Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Chemieingenieurin
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit durch einen dazu nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften nicht zuständigen Vorgesetzten ist nicht geeignet, einen Anspruch des Angestellten auf die für die höherwertige Tätigkeit tariflich vorgesehene Vergütung nach § 22 BAT zu begründen, wenn dieser die Unzuständigkeit des Vorgesetzten kennt (Bestätigung der Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 28. Oktober 1970 – 4 AZR 481/69 – BAGE 23, 15 = AP Nr. 34 zu §§ 22, 23 BAT).
2. Nach § 23 BAT ist das Anwachsen der übertragenen Tätigkeit zu einer höherwertigen Tätigkeit Voraussetzung für die Höhergruppierung des Angestellten. Eine vertragswidrige höherwertige Tätigkeit des Angestellten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses erfüllt daher nicht die Voraussetzungen des § 23 BAT für die Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe.
Normenkette
Anlage 1a zum BAT Teil I VergGr. IV b Fallgr. 21, IV a.F.allgr. 10, III Fallgr. 2 und II a.F.allgr. 1 a; BAT 1975 §§ 22-23
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. November 1997 – 12 Sa 2396/96 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Vergütung der Klägerin.
Die am 1. Januar 1957 geborene Klägerin beendete im Jahr 1982 ihr Chemiestudium an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) mit der Diplomprüfung. Ab dem 1. Februar 1983 war sie in der Abteilung für Anorganische Chemie II, Lehrstuhlinhaber seinerzeit Prof. H, als wissenschaftliche Hilfskraft tätig. Kraft befristeten Arbeitsvertrages vom 9. Juni 1983 für die Zeit vom 1. Juli 1983 bis 30. Juni 1987 übte die seit dem Jahre 1984 promovierte Klägerin an dem Lehrstuhl dann die Tätigkeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin gemäß § 60 WissHG NW mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit aus. Ihre Vergütung richtete sich nach VergGr. II a BAT. Unter dem 28. März/15. April 1985 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach dem die Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1989 als vollzeitbeschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiterin nach VergGr. II a BAT eingestellt wurde. Im Dezember 1988 wurde das Arbeitsverhältnis um die Zeit eines zwischenzeitlichen Arbeitsausfalles infolge Mutterschutzes bis zum 30. April 1990 verlängert, später wegen eines Erziehungsurlaubes nach der Geburt ihres zweiten Kindes noch einmal bis zum 30. November 1990.
Unter dem 29. Mai 1990 reichte Prof. H bei dem Kanzler der RUB eine Anmeldung zur Besetzung der Stelle eines Chemieingenieurs an seinem Lehrstuhl ein, die durch das Ausscheiden des Dipl.-Ing. Z zum 1. Juli 1990 frei wurde. Zugleich richteten Prof. H als Antragsteller und die Klägerin als Bewerberin an den Kanzler der RUB unter Bezugnahme auf diese frei werdende Stelle den Antrag auf unbefristete Einstellung der Klägerin als Chemieingenieurin mit Vergütung nach VergGr. III BAT. Als vorgesehener Aufgabenbereich ist in dem Antrag angegeben:
Anspruchsvolle präparative Arbeiten auf dem Gebiet der Fluororganischen Chemie: Synthese, Trennung und Charakterisierung entsprechender Verbindungen.
Instrumentelle analytische Arbeiten im Bereich der Chromatographie und Massenspektroskopie, Betreuung der vorhandenen Geräte.
Teilnahme an Organisation und Durchführung von Vertiefungs- und Fortgeschrittenen- sowie Grundpraktika und Übungen.
Unter der Unterschrift von Prof. H auf diesem Antragsformular befindet sich der Vermerk:
Mit meiner Unterschrift versichere ich gleichzeitig, daß nur die geschilderten Tätigkeiten ausgeübt werden sollen.
Unter der Unterschrift der Klägerin befindet sich folgender Vermerk:
Mit meiner Unterschrift bestätige ich, daß ich mit dem Inhalt des Antrages, bei befristeten Einstellungen insbesondere mit der Begründung für die Befristung und die Dauer der Befristung einverstanden bin.
Ferner erkläre ich, daß mit dem Antragsteller keine weiteren Vereinbarungen getroffen worden sind. Ich bin darüber unterrichtet, daß über den Antrag ausschließlich durch den Kanzler der Ruhr-Universität Bochum rechtsverbindlich entschieden wird und daß rechtsverbindliche Erklärungen hinsichtlich meines Arbeitsverhältnisses nur schriftlich durch das Dezernat für Personalangelegenheiten abgegeben werden dürfen.
Die ebenfalls am 29. Mai 1990 von Prof. H erstellte Arbeitsplatzbeschreibung für die Klägerin als Chemieingenieurin hat u.a. folgenden Inhalt
1. Anspruchsvolle präparative Arbeiten auf dem Gebiet der Fluororganischen Chemie: Synthese, Trennung und Charakterisierung entsprechender Verbindungen: |
60 % |
(regelmäßig auszuführen) |
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2. Instrumentelle analytische Arbeiten im Bereich der Chromatographie und Massenspektroskopie: |
25 % |
(regelmäßig auszuführen) |
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3. Betreuung der vorhandenen Geräte: |
5 % |
(monatlich auszuführen) |
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4. Teilnahme an Organisation und Durchführung von Vertiefungs- und Fortgeschrittenen- sowie Grundpraktika und Übungen |
10 % |
(vierteljährlich auszuführen) |
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Unter dem 6. Juni 1990 gab die Klägerin gegenüber der Personalabteilung die Erklärung ab, sie sei „mit einer Rückgruppierung von BAT II nach III … einverstanden”. Gleichzeitig bat Prof. H den Kanzler der Universität unter Hinweis auf diese Erklärung der Klägerin um deren „Umsetzung” auf die Ingenieurstelle. Nachdem die von Prof. H in der Arbeitsplatzbeschreibung aufgelisteten Tätigkeiten von dem Personaldezernat der Universität lediglich als solche nach VergGr. IV b Fallgr. 21 BAT anerkannt worden waren, gab die Klägerin unter dem 23. Juli 1990 die Erklärung ab, sie sei „auch mit einer Rückgruppierung von BAT II nach BAT IV b … einverstanden”.
Unter gleichzeitiger Auflösung des Arbeitsvertrages mit der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin wurde die Klägerin sodann mit Arbeitsvertrag vom 24. August 1990 ab 1. September 1990 „als Chemieingenieurin” bei der RUB unter Eingruppierung in die VergGr. IV b BAT eingestellt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gemäß § 1 dieses Vertrages nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.
Die Klägerin hat seit 1983 an diversen wissenschaftlichen Publikationen mitgewirkt, die in einer zur Gerichtsakte gereichten Publikationsliste aufgeführt sind. Sie arbeitet in Praktika und Übungen mit Studenten im Abschnitt des Grundstudiums; Umfang und Wertigkeit dieser Tätigkeit sind zwischen den Parteien streitig. Im Vorlesungsverzeichnis wird die Klägerin weiterhin als wissenschaftliche Mitarbeiterin aufgeführt. Als solche ist sie auch in Erhebungsbögen für die Lehre und in einer Meldung zu einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung vom 20. März 1991 bezeichnet.
Vor seiner Emeritierung erteilte Prof. H der Klägerin am 8. August 1995 ein Zwischenzeugnis. Dies umfaßt die gesamte Beschäftigungszeit der Klägerin von 1983 bis 1995. Es heißt darin u.a., während ihrer Tätigkeit am Lehrstuhl habe die Klägerin „wichtige Beiträge zu … Arbeitsgebieten anorganisch-chemischer Grundlagenforschung geleistet”. Die – im Zeugnis näher aufgeführten – Untersuchungen stellten herausragende Ergebnisse auf den genannten Gebieten dar und hätten zu 15 Publikationen als Co-Autorin in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften geführt. Ferner leite die Klägerin Übungsgruppen und Praktika des 1. und 2. Semesters, wobei sie eigenständig Übungsaufgaben konzipiere. Besonders erwähnenswert sei „die von ihr geleistete Betreuung und Zusammenarbeit mit ausländischen Gastwissenschaftlern”.
Unter dem 18. Oktober 1995 beantragte Prof. H die Höhergruppierung der Klägerin in die VergGr. IV a BAT. Zur Begründung verwies er darauf, daß die Klägerin mehr als fünf Jahre als Chemieingenieurin mit qualifizierten Aufgaben betraut sei und sich aus der VergGr. IV b BAT durch besondere Leistungen heraushebe. In der von ihm beigefügten Arbeitsplatzbeschreibung vom 17. Oktober 1995 sind die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten wie folgt beschrieben:
1. Teilnahme an Organisation und Durchführung von Vertiefungs-, Fortgeschrittenen- sowie Grundpraktika und Übungen |
15 % |
2. Anspruchsvolle Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Fluororganischen und Chalkogen-Chemie; Synthese, Trennung und Charakterisierung entsprechender Verbindungen |
60 % |
3. Verwaltungs- und Organisationsarbeiten, z.B. Abfallentsorgung, Betreuung von Geräten (Alle diese Tätigkeiten: regelmäßig anfallend) |
25 % |
Die beantragte Höhergruppierung der Klägerin erfolgte nicht.
Am Lehrstuhl waren im Jahre 1996 acht wissenschaftliche Mitarbeiter mit befristeten Verträgen tätig, darunter sechs Doktoranden nach VergGr. II a BAT, eine ausländische Stipendiatin sowie ein Postdoktorand. Hinzu kam der unbefristet beschäftigte wissenschaftliche Angestellte Dr. L mit einer Tätigkeit der VergGr. I a BAT.
Mit ihrer Anfang 1996 erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Feststellung des Anspruchs auf Vergütung nach VergGr. II a BAT ab 15. April 1995 gegenüber dem beklagten Land. Sie hat behauptet, Prof. H habe ihr die Bewerbung auf die Chemieingenieurstelle empfohlen und ihr zugesichert, daß sich an ihrer Position und an ihrer Tätigkeit speziell in der Lehre nichts ändern werde. Er habe auch erwähnt, daß sie später wieder die VergGr. II a BAT erreichen könne. Sie habe davon ausgehen müssen, daß anläßlich der Einstellung zum 1. September 1990 alles Maßgebliche zwischen Prof. H und der Personalverwaltung abgesprochen gewesen sei. Die tatsächliche Entwicklung habe ergeben, daß sie mindestens seit Anfang 1995 die gleichen Tätigkeiten wie früher als wissenschaftliche Mitarbeiterin ausübe. Die Gesamtsituation habe es mit sich gebracht, daß sie nach und nach doch wieder die alten Aufgaben (zusätzlich) wahrnehme. Ihre Lehrtätigkeit unterscheide sich nicht von derjenigen, die sie vor dem 1. September 1990 verrichtet habe und die die übrigen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Lehrstuhl verrichteten. Eher erledige sie ihre Aufgaben im Vergleich zu früher selbständiger und eigenverantwortlicher. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten seien die einer Angestellten mit wissenschaftlicher Hochschulbildung; dazu hat die Klägerin umfangreich weitere Tatsachen vorgetragen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land müsse sich die Tätigkeitszuweisungen, die ihr gegenüber durch Prof. H erfolgt seien, kraft Anscheins- oder Duldungsvollmacht zurechnen lassen. Das Universitätsgesetz des beklagten Landes erkläre den Professor zum Dienstvorgesetzten. Damit könne dieser auch arbeitsrechtlich bedeutsame Vorgänge in Gang setzen, insbesondere auch den Einsatz eines Mitarbeiters mit entsprechenden Rechtsfolgen steuern. Ein in das Organisationsgefüge eingebundener wissenschaftlicher Mitarbeiter könne nicht wissen, was richtig sei bzw. sein solle. Sie sei wie eine wissenschaftliche Mitarbeiterin eingesetzt worden, ohne daß sie sich in diese Tätigkeit hineingedrängt habe. Alle in ihrem Umfeld beschäftigten Mitarbeiter seien davon ausgegangen, daß sie diese Tätigkeiten erbringen müsse. Der bei ihr erzeugte Anschein sei durch die Erwähnung im Vorlesungsverzeichnis noch verstärkt worden. Die Information, wer wissenschaftlicher Mitarbeiter sei, teile der Lehrstuhl dem Dekanat mit, dieses gebe die Angaben an die Universitätsverwaltung weiter. Entsprechendes gelte für die Erhebungsbögen für die Lehre.
Die Klägerin meint, im übrigen ergebe sich ihr Vergütungsanspruch auch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.
Sie hat beantragt,
- festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie mit Wirkung ab 15. April 1995 aus der VergGr. II a BAT zu vergüten,
- festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Netto-Differenzbezüge zwischen der VergGr. IV b BAT und der VergGr. II a BAT mit 4 % Jahreszinsen seit monatlicher Fälligkeit zu verzinsen, beginnend mit dem 15. April 1995.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, der Klägerin seien ab 1. September 1990 nur noch die Aufgaben einer Chemieingenieurin mit Vergütung nach der VergGr. IV b BAT übertragen gewesen, als die sie zu diesem Zeitpunkt eingestellt worden sei. Prof. H sei anläßlich der Einstellung der Klägerin als Chemieingenieurin auch unmißverständlich deutlich gemacht worden, daß die Klägerin nicht wie vorher mit wissenschaftlichen Aufgaben betraut werden dürfe. Dies sei Prof. H auch ausweislich der von ihm seinerzeit gefertigten Arbeitsplatzbeschreibung für die Klägerin klar gewesen. Irgendwie geartete Zusicherungen einer Höhergruppierung habe es nicht gegeben. Alle relevanten Schriftstücke ergäben, daß ab 1. September 1990 die Beschäftigung der Klägerin als Chemieingenieurin vereinbart gewesen sei. Es habe auch wegen des für die Klägerin gestellten Antrages von Prof. H vom 18. Oktober 1995 auf Höhergruppierung der Klägerin in VergGr. IV a BAT davon ausgehen müssen, daß sie die Tätigkeit einer Chemieingenieurin tatsächlich ausübe. Das Personaldezernat der Universität einschließlich des Personalsachbearbeiters G habe erstmals mit der Zustellung der Höhergruppierungsklage davon erfahren, daß die Klägerin angeblich Tätigkeiten wie früher ausübe.
Im übrigen sei auch die von der Klägerin ab 1. September 1990 tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nicht die einer Angestellten mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung, sondern die einer Chemieingenieurin gewesen; dazu hat das beklagte Land umfangreich Tatsachen vorgetragen.
Das Zwischenzeugnis vom 8. August 1995 sei von der Klägerin konzipiert worden. Prof. H habe es auf ihren Wunsch gefertigt, da sie nach seinem Ausscheiden am Lehrstuhl für den Nachfolger etwas in der Hand habe haben wollen. Das Zeugnis beziehe sich einerseits auf die gesamte Beschäftigungsdauer seit Juli 1983 und spiegele andererseits auch nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage mit rechtsfehlerfreier Begründung abgewiesen.
1. Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch gegen das beklagte Land auf Vergütung nach VergGr. II a BAT ab 15. April 1995.
1.1 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.
1.2 Der Klage auf tarifgerechte Vergütung kann daher nur stattgegeben werden, wenn im streitigen Anspruchszeitraum mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge der von ihr nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der VergGr. II a BAT erfüllt, auf die die Klägerin Anspruch erhebt (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1, § 23 Abs. 1 BAT).
1.3 Die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1 a zum BAT haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
„VergGr. IV b
…
21. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit nach sechsmonatiger Berufsausübung nach Ablegung der Prüfung sowie Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach sechsmonatiger Ausübung dieser Tätigkeiten.
(Entsprechende Tätigkeiten sind z.B.:
…
- Ausführung besonders schwieriger Analysen, Schiedsanalysen oder selbständige Erledigung neuartiger Versuche nach kurzer Weisung in Versuchslaboratorien, Versuchsanstalten und Versuchswerkstätten)
- …
VergGr. IV a
…
10. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,
deren Tätigkeit sich durch besondere Leistungen aus der VergGr. IV b Fallgruppe 21 heraushebt.
VergGr. III
…
2. Technische Angestellte mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen und langjähriger praktischer Erfahrung sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit langjähriger praktischer Erfahrung,
deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung oder durch künstlerische oder Spezialaufgaben aus der VergGr. IV a Fallgruppe 10 heraushebt.
…
VergGr. II a
1.
- Angestellte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
…”
1.4 Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es unerheblich, aus welchen Arbeitsvorgängen die Tätigkeit der Klägerin im streitigen Anspruchszeitraum besteht. Denn ihr steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge kein vertraglicher Anspruch auf die von ihr geforderte Vergütung zu. Davon ist auch das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen.
1.5 Mit Recht hat sich das Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht damit befaßt, ob die nach der Darstellung der Klägerin, die über eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung i.S.d. VergGr. II a Fallgr. 1 a BAT verfügt, ab dem 15. April 1995 von ihr ausgeübte Tätigkeit dieser Ausbildung entspricht. Auch wenn dies der Fall wäre, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. II a BAT, denn eine Tätigkeit dieser Vergütungsgruppe war ihr im streitigen Anspruchszeitraum nicht i.S.v. § 22 Abs. 2 BAT übertragen. Ihr Vortrag rechtfertigt auch nicht die Wertung, daß die ihr übertragene Tätigkeit zu derjenigen eines Angestellten mit wissenschaftlichem Hochschulabschluß ohne Maßnahme des Arbeitgebers i.S.v. § 23 Abs. 1 BAT angewachsen ist. Beides hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.
1.5.1 Grundsätzlich ist für die Eingruppierung des Angestellten nach dem BAT dessen § 22 maßgebend. Nach dem eindeutigen Wortlaut seines Abs. 2 Unterabs. 1 richtet sich die Eingruppierung des Angestellten nicht nach der von ihm ausgeübten, sondern der von ihm – nicht nur vorübergehend – auszuübenden Tätigkeit. Welche Tätigkeit der Angestellte auszuüben hat, bestimmt sich nach seinem Arbeitsvertrag.
1.5.1.1 Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, die Klägerin sei im Arbeitsvertrag vom 24. August 1990 mit Wirkung vom 1. September 1990 als Chemieingenieurin mit der VergGr. IV b BAT eingestellt worden. Gleichzeitig sei in der Nebenabrede unter § 4 des Vertrages der an sich noch bis zum 30. November 1990 laufende Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum 31. August 1990 aufgelöst worden. Schon mit dieser Verknüpfung sei – für die Klägerin auch erkennbar – dokumentiert worden, daß eine Beschäftigung als wissenschaftliche Mitarbeiterin ab 1. September 1990 vom beklagten Land gerade nicht mehr gewollt gewesen sei. Die Stelle, auf die sich die Klägerin mit intensiver Unterstützung von Prof. H beworben habe, sei der Klägerin als diejenige einer nichtwissenschaftlichen Angestellten bekannt gewesen. Dank ihrer einschlägigen Kenntnisse der Verhältnisse am Lehrstuhl für Anorganische Chemie II sei ihr auch geläufig gewesen, daß der Aufgabenkreis des dort eingesetzten Chemieingenieurs nicht demjenigen eines wissenschaftlichen Mitarbeiters entsprochen habe.
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Es ist lediglich ergänzend hervorzuheben, daß in dem Vertrag vom 24. August 1990 die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit ausdrücklich – als diejenige einer „Chemieingenieurin” – präzise bezeichnet ist, es also darin nicht etwa wie meist in Arbeitsverträgen mit Angestellten des öffentlichen Dienstes heißt, die Einstellung erfolge als „Angestellte der Vergütungsgruppe … BAT”. Der Arbeitsvertrag räumt damit jeden Zweifel darüber aus, welche die von der Klägerin ab 1. September 1990 auszuübende Tätigkeit war.
1.5.1.2 Der Klägerin ist auch nicht in der Folgezeit die Tätigkeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin wirksam übertragen worden.
Die Bezeichnung der Klägerin in den Vorlesungsverzeichnissen und Erhebungsbögen für die Lehre als „wissenschaftliche Mitarbeiterin” rechtfertigt es nicht, eine konkludente Vereinbarung der Änderung des Arbeitsvertrages hinsichtlich der übertragenen Tätigkeit zwischen ihr und dem Dezernat für Personalangelegenheiten der RUB anzunehmen, wie die Klägerin geltend macht. Die genannten Unterlagen bzw. Urkunden sind nicht dazu bestimmt, dem Dezernat für Personalangelegenheiten Erkenntnisse für Personalmaßnahmen zu vermitteln. Die Klägerin konnte bei verständiger Würdigung nicht davon ausgehen, die Personalverwaltung sehe das Vorlesungsverzeichnis eines jeden Semesters bzw. die anderen Zwecken dienenden Erhebungsbögen zum Lehrangebot darauf durch, ob sämtliche personenbezogenen Eintragungen mit den geschlossenen Arbeitsverträgen übereinstimmten, wie das Landesarbeitsgericht dazu zutreffend ausgeführt hat.
Auch mit Prof. H als Vertreter des beklagten Landes ist es nicht zum Abschluß eines Änderungsvertrages der Parteien gekommen. Die Klägerin selbst behauptet weder die Befugnis des Prof. H zum Abschluß eines Änderungsvertrages noch dessen Zustandekommen kraft ausdrücklicher Vereinbarung. Sie macht vielmehr geltend, sie habe – so ihr Vortrag vor dem Senat – nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht darauf vertrauen dürfen, daß Prof. H als ihr damaliger Dienstvorgesetzter ihr die höherwertige Tätigkeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin wirksam habe übertragen können.
Dem folgt der Senat nicht. Der Fall erfordert keine grundlegende Stellungnahme dazu, unter welchen Voraussetzungen nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten durch einen dazu nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften des öffentlichen Arbeitgebers nicht zuständigen Vorgesetzten geeignet ist, einen Anspruch des Angestellten auf die für die höherwertige Tätigkeit tariflich vorgesehene Vergütung zu begründen (vgl. dazu etwa BAG Urteile vom 28. Oktober 1970 – 4 AZR 481/69 – BAGE 23, 15 = AP Nr. 34 zu §§ 22, 23 BAT; vom 10. März 1982 – 4 AZR 541/79 – BAGE 38, 130 = AP Nr. 7 zu § 75 BPersVG; vom 26. März 1997 – 4 AZR 489/95 – AP Nr. 223 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Denn es gibt dann kein schützenswertes Vertrauen und damit für den Angestellten keinen Vertrauensschutz, wenn dieser die Unzuständigkeit des Vorgesetzten kennt (BAG Urteil vom 28. Oktober 1970 – 4 AZR 481/69 – aaO; Krasemann, Das Eingruppierungsrecht des Bundes-Angestelltentarifvertrages [BAT], 6. Aufl., Rz 230 f.). Dies ist hier der Fall. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht dazu ausgeführt, die Klägerin habe gewußt, daß Prof. H nicht befugt gewesen sei, ihr rechtsverbindlich höherwertige Tätigkeiten – nämlich solche einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin, die von ihr auch als solche erkennbar gewesen seien – zu übertragen. Ihr sei bekannt gewesen, daß sämtliche ihren vertraglichen Status berührenden Fragen an das Personaldezernat hätten herangetragen werden müssen und dort entschieden worden seien. Bereits der Einstellungsantrag vom 3. Juni 1983 habe den Zusatz unter der Unterschrift der Klägerin als Bewerberin enthalten, daß sie u.a. darüber unterrichtet sei, rechtsverbindliche Erklärungen hinsichtlich ihres Arbeitsverhältnisses dürften nur schriftlich durch das Dezernat für Personalangelegenheiten abgegeben werden. Dieser Zusatz finde sich gleichlautend unter der Unterschrift der Klägerin im Einstellungsantrag vom 20. März 1985 und schließlich im Einstellungsantrag vom 29. Mai 1990 für die Chemieingenieurstelle.
1.5.2 Die Klägerin ist auch nicht gem. § 23 BAT in VergGr. II a BAT eingruppiert. Danach ist der Angestellte, dem eine andere, höherwertige Tätigkeit nicht übertragen worden ist, dessen sich ihm übertragene Tätigkeit aber nicht nur vorübergehend derart geändert hat, daß sie den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als seiner bisherigen Vergütungsgruppe entspricht, nach ununterbrochener sechsmonatiger Ausübung der höherwertigen Tätigkeit mit Beginn des darauffolgenden Kalendermonats in der höheren Vergütungsgruppe eingruppiert.
Der Vortrag der Klägerin dazu, wann und auf welche Weise es zur Übertragung der Tätigkeit einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin nach Abschluß des Arbeitsvertrages vom 24. August 1990 gekommen ist, ist widersprüchlich. Einerseits hat sie behauptet, die Gesamtsituation habe es mit sich gebracht, daß sie nach und nach doch wieder die alten Aufgaben (zusätzlich) wahrgenommen habe. Andererseits hat sie vorgetragen, vom Wintersemester 1990/1991 an, also praktisch ab Beginn des Vertrages vom 24. August 1990, Übungen und Praktika abgehalten zu haben und damit von Anfang an mit mehr als 50 % ihrer Gesamtarbeitszeit beschäftigt gewesen zu sein. In der Verhandlung vor dem Senat hat sie zur Begründung ihres Anspruchs die letztgenannte Darstellung angeführt, also diejenige, nach Einstellung als Chemieingenieurin von Anfang an in der Lehre tätig gewesen zu sein. Dann aber sind die Voraussetzungen des § 23 BAT für die Eingruppierung der Klägerin in VergGr. II a BAT nicht erfüllt. Denn bei diesem Sachverhalt ist nicht die ihr vertraglich übertragene Tätigkeit als Chemieingenieurin zu derjenigen als wissenschaftliche Mitarbeiterin angewachsen i.S.v. § 23 BAT, sondern sie ist mit eigener Kenntnis von Beginn der Einstellung als Chemieingenieurin an vertragswidrig beschäftigt worden.
2. Die Klägerin hat auch nicht kraft des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf die geforderte Vergütung. Dieser setzt u.a. die Ungleichbehandlung gleichliegender Sachverhalte voraus. Es fehlt bereits an dem Vorliegen gleichliegender Sachverhalte. Die übrigen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Lehrstuhl für Anorganische Chemie II der RUB, mit denen hinsichtlich ihrer Vergütung gleichbehandelt zu werden die Klägerin beansprucht, üben mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachvortrag der Klägerin anders als diese die ihnen übertragene Tätigkeit aus.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann, Friedrich, Bott, Kiefer, Dräger
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 05.05.1999 durch Freitag, Regierungssekretärin z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
BAGE, 299 |
DB 1999, 1117 |
NWB 1999, 4337 |
ARST 1999, 189 |
ARST 2000, 90 |
FA 1999, 380 |
NZA 2000, 958 |
ZTR 1999, 554 |
AP, 0 |
MDR 1999, 1513 |
PersR 1999, 233 |
PersR 1999, 466 |
RiA 2000, 60 |