Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertraglicher Tarifvorbehalt. tarifl. Besitzstandsklausel
Leitsatz (amtlich)
- Eine vertragliche Vereinbarung, die Pflichtstundenzahl eines Musiklehrers in einer kommunalen Musikschule vorbehaltlich einer anderen Regelung festzulegen, umfaßt auch eine tarifvertragliche Regelung wie die durch den 56. Änderungstarifvertrag zum BAT eingefügte SR 2l II Nr 2.
- Die Übergangsvorschrift des § 2 im 56. Änderungstarifvertrag zum BAT enthält lediglich die Wiedergabe des gesetzlichen Günstigkeitsprinzips.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; BAT SR 2l II Nr. 2; 56. Änderungstarifvertrag zum BAT § 2; TVG § 4 Abs. 3 Günstigkeit
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 11.10.1988; Aktenzeichen 13 (5) Sa 1117/88) |
ArbG Osnabrück (Urteil vom 27.04.1988; Aktenzeichen 2 Ca 1667/87) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 11. Oktober 1988 – 18 (5) Sa 1117/88 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Dauer der Wöchentlichen Arbeitszeit.
Der 1943 geborene Kläger ist in der vom Beklagten betriebenen Musikschule seit dem 1. Januar 1982 als Lehrer für die Fächer Klavier, Akkordeon und E-Orgel beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien für vollbeschäftigte Lehrkräfte vom 22. Oktober 1981 heißt es u.a.:
§ 2
Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.2.1961 und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für Angestellte des Rechtsträgers jeweils geltenden sonstigen Regelungen Anwendung.
Die Dienstanweisung für Lehrkräfte der Kreismusikschule O… und die Schulordnung der Kreismusikschule sind ebenfalls Bestandteil des Arbeitsvertrages.
§ 6
Vorbehaltlich einer anderen Regelung beträgt die Pflichtstundenzahl wöchentlich 28 Unterrichtsstunden. Die Pflichtstundenzahl verringert sich für Lehrkräfte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, um 2 Stunden wöchentlich.
Mit Wirkung vom 1. März 1987 sind durch § 1 Nr. 1 des 56. Änderungstarifvertrages zum BAT vom 20. Februar 1987 erstmals die Sonderregelungen für Angestallte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VkA (SP 2l II BAT) in den Bundes-Angestelltentarifvertrag eingefügt worden. In deren Nr. 2 (zu §§ 15 und 15a – Regelmäßige Arbeitszeit – Arbeitszeitverkürzung durch freie Tage –) heißt es:
- Vollbeschäftigt ist ein Musikschullehrer, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten (= 1,350 Unterrichtsminuten) beträgt. …
- …
Weiter enthält der 56. Änderungstarifvertrag in seinem § 2 eine Übergangsvorschrift folgenden Wortlauts:
“Für die unter den Geltungsbereich der Nr. 1 SR 2l II fallenden Angestellten, die am 28. Februar 1987 in einem Arbeitsverhältnis stehen, das am 1. März 1987 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht, wird eine günstigere einzelarbeitsvertragliche Regelung zur Arbeitszeit durch das Inkrafttreten der Nr. 2 SR 2l II nicht berührt.”
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Einschreiben vom 21. September 1987 mit, seine Pflichtstundenzahl als vollbeschäftigter Musiklehrer betrage aufgrund der veränderten Rechtslage ab 1. Januar 1988 30 Unterrichtsstunden zu je 45 Minuten.
Der Kläger hat gemeint, die Festlegung auf 30 Unterrichtsstunden widerspreche der einzelarbeitsvertraglichen Vereinbarung und sei tarifrechtlich unzulässig. § 6 des Arbeitsvertrages enthalte keinen Vorbehalt anderweitiger tarifvertraglicher Regelung. Jedenfalls sei dies nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar. Gemeint sei lediglich eine Änderung durch einzelvertragliche Vereinbarung. Der Vorbehalt in § 6 des Arbeitsvertrages sei unwirksam. Daduren würden Kündigungsschutzbestimmungen umgangen. Im übrigen handele es sich um einen unzulässigen zweischneidigen Tarifvorbehalt, weil sein die Regelung einerseits günstig, andererseits aber auch ungünstig für den Kläger habe auswirken können. Die Anpassung an die tarifliche Arbeitszeitsregelung verstoße im übrigen gegen die Übergangsvorschrift des § 2. Diese Vorschrift wolle gerade günstigere einzelvertragliche Vereinbarungen bestehen lassen.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch das Schreiben vom 21. September 1987 abgeändert ist, sondern zu den bisherigen Bedingungen mit einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 28 Unterrichtsstunden weiter fortbesteht.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, durch den arbeitsvertraglichen Vorbehalt in § 6 des Vertrages hätten sich die Parteien einer späteren tarifvertraglichen Regelung hinsichtlich der Pflichtstundenzahl unterworfen und eine nach der Übergangsregelung des § 2 des 56. Änderungstarifvertrages zulässige Änderungsvereinbarung vorweggenommen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger weiter sein erstinstanzliches Ziel, während der Beklagte Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, der Kläger habe weder arbeitsvertraglich noch tarifvertraglich einen Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Unterrichtsstundenzahl. § 6 des Arbeitsvertrages gelte vorbehaltlich einer anderen, auch tariflichen Regelung. Diese sei mit dem 56. Änderungstarifvertrag getroffen worden. Gegen die Wirksamkeit des Tarifvorbehalts beständen unter arbeitsvertraglichen Gesichtspunkten keine Bedenken, auch nicht wegen Umgehung des Kündigungsschutzes. Der Kläger könne sich nicht auf die Übergangsvorschrift des § 2 des 56. Änderungstarifvertrages berufen. Die Vorschrift stelle nur eine deklaratorische Wiedergabe des Günstigkeitsprinzips dar. Sie solle klarstellen, daß der Tarifvertrag gegenüber vorbehaltlosen betrieblichen Einheitsregelungen keine ablösende Wirkung habe oder daß Änderungskündigungen zur Anpassung an die tarifliche Arbeitszeit unwirksam seien. Letztlich enthielte die Tarifvorschrift so wie vom Kläger verstanden eine unzulässige beschränkte Effektivklausel.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch, bei dem Beklagten lediglich 28 Unterrichtsstunden leisten zu müssen. Die wöchentliche Pflichtstundenzahl beträgt für den Kläger nach § 6 Satz 1 seines Arbeitsvertrages zwar nur 28 Unterrichtsstunden. Diese Vereinbarung steht jedoch unter einem wirksamen Tarifvorbehalt. Da inzwischen mit den SR 2l II BAT eine tarifliche Regelung erlassen ist, gilt die dort festgelegt Arbeitszeit von 30 Stunden als vertragliche Arbeitszeit. Das folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrages.
Die Auslegung vertraglicher Willenserklärungen bestimmt sich nach den §§ 133, 157 BGB. Danach ist vom Wortlaut der Erklärung ausgehend der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und unter Berücksichtigung der Begleitumstände zu ermitteln, welchen Willen der Erklärende bei der Erklärung gehabt hat und wie der Empfänger der Erklärung das Angebot des anderen Vertragsteils verstanden hat oder verstehen mußte (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAGE 56, 326 = AP Nr. 5 zu § 3 BAT, m.w.N.). In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, daß unter “anderer Regelung” i.S. des § 6 des Arbeitsvertrages auch eine tarifvertragliche Regelung zu verstehen ist. Das folgt zunächst aus dem keinen einschränkenden Zusatz enthaltenen Wortlaut. Nach dem Sprachgebrauch im Arbeitsrecht umfaßt der Begriff “andere Regelung” neben der vertraglichen Vereinbarung ebenso die gesetzliche, tarifvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche Normsetzung. Dagegen kann zweifelhaft sein, ob das vom Kläger bevorzugte Verständnis einer einseitigen Änderungsbefugnis duren arbeitgeberseitige Leistungsbestimmung oder Ausübung eines Widerrufsvorbehalts davon überhaupt erfaßt wird (vgl. die gänzlich anders formulierten Vereinbarungen, die den vom Kläger angeführten Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 31. Januar 1985 – 2 AZR 393/83 – n.v. und vom 12. Dezember 1984 – 7 AZR 509/83 – BAGE 47, 314 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969 zugrunde lagen).
Auch aus der Gesamtkonzeption des Vertrages ergibt sich der Wille, in den Vertrag einen Tarifvorbehalt aufzunehmen. Dies wird besonders deutlich aus der Formulierung des § 2, der den seinerzeit geltenden Bundes-Angestelltentarifvertrag und seine zukünftigen Änderungen und Ergänzungen in Bezug nimmt. Auch die Stellung dieser Bestimmung zu Beginn des Vertrages betont die Bedeutung des Bundes-Angestelltentarifvertrages, der nicht nur am Ende der Vereinbarungen quasi als Auffangsregelungswerk erwähnt worden ist. Vielmehr wollten die Parteien mit dem bei allen Musiklehrern der Schule vereinbarten Vertrag die Einheit des öffentlichen Dienstes wahren. Das entspricht der Interessenlage. Dagegen kann nicht die Organisationsform des Beklagten als eingetragener Verein eingewandt werden. Der Beklagte erbringt als ausgelagerte Kommunalverwaltung eine öffentliche Dienstleistung (vgl. zur Anwendung der Grundsätze der betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst bei einer Eigengesellschaft einer Kommune das Senatsurteil vom 23. Juni 1988 – 6 AZR 137/86 – BAGE 59, 73 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). So ist der Beklagte Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes Niedersachsen (vgl. § 20 BAT Anh. I Anl. 3 Nr. 56) und für die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes tarifgebunden, wie die Stadt O… selbst.
Die Erklärung des Beklagten konnte von ihrem objektiven, gemäß § 157 BGB vom Empfängerhorizont zu bestimmenden Erklärungswert nur als umfassender Vorbehalt verstanden werden. Dabei ist es unbeachtlich, ob zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine tarifliche Regelung bevorstand oder nicht. Mit Änderungen und Ergänzungen gerade des BAT, zu dem bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Parteien im Oktober 1981 48 Änderungstarifverträge vereinbart worden sind, mußte stets gerechnet werden. Soweit die Revision meint, das habe der Kläger als Musikpädagoge nicht übersehen, verkennt sie, daß bei der Vertragsauslegung zwar auf den Horizont und die Verständnismöglichkeiten des Empfängers abzustellen ist, letztlich aber maßgebend ist, wie der Empfänger die Erklärung des Absenders nach dem objektiven Erklärungswert verstehen mußte.
2. Der vertragliche Tarifvorbehalt ist nicht unwirksam. Er stellt keine Umgehung des Kündigungsschutzes dar.
Der Beklagte hat ein den Kündigungsschutz umgehendes einseitiges Leistungsbestimmungsrecht oder ein Widerrufsrecht nicht geltend gemacht. Die “antiziperte” vertragliche Vereinbarung einer denkbaren anderweitigen tariflichen Regelung stellt keine Umgehung von Kündigungsschutz dar. Zwar wird im Ergebnis das Arbeitsverhältnis durch das Inkrafttreten des späteren Tarifvertrages in einem wesentlichen Punkt geändert. Das ist im Individualarbeitsrecht Aufgabe einer Änderungskündigung, die gerichtlich überprüfbar wäre. Doch tritt anstelle des Kündigungsschutzes im kollektivrechtlich geprägten Arbeitsverhältnis der Schutz, der von der Richtigkeitsgewähr des Tarifvertrages und der Gleichgewichtigkeit der Tarifvertragsparteien ausgeht, der anders als der geringere Schutz des § 315 BGB bei einer einseitigen Leistungsbestimmung und bei einem Widerrufsvorbehalt von gleichwertiger Qualität wie der Kündigungsschutz ist (vgl. zur gleichgelagerten Problematik der tariflichen Regelung, die den Arbeitgeber in einen tariflich vorgegebenen Rahmen einseitig zur Kürzung der Arbeitszeit berechtigt: BAGE 49, 125 = AB Nr. 4 zu § 9 TVAL II und BAGE 51, 131 = AP Nr. 7 zu § 15 BAT sowie Senatsurteil vom 17. März 1988 – 6 AZR 268/85 – BAGE 58, 19 = AR Nr. 11 zu § 15 BAT).
3. Die Rechtsauffassung des Klägers, der Tarifvorbehalt sei unwirksam, weil er einen zweischneidigen Vorbehalt enthalte, ist unzutreffend. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht bereits darauf hingewiesen, daß im vom Kläger angeführten Schrifttum das Problem erörtert wird, wie einzelvertragliche Bestimmungen zu bewerten sind, die zu einem bestehenden Tarifvertrag günstiger oder ungünstiger wirken können (Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. II, 1. Halbbd., S. 614; Nikisch, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Bd. II, S. 435). Ein vertraglicher Tarifvorbehalt wie vorliegend wird dort nicht abgehandelt. Deshalb spricht Nikisch (aaO) auch nicht vom zweischneidigen Vorbehalt, sondern von zweischneidigen Bestimmungen. Das Problem zweischneidiger Bestimmungen betrifft aber den Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG. Im Streitfall gent es aber um die Frage, ob und inwieweit vertraglich die Wirkung eines später eventuell auch ungünstiger ausfallenden Tarifvertrages vereinbart werden kann. Dagegen bestehen keine tarifrechtlichen Bedenken.
4. Der Kläger hat auch keinen im Änderungstarifvertrag begründeten Anspruch auf Beibehaltung einer Unterrichtsverpflichtung von 28 Stunden. Zwar bestimmt § 2 des 56. Änderungstarifvertrages, daß eine günstigere einzelvertragliche Regelung zur Arbeitszeit durch das Inkrafttreten der Nr. 2 SR 2l II BAT für einen näher beschriebenen Angestelltenkreis nicht berührt wird. Darauf kann sich der Kläger jedoch nicht berufen. Der Tarifauslegung des Landesarbeitsgerichts, das die ständige Rechtsprechung des Senats zugrunde gelegt hat, ist zuzustimmen. Der Wortlaut des § 2 des 56. Änderungstarifvertrages zum BAT enthält keine beschränkte Geltung für Neuverträge und ungünstigere Altverträge. Mit der Formulierung “wird nicht berührt” sollte lediglich der Fortbestand günstigerer vertraglicher Vereinbarungen erreicht werden. Damit enthält die Regelung eine deklaratorische Wiedergabe des durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geformten Günstigkeitsprinzips des § 4 Abs. 3 TVG (Glemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Juni 1990, SR 2l II Nr. 2 Erl. 1.6.; Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand August 1990, SR 2l II Nr. 1 Rz 5; BAGE – GS – 53, 42, 60 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, zu C II 3 der Gründe, m.w.N.). § 2 des 56. Änderungstarifvertrages ist daher auch nach seinem ganz typischen Wortlaut als eine sog. “Besitztandsklausel” (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 265) anzusehen. Für eine weitergehende, einen Teil der Arbeitsverhältnisse aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages ausklammernde Wirkung, hätte es eindeutigerer Formulierungen der Tarifvertragsparteien bedurft. Nach der vorliegenden Fassung kann nicht angenommen werden, die Tarifvertragsparteien hätten einem Teil der Altverträge dem Schutz der tariflichen Mindestbedingungen völlig entziehen und diese ausschließlich der vertraglichen Disposition überlassen wollen. Soweit die Revision zu einem entgegenstehenden Willen auf ihren unter Beweisantritt gestellten Vortrag zweiter Instanz verweist und die fehlende Sachaufklärung des Landesarbeitsgerichts rügt, ist die Rüge unbegründet. Der Wille der Tarifvertragsparteien, wie er in Tarifverhandlungen geäußert worden ist, bleibt so lange unbeachtlich, wie er in den Tarifvorschriften keinen Niederschlag gefunden hat.
Eine weitergehende Auslegung ist auch deshalb abzulehnen, weil die Aufhebung einer einzelvertraglichen Tarifvorbehaltsklausel durch Tarifvertrag eine Wirkung zeigt, die der einer begrenzten Effektivklausel in Lohn- und Gehaltstarifrecht gleicht (BAGE 20, 308; 56, 120 = AP Nr. 7 und 15 zu § 4 TVG Effektivklausel). Das ist rechtlich bedenklich. Tarifvertragsparteien können in ihren Tarifverträgen nur Mindestbedingungen normieren. Sie sind nicht befugt, darüber hinausgehende übertarifvertragliche oder vortarifvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers entgegen dem niedergelegten Willen der Arbeitsvertragsparteien festzuschreiben. Den Tarifvertragsparteien fehlt die Regelungsmacht, tarifrechtlich in die Freiheit der Vertragsgestaltung einzugreifen. Die Tarifvertragsparteien hätten damit die Grenzen der Tarifautonomie überschritten (Brox/Müller, Anm zu AP Nr. 15 zu § 4 TVG Effektivklausel).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Jobs, Dr. Freitag, Dörner, Ostkamp, Kamm
Fundstellen
Haufe-Index 839230 |
RdA 1991, 61 |