Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsvergütung für Ausbildung zur Altenpflegerin
Leitsatz (redaktionell)
Vgl. – 5 AZR 217/89 –
– 5 AZR 218/89 –
– 5 AZR 219/89 –
Normenkette
BGB § 611; BBiG § 1 Abs. 1-2, § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 1, §§ 10, 18; SGB X § 115 Abs. 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 30.06.1988; Aktenzeichen 9 Sa 1519/85) |
ArbG Hanau (Urteil vom 26.09.1985; Aktenzeichen 1 Ca 393/85) |
Tenor
I. Auf die Revision des beklagten Landkreises wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. Juni 1988 – 9 Sa 1519/85 – teilweise aufgehoben.
II. Auf die Berufung des beklagten Landkreises wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 26. September 1985 – 1 Ca 393/85 – teilweise abgeändert und in Ziffern 1 a und b wie folgt neu gefaßt:
1. Der beklagte Landkreis wird verurteilt, an die Klägerin folgende Beträge zu zahlen:
- 7.601,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag aus jeweils 743,53 DM brutto seit 1. November 1984, 1. Dezember 1984 und 1. Januar 1985 sowie aus dem sich ergebenden Nettobetrag aus jeweils 767,32 DM brutto seit 1. Februar 1985, 1. März 1985, 1. April 1985, 1. Mai 1985, 1. Juni 1985, 1. Juli 1985, 1. August 1985.
- 9.878,99 DM brutto.
III. Im übrigen werden Berufung und Revision des beklagten Landkreises zurückgewiesen.
IV. Der beklagte Landkreis hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin eine angemessene Ausbildungsvergütung zusteht.
Der beklagte Landkreis ist Träger der Lehranstalt für Altenpflege in R.. Diese ist räumlich in das vom Beklagten unterhaltene Altenzentrum R. eingegliedert.
Die am 16. März 1954 geborene Klägerin hat am 1. Oktober 1984 einen Vertrag über eine zweijährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin mit dem beklagten Landkreis abgeschlossen. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Im Ausbildungsvertrag ist u.a. vereinbart, daß sie keine Ausbildungsvergütung erhält und für die ersten 12 Monate sowie für die letzten sechs Monate der Ausbildung eine monatliche Gebühr von 284,96 DM entrichten muß. Sie hat wahrend der Ausbildung vom Arbeitsamt Unterhaltsgeld in Höhe von 174,60 DM bis 187,80 DM monatlich erhalten. Außerdem sind ihr die Lehrgangsgebühren, Lernmittel, Fahrkosten und Arbeitskleidung erstattet worden. Insgesamt hat sie vom Arbeitsamt 8.439,53 DM bezogen.
Die Ausbildung der Klägerin erfolgte im einzelnen nach einem Zeitplan, der jeweils abwechselnd sog. Seminare und sog. Praktika vorsieht. Danach unterteilt sich die Ausbildung in insgesamt 35 Seminarwochen einschließlich eines Prüfungsseminars von fünf Wochen sowie in 35 Wochen jeweils kürzere Praktika und 25 Wochen Berufspraktikum. Während der praktischen Ausbildung und während der Fachpraktika gelten die Dienstpläne der jeweiligen Einrichtung. Diese Ausbildung wurde überwiegend im Altenzentrum R. selbst durchgeführt. Die Schülerinnen wurden dazu von der Pflegedienstleiterin des Altenzentrums im normalen Pflegedienst eingeteilt. Während dieser Tätigkeit wurden sie von einer ausgebildeten Fachkraft angeleitet und betreut. Die Klägerin hat die Ausbildung am 25. September 1986 mit einer staatlichen Prüfung beendet.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ausbildung sei nach ihrer praktischen Durchführung nicht als Schulausbildung anzusehen, sondern als Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Es überwiege deutlich der betriebliche Ausbildungsgang, wobei auch die 25 Wochen des sog. Berufspraktikums in die Gesamtwürdigung einzubeziehen seien. Daher habe sie Anspruch auf eine nach dem Berufsbildungsgesetz unabdingbare Ausbildungsvergütung in angemessener Höhe. Diese sei mindestens ebenso zu bemessen wie die tarifliche Ausbildungsvergütung für eine Schülerin in der Krankenpflegehilfe.
Die Klägerin hat – soweit revisionsrechtlich noch von Interesse – beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, folgende Beträge zu zahlen:
- 7.601,83 DM brutto als Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 1.10.1984 bis 31.7.1985 nebst 4 % Zinsen jeweils seit Fälligkeit,
- monatlich 767,32 DM brutto als Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 1.8.1985 bis 25.9.1986.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Berufsbildungsgesetz finde keine Anwendung, weil die theoretische Ausbildung deutlich überwiege. Es fehle außerdem – anders als bei einer Krankenschwester – an einer breit angelegten Grundbildung, denn die Schülerinnen würden nur in der Altenpflege ausgebildet. Die Anwendung des Berufsbildungsgesetzes scheide auch deswegen aus, weil die Lehranstalt für Altenpflege als Schule anzusehen sei und den Schulgesetzen der Länder unterstehe. Gegen eine überwiegend betriebspraktische Ausgestaltung spreche ferner das Fehlen einer tariflichen Regelung für diesen Bereich sowie das Fehlen einer Ausbildungsordnung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes.
Selbst wenn man von einem Berufsausbildungsverhältnis ausgehe, könne die angemessene Vergütung nicht in Anlehnung an die tarifliche Regelung für die Schülerinnen in der Krankenpflegehilfe ermittelt werden, sondern dann müsse auf die niedrigeren Sätze des Ausbildungstarifvertrages für den öffentlichen Dienst zurückgegriffen werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin eine Ausbildungsvergütung in gleicher Höhe wie für Schüler in der Krankenpflegehilfe zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landkreises mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Zinsen nur auf die der Klägerin zustehenden Nettobeträge zu zahlen sind. Der beklagte Landkreis will mit der Revision die Abweisung der Klage in vollem Umfang erreichen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur begründet, soweit der beklagte Landkreis die Höhe der zuerkannten Ausbildungsvergütung beanstandet. Die Klägerin hat zwar Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung in Höhe der tariflichen Sätze für Schülerinnen in der Krankenpflegehilfe. Diese sind allerdings niedriger als die Vorinstanz angenommen hat. Im übrigen ist die Revision nicht begründet.
I. Die Klägerin hat Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung gemäß § 10 Abs. 1 BBiG, der auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien Anwendung findet. Die entgegenstehende Vereinbarung, wonach die Klägerin keine Ausbildungsvergütung erhält, ist unwirksam, weil dieser Anspruch im Berufsausbildungsverhältnis nicht abdingbar ist (§ 18 BBiG).
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes anzuwenden sind. Dieses Gesetz erfaßt nach § 1 Abs. 1 BBiG die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Die Klägerin hat eine Berufsausbildung erhalten und keine berufliche Fortbildung, denn der Ausbildungsgang vermittelt eine breit angelegte berufliche Grundbildung und verschafft ihr die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse. Das Landesarbeitsgericht hat das zu Recht aus der Dauer der zweijährigen Ausbildung und aus dem Lehrstoff entnommen. Dieser ist umfassend angelegt und schließt eine geistig-kulturelle Bildung, eine soziale und pädagogische Ausbildung, eine pflegerische Ausbildung sowie Staats- und rechtskundlichen Unterricht ein und wird durch eine berufspraktische Ausbildung ergänzt, in der die im Unterricht erworbenen Kenntnisse in der Arbeit an und mit alten Menschen anzuwenden sind und vertieft werden. Die Klägerin wird nach den von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen in der praktischen Ausbildung zu allen Tätigkeiten herangezogen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem zu erlernenden Beruf stehen.
Die Revision will demgegenüber geltend machen, es fehle an einer breiten Grundbildung, weil die Klägerin nur in der Altenpflege unterrichtet werde. Die Klägerin erhalte keine so breit angelegte Ausbildung wie eine Krankenschwester.
Das Berufungsgericht hat demgegenüber zu Recht darauf hingewiesen, daß jede Ausbildung zwangsläufig auf ein bestimmtes Tätigkeitsgebiet beschränkt ist und eine Berufsausbildung nicht das Ziel habe, Kenntnisse für mehrere Berufe zu vermitteln. Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend hervorgehoben, daß die pflegerischen Grundkenntnisse ohne weiteres als Grundlage für andere pflegerische Berufe eingesetzt werden können, und insoweit sei das Merkmal der breiten Grundbildung erfüllt.
Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Ausbildung innerhalb des zeitlichen Rahmens den Erfordernissen einer Berufsausbildung genügt. Die staatlich anerkannten Altenpfleger finden ein vielfältiges Arbeitsfeld, in dem sie eingesetzt werden können, etwa in stationären (Altenheim, Altenkrankenhaus bzw. Pflegeheim), teilstationären (Tagespflegeheim) oder ambulanten Einrichtungen (Gemeindepflegestation u.ä.) und haben auf der Grundlage ihrer Ausbildung unterschiedliche Aufstiegsmöglichkeiten, etwa als Stations- und Heimleiter. Die Ausbildung zielt insgesamt auf eine umfassende sozialpflegerische Berufstätigkeit ab und bildet damit ein eigenständiges Berufsbild.
2. Der Anwendung des Berufsbildungsgesetzes steht auch nicht § 107 BBiG entgegen, wonach die bundesgesetzlichen Regelungen über die Berufsbildung in den Heil- und Heilhilfsberufen unberührt bleiben sollen. Das bedeutet nur, daß bundesgesetzliche Vorschriften dem Berufsbildungsgesetz dann vorgehen, wenn sie zu diesem im Widerspruch stehen. Im übrigen gilt auch für die Berufsbildung in den Heil- und Heilhilfsberufen das Berufsbildungsgesetz (BAGE 28, 269 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis, m.w.N.).
3.a) Nach Auffassung der Revision steht § 2 Abs. 1 BBiG der Anwendung des Berufsbildungsgesetzes entgegen, weil es nicht für die Berufsausbildung in berufsbildenden Schulen gilt, die den Schulgesetzen der Länder unterstehen. Die Revision macht in diesem Zusammenhang insbesondere geltend, daß die Klägerin kein Vertragsverhältnis mit dem Altenzentrum R. begründet habe, sondern ein solches habe nur zwischen der Klägerin und der Lehranstalt bestanden. Der Schwerpunkt habe in der schulischen und nicht in der betrieblichen Ausbildung gelegen. In diesem Zusammenhang sei auf die Verordnung über die Ausbildungsförderung für den Besuch von Ausbildungsstätten für Dorfhelfer, Alten-, Familien-, Haus- und Heilerziehungspfleger (Soziale PflegerV) vom 30. August 1974 (BGBl I S. 2157) hinzuweisen. Danach sei eine Ausbildungsstätte für Altenpfleger mit dem Besuch einer Schule im Sinne von § 2 Abs. 1 BAföG gleichgestellt worden. Damit habe der Gesetzgeber seine Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, daß Ausbildungen im Altenpflegebereich gerade nicht dem Berufsbildungsgesetz unterliegen.
b) Diese Ausführungen der Revision gehen von einem falschen Ansatzpunkt aus, denn die Klägerin hat kein Vertragsverhältnis zur „Lehranstalt” gehabt, sondern es hat zwischen ihr und dem beklagten Landkreis bestanden. Die „Lehranstalt” hat keine eigene Rechtspersönlichkeit und scheidet deswegen als Vertragspartner aus. Ausbilder ist der beklagte Landkreis.
Der Hinweis auf die BAföG-Regelung geht ebenfalls fehl, weil die Ausbildungsbestimmungen für Altenpflegerinnen sowohl eine schulische wie auch eine arbeitsrechtlich betriebliche Ausbildung zulassen. Die von dem beklagten Landkreis herangezogene Verordnung über die Ausbildungsförderung u.a. für Altenpfleger vom 30. August 1974 (BGBl I S. 2157) enthält keine Bestimmungen zur Regelung der Ausbildung selbst. Wird die Ausbildung in betrieblicher Form durchgeführt, hat das den Wegfall der Ausbildungsförderung nach BAföG zur Folge, diese ist andererseits aber nicht für eine schulisch durchgeführte Berufsausbildung in der Altenpflege ausgeschlossen.
Den Parteien des Ausbildungsverhältnisses im Bereich der Altenpflege steht es frei, wie sie dieses gestalten wollen. Dafür kommt es maßgeblich darauf an, welche Ausbildungsart überwiegt. Steht die praktische Ausbildung mit arbeitsrechtlich-betrieblicher Ausgestaltung im Vordergrund, so ist das Ausbildungsverhältnis als arbeitsrechtlich-betriebliches anzusehen, so daß die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes anzuwenden sind (BAGE 33, 213, 217 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis).
Den Einwand der Revision, der Gesetzgeber habe durch die Verordnung vom 30. August 1974 die Altenpflegerausbildung dem Schulwesen zugeordnet, ist nicht zutreffend.
Diese Verordnung trifft keine abschließende Regelung, nach der die Ausbildung zum Altenpfleger schulrechtlich zu gestalten wäre. Zwar will sie diejenigen fördern, die eine durch die zuständige Landesbehörde staatlich anerkannte Einrichtung besuchen, wenn es sich um eine schulische Ausbildung handelt. Das ist zwar nicht der Verordnung selbst zu entnehmen, ergibt sich aber daraus, daß ihre Rechtsgrundlage (§ 2 Abs. 3 BAföG) sich mit der Förderung von Schülern befaßt. Darüber hinaus kann die Verordnung jedoch nicht bestimmen, daß die Ausbildung zum Altenpfleger zwingend schulisch zu gestalten wäre. Die Schulausbildung untersteht vielmehr der Kulturhoheit der Länder. Die Verordnung kann nur die schulisch gestaltete Ausbildung zu Altenpflegern nach Landesrecht fördern. So hatte Bayern die Altenpflegeausbildung zunächst in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Fachschulen für Altenpflege vom 13. Juli 1972 (GVBl BY S. 328) geregelt, die Vorschriften jedoch durch § 98 der Allgemeinen Schulordnung (ASchO) vom 2. Oktober 1973 (GVBl BY S. 535, 557) aufgehoben und die Altenpflegeausbildung in die Schulgesetze einbezogen. In Rheinland-Pfalz unterliegt sie ebenfalls dem Schulrecht (Landesverordnung über die Bildungsgänge für Sozialwesen der Fachschule, FachschulVO – Sozialwesen, vom 14. März 1978, GVBl RP S. 196). In Hessen fehlt jedoch eine Anbindung an die Schulgesetze.
4. Das Berufungsgericht ist zu Recht von einem arbeitsrechtlich-betrieblich ausgestalteten Ausbildungsverhältnis ausgegangen und hat in diesem Zusammenhang auf die zwischen den Parteien vereinbarte Ausbildungsordnung hingewiesen, wonach einerseits 1.400 Schulstunden Unterricht erteilt werden, aber andererseits dem ca. 1.200 Stunden praktische Ausbildung und mehrmonatige Fachpraktika gegenüberstehen. Daraus hat die Vorinstanz zu Recht gefolgert, daß 25 Wochen des sog. Fach- oder Berufspraktikums fester Bestandteil der Ausbildung seien und nicht mit einem Praktikum verglichen werden könne, welches einer Ausbildung vorangehe oder nach Abschluß einer Ausbildung zu leisten sei. Danach stünden 35 Wochen theoretischem Unterricht einschließlich des sog. Prüfungsseminars ca. 60 Wochen praktische Ausbildung gegenüber. Diese tatsächlichen Feststellungen hat die Revision nicht angegriffen, sondern sich auf den unzutreffenden Einwand beschrankt, es komme auf diesen rechnerischen Vergleich nicht an. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts überwog im Ausbildungsverhältnis der Klägerin eindeutig die praktische Ausbildung gegenüber dem theoretischen Unterricht mit der Folge, daß die Ausbildung von dem beklagten Landkreis arbeitsrechtlich-betrieblich ausgestaltet war. Die Revision vermag auch nicht die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu entkräften, wonach die Klägerin im Rahmen ihrer Ausbildung in den Betrieb der Ausbildungsstätte eingegliedert war. Das ergibt sich schon daraus, daß sie Schichtarbeit geleistet hat und unter Berücksichtigung ihres Ausbildungsstandes alle anfallenden Aufgaben in der Altenpflege wahrgenommen hat.
II. Dementsprechend hat die Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 BBiG einen Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung. Diesen konnten die Parteien gemäß § 18 BBiG nicht rechtswirksam ausschließen.
1. Die Vorinstanz hat die Ausbildungsvergütung zutreffend nach den tariflichen Regelungen bemessen, die für die Krankenpflegehilfe maßgebend sind. Eine Ausbildungsvergütung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann als angemessen anzusehen, wenn sie sich nach einer entsprechenden tariflichen Vergütung ausrichtet (BAGE 33, 213, 219 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis; Senatsurteil vom 5. Dezember 1984 – 5 AZR 263/82 –, nicht veröffentlicht).
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht auf einen vergleichbaren Ausbildungsgang und auf eine ähnliche Verbindung von praktischer Ausbildung und theoretischem Unterricht in der Krankenpflegehilfe hingewiesen. Diese Feststellungen sind im einzelnen von der Revision nicht angegriffen worden. Zwar dauert die Ausbildung in der Krankenpflegehilfe nur ein Jahr, während die Ausbildung der Klägerin zwei Jahre beansprucht hat. Dieser Unterschied in der Dauer spricht aber eher für als gegen Heranziehung dieser tariflichen Grundlagen. Es wäre anders, wenn die vergleichbare Ausbildung länger dauerte und deswegen eine niedrigere Ausbildungsvergütung in Betracht käme (vgl. Senatsurteil vom 5. Dezember 1984 – 5 AZR 263/82 –).
In dem vergleichbaren Zeitraum richtete sich die Ausbildung der Krankenpflegehelferin auf der Grundlage des Krankenpflegegesetzes vom 20. September 1965 (BGBl I S. 1443) nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer vom 20. August 1966 (BGBl I S. 466). Die einjährige Ausbildung wurde in staatlich anerkannten Krankenpflegeschulen durchgeführt, die einem Krankenhaus angegliedert waren (§ 14 d und f KrankenpflegeG). Der Lehrgang umfaßte mindestens 250 Unterrichtsstunden (Gruppenunterricht) und eine praktische Ausbildung. Der Unterrichtsstoff entspricht in grundsätzlichen Bereichen (Krankheitslehre, Arzneimittellehre, Staatsbürger- und Gesetzeskunde) der streitigen Ausbildung, wenn auch zeitanteilig verkürzt. Darüber hinaus enthalten beide Lehrpläne die für den jeweiligen Fachzweig typischen berufskundlichen Unterrichtsgebiete.
Demgegenüber will der beklagte Landkreis allenfalls zur Bemessung der Ausbildungsvergütung eine Orientierung am Tarifvertrag über die Ausbildungsvergütung für auszubildende im Bereich der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände vom 12. Dezember 1984 zulassen. Dazu hat das Landesarbeitsgericht aber bereits zutreffend dargelegt, daß dieser Tarifvertrag zwar ein allgemeiner Auffangtatbestand für alle Ausbildungsverhältnisse im öffentlichen Dienst sei, das schließe aber andererseits die Heranziehung eines speziellen Tarifvertrages – wie hier im Bereich der Krankenpflegehilfe – nicht aus.
2. Allerdings macht die Revision zu Recht geltend, daß durch den Ausbildungsvergütungstarifvertrag Nr. 1 vom 28. Februar 1986 für Schülerinnen/Schüler, die nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes ausgebildet werden, die Ausbildungsvergütung für Schülerinnen in der Krankenpflegehilfe ab 1. September 1985 von den Tarifvertragsparteien auf einen niedrigeren Betrag als in der Vorinstanz angenommen, nämlich 710,– DM monatlich, festgesetzt worden sei. Dadurch verringert sich in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die der Klägerin zustehende Ausbildungsvergütung wie folgt:
- Die Klägerin kann für den Zeitraum vom 1. Oktober 1984 bis zum 31. Juli 1985 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 7.601,83 DM brutto beanspruchen. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: 3 Monate × 743,53 DM = 2.230,59 DM und 7 Monate × 767,32 DM = 5.371,24 DM. Diese Rechnung deckt sich mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts, das jedoch in Ziffer 1 a des Urteils einen längeren Zeitraum vom 1. Oktober 1984 bis einschließlich September 1985 zugrunde gelegt hat.
- Die Berechnung war jedoch in diesem Rahmen auf den Zeitraum bis zum 31. Juli 1985 zu beschränken, weil die Klägerin nur dafür Zinsen gefordert hat.
- Der Klägerin steht für August 1985 eine Ausbildungsvergütung von 767,32 DM zu. Für den Zeitraum vom 1. September 1985 bis zum 30. August 1986 errechnen sich 12 × 710,– DM Ausbildungsvergütung = insgesamt 8.520,– DM. Für den letzten Monat (September 1986) erhält die Klägerin, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, nur die zeitanteilige Vergütung bis zur Abschlußprüfung am 25. September 1986, denn das Ausbildungsverhältnis hat nach § 2 des Ausbildungsvertrages an diesem Tag geendet. Dafür stehen der Klägerin 591,67 DM zu (710,– DM: 30 × 25). Somit ergeben sich abweichend von Ziffer 1 b des Urteils des Arbeitsgerichts für den Zeitraum vom August 1985 bis zum September 1986 insgesamt 9.878,99 DM.
III. Die Zahlungsansprüche der Klägerin sind auch nicht gemäß § 115 SGB X auf den Träger der Sozialleistung übergegangen. Nur soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger über (§ 115 Abs. 1 SGB X). Dabei muß der Leistungsträger jedoch geleistet haben, weil der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (Schroeder-Printzen, Sozialgesetzbuch – SGB X, § 115 Anm. 2; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch – SGB X/3, Stand 1. Oktober 1986, § 115 Rz 10). Davon ist das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend ausgegangen und hat einen solchen Zusammenhang verneint. Der Leistungsträger hat Sozialleistungen erbracht, weil er die Voraussetzungen dafür – möglicherweise irrtümlich – als gegeben ansah und nicht weil der Arbeitgeber seine Zahlungspflicht nicht erfüllt hat.
Unterschriften
Dr. Thomas Die Amtszeit des ehrenamtlichen Richters Schleinkofer ist beendet., Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Thomas, Dr. Florack
Fundstellen