Entscheidungsstichwort (Thema)
Gehaltsfortzahlung an Berufsfußballspieler. Einsatzprämie als fortzuzahlendes Arbeitsentgelt
Leitsatz (redaktionell)
vgl. zum Lohnausfallprinzip bei Prämienregelungen für Berufsfußballspieler: Senatsurteil vom 6. Dezember 1995 – 5 AZR 237/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen
Normenkette
BGB § 616 Abs. 1, 2 (in der bis zum 31. Mai 1994 gültigen Fassung)
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 7. Dezember 1994 – 3 Sa 76/94 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zu der dem Kläger wegen seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden Vergütung auch die vereinbarte Einsatzprämie pro Meisterschaftsspiel zählt.
Der Kläger war seit 1. Juli 1989 als Berufsfußballspieler, nämlich als Torwart, bei dem beklagten Sportverein für dessen in der 1. Bundesliga spielende Fußballmannschaft angestellt. Für die Zeit ab 1. Juli 1991 waren als monatliches Grundgehalt 7.500,00 DM sowie Zahlungen nach einer Prämienordnung vereinbart. Nach deren Nr. 2.A wurde eine Einsatzprämie pro Meisterschaftsspiel in Höhe von 2.000,00 DM gezahlt. Hinzu kamen weitere Spielprämien. Die Fortzahlung der Vergütung im Fall der Verletzung oder der sonstigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Spielers sollte sich „nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 616 BGB)” richten.
Der Kläger war sog. Stammspieler; vor seiner Verletzung am 14. September 1991 wurde er in allen Meisterschaftsspielen (Pflichtspielen) eingesetzt. Die Verletzung vom 14. September 1991 führte zu einer mehrmonatigen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Nach seiner Genesung wurde der Kläger – wie der Beklagte behauptet – nicht mehr eingesetzt.
Der Beklagte hat dem Kläger für die Dauer von sechs Wochen seit seiner Verletzung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zwar das monatliche Grundgehalt, jedoch nicht die Einsatzprämien fortgezahlt, obwohl die Vereinsmannschaft in diesen sechs Wochen insgesamt sechs Pflichtspiele in der 1. Bundesliga durchführte.
Der Kläger hat geltend gemacht, ohne seine Verletzung wäre er in diesen sechs Meisterschaftsspielen als Torwart eingesetzt worden. Deshalb stehe ihm über die gezahlte Vergütung hinaus als weiterer Teil der Vergütungsfortzahlung ein Betrag von 12.000,00 DM zu.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 12.000,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 12. Januar 1994 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat entgegnet, die Einsatzprämie zähle nicht zum fortzuzahlenden Entgelt im Sinne des § 616 BGB. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf gehabt, als Torwart eingesetzt zu werden; deswegen fehle es an der erforderlichen Kausalität der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit für den Ausfall der Vergütung des Klägers.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht als Gehaltsfortzahlung für den Krankheitsfall der mit der Klage geltend gemachte weitere Betrag zu (§ 616 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in der bis zum 31. Mai 1994 geltenden Fassung).
I. Nach § 616 Abs. 1 und Abs. 2 BGB a.F. behält der unverschuldet erkrankte Angestellte einen Anspruch auf die vertragsgemäße Vergütung für die Dauer von sechs Wochen.
1. Der Kläger war – worüber die Parteien nicht streiten – als Berufsfußballspieler in einer in der Bundesliga spielenden Fußballmannschaft Angestellter im Sinne des § 616 BGB (BAG in ständiger Rechtsprechung; statt vieler: Urteil vom 22. August 1984 – 5 AZR 539/81 – AP Nr. 65 zu § 616 BGB, m.w.N., mit insoweit zustimmender Anmerkung von Trieschmann).
2. Die im Krankheitsfall fortzuzahlende Vergütung ist das regelmäßige Arbeitsentgelt (BAG Urteil vom 31. Mai 1978 – 5 AZR 116/77 – AP Nr. 9 zu § 2 LohnFG; Schmitt, Lohnfortzahlungsgesetz und Bestimmungen zur Gehaltsfortzahlung (1992), § 2 LFZG Rz 23). Hierzu zählt vorliegend auch die sog. Einsatzprämie gemäß der „Prämienordnung”.
a) Die sog. Prämienordnung ist Bestandteil des Arbeitsvertrags der Parteien geworden. Dies wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.
b) Unzutreffend ist indessen die Auffassung des Beklagten, bei der Einsatzprämie handele es sich um eine Zahlung, auf die kein Rechtsanspruch bestehe; der einzelne Mannschaftsspieler habe keinen gesicherten Anspruch, sondern nur eine Chance, in Meisterschaftsspielen eingesetzt zu werden. Zu Unrecht meint die Revision, sich insoweit auf das Urteil des Senats vom 22. August 1984 (– 5 AZR 539/81 – AP Nr. 65 zu § 616 BGB) stützen zu können. In jener Streitsache hatte der Kläger, ein Lizenzfußballspieler, Anspruch auf eine gestaffelte Jahresprämie, die sich nach der Zahl der Pflichtspiele richtete. Einen Anspruch auf Teilnahme an den Pflichtspielen hatte der damalige Kläger jedoch nicht. Daher hat der Senat damals angenommen, daß die Jahresprämie anteilig gemäß der Annahme der Spiele gemindert werden dürfte, die der Kläger wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit versäumt habe.
Um diese Fragestellung geht es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Nach den Vereinbarungen der Parteien gehört zum Arbeitsentgelt nicht nur das laufende monatliche Grundgehalt, sondern auch die für das jeweilige Spiel gezahlte Einsatzprämie. Zwar hat der Kläger als Torwart keinen Anspruch darauf, in jedem Meisterschaftsspiel seiner Mannschaft eingesetzt zu werden. Darüber muß der Trainer von Fall zu Fall entscheiden. Hieraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß die Einsatzprämien nicht zum Arbeitsentgelt gehörten und damit nicht zur Vergütung im Sinne des § 616 Abs. 1 BGB a.F. zu rechnen seien (a.A. Schulin in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 82 Rz 9). Ob ein Spieler Anspruch darauf hatte, beim jeweiligen Spiel eingesetzt zu werden, ist für die Frage, ob und inwieweit Prämien zum fortzuzahlenden Entgelt zählen, ohne rechtliche Bedeutung. Diese Frage ist erst zu stellen, wenn geprüft wird, ob die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung, hier: Nichteinsatz in einem Meisterschaftsspiel, und damit für den Verlust des Vergütungsanspruchs bildet (vgl. statt vieler: BAG Urteil vom 22. August 1984 – 5 AZR 539/81 – AP Nr. 65 zu § 616 BGB, zu I 2 a der Gründe, m.w.N.). Wird der Kläger in einem Meisterschaftsspiel eingesetzt, so erhält er die Einsatzprämie. Sie ist daher Entgelt für die Arbeitsleistung des Klägers und gehört als Leistungsbestandteil zum Austauschverhältnis der Parteien. Daß die Einsatzprämie nicht von Anfang an feststeht, sondern einsatzabhängiger Lohnbestandteil ist, ändert nichts daran, daß sie nach Grund und Höhe bestimmbar und einer bestimmten Arbeitsleistung zuzuordnen ist. Dies unterscheidet die vorliegende Einsatzprämie von der Jahresprämie, wie sie der Entscheidung des Senats vom 22. August 1984 (– 5 AZR 539/81 – AP Nr. 65 zu § 616 BGB) zugrunde lag. Zweck der vorliegenden Einsatzprämienregelung ist nicht, zusätzlich zur normalen Arbeitsleistung eine Sondervergütung zu zahlen, sondern die normale Arbeitsleistung (Einsatz in Meisterschaftsspielen) zu vergüten.
c) Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang Einsatzprämien als fortzuzahlendes Arbeitsentgelt weiter zu zahlen sind, ist auf eine hypothetische Betrachtung des Zeitraums der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit abzustellen (Lohnausfallprinzip). Nach § 616 Abs. 1 und Abs. 2 BGB a.F. soll der Angestellte diejenige Vergütung erhalten, die er verdient hätte, wenn er nicht aus Krankheitsgründen an der Leistung der Dienste verhindert gewesen wäre; er soll nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt werden, als wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. Dieses Lohnausfallprinzip ist grundsätzlich auch anzuwenden, soweit es um spielbezogene Prämienregelungen im Berufsfußball geht (vgl. im einzelnen: Senatsurteil vom 6. Dezember 1995 – 5 AZR 237/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
II. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Seine Ausführungen, wonach krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers die alleinige Ursache dafür ist, daß er in den sechs Punktspielen nicht eingesetzt worden ist, sind nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist der entsprechenden Behauptung des Klägers nicht substantiiert entgegengetreten. Dies hat das Landesarbeitsgericht festgestellt; insoweit sind auch keine Revisionsrügen erhoben worden.
Unterschriften
Griebeling, Schliemann, Reinecke, Enck, Kreienbaum
Fundstellen
Haufe-Index 1086601 |
SpuRt 1997, 61 |