Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag einer beurlaubten Beamtin
Normenkette
BGB § 620
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25. August 1999 – 7 Sa 342/99 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Fortbestand bzw. über die Fortführung ihres Arbeitsverhältnisses über die vereinbarte Befristung zum 9. August 1998 hinaus bis zum 31. Januar 2003 sowie über einen entsprechenden Weiterbeschäftigungsanspruch.
Die Klägerin ist Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie ist als Lehrerin für die Fächer Anglistik und Geographie tätig. Die Klägerin schloß mit der Beklagten zwei befristete Arbeitsverträge. Danach wurde sie im Rahmen des von dieser betriebenen Auslandsschulwesens vom 1. Februar 1995 bis zum 9. August 1998 als Fachberaterin für Deutsch in Stanford/California (USA) eingesetzt. Für diese Zeit erhielt die Klägerin von ihrem Dienstherrn Sonderurlaub nach § 12 Abs. 3 der Verordnung über den Sonderurlaub der Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen (Sonderurlaubsverordnung – SUrlV).
Die Beklagte gibt ein Merkblatt für Lehrerinnen und Lehrer heraus, die ua. als Fachberater(innen) für Deutsch im Ausland tätig werden wollen. In der von der Beklagten vorgelegten Fassung vom 16. April 1996 heißt es in Abschnitt VI.5 ua., die Vertragsdauer der Verpflichtung betrage in der Regel 3 Jahre, bei Vermittlungen in gesundheitsgefährdete Gebiete 2 Jahre; im ersten Fall sei eine Verlängerung um zunächst ein Jahr und danach um weitere 2 Jahre möglich, im zweiten Fall eine Verlängerung um 1 + 1 + 2 Jahre. Die gesamte Vertragszeit könne in beiden Fällen 6 Jahre umfassen. Für die Tätigkeit in einer besonderen Funktion könne eine zusätzliche Verlängerung um 2 Jahre bis zur einer Gesamtzeit von 8 Jahren gewährt werden.
Nach einem Runderlaß des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30. Juni 1996 (GABI. NW S 155) wurde als im Lande anzuwendende Regelung für das Auslandsschulwesen ua. der Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 14. Februar 1996 zur Dauer der Beurlaubung der Auslandsdienstkräfte bekanntgegeben. Demnach wird die Beurlaubung für drei Jahre ausgesprochen. Die Verlängerung der Beurlaubung soll bei Bewährung der Lehrkraft in der Regel zunächst für ein Jahr und dann ggf. für zwei weitere Jahre bis zu einer Höchstdauer von sechs Jahren ausgesprochen werden. Eine Verlängerung der Beurlaubung ist möglich bei Zustimmung der Lehrkraft, des Schulleiters, des ausländischen Vertragspartners, des innerdeutschen Dienstherrn und des Auswärtigen Amtes (Zentralstelle für das Auslandsschulwesen). Einer Auslandstätigkeit von höchstens acht Jahren kann zugestimmt werden ua. für die Wahrnehmung der Funktion des Fachberaters für Deutsch.
Mit ihrer am 24. Juli 1998 eingereichten Klage hatte die Klägerin zunächst geltend gemacht, infolge Fehlens eines sachlichen Grundes für die Befristung zum 9. August 1998 stehe sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat sie vor allem die Dauer der Befristung beanstandet und geltend gemacht, Grundlage ihrer Einstellung sei eine Vertragsdauer von acht Jahren gewesen. Die Befristung nur bis zum 9. August 1998 widerspreche den eigenen Richtlinien der Beklagten. Sie sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte unter Verletzung des Art. 3 GG von ihrer ständigen Verwaltungspraxis abgewichen sei und gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe. Aus dem Runderlaß des Ministeriums und dem Merkblatt der Beklagten ergebe sich, daß im Regelfall die Fachberaterstelle für acht Jahre besetzt werde. Dementsprechend verlängere die Beklagte bei fast allen Kollegen der Klägerin im Auslandsschuldienst die Verträge ständig bis zur Grenze von acht Jahren. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz habe die Beklagte daher eine Pflicht zur Vertragsverlängerung bis zur Gesamtdauer von acht Jahren. Die Bereitschaft der Klägerin, auch die Maximalzeit von acht Jahren in Stanford zu bleiben, sei Grundlage für den Vertragsschluß im Jahre 1994 gewesen. Die Beklagte habe eine entsprechende Verlängerung des zunächst kürzer befristeten Vertrags als Automatismus dargestellt; der Klägerin sei im Einstellungsgespräch erklärt worden, der Regelfall sei eine Tätigkeit von acht Jahren. Darauf habe sich die Klägerin eingestellt. Auch nach Art. 33 Abs. 2 GG könne die Klägerin die Vertragsverlängerung verlangen, zumal die Beklagte die von der Klägerin innegehabte Stelle erneut ausgeschrieben habe.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis über den 9. August 1998 hinaus bis zum 31. Januar 2003 fortbesteht;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den 9. August 1998 hinaus bis zum 31. Januar 2003 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Befristung des allein der Befristungskontrolle unterliegenden Arbeitsvertrags vom 14. April/20. Mai 1997 rechtswirksam war und das Arbeitsverhältnis daher zum 9. August 1998 endete. Denn die Befristung ist sachlich gerechtfertigt.
- Der Senat versteht den Klageantrag trotz seiner mißverständlichen Formulierung dahin, daß die Klägerin nicht nur eine Verlängerung der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses erstrebt, sondern nach § 1 Abs. 5 BeschFG die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages zum 9. August 1998 geltend macht.
- Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Befristung bedeute keine Umgehung des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzrechts, da dieses nicht für “Beschäftigungsbereiche gelte, die der Natur der Sache nach nicht auf Dauer ausgelegt sind”. Vielmehr wurde durch die Befristung der andernfalls eingreifende Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz objektiv umgangen.
- Das Berufungsurteil erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig, weil ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit der Klägerin gegeben war. Die Befristung entspricht den Wertungsgrundsätzen der Befristungskontrolle, wie sie der Senat im Anschluß an die Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Oktober 1960 (– GS 1/59 – BAGE 10, 65 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 16) entwickelt hat. Auf dieser Grundlage hat der Senat bereits mehrfach insbesondere den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zum bisherigen Arbeitgeber und die gesicherte Rückkehrmöglichkeit des Arbeitnehmers in dieses Arbeitsverhältnis als sachlichen Befristungsgrund anerkannt (vgl. zB BAG 22. März 1985 – 7 AZR 487/84 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 89; 28. August 1996 – 7 AZR 849/95 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 181 = EzA BGB § 620 Nr. 141; 1. Dezember 1993 – 7 AZR 59/93 – RzK I 9a Nr. 82). Dies gilt erst recht, wenn der beim neuen Arbeitgeber befristet Beschäftigte in einem gesicherten Beamtenverhältnis steht. Die Klägerin steht in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Land Nordrhein-Westfalen und war von diesem nur vorübergehend beurlaubt. Alle Beteiligten gingen davon aus, daß die Klägerin nur für eine vorübergehende Zeit, keinesfalls aber auf Dauer, in Stanford/California tätig sein sollte. Die Klägerin hatte jederzeit eine gesicherte Rückkehrmöglichkeit in ihr Beamtenverhältnis. Diese Tatsachen insgesamt gewürdigt rechtfertigen den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrags mit der Klägerin an Stelle eines unbefristeten Arbeitsvertrags.
- Der Sachgrund wird durch die Einwände der Klägerin gegen die Dauer der Befristung nicht in Frage gestellt. Es bedarf neben dem Sachgrund für die Befristung selbst nicht noch zusätzlich einer eigenen Rechtfertigung für die Dauer der Befristung. Die Dauer muß lediglich mit dem Sachgrund der Befristung insoweit in Einklang stehen, daß sich aus ihr nicht ergibt, daß der angegebene Sachgrund in Wahrheit nicht vorliegt oder nur vorgeschoben wurde (ständige Rechtsprechung seit dem Senatsurteil vom 26. August 1988 – 7 AZR 101/88 – BAGE 59, 265 = AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 124). Hierfür gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte. Die gewählte Befristungsdauer zum 9. August 1998 beruhte vielmehr auf nachvollziehbaren Erwägungen. Aus der Tatsache, daß die Beklagte sich nicht an die Vorgaben in ihrem Merkblatt und den Beschluß der Kultusministerkonferenz gehalten hat, kann nicht gefolgert werden, es seien in Wahrheit andere als die von der Beklagten vorgetragenen Gründe für die Befristung ausschlaggebend gewesen. Vielmehr hat sich die Beklagte an den jeweiligen Beurlaubungen der Klägerin durch das Land Nordrhein-Westfalen orientiert, die ihrerseits jeweils auf einem entsprechenden Antrag der Klägerin beruhten. Der bloß vorübergehende Charakter der Beschäftigung der Klägerin durch die Beklagte und damit der Sachgrund der Befristung wird dadurch nicht in Frage gestellt.
- Das weitere Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, Art. 33 Abs. 2 GG nicht beachtet sowie einen Vertrauenstatbestand hinsichtlich einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses auf acht Jahre geschaffen, ist für die Befristungskontrolle unbeachtlich. Diese Gesichtspunkte können allenfalls einen Anspruch der Klägerin auf Abschluß eines Verlängerungsvertrages bzw. auf Schadenersatz begründen. Derartige Klageanträge hat die Klägerin jedoch nicht gestellt.
- Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin unbegründet.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Linsenmaier, Wilke, Seiler
Fundstellen
Haufe-Index 892473 |
ZTR 2001, 525 |