Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Tätigkeitszulage während Orientierungsphase
Normenkette
Änderungstarifvertrag Nr. 406 §§ 5, 7 Anl. 2
Verfahrensgang
ArbG München (Urteil vom 07.06.1994; Aktenzeichen 15 Ca 20874/93) |
Tenor
1. Die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 07. Juni 1994 – 15 Ca 20874/93 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Sprungrevision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Tätigkeitszulage.
Der Kläger ist als Kommunikationselektroniker beim Fernmeldeamt M. 1 beschäftigt. Nach Abschluß seiner Ausbildung wurde er ab dem 14. Februar 1991 auf einem Beamtendienstposten der Bewertung A 7 bei der Dienststelle Rundfunkübertragung eingesetzt. Der Kläger wurde zunächst nach Lohngruppe 6 der Anl. 2 zum TV Arb bezahlt; zum 1. Februar 1993 wurde der Kläger in Lohngruppe 7 und seit dem 1. August 1993 in die Lohngruppe 8 eingruppiert. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der Tarifvertrag für Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) kraft einzelvertraglicher Vereinbarung und beidseitiger Tarifbindung Anwendung.
Die Eingruppierung der als Kommunikationselektroniker beschäftigten Handwerker regelt § 5 Abs. 1 Anl. 2 zum TV Arb folgendermaßen:
„…
1.b) |
Handwerker als Kommunikationselektroniker |
Lohngruppe |
|
- während der Orientierungsphase |
6 |
|
alle Arbeitsposten für Beamte |
|
|
- in den ersten sechs Monaten nach der Orientierungsphase |
7 |
|
alle Arbeitsposten für Beamte |
|
|
- nach Ablauf der ersten sechs Monate nach der Orientierungsphase |
7 |
|
A3/A4 |
|
…”
In einer gemeinsamen Erklärung der Generaldirektion TELEKOM (GD TELEKOM) und der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) zum weiteren Berufsweg der Kommunikationselektroniker/innen vom 18. Dezember 1990 ist u.a. festgelegt:
„…
–Orientierungsphase von festgelegter Dauer (24 Monate) zu einheitlicher Bezahlung unterhalb LGr I für alle Kommunikationselektroniker/innen.
…”
Während der Orientierungsphase wird der Kommunikationselektroniker, der die Prüfung nach der Ausbildungs-, Prüfungs- und Laufbahnordnung für den mittleren technischen Dienst (APLO) erfolgreich absolviert hat, im mittleren fernmeldetechnischen Dienst tätig. Der Kommunikationselektroniker kann an weiterführenden und spezialisierenden Lehrgängen von maximal acht Wochen teilnehmen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung einer tariflichen Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb für den Zeitraum von Februar 1991 bis einschließlich 31. Juli 1993 in Höhe von 9.818,69 DM. § 7 Abs. 9 Anl. 2 zum TV Arb lautet wie folgt:
„…
(9) Wird ein Arbeiter auf einem Arbeitsposten für Beamte mit der Bewertung nach BesGr A 7 oder höher beschäftigt, so erhält er in jedem Lohnmonat, in dem er auf diesem Arbeitsposten für Beamte für einen Zeitraum von mindestens 15 Kalendertagen beschäftigt ist,
Im übrigen gelten die Absätze 3 bis 7 entsprechend.
…”
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe die tarifliche Tätigkeitszulage bereits nach dem Wortlaut der tarifvertraglichen Bestimmung zu. Sollte die Beklagte andere Vorstellungen haben, müßte dies im Tarifvertragstext zum Ausdruck kommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.818,69 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die Bestimmung des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb könne nur aus dem tariflichen Gesamt Zusammenhang heraus richtig dahin beurteilt werden, daß dem Kläger kein Anspruch auf die Tätigkeitszulage zustehe. Die Tarifvertragsparteien hätten während der Orientierungsphase eine einheitliche Eingruppierung sämtlicher Kommunikationselektroniker vereinbart; darüber hinaus sei der Wortlaut des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb nicht eindeutig, da er offen lasse, nach welcher Lohngruppe die Tätigkeitszulage zu berechnen sei. Außerdem sei unter dem Begriff „Beschäftigung” nur der vollwertige, unter entsprechender Verantwortlichkeit stehende Arbeitseinsatz des Arbeiters auf dem Beamtenposten mit der entsprechenden Bewertung zu verstehen, nicht jedoch die mit Ausbildungscharakter verbundene Tätigkeit des Klägers während der Orientierungsphase.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Arbeitsgericht zugelassenen Sprungrevision. Der Kläger bittet, die Sprungrevision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Sprungrevision der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Kläger hat nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb einen Anspruch auf Zahlung der tariflichen Tätigkeitszulage. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht erkannt.
I. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Anspruch des Klägers folge aus der wortgetreuen Auslegung des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb. Dabei stützt sich das Arbeitsgericht auf die Urteilsbegründung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Urteil vom 7. April 1994 (– 5 Sa 1796/93 –, vgl. Parallelverfahren – 10 AZR 516/94 – Urteil des Senats vom gleichen Tage). Ergänzend führt das Arbeitsgericht aus, daß es die Tarifvertragsparteien in den nachfolgenden Änderungen der jeweiligen Tarifverträge unterlassen haben, bei § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb eine Klarstellung im Sinne des Vortrags der Beklagten aufzunehmen.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
II. Die zulässige Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet, da dem Kläger der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf die tarifliche Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 Anl. 2 zum TV Arb zusteht.
1. Die Sprungsrevision ist zulässig. Das Arbeitsgericht hat auf den fristgemäßen Antrag der Beklagten, dem die Zustimmung des Klägers beigefügt war (§ 76 Abs. 1 ArbGG), die Sprungrevision zugelassen. Die Beklagte hat die Sprungrevision fristgerecht eingereicht und frist- sowie ordnungsgemäß begründet.
2. Der Kläger erfüllt die tarifvertraglichen Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung der Tätigkeitszulage. Das folgt aus der Auslegung des TV Arb.
a) Bei der Tarifauslegung ist – entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung – zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamt Zusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auch auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrags zurückgegriffen werden, wobei es für die Gerichte eine Bindung an eine bestimmte Reihenfolge bei der Heranziehung dieser weiteren Auslegungsmittel nicht gibt (BAGE 46, 308, 313 ff. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; dabei gebührt im Zweifel derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAGE 60, 219, 224 = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation, m.w.N.; BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 329/93 – AP Nr. 114 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel).
b) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich aus § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der mit der Klage begehrten Tätigkeitszulage.
Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb ist der Anspruch auf die tarifliche Tätigkeitszulage für den Kläger zu bejahen. Voraussetzung ist danach, daß ein Arbeiter auf einem Beamten-Dienstposten mit der Bewertung nach der Besoldungsgruppe A 7 oder höher beschäftigt ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger; nach dem vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalt ist er seit dem 14. Februar 1991 auf einem Beamten-Dienstposten mit der Bewertung A 7 eingesetzt. Der Kläger ist auch als „beschäftigt” im Tarifsinne anzusehen. Das folgt schon daraus, daß der Kläger ganz überwiegend die praktische und arbeitsplatzbezogene Tätigkeit als Kommunikationselektroniker ausführt. Im übrigen geht auch die Beklagte davon aus, daß „Beschäftigung” im Tarifsinne den Einsatz auf einem Beamten-Dienstposten meint. Dementsprechend sieht § 5 Abs. 2 der Anl. 2 zum TV Arb vor, daß als „Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost” eine Beschäftigung im Arbeitsverhältnis als Angestellter oder Arbeiter gilt.
c) Diesem aus dem Tarifwortlaut gefundenen Auslegungsergebnis stehen der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien, der Sinn und Zweck der tariflichen Regelung und deren Gesamtzusammenhang nicht entgegen.
Von einem übereinstimmenden wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, die Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase von dem Anspruch auf die Tätigkeitszulage auszuschließen, kann nicht ausgegangen werden. Wie das Schreiben der DPG vom 2. August 1993 zeigt, war ein solcher Ausschluß nicht Gegenstand der Verhandlungen über die Entlohnung der Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase. Ein solcher wirklicher Wille der Tarifvertragsparteien könnte nur berücksichtigt werden, wenn und soweit er in den tariflichen Normen Niederschlag gefunden hätte (BAG Urteil vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 224/93 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Kirchen). Über einen Ausschluß der Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase vom Anspruch auf Zahlung der Tätigkeitszulage ist der Tarifvorschrift jedoch nichts zu entnehmen.
§ 7 der Anl. 2 zum TV Arb benennt in seinen einzelnen Absätzen jeweils ausdrücklich die betroffenen oder ausgenommenen Arbeiter (vgl. „Arbeiter nach § 5 Abs. 1 Nr. 4”, „Arbeiter nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 3”, „ausgenommen Arbeiter nach § 6 Abs. 3 und 4”). § 7 Abs. 9 enthält eine solche Konkretisierung nicht, spricht vielmehr nur allgemein von „ein Arbeiter”. Kommunikationselektroniker, d.h. „Arbeiter nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 b” sind nicht ausgenommen worden. Eine solche ausdrückliche Herausnahme hätte aber bei der detaillierten Regelung der Tätigkeitszulagen nahegelegen, wenn es der Wille der Tarifvertragsparteien gewesen wäre, Kommunikationselektronikern keine Tätigkeitszulagen nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb zu zahlen.
Auch Sinn und Zweck der Tarifregelung über die Zahlung der Tätigkeitszulage und die Bezahlung der Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase in § 5 Abs. 1 der Anl. 2 zum TV Arb sprechen nicht gegen das aus dem Wortlaut gefundene Auslegungsergebnis.
Daß – wie die Beklagte vorträgt – der Kläger als Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase mit Ausbildungscharakter tätig war, haben die Tarifvertragsparteien in der Regelung über die Bezahlung der Handwerker als Kommunikationselektroniker nach § 5 Abs. 1 der Anl. 2 zum TV Arb besonders geregelt. Nach § 5 Abs. 1 der Anl. 2 zum TV Arb sollen die Kommunikationselektroniker danach während der Orientierungsphase (24 Monate) auf allen Arbeitsposten für Beamte nach Lohngruppe 6 bezahlt und anschließend in Lohngruppe 7 eingruppiert werden. Soweit die Orientierungsphase der Kommunikationselektroniker nach der Ausbildungs-, Prüfungs- und Laufbahnordnung für den einfachen und mittleren fernmeldetechnischen Dienst (APLO) in einen einjährigen ersten Abschnitt der Einarbeitungsphase mit „Ersteinsatz” und einen ebenfalls einjährigen zweiten Abschnitt mit fachbereichsbezogener Vertiefung auf Personalposten des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes aufgeteilt ist, hat dies in der Eingruppierungs- bzw. Lohnregelung keinen Niederschlag mehr gefunden. Daraus zu schließen, die Kommunikationselektroniker seien während der Orientierungsphase auch von der Zahlung der Tätigkeitszulage ausgeschlossen, ist nicht gerechtfertigt; insbesondere, da die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung der Eingruppierungsregelung für die Kommunikationselektroniker Gelegenheit gehabt hätten, die Zahlung der Tätigkeitszulage anzupassen.
Auch aus dem Gesamt Zusammenhang der tariflichen Regelungen läßt sich – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht entnehmen, daß die Zahlung der tariflichen Tätigkeitszulage voraussetzt, der Arbeiter müsse in die Lohngruppe 7 a bzw. 8 eingruppiert sein. Im Gegensatz zum zweiten Spiegelstrich in § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb, in dem ausdrücklich eine Entlohnung des Arbeiters nach einer bestimmten Lohngruppe, der Lohngruppe 9, nach Abschn. III, § 17, Tätigkeitsmerkmale Nr. 1 bis 3, vorgesehen ist, ist im ersten Spiegelstrich in § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb die Entlohnung des Arbeiters nach einer bestimmten Lohngruppe nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Die Voraussetzung einer bestimmten Lohngruppe für die Arbeiter, denen § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb einen Anspruch auf eine Tätigkeitszulage einräumt, hat daher im ersten Spiegelstrich dieser Regelung keinen Niederschlag gefunden; sie folgt auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Vorschriften.
Dem Anspruch des Klägers steht insbesondere nicht entgegen, daß die Kommunikationselektroniker während der Orientierungsphase von 24 Monaten Entlohnung nach Lohngruppe 6 bekommen und während der ersten sechs Monate nach der Orientierungsphase nach Lohngruppe 7 unabhängig davon, wie der Dienstposten als Arbeitsposten für Beamte bewertet ist. Die von der Beklagten zitierte Vereinbarung in der gemeinsamen Erklärung der Generaldirektion TELEKOM und der Deutschen Postgewerkschaft zum weiteren Berufsweg der Kommunikationselektroniker/innen, wonach während der Orientierungsphase eine einheitliche Bezahlung unterhalb Lohngruppe I (neu: Lohngruppe 7 a) für alle Kommunikationselektroniker/innen erfolgen soll, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auf dieser gemeinsamen Erklärung, die selbst keine Tarifnorm ist (BAG Urteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – AP Nr. 12 zu § 1 TVG Rückwirkung), basiert die Eingruppierungsregelung für Handwerker als Kommunikationselektroniker in § 5 Abs. 1 der Anl. 2 zum TV Arb, wonach diese während der Orientierungsphase (24 Monate) nach Lohngruppe 6 entlohnt werden. Der Regelung kann jedoch nicht entnommen werden, daß dadurch Tätigkeitszulagen, die von anderen Kriterien ausgehen als der Eingruppierung, ausgeschlossen sein sollen. Die Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb knüpft daran an, daß der Arbeiter auf einem Arbeitsposten für Beamte mit der Bewertung nach Besoldungsgruppe A 7 oder höher beschäftigt wird.
Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, daß die Bezahlung der Kommunikationselektroniker in der Orientierungsphase von der Wertigkeit der versehenen Personalposten des mittleren fernmeldetechnischen Dienstes völlig abgekoppelt ist. Zwar ist die Eingruppierung unabhängig von der Wertigkeit des Beamtendienstpostens in Lohngruppe 6 vorgeschrieben. Die Zahlung der Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 der Anl. 2 zum TV Arb richtet sich jedoch nach der Bewertung des Arbeitspostens als Beamten-Dienstposten. Ein Wille der Tarifpartner, die Kommunikationselektroniker außerhalb der einheitlichen Eingruppierung während der Orientierungsphase in Lohngruppe 6 von anderen tariflichen Ansprüchen, z.B. auf die Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 Anl. 2 zum TV Arb, auszunehmen, hat weder in der tariflichen Regelung noch in der gemeinsamen Erklärung vom 18. Dezember 1990 einen Niederschlag gefunden.
d) Dieses Ergebnis ist auch sinnvoll und praktikabel. Es führt dazu, daß diejenigen Kommunikationselektroniker, die auf Beamten-Dienstposten mit der Bewertung A 7 und höher eingesetzt sind, unabhängig von ihrer Eingruppierung die Tätigkeitszulage nach Lohngruppe 7 a bzw. 8 erhalten. Dagegen werden die in die Lohngruppe 7 a bzw. 8 eingruppierten Kommunikationselektroniker bereits aufgrund der Eingruppierung höher bezahlt. Es macht durchaus einen Sinn, wenn gerade denjenigen Kommunikationselektronikern die Tätigkeitszulage gewährt wird, die noch nicht die ohnehin schon höhere Vergütung nach Lohngruppe 7 a oder 8 erhalten. Dabei kann dahinstehen, wie die Tätigkeitszulage im Einzelfall zu berechnen ist.
Soweit die Beklagte vorträgt, allein eine Auslegung dahin, daß lediglich die Kommunikationselektroniker, die bereits nach Lohngruppe 7 a bzw. 8 eingruppiert sind, die Tätigkeitszulage nach § 7 Abs. 9 Anl. 2 zum TV Arb erhalten sollen, sei sinnvoll und praktikabel und daher zutreffend, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, daß auch eine solche Auslegung aus der Sicht der Beklagten Sinn machen würde, da sie jedoch im Tarifwortlaut keinen Niederschlag gefunden hat – wie oben ausgeführt –, kann ihr nicht gefolgt werden; der Wortlaut der Tarifregelung spricht dagegen. Da auch die von dem Arbeitsgericht gefundene und revisionsgerichtlich nicht zu beanstandende Auslegung zu einem sinnvollen und praktisch brauchbaren Ergebnis führt und zudem im Wortlaut der Tarifvorschriften ihre Grundlage findet, ist diese Auslegung maßgeblich.
e) Die Entscheidung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 23. November 1994 (– 4 AZR 879/93 – AP Nr. 12 zu § 1 TVG Rückwirkung) steht nicht entgegen. Der Vierte Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, der dortige Kläger könne weder kraft Tarifvertrages noch kraft Arbeitsvertrages für die Zeit nach dem 15. April 1991 Lohn nach der Lohngruppe I a des TV Arb i.d.F. vor
dem Änderungstarifvertrag Nr. 406 nebst 10 %iger Zulage verlangen. Damit hat der Vierte Senat zu einer anderen tarifvertraglichen Lage als sie vorliegend im Streit steht, entschieden; im übrigen hat er die Frage der Eingruppierung in Lohngruppe I a (alt) und die Zahlung der daran gebundenen Zulage beurteilt. Die Ausführungen des Vierten Senats betreffen damit eine andere rechtliche Situation.
Da das Arbeitsgericht die Beklagte zu Recht zur Zahlung der tariflichen Tätigkeitszulage verurteilt hat, ist die Sprungrevision der Beklagten zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Lindemann, Paul
Fundstellen