Entscheidungsstichwort (Thema)
Form des Wettbewerbsverbots
Orientierungssatz
1. Eine nichtunterschriebene Wettbewerbsklausel genügt dann dem Formerfordernis des § 74 Abs 1 HGB, wenn sie fest mit dem unterschriebenen Arbeitsvertrag verbunden ist und in diesem auf die Wettbewerbsklausel verwiesen wird.
2. Für die Erfüllung der Schriftform genügt es, daß die nichtunterzeichnete in Bezug genommene Urkunde mit der Haupturkunde in einer Weise verbunden ist, daß entweder die Auflösung der Verbindung nur mit teilweiser Substanzzerstörung möglich ist (zB beim Heften mit Faden oder Anleimen) oder die körperliche Verbindung als dauernd gewollt erkennbar ist und ihre Lösung Gewaltanwendung erfordert. Das Heften mit Heftmaschine ist als feste Verbindung im letzteren Sinne anzusehen.
Normenkette
HGB § 74; BGB § 126; ZPO §§ 138, 288
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 14.12.1983; Aktenzeichen 5 Sa 819/83) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 11.05.1983; Aktenzeichen 2 Ca 3475/83) |
Tatbestand
Der Kläger war seit 1. Mai 1974 bei der Beklagten beschäftigt. Durch einen sogenannten "AT-Anstellungsvertrag" vom 4. November 1981 wurde ihm die Funktion eines Leiters der Qualitätssicherung und Arbeitsvorbereitung übertragen. § 13 des Vertrags lautet:
"Das als Anlage beigefügte Wettbewerbsverbot
tritt am 1. Januar 1982 in Kraft."
Die Anlage enthält Einzelheiten des Wettbewerbsverbots. Sie wurde dem Kläger ebenso wie der Vertrag übergeben. Der Vertrag ist von beiden Parteien, die Anlage jedoch nur vom Kläger unterschrieben. Vertrag und Anlage sind nicht mehr verbunden, enthalten aber Lochungen, die darauf hindeuten, daß sie ursprünglich mittels einer Heftklammer zusammengeheftet waren.
Nachdem das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Dezember 1982 geendet hatte, bestand die Beklagte auf der Einhaltung des Wettbewerbsverbots. Der Kläger schlug daraufhin die zunächst in Aussicht genommene neue Arbeitsstelle aus und wandte sich einer Beschäftigung zu, die nicht gegen das Verbot verstieß. Diese gab er aus persönlichen Gründen auf. Am 4. März 1983 verlangte er von der Beklagten die Anerkennung, daß das Wettbewerbsverbot unwirksam sei. Dies lehnte die Beklagte am 14. März 1983 ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das Wettbewerbsverbot sei nichtig, weil es nicht in einer vom Arbeitgeber unterzeichneten Urkunde im Sinne des § 74 Abs. 1 HGB enthalten sei. Zwar sei aus den Lochungen zu schließen, daß der Anstellungsvertrag und das Wettbewerbsverbot irgendwann einmal zusammengeheftet gewesen seien. Er erinnere sich aber nicht mehr daran, in welcher Form ihm die Urkunden übergeben wurden. Es könne sein, daß sie bei der Übergabe zusammengeheftet gewesen seien. Er könne aber auch nicht ausschließen, daß er sie selbst erst später zusammengeheftet habe. Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Wettbewerbsverbot
vom 4. November/1. Januar 1982 unwirksam
ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die das Wettbewerbsverbot enthaltende Anlage sei bei Übergabe an den Kläger durch eine Heftklammer mit dem Anstellungsvertrag verbunden gewesen. Im übrigen sei der Kläger nach Treu und Glauben an das Wettbewerbsverbot gebunden, weil er es zunächst eingehalten habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage als unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig. Zwar ist das Wettbewerbsverbot inzwischen (31. Dezember 1984) abgelaufen. Der Kläger will aber Ersatz des Schadens geltend machen, den er durch die Beachtung des Verbots erlitten hat. Eine Feststellungsklage, die zu diesem Zweck in bezug auf ein vergangenes Rechtsverhältnis erhoben wird, ist zulässig (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 256 Anm. 2 D; zur vergleichbaren Rechtslage im Falle der Klage des Arbeitgebers: BAG Urteil vom 2. Februar 1968 - 3 AZR 462/66 - AP Nr. 22 zu § 74 HGB).
B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Wettbewerbsverbot ist wirksam.
I. Nach § 74 Abs. 1 HGB bedarf eine Wettbewerbsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und seinem Handlungsgehilfen der Schriftform und der Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde. Diese Form haben die Parteien eingehalten.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 30. Oktober 1984 (- 3 AZR 213/82 - zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, genügt eine nichtunterzeichnete Wettbewerbsklausel dem Formerfordernis des § 74 Abs. 1 HGB dann, wenn sie fest mit dem unterschriebenen Arbeitsvertrag verbunden ist und in diesem auf die Wettbewerbsklausel verwiesen wird. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hängt die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht davon ab, daß dieses in einer besonderen Urkunde enthalten ist, die die Parteien unterzeichnet haben. Die Formvorschrift des § 74 Abs. 1 HGB bezweckt nicht, dem Arbeitnehmer eine vom Arbeitsvertrag unabhängige Urkunde zu verschaffen. Für eine solche Auslegung gibt das Gesetz keine Anhaltspunkte. Sie läßt sich auch nicht, wie das Landesarbeitsgericht meint, damit begründen, daß das nachvertragliche Wettbewerbsverbot erst Bedeutung erlangt, wenn der Arbeitsvertrag beendet ist. Das Erfordernis einer besonderen Urkunde gemäß § 74 Abs. 1 HGB findet seine Erklärung darin, daß der Arbeitsvertrag formfrei ist. Das besagt aber nicht, daß die Arbeitsvertragsparteien, wenn sie sich für die Schriftform des Arbeitsvertrags entscheiden, gehindert wären, im Arbeitsvertrag zugleich das Wettbewerbsverbot festzulegen.
II. Der Arbeitsvertrag vom 4. November 1981 enthielt in § 13 die erforderliche Bezugnahme auf das beigefügte Wettbewerbsverbot. Dieses war mit dem Arbeitsvertrag fest verbunden.
1. Zwar meint die Revision zu Unrecht, das Landesarbeitsgericht habe festgestellt, daß das Wettbewerbsverbot und der Anstellungsvertrag miteinander verbunden gewesen seien. Diese Feststellung läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Aber aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien ergibt sich, daß die Verbindung zwischen Wettbewerbsverbot und Arbeitsvertrag bestand, als dem Kläger beide Urkunden ausgehändigt wurden.
Die Beklagte hat behauptet, die Urkunden seien bei Übergabe an den Kläger zusammengeheftet gewesen. Diese Behauptung hat der Kläger nicht bestritten. Der Kläger hat sich auf diese Behauptung vielmehr dahin eingelassen, zwar seien, wie sich aus den Lochungen ergebe, Anstellungsvertrag und Wettbewerbsverbot irgendwann einmal zusammengeheftet gewesen. Er erinnere sich aber nicht mehr daran, in welcher Form ihm die Urkunden übergeben worden seien. Diese Einlassung war kein Bestreiten der Behauptung der Beklagten. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hatte der Kläger sich über die von der Beklagten behauptete Tatsache der Verbindung der beiden Urkunden zu erklären. Wollte er vermeiden, daß die Verbindung als zugestanden und damit nicht mehr beweisbedürftig (§ 288 Abs. 1 ZPO) angesehen wurde, so mußte er sie ausdrücklich bestreiten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Erklärung, er erinnere sich nicht mehr daran, in welcher Form ihm die Urkunden übergeben wurden, stellte kein ausdrückliches Bestreiten dar.
Der Kläger hat auch nicht durch seinen weiteren Vortrag, er könne nicht ausschließen, daß er die Urkunden später selbst zusammengeheftet habe, die Beklagte zum Beweis ihrer Behauptung genötigt. Diese Erklärung des Klägers war nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, weil die Frage, ob der Kläger die Urkunden selbst zusammengeheftet hat, eine eigene Handlung des Klägers betraf, die nicht mit Nichtwissen bestritten werden konnte.
2. Steht somit fest, daß Arbeitsvertrag und Wettbewerbsverbot bei Übergabe an den Kläger durch eine Heftklammer miteinander verbunden waren, so ist dem Kläger das Wettbewerbsverbot als Bestandteil einer vom Prinzipal unterzeichneten Gesamturkunde übergeben und damit der Form des § 74 Abs. 1 HGB genügt worden.
Zwar hatte der Senat in der genannten Entscheidung vom 30. Oktober 1984 wegen der insoweit bindenden tatrichterlichen Feststellungen keine Veranlassung, sich mit der Frage zu befassen, welche Anforderungen an die Verbindung zwischen Arbeitsvertrag und nicht unterzeichnetem Wettbewerbsverbot gestellt werden müssen. Er schließt sich jedoch auch insoweit der bereits in jenem Urteil zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an. Für die Erfüllung der Schriftform genügt, daß die nichtunterzeichnete in Bezug genommene Urkunde mit der Haupturkunde in einer Weise verbunden ist, daß entweder die Auflösung der Verbindung nur mit teilweiser Substanzzerstörung möglich ist (z. B. beim Heften mit Faden oder Anleimen) oder die körperliche Verbindung als dauernd gewollte erkennbar ist und ihre Lösung Gewaltanwendung erfordert. Das Heften mit Heftmaschine ist als feste Verbindung im letzteren Sinne anzusehen (vgl. BGHZ 40, 255, 263).
Dr. Dieterich Schaub Dr. Peifer
Hoechst Fieberg
Fundstellen