Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung und befreiende Lebensversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 26 Abs 10 Ruhegeldgesetz in Hamburg enthält keine zeitliche Beschränkung für die Anrechnung von Zuschüssen des Arbeitgebers zu den Prämien einer befreienden Lebensversicherung auf das Ruhegeld.

 

Normenkette

RGG Hamburg § 26 Abs. 10

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 23.11.1988; Aktenzeichen 5 Sa 70/88)

ArbG Hamburg (Urteil vom 08.06.1988; Aktenzeichen 18 Ca 157/86)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. November 1988 – 5 Sa 70/88 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anrechnung von Zuschüssen, die die Beklagte zu einer befreienden Lebensversicherung des Klägers geleistet hat.

Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 30. Juni 1985 als Angestellter (VergGr. Ib BAT) beschäftigt. Er erhält ab 1. Juli 1985 ein Ruhegeld nach dem Gesetz über die zusätzliche Altersund Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Ruhegeldgesetz-RGG).

Ab 1. Januar 1968 war der Kläger rentenversicherungspflichtig. Er konnte sich von der Versicherungspflicht jedoch befreien lassen, wenn er eine private Lebensversicherung abschloß.

Die Beklagte unterrichtete den Kläger mit Rundschreiben vom 4. März 1968 über diese Wahlmöglichkeit und bot an, einen Zuschuß zu den Lebensversicherungsprämien “nach Maßgabe der im anliegenden Merkblatt genannten Bedingungen” zu zahlen. Weiter heißt es in dem Rundschreiben u.a.:

“In diesem Zusammenhang wird auf § 24 Abs. 8 des Ruhegeldgesetzes in der Fassung vom 26.4.1966 (GVBl S. 137) hingewiesen. Er bestimmt: “Soweit Arbeitnehmer von der Freien und Hansestadt Hamburg einen Zuschuß zu den Prämien einer Lebensversicherung erhalten haben, zählen bei der Bemessung der Versorgung monatlich 1,25 v.H. der doppelten Summe der Beträge mit, die als Zuschuß gezahlt worden sind.” D.h., daß nach Gewährung des Ruhegeldes für einen Zeitraum von 3 Jahren und vier Monaten (40 Monate × 1,25 % = 50 % × 2 = 100 %) der Zuschuß zu den Prämien einer Lebensversicherung wieder durch Anrechnung auf das Ruhegeld an die Freie und Hansestadt Hamburg in voller Höhe zurückfließt! Nach Ziff. 2 des Merkblattes werden für je 1.000,-- DM Zuschuß monatlich 25,-- DM auf das Ruhegeld angerechnet.”

In dem beiliegenden Merkblatt heißt es u.a.:

“Bei der späteren Gewährung von Versorgungsbezügen nach dem Ruhegeldgesetz vom 26. April 1966 in seiner jeweiligen Fassung zählen bei der Bemessung der Versorgung monatlich 1,25 v.H. der doppelten Summe der Beträge mit, die als Zuschuß insgesamt gezahlt worden sind (für je 1.000,-- DM werden monatlich 25,-- DM auf die Versorgungsbezüge angerechnet – § 24 Abs. 8 aaO – ).”

Der Kläger schloß eine befreiende Lebensversicherung ab und erhielt in der Zeit vom 1. Januar 1968 bis 30. Juni 1985 insgesamt 33.009,-- DM an Zuschüssen zu den Lebensversicherungsprämien. Die Beklagte kürzte deshalb die ab 1. Juli 1985 an den Kläger zu zahlenden Ruhegeldbezüge monatlich um 825,22 DM (1,25 % der doppelten Summe des als Zuschuß zur Lebensversicherung gezahlten Betrages von 33.009,-- DM).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Rente dürfe um den Zuschuß nur solange gekürzt werden, bis der Zuschuß voll zurückgezahlt sei. Das sei nach 40 Monaten der Fall. Dies ergebe sich aus § 24 Abs. 8 RGG a.F. bzw. dem inhaltsgleichen § 26 Abs. 10 RGG n.F. Im übrigen habe die Beklagte ihm im Schreiben vom 4. März 1968 das Angebot gemacht, daß der Zuschuß nur solange angerechnet werde, bis er an die Beklagte zurückgeflossen sei. Dieses Angebot habe er angenommen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers auf die von der Beklagten geleisteten Prämienzuschüsse zur Lebensversicherung nach 40 Monaten endet.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Beklagte ist berechtigt, die Rente des Klägers über die Zeit von 40 Monaten seit Beginn der Ruhegeldzahlungen hinaus zu kürzen.

1. Der Klageanspruch ergibt sich nicht aus § 26 Abs. 10 RGG i.d.F. vom 3. März 1981. Nach dieser Bestimmung zählen bei der Bemessung der Versorgung von Ruhegeldempfängern 1,25 % von der doppelten Summe der Beträge monatlich mit, die der Arbeitnehmer von der Freien und Hansestadt Hamburg als Zuschüsse zu den Prämien einer Lebensversicherung erhalten hat. Eine Befristung der Anrechnung sieht das Gesetz nicht vor. Der Gesetzeswortlaut läßt die Auslegung des Klägers, § 26 Abs. 10 RGG enthalte eine Rückzahlungsklausel, so daß die Anrechnung nach 40 Monaten endet (40 × 1,25 % × 2 = 100 %), nicht zu.

Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, daß auch der Gesetzeszusammenhang keine abweichende Auslegung gebietet. In § 10 RGG ist die Höhe der Gesamtversorgung geregelt. Auf den nach dieser Vorschrift errechneten Gesamtbetrag sind nach § 26 RGG Renten und ähnliche Leistungen in einem in dieser Vorschrift näher bestimmten Umfang anzurechnen. Auch eine Sozialversicherungsrente, für die die Beklagte in Form der Arbeitgeberanteile die gleichen Leistungen zu erbringen gehabt hätte, wie sie sie in Form des Zuschusses zur befreienden Lebensversicherung erbracht hat, wäre auf das Ruhegeld anzurechnen gewesen, und zwar unabhängig von der Höhe der erbrachten Arbeitgeberanteile für die gesamte Zeit des Ruhegeldanspruchs. Gleiches gilt für die Anrechnung der Zuschüsse zu einer befreienden Lebensversicherung als Äquivalent für die Anrechnung der Sozialversicherungsrente.

Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen gegen den Anrechnungsschlüssel nach § 26 Abs. 10 RGG (1,25 % der doppelten Summe der Zuschüsse) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Anrechnungsformel beruht nach Angaben der Beklagten darauf, daß bei einer freiwilligen Höherversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 38 AVG eine Rentensteigerung in durchschnittlich dieser Höhe zu erzielen wäre. Der Zuschußempfänger werde daher so behandelt, als hätte er sich in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig höher versichert. Eine solche Regelung erscheint unbedenklich. Auch andere Versorgungsordnungen des öffentlichen Dienstes sehen dieselbe Anrechnung der Zuschüsse des Arbeitgebers zu einer Lebensversicherung vor (vgl. z.B. § 40 Abs. 2 Buchst. d VBL-Satzung).

Soweit im Einzelfall sich aus der Anrechnung nach § 26 Abs. 10 RGG Unbilligkeiten und Härten ergeben, sieht § 36 RGG einen Härteausgleich vor. Eine unbillige Härte liegt hier jedoch nicht vor. Darauf beruft der Kläger sich auch nicht.

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß zwischen den Parteien kein Vertrag zustande gekommen ist, nach dem 40 Monate seit dem ersten Bezug des Ruhegeldes die Anrechnung der Zuschüsse der Beklagten endet. Das Schreiben der Beklagten vom 4. März 1968 und das beiliegende Merkblatt verweisen lediglich auf die Gesetzeslage nach § 24 Abs. 8 RGG a.F., die der nach § 26 Abs. 10 RGG n.F. entspricht. Insbesondere wird in dem Schreiben nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Beklagte sich abweichend von der gesetzlichen Regelung zu einer eingeschränkten (befristeten) Anrechnung der Zuschüsse zur befreienden Lebensversicherung verpflichten wollte. Auch der Satz “Das heißt, daß nach Gewährung des Ruhegeldes für einen Zeitraum von 3 Jahren und vier Monaten (40 Monate × 1,25 % = 50 % × 2 = 100 %) der Zuschuß zu den Prämien einer Lebensversicherung wieder durch Anrechnung auf das Ruhegeld an die Freie und Hansestadt Hamburg in voller Höhe zurückfließt!”, besagt nicht, daß die Anrechnung zu diesem Zeitpunkt endet. Die Beklagte hat damit nur die gesetzliche Anrechnung erläutert und darauf hingewiesen, daß die Arbeitgeberzuschüsse zur befreienden Lebensversicherung rechnerisch nach 40 Monaten durch Anrechnung auf das Ruhegeld zurückgeflossen sind. Zur besonderen Beachtung hat die Beklagten diesen Satz mit einem Ausrufezeichen versehen. Der Kläger konnte den Satz nicht als Angebot verstehen, zu seinen Gunsten von der gesetzlichen Regelung abzuweichen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Seyd, Mattes

 

Fundstellen

Haufe-Index 841025

BB 1990, 2414

RdA 1990, 320

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