vergütung ihres spieltechnischen Personals aus dem Tronc leisten darf. Der Wegfall des Buß- und Bettags als Feiertag führt dabei zu keinerlei Einschränkung.
3. § 6 SpielbankG Rhld.-Pf. verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
a) Art. 70 ff. des GG sind nicht verletzt. Die Gesetzgebungskompetenz für das Spielbankenrecht liegt bei den Ländern (BVerfG Beschluß vom 18. März 1970 – 2 BvO 1/65 – BVerfGE 28, 119 = AP Nr. 7 zu § 611 BGB Croupier). Das Spielbankenrecht gehört nicht zum Wirtschafts- oder Arbeitsrecht, für die nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, 12 GG dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zusteht. Der Umstand allein, daß seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts weitere Spielbanken errichtet worden sind, ist darauf ohne Einfluß (Senatsurteil vom 11. März 1998 – 5 AZR 454/96 –).
Entgegen der Auffassung der Revision hat der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber auch nicht als Annex zum Spielbankenrecht Regelungen geschaffen, für die er keine Gesetzgebungskompetenz besaß. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang darauf hinweist, das Spielbankenrecht müsse sich auch an Art. 12 GG messen lassen, betrifft das nicht die Frage der Gesetzgebungszuständigkeit. Soweit die Revision außerdem meint, der Landesgesetzgeber könne nicht Regeln über den Eigentumserwerb aufstellen, ohne gegen Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und die dort vorgesehene konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes zu verstoßen, mag dies zutreffen. Entsprechende Vorschriften enthält das Spielbankgesetz Rheinland-Pfalz aber auch nicht. Es normiert lediglich die ordnungsrechtlich begründete Pflicht zur Abgabe von Zuwendungen an den Tronc. Über die sachenrechtlichen Konsequenzen und die eigentumsrechtliche Zuordnung des Tronc trifft es keine eigenen Bestimmungen. Ebensowenig trifft es Regelungen über die Sozialversicherung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Die dem Arbeitgeber auferlegte Pflicht, den Tronc für das Personal zu verwenden, läßt das sozialversicherungsrechtliche Prinzip der Teilung der Beitragslasten unberührt.
b) § 6 SpielbankG Rhld.-Pf. ist mit Art. 14 GG vereinbar. Zwar gehören zum Eigentum im Sinne von Art. 14 GG auch Forderungen. Verfassungsrechtlich geschützt sind jedoch lediglich Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (BVerfG, aaO, zu B II 3a der Gründe). Forderungen der Beschäftigten darauf, daß der Spielbankunternehmer bei der Verwendung des Tronc die hier streitigen Entnahmen unterläßt, sind von vornherein nicht entstanden.
aa) § 6 Abs. 1 SpielbankG Rhld.-Pf. verpflichtet die Angestellten, Zuwendungen an den Tronc abzuliefern und verbietet ihnen damit – wie ausgeführt – die Annahme von Trinkgeldern, die für sie persönlich bestimmt sind. Dem Verbot widersprechende Zuwendungsgeschäfte wären nichtig (§ 134 BGB). Damit wird ein möglicher Wille der Spender zunächst insoweit für unbeachtlich erklärt, als er dahin geht, einzelnen Angestellten etwas zur freien Verfügung zukommen zu lassen. Das ist sachgemäß und für die meisten Spielbankbesucher einsichtig. Die Rechtsordnung kann vorsehen, daß private Willenserklärungen ausnahmsweise als rechtlich unverbindlich erachtet werden (BVerfG, aaO, zu B II 3a der Gründe). Das Verbot der Trinkgeldannahme dient der Vorsorge für einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb. Es soll Manipulationen und Unredlichkeiten des Personals zugunsten oder zu Lasten einzelner Spieler ausschließen und deren Vertrauen in einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb stützen (BVerfG, aaO, zu B III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 7. August 1991 – 5 AZR 599/90 – NZA 1992, 308).
bb) § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. bestimmt darüber hinaus, daß der Unternehmer den Tronc, soweit nicht daraus die Troncabgabe zu leisten ist, für das Personal zu verwalten und zu verwenden hat. Damit wird ein möglicher Wille der Spender auch insoweit für unbeachtlich erklärt, als er dahin geht, ausschließlich den Arbeitnehmern etwas zukommen zu lassen. Auch insoweit bestehen gegen die gesetzliche Regelung keine durchgreifenden Bedenken.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 18. März 1970 (aaO) und vom 21. Juni 1988 (– 1 BvR 481/84 – n.v.) Regelungen, nach denen auch das Spendenaufkommen für gemeinnützige Zwecke heranzuziehen ist, für wirksam gehalten. Sie enthielten eine sachgerechte Ergänzung des für die Zulassung von Spielbanken maßgeblichen Grundgedankens, das Aufkommen aus der Spielbank abzuschöpfen und für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, soweit dieses Aufkommen nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Unternehmer zur eigenen Verwendung oder zur angemessenen Entlohnung der Beschäftigten zu überlassen sei (BVerfG, aaO, zu B II 2a und B III 1 der Gründe). Mit der Troncabgabe für gemeinnützige Zwecke sollen unangemessene Bereicherungen aus dem Glücksspiel vermieden werden (Senatsurteil vom 11. März 1998 – 5 AZR 454/96 – n.v., mit weitergehendem Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Sind danach schon Bestimmungen mit Art. 14 GG vereinbar, nach denen Anteile des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke abzuführen sind, so kann für Regelungen, die die Verwendung des Troncs auch für die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung erlauben, nichts anderes gelten. Die genannten Beträge kommen – anders als die für gemeinnützige Zwecke bestimmte Troncabgabe – sogar ausschließlich den Arbeitnehmern selbst zugute. Die Forderungen der Arbeitnehmer gegen den Spielbankunternehmer auf Auskehrung des Tronc erstrecken sich deshalb von Beginn an nicht auf die Beträge, die der Arbeitgeber dem Tronc zum Zwekke der Leistung seiner Beiträge zur Sozialversicherung entnehmen darf. Art. 14 GG ist nicht verletzt.
c) Aus denselben Gründen verstößt § 6 SpielbankG Rhld.-Pf. auch nicht gegen Art. 2, 12 GG, das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die von der Revision herangezogenen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23. August 1994 – 1 C 19/91 – NVwZ 1995, 478) und des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7. Juli 1994 – III ZR 137/93 – NVwZ 1994, 1240) besagen nichts anderes. Das Bundesverwaltungsgericht hatte über die Klage einer privaten Bewerberin auf Erteilung einer Spielbankkonzession zu entscheiden, die ihr zugunsten einer staatlichen Lotteriegesellschaft versagt worden war. Das Gericht hat dargelegt, daß die Klägerin sich für ihr Vorhaben auf Art. 12 GG berufen könne. Die Versagung der Erlaubnis könne nicht darauf gestützt werden, die in Spielbanken erzielten hohen Erträge seien sozialpolitisch nur dann vertretbar, wenn sie in voller Höhe der Allgemeinheit oder wohltätigen oder gemeinnützigen Zwecken zuflössen. Die Rechtsordnung habe Vorsorge dafür getroffen, daß dies weitgehend auch bei privatem Spielbankbetrieb geschehe. Dabei hatte das Gericht die Spielbankabgabe vor Augen. Damit hat es mittelbar selbst diese als vereinbar mit Art. 12 GG angesehen. Für die Troncabgabe und die Befugnis des privaten Spielbankunternehmers, Sozialversicherungsbeiträge aus dem Tronc vor dessen Verteilung zu entnehmen, muß dies erst recht gelten. Dafür, daß beide in irgendeiner Weise gegen Art. 12 GG verstießen, vermag sich die Revision auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls nicht zu berufen.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs befaßt sich mit dem Anspruch von Besuchern einer Spielbank auf Zulassung zum Spiel, nachdem sie von der Spielteilnahme ausgeschlossen worden waren. Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung vertreten, durch das Verhalten der Spielbank sei Art. 12 GG nicht verletzt. Für die Darlegung einer Verfassungswidrigkeit von § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. ist auch diese Entscheidung in keiner Weise geeignet.
d) Die landesgesetzliche Norm des § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. verstößt auch nicht gegen einfaches Bundesrecht. Sozialversicherungsrechtliche Vorschriften sind nicht verletzt. § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. läßt das Prinzip der Lastenteilung unberührt. Die Vorschrift ordnet die Verwendung des dem Spielbankunternehmer zustehenden Tronc zugunsten des Personals an. Ebenso wie bei der Gehaltszahlung, deren Aufbringung aus dem Tronc der Kläger nicht in Frage stellt, greift der Spielbankunternehmer auch bei der Entrichtung der Arbeitgeberbeiträge aus dem Tronc auf eigene Mittel zurück.
4. Nach § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. ist die Beklagte darum zu den streitigen Entnahmen aus dem Tronc gesetzlich berechtigt. Die Klage kann angesichts dessen nur Erfolg haben, wenn andere Bestimmungen dieses Recht einschränken, den Arbeitnehmern also einen Anspruch auch auf diese Teile des Tronc geben. Das ist nicht der Fall.
Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang allein die Vorschriften des TuGTV. § 3 TuGTV entspricht § 6 SpielbankG Rhld.-Pf. Er enthält keine Regelung, die für die Beklagte eine Beschränkung der Mittelverwendung vorsähe. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch nicht aus § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV. Danach “werden die Arbeitgeberanteile zur Pflichtversicherung entsprechend den Ausführungen der RVO gezahlt”. Der Ausdruck “Pflichtversicherung” ist der gebräuchliche Oberbegriff für alle von Gesetzes wegen an das Arbeitsverhältnis geknüpften Versicherungen. Er umfaßt jedenfalls die Arbeitslosen-, die Kranken- und die Rentenversicherung. Er erfaßt ferner die Pflegeversicherung. Zwar war diese bei Abschluß des TuGTV im September 1990 gesetzlich noch nicht eingeführt. Gleichwohl ist sie eine der Pflichtversicherungen.
Für die Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung läßt § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV die Entnahme aus dem Tronc ebenso wie § 6 Abs. 2 SpielbankG Rhld.-Pf. zu. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, daß die Regelung in Buchstabe I) der Tarifvorschrift sich sprachlich nicht korrekt an den Eingangssatz von § 5 Ziff. 1 TuGTV anfügt. Die Regelung lautet im Zusammenhang: “Aus dem monatlichen Tronc … werden geleistet: die Arbeitgeberanteile zur Pflichtversicherung werden entsprechend den Ausführungen der RVO gezahlt”. Am Inhalt der Regelung und der Entnahmebefugnis der Beklagten ändert sich dadurch sachlich jedoch nichts. Sie wird auch durch den Zusatz “entsprechend den Ausführungen der RVO” nicht eingeschränkt. Was genau die Tarifvertragsparteien mit diesem Ausdruck gemeint haben, muß nicht geklärt werden. Die Arbeitgeberanteile “entsprechend den Ausführungen der RVO” zu zahlen mag bedeuten, daß davon Höhe und Modalitäten der Zahlung abhängen. Damit ist aber nicht gesagt, daß die Beklagte nur die Beiträge zu solchen Sozialversicherungen dem Tronc sollte entnehmen dürfen, die seinerzeit noch in der RVO – und nicht schon in den Büchern des SGB – geregelt waren. Außer der Unfallversicherung war dies lediglich noch die Rentenversicherung der Arbeiter. Für eine solche Auslegung gibt es trotz der sprachlichen Ungereimtheiten keinen durchgreifenden Anhaltspunkt. Dagegen spricht auch die Regelung in § 5 Ziff. 5 TuGTV. Danach werden die Beiträge zur Unfallversicherung nicht aus dem Tronc geleistet, sondern von der Beklagten – aus dem Bruttospielergebnis – getragen. Die Tarifvertragsparteien haben also eigens geregelt, wann der Beklagten die Entnahme von Arbeitgeberbeiträgen zu einer bestimmten Pflichtversicherung nicht gestattet sein sollte. Dagegen spricht ferner das Ergebnis der Tarifverhandlungen vom Februar 1996. Darin hat sich die Beklagte bereit erklärt, bis Ende des Jahres 1996 “zur Verbesserung der Troncsituation einen monatlichen Zuschuß in Höhe von 10 % der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung, Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit) zu leisten”. Bemessungsgrundlage für den Zuschuß sollte sein “der Gesamtbetrag der vorgenannten Arbeitgeberanteile gem. TuGTV § 5 Abs. 1, I … des jeweiligen Monats”. Daraus wird ersichtlich, daß die Tarifvertragsparteien selbst die Entnahmebefugnis der Beklagten nach § 5 Ziff. 1 Buchst. I) TuGTV in einem umfassenden Sinne verstanden haben.
Da es sich bei dem Tronc um Mittel des Spielbankunternehmers handelt, verstößt auch die Entnahmeregelung des TuGTV nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 32 SGB I.
Die auf die Eingrenzung der Entnahmebefugnis gerichtete Klage ist unbegründet.
Unterschriften
Griebeling, Reinecke, Kreft, Müller, Anthes
Fundstellen