Entscheidungsstichwort (Thema)
Fachlicher Geltungsbereich des BRTV GaLaBau. Voraussetzung des Unterliegens der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft. Geltung des BLTV GaLaBau Ost iVm. BRTV GaLaBau: „Unterliegen” des Betriebs der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft
Orientierungssatz
Der fachliche Geltungsbereich des BRTV GaLaBau erstreckt sich auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus nur, soweit sie der Unfallversicherung der BG Gartenbau unterliegen. Dies ist nicht der Fall, wenn eine andere Berufsgenossenschaft nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ihre Zuständigkeit festgestellt hat. § 1 Ziff. 2 des BRTV GaLaBau stellt aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auf diese formelle Zuständigkeit und nicht auf die materielle Richtigkeit der Entscheidung ab. Die Tarifvertragsparteien haben sich insoweit an dem sozialrechtlichen Grundsatz des Vorrangs der „Katasterstetigkeit” vor der „Katasterrichtigkeit” orientiert.
Normenkette
Bundes-Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in den neuen Bundesländern einschließlich Ost-Berlin i.d.F. vom 19. August 2010 und 16. August 2011 (im Folgenden BLTV GaLaBau Ost) § 1 Ziff. 2; Bundes-Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschaftsund Sportplatzbau in der Bundesrepublik Deutschland vom 20. Dezember 1995 i.d.F. vom 5. März 2007 (BRTV GaLaBau) § 1 Ziff. 2; SGB VII § 136 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Februar 2014 – 21 Sa 745/13 – teilweise aufgehoben und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Februar 2013 – 42 Ca 14164/12 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Geltung des zwischen dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) geschlossenen Bundes-Lohntarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in den neuen Bundesländern einschließlich Ost-Berlin idF vom 19. August 2010 und 16. August 2011 (im Folgenden BLTV GaLaBau Ost) für ihr Arbeitsverhältnis und daraus folgende Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum von Juni 2011 bis Dezember 2012.
Der in der IG Bau organisierte Kläger ist ausgebildeter Gärtner der Fachrichtung Zierpflanzenbau. Er war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängern seit November 1996, zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 26. Januar 1999, als Gartenarbeiter mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Seit März 2006 wird der Kläger durchgängig auf dem Gelände M im Bezirk Tiergarten von Berlin, auf dem sich ca. 35.000 qm Außenanlagen befinden, tätig. Zu seinen Aufgaben gehören ua. die Betreuung der Rasenflächen, Hecken- und Gehölzschnitte, Säuberung von Wegen und Plätzen sowie weitere Sonderaufträge. Im Winter wird er – wie die übrigen im Garten- und Landschaftsbau und in der Gartenpflege (Bereich „Grün”) tätigen Beschäftigten der Beklagten – auch zu Winterdiensten herangezogen.
Die Beklagte hat ihren Sitz im Ostteil Berlins. Sie ist in den Bereichen Garten- und Landschaftsbau, Winterdienst, Gebäudereinigung und Sperrmüllentsorgung tätig. Sie ist ua. Mitglied im Arbeitgeberverband für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau und dem Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin-Brandenburg e.V., der seinerseits Mitglied im Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. ist. Weiter ist sie „Mitglied” in der Berufsgenossenschaft für die Bauwirtschaft (BG Bau) und nicht der Gartenbau-Berufsgenossenschaft (BG Gartenbau).
Die Beklagte zahlte an den Kläger auf der Basis eines Stundenlohns von 10,77 Euro brutto einen verstetigten Monatslohn in Höhe von 1.874,58 Euro.
Der Kläger machte mit Schreiben vom 9. September 2011 Vergütungen nach Lohngruppe 4.1 des Bundes-Lohntarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in den alten Bundesländern und West-Berlin (BLTV GaLaBau West) für Juni und Juli 2011 und mit Schreiben seiner Gewerkschaft vom 1. November 2011 für August und September 2011 geltend. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 wies die Beklagte die Forderung mit der Begründung zurück, sie unterliege nicht dem „Anwendungsbereich” des BLTV GaLaBau.
Mit der am 7. November 2011 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 15. November 2011 zugestellten Klage hat der Kläger die geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt. Nach mehreren Klageerweiterungen und einer teilweisen Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 6. Juli 2012 in Höhe von 739,50 Euro brutto für Teile der Klageforderung für die Monate Juni 2011 bis April 2012 hat er die Beklagte zuletzt auf monatliche Differenzvergütungen für den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 7.880,46 Euro brutto nebst Verzugszinsen in Anspruch genommen.
Der Kläger hat zuletzt die Auffassung vertreten, der BLTV GaLaBau Ost gelte für sein Arbeitsverhältnis. Sein fachlicher Geltungsbereich sei eröffnet, die Beklagte werde von der Unfallversicherung der BG Gartenbau erfasst, da der Schwerpunkt des Unternehmens im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau liege. Auf die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zur Feststellung der Zuständigkeit einer Berufsgenossenschaft und zur Überweisung an eine andere Berufsgenossenschaft nach den §§ 136, 137 SGB VII komme es nicht an. Entscheidend sei, welcher Berufsgenossenschaft die Beklagte rechtlich zugehörig sei. Ansonsten hätte es der einzelne Arbeitgeber durch entsprechende Meldungen zur Berufsgenossenschaft in der Hand, ob und welche Tarifverträge er in seinem Betrieb gelten lasse.
Die Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe 4.1 BLTV GaLaBau Ost, zumindest aber die der Lohngruppe 4.3 oder 4.5 BLTV GaLaBau Ost seien erfüllt. Als Zierpflanzengärtner sei er mit einem Landschaftsgärtner ohne Weiteres vergleichbar. Er verfüge über gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten.
Hilfsweise hat der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen § 7 der Satzung des Fachverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin-Brandenburg e.V. bzw. wegen der Meldung der Beklagten bei der – aus seiner Sicht – unzutreffenden Berufsgenossenschaft in Anspruch genommen und hat hierzu die Auffassung vertreten, die Beklagte habe dies ausschließlich getan, um keinen Tariflohn zahlen zu müssen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.880,46 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, eine Geltung der Tarifverträge des Garten-, Landschaftsund Sportplatzbaus für das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nicht gegeben. Sie falle nicht unter den fachlichen Geltungsbereich des BLTV GaLaBau Ost, da sie nicht Mitglied der BG Gartenbau sei. Im Übrigen liege ihr Tätigkeitsschwerpunkt auch nicht im Garten- und Landschaftsbau, sondern bei den Reinigungsarbeiten. Überdies seien etwaige Ansprüche nach § 14 des zwischen dem Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. und der IG BAU geschlossenen Bundes-Rahmentarifvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in der Bundesrepublik Deutschland vom 20. Dezember 1995 idF vom 5. März 2007 (BRTV GaLaBau) verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben und ihm einen Anspruch auf Lohndifferenzen für den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2012 auf der Basis der Lohngruppe 4.3 des BLTV GaLaBau Ost iHv. insgesamt 5.656,74 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen; im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für die Beklagte zugelassenen Revision erstrebt diese die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die klagestattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Die zulässige Klage ist – soweit sie in der Revisionsinstanz noch zur Entscheidung ansteht – unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrten Vergütungsdifferenzen noch auf Leistung eines Schadensersatzes.
I. Der Kläger hat für die Monate Juni 2011 bis Dezember 2012 keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Differenz zwischen der gezahlten Vergütung und der Vergütung nach der Lohngruppe 4.3 oder nach der Lohngruppe 4.5 des BLTV GaLaBau Ost. Die Rechtsnormen des BLTV GaLaBau Ost gelten nicht gemäß § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis der Parteien. Der Kläger ist in einem Betrieb tätig, der nicht dem fachlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrags unterfällt.
1. Der BLTV GaLaBau Ost lautet in den im Streitfall maßgebenden Fassungen auszugsweise:
„… |
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§ 1 |
Geltungsbereich |
… |
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2. |
Fachlich |
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Für alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen, die dem fachlichen Geltungsbereich des Bundes-Rahmentarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin unterliegen.” |
Der BRTV GaLaBau, dessen räumlicher Geltungsbereich sich auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland erstreckt, enthält zum fachlichen Geltungsbereich folgende Bestimmungen:
„§ 1 |
Geltungsbereich |
… |
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2. |
Fachlich: |
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Für alle Betriebe und selbständigen Betriebsabteilungen des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues, die fortgesetzt und ausschließlich oder überwiegend folgende Arbeiten ausführen, soweit sie der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft unterliegen: |
2.1 |
Herstellen und Unterhalten von Außenanlagen in den Bereichen des privaten und öffentlichen Wohnungsbaues (Hausgärten, Siedlungsgrün, Dach- und Terrassengärten u.ä.), der öffentlichen Bauten (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude, Kasernen u.ä.), des kommunalen Grüns (städtische Freiräume, Grünanlagen, Parks, Friedhöfe u.ä.) und des Verkehrsbegleitgrüns (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Flugplätze u.ä.) sowie von Bauwerksbegrünungen im Außen- und Innenbereich; |
2.2 |
Herstellen und Unterhalten von Sport- und Spielplätzen, Außenanlagen an Schwimmbädern, Freizeitanlagen u.ä.; |
2.3 |
Herstellen und Unterhalten von landschaftsgärtnerischen Sicherungsbauwerken in der Landschaft mit lebenden und nicht lebenden Baustoffen; |
2.4 |
Herstellen und Unterhalten von vegetationstechnischen Baumaßnahmen zur Landschaftspflege und zum Umweltschutz; |
2.5 |
Drän-, Landgewinnungs- und Rekultivierungsarbeiten.” |
2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Lohngruppe 4.3 BLTV GaLaBau Ost und sich daraus ergebender Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2012. Die tariflichen Regelungen des BLTV GaLaBau Ost gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Der fachliche Geltungsbereich des BLTV GaLaBau Ost ist nicht eröffnet. Der Kläger ist nicht in einem Betrieb nach § 1 Ziff. 2 BLTV GaLaBau Ost tätig, der dem fachlichen Geltungsbereich des BRTV GaLaBau unterliegt. Der fachliche Geltungsbereich des BRTV GaLaBau erstreckt sich auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus nur, soweit sie der Unfallversicherung der BG Gartenbau unterliegen. Das ist bei dem Betrieb der Beklagten nicht der Fall, da sie „Mitglied” der BG Bau ist.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers kann dahinstehen, ob die BG Bau ihre Zuständigkeit für die Beklagte und das daraus erwachsende Unfallversicherungsverhältnis abweichend von der materiellen Rechtslage und damit unzutreffend beurteilt und festgestellt hat. Hat eine Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung ihre Zuständigkeit nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII – ggf. sogar abweichend von der materiellen Rechtslage – festgestellt, ist sie nach den sozialrechtlichen Verfahrensvorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung (formell) zuständig, solange nicht eine Überweisung nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII an den materiell zuständigen Unfallversicherungsträger erfolgt. An diese unfallversicherungsrechtliche Systematik haben die Tarifvertragsparteien ohne erkennbare Einschränkungen bzgl. der materiell-rechtlichen Zuständigkeitsregelungen angeknüpft. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Bestimmungen.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des BAG den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln und ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (vgl. BAG 10. Dezember 2014 – 4 AZR 503/12 – Rn. 19, BAGE 150, 184; 19. September 2007 – 4 AZR 670/06 – Rn. 30, BAGE 124, 110; vgl. auch 23. Juni 2016 – 8 AZR 643/14 – Rn. 25 mwN).
b) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht zunächst vom Wortlaut des § 1 Ziff. 2 BRTV GaLaBau „soweit sie der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft unterliegen”) ausgegangen. Es hat weiter angenommen, der Wortlaut der Tarifregelung sei nicht eindeutig. Aus ihm ergebe sich nicht, ob die Regelung (allein) auf die unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 121 ff. SGB VII [früher §§ 646 ff. RVO und für die landwirtschaftliche Unfallversicherung §§ 776 ff. RVO]) iVm. ihrer Satzung folgende materielle Zuständigkeit der BG Gartenbau und das sich daraus ergebende materielle Versicherungsverhältnis abstelle oder (auch) auf die nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII durch Verwaltungsakt begründete formelle Zuständigkeit und das sich daraus ergebende formelle Versicherungsverhältnis (zur Unterscheidung zwischen materiellem und formellem Versicherungsverhältnis BSG 28. November 1961 – 2 RU 36/58 – zu II der Gründe, BSGE 15, 282).
Zutreffend ist weiter, dass der von den Tarifvertragsparteien verwendete Begriff des „Unterliegens” in den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zur gesetzlichen Unfallversicherung zwar weder definiert noch verwendet wird. Der Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung spricht aber bereits gegen eine von der Systematik der Regelungen zur gesetzlichen Unfallversicherung abweichende Beschränkung allein auf die materielle Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft.
aa) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „unterliegen” in dem hier relevanten Kontext, „einer Sache unterworfen sein” oder „von etwas bestimmt werden” (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 9 Stichwort „unterliegen”).
bb) Welcher Berufsgenossenschaft der Unfallversicherung ein Unternehmen unterworfen ist, dh. welche Berufsgenossenschaft für das Unternehmen zuständig ist, richtet sich zunächst nach den Vorschriften der §§ 121 bis 135 SGB VII (früher §§ 646 ff. RVO, für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften §§ 776 ff. RVO). Jedes Unternehmen iSv. § 121 Abs. 1 SGB VII ist kraft Gesetzes (§§ 121 ff. SGB VII) einem Unfallversicherungsträger (§ 114 Abs. 1, § 116 f. SGB VII) zugeordnet (Quabach in Schlegel/Voelzke jurisPK-SGB VII 2. Aufl. § 136 SGB VII Rn. 31; vgl. auch Brackmann/Krasney Handbuch der Sozialversicherung Bd. 3/2 12. Aufl. § 136 SGB VII Rn. 9); es „unterliegt” damit der Unfallversicherung bei einem bestimmten Unfallversicherungsträger.
cc) Darüber hinaus enthält das SGB VII Verfahrensvorschriften, die die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger betreffen. Nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid (Verwaltungsakt) gegenüber dem Unternehmer fest (vgl. BSG 2. April 2009 – B 2 U 20/07 R – Rn. 23; 5. Februar 2008 – B 2 U 3/07 R – Rn. 14; zur Rechtsqualität des „Aufnahmebescheids” als Verwaltungsakt 19. März 1991 – 2 RU 58/90 – mwN, BSGE 68, 217). Aus der Feststellung der sachlichen und örtlichen „Zuständigkeit” erwächst zugleich die Feststellung eines Versicherungsverhältnisses zwischen dem Unternehmer und dem Versicherungsträger (vgl. BSG 3. April 2014 – B 2 U 25/12 R – Rn. 18, BSGE 115, 256; 17. Mai 2011 – B 2 U 18/10 R – Rn. 31, BSGE 108, 194). Aufgabe der Versicherungsträger bei der Vorbereitung und dem Erlass ihrer Zuständigkeitsbescheide nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist es, die aus den gesetzlichen Regelungen folgende materielle Zuständigkeit und das daraus erwachsende materielle Versicherungsverhältnis einerseits und die durch Verwaltungsakt begründete formelle Zuständigkeit und das daraus erwachsende formelle Versicherungsverhältnis andererseits möglichst vollkommen zur Deckung zu bringen (vgl. BSG 28. November 1961 – 2 RU 36/58 – zu II der Gründe, BSGE 15, 282; zur früheren Aufnahme in ein Unternehmerverzeichnis nach § 664 Abs. 1 Satz 1 RVO vgl. für die Gartenbau-Berufsgenossenschaft 17. Februar 1971 – 7/2 RU 74/68 – zu II der Gründe, BSGE 32, 218).
Weichen materielle und formelle Zuständigkeit dennoch voneinander ab, etwa weil die Zuständigkeitsfeststellung durch den Versicherungsträger von Anfang an unrichtig war oder nachträglich aufgrund der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unrichtig geworden ist, genießt die formelle Zuständigkeit Vorrang (sog. Grundsatz des Vorrangs der „Katasterstetigkeit” vor der „Katasterrichtigkeit”: Quabach in Schlegel/Voelzke aaO § 136 SGB VII Rn. 28, 69; Diel in Hauck/Noftz SGB VII Stand Mai 2016 § 136 SGB VII Rn. 5; KassKomm/ Ricke Stand 1. September 2016 § 136 SGB VII Rn. 2 ff.; Lauterbach/ Watermann UV-SGB VII Bd. 3 4. Aufl. § 136 Rn. 16; zum „seit jeher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Grundsatz der Katasterstetigkeit” BSG 12. Dezember 1985 – 2 RU 57/84 –; grundlegend auch 28. November 1961 – 2 RU 36/58 – BSGE 15, 282). Der Zuständigkeitsbescheid ist dann zwar rechtswidrig, aber wirksam (§ 39 Abs. 1 bis Abs. 3 SGB X). Das Unternehmen „unterliegt” – trotz abweichender materieller Rechtslage – der Unfallversicherung bei dem Unfallversicherungsträger, der seine Zuständigkeit nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII festgestellt hat (vgl. Brackmann/Krasney aaO Bd. 3/2 § 136 SGB VII Rn. 28; KassKomm/Ricke aaO § 136 SGB VII Rn. 3; Quabach in Schlegel/Voelzke aaO § 136 SGB VII Rn. 69).
Der Unfallversicherungsträger ist in diesen Fällen allerdings nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII verpflichtet, den rechtmäßigen Zustand herzustellen (Diel in Hauck/Noftz aaO § 136 SGB VII Rn. 4; vgl. Quabach in Schlegel/ Voelzke aaO § 136 SGB VII Rn. 103), indem er das Unternehmen mit Wirkung für die Zukunft dem tatsächlich sachlich zuständigen Träger überweist, wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig war (§ 136 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 SGB VII) oder sich die Zuständigkeit für das Unternehmen nachträglich ändert (§ 136 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 SGB VII). Nach § 136 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig gewesen (Alt. 1), wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widersprochen hat oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Nach § 136 Abs. 2 Satz 2 SGB VII liegt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, vor (Alt. 2), wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist (vgl. BSG 2. April 2009 – B 2 U 20/07 R – Rn. 23). Geht die Zuständigkeit für ein Unternehmen nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, bleibt bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, dieser Unfallversicherungsträger für das Unternehmen zuständig (§ 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII [früher § 668 RVO]).
Diese Regelungen sollen Kontinuität und Rechtssicherheit gewährleisten (Grundsatz der Katasterstetigkeit), indem eine einmal begründete und praktizierte Zuständigkeit nur in einem geordneten Verfahren und unter erschwerten Bedingungen wieder geändert werden kann (BSG 5. September 2006 – B 2 U 27/05 R – Rn. 14; vgl. auch BSG 2. April 2009 – B 2 U 20/07 R – Rn. 24; Diel in Hauck/Noftz aaO § 136 SGB VII Rn. 28; Quabach in Schlegel/Voelzke aaO § 136 SGB VII Rn. 28).
dd) Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien von dieser sozialversicherungsrechtlichen Systematik und dem ihr zugrundeliegenden Vorrangprinzip der „Katasterstetigkeit” vor der „Katasterrichtigkeit” abweichen wollten, indem der fachliche Geltungsbereich des Tarifvertrags ausschließlich von der materiellen Zuständigkeit der BG Gartenbau abhängt, und gerade die der Rechtssicherheit und Kontinuität dienenden weiteren gesetzlichen Bestimmungen außer Acht bleiben sollten, lassen sich dem § 1 Ziff. 2 BRTV GaLaBau nicht entnehmen.
c) Vielmehr sprechen die bei der Tarifauslegung wichtigen Aspekte der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, denen die Tarifvertragsparteien bei der Abfassung von Tarifnormen typischerweise gerecht werden wollen (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 – 4 ABR 104/08 – Rn. 35; 28. Januar 2009 – 4 ABR 92/07 – Rn. 27 mwN, BAGE 129, 238; vgl. zum Gesichtspunkt der Vermeidung von Abgrenzungsproblemen 21. Januar 2015 – 4 AZR 797/13 – Rn. 65, BAGE 150, 304; 22. März 2005 – 1 ABR 64/03 – zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe mwN, BAGE 114, 162), dafür, dass nach ihrem Willen dieses in §§ 136, 137 SGB VII zum Ausdruck kommende Vorrangprinzip berücksichtigt und mit den Tarifregelungen umgesetzt werden sollte.
Angesichts der mannigfachen Abgrenzungsschwierigkeiten bei den den einzelnen Berufsgenossenschaften zugewiesenen Gewerbezweigen (vgl. BSG 28. November 1961 – 2 RU 36/58 – zu II der Gründe, BSGE 15, 282) und einer oft wenig transparenten Rechtslage hinsichtlich ihrer sachlichen Zuständigkeit (so Diel in Hauck/Noftz aaO § 136 SGB VII Rn. 3, § 121 SGB VII Rn. 8 ff.) entspricht bei Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Tarifregelung, für eine rechtsklare und handhabbare Geltungsbereichsbestimmung zu sorgen, ein vorrangiges Abstellen auf die durch Verwaltungsakt begründete formelle Zuständigkeit eher dem in den Tarifregelungen zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien. Diese ist sowohl für den Arbeitgeber aufgrund des Zuständigkeitsbescheids nach § 136 Abs. 1 SGB VII als auch für den Arbeitnehmer aufgrund der Unterrichtung über den für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger durch das Unternehmen (§ 138 SGB VII [früher § 660 RVO]) ohne Weiteres erkennbar und auch im Falle eines Rechtsstreits leicht nachweisbar. Ein Abstellen auf die materiellen Vorschriften der §§ 121 ff. SGB VII nebst den Satzungen der Berufsgenossenschaften führte hingegen – wie im Übrigen die umfänglichen Prüfungen des Landesarbeitsgerichts im Entscheidungsfall zeigen – nicht nur zu einer Verdopplung des Prüfungsaufwands, sondern auch zu erheblichen Unsicherheiten bei der Geltung des Tarifvertrags.
d) Auch wird das Interesse an einer kontinuierlichen Geltung des Tarifvertrags nur durch ein vorrangiges Abstellen auf die formelle Zuständigkeit ausreichend geschützt.
aa) Durch die einschränkende Regelung „soweit sie der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft unterliegen”) soll – was auch das Landesarbeitsgericht erkannt hat – sichergestellt werden, dass nicht jeder fortgesetzt und ausschließlich oder überwiegend die in § 1 Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.5 BRTV GaLaBau aufgeführten Arbeiten verrichtende Betrieb eines Unternehmens oder gar jede selbständige Betriebsabteilung iSd. § 1 BRTV GaLaBau dem fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags unterfällt, sondern nur solche Einheiten, die zudem den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Unternehmens bilden und ihm sein Gepräge geben. Nach § 131 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII (früher § 647 Abs. 1 RVO [für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften iVm. § 791 RVO]) sollen Unternehmen mit verschiedenartigen Unternehmensbestandteilen nur dem Unfallversicherungsträger angehören, der für deren wirtschaftlichen Schwerpunkt „Hauptunternehmen”) fachlich zuständig ist (Quabach in Schlegel/Voelzke aaO § 131 SGB VII Rn. 12 mwN zur Rspr. des BSG; vgl. auch BSG 7. November 2000 – B 2 U 42/99 R –).
bb) Eine Verschiebung des wirtschaftlichen Schwerpunkts des Unternehmens kann danach dazu führen, dass sich die materielle Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers ändert und der Betrieb oder die Betriebsabteilung – sogar bei unveränderter Tätigkeit – unter den fachlichen Geltungsbereich des BRTV GaLaBau und damit auch des BLTV GaLaBau Ost fällt bzw. nicht mehr fällt. Durch § 136 Abs. 1 Satz 4 iVm. Abs. 2 Satz 2 SGB VII wird im Interesse der Kontinuität der Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers sichergestellt, dass nicht jede auch nur vorübergehende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu einem Wechsel der Zuständigkeit führt, sondern nur solche, durch die das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist (§ 136 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 SGB VII). Ein vergleichbares Interesse an Kontinuität haben die Tarifvertragsparteien in Bezug auf den Geltungsbereich eines Tarifvertrags (vgl. zum Interesse an der Vermeidung von Abgrenzungsproblemen, insbesondere für Mischbetriebe und beim Herauswachsen eines Betriebs aus dem bisherigen Wirtschaftszweig BAG 21. Januar 2015 – 4 AZR 797/13 – Rn. 65, BAGE 150, 304; 22. März 2005 – 1 ABR 64/03 – zu B II 2 c ee (3) (c) der Gründe mwN, BAGE 114, 162).
e) Ein anderes Auslegungsergebnis folgt auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Zu Unrecht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, der Zweck der Einschränkung des Geltungsbereichs, die Einbeziehung nur solcher Betriebe oder Betriebsabteilungen in den fachlichen Geltungsbereich, die den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Unternehmens bilden und ihm sein Gepräge geben, könne „nur” erreicht werden, wenn auf die materielle Zuständigkeit der BG Gartenbau abgestellt werde.
aa) Wie bereits ausgeführt, ist es die Aufgabe der Versicherungsträger, ihre Zuständigkeit entsprechend der materiellen Regelungen festzustellen und anfänglich oder ggf. nachträglich durch Überweisung die materielle Zuständigkeit und das daraus erwachsende materielle Versicherungsverhältnis und die durch Verwaltungsakt begründete formelle Zuständigkeit und das daraus erwachsende formelle Versicherungsverhältnis möglichst vollkommen zur Deckung zu bringen (vgl. BSG 28. November 1961 – 2 RU 36/58 – zu II der Gründe, BSGE 15, 282). Normalerweise wird also das formelle Versicherungsverhältnis dem materiellen Versicherungsverhältnis entsprechen. Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.
bb) Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Unfallversicherungsträger die ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, ihre Zuständigkeit für das Unternehmen festzustellen und ggf. bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 SGB VII das Unternehmen an den materiell zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII zu überweisen, nicht oder nur unzureichend nachkommen und die Tarifvertragsparteien daher die Beurteilung, ob ein Betrieb der Unfallversicherung bei der BG Gartenbau unterliegt, den Arbeitsvertragsparteien bzw. im Streitfall den an den Beibringungsgrundsatz gebundenen Arbeitsgerichten überlassen wollten statt den sachnäheren Berufsgenossenschaften, die von Amts wegen das Sozialverwaltungsverfahren zwecks Ermittlung ihrer Zuständigkeit durchführen (vgl. KassKomm/ Ricke aaO § 192 SGB VII Rn. 4; vgl. auch Diel in Hauck/Noftz aaO § 136 SGB VII Rn. 13) und dabei regelmäßig Ermittlungen beim Unternehmen vornehmen (vgl. Quabach in Schlegel/Voelzke aaO § 136 SGB VII Rn. 65).
cc) Allein die Möglichkeit, dass die von der Berufsgenossenschaft festgestellte Zuständigkeit im Einzelfall nicht der materiell zutreffenden Zuständigkeit entspricht, rechtfertigt deshalb nicht den Schluss, die Tarifvertragsparteien hätten ausschließlich auf die materielle Zuständigkeit abstellen wollen. Selbst wenn damit im Ergebnis Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen, die fortgesetzt und ausschließlich oder überwiegend die in § 1 Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.5 BRTV GaLaBau aufgeführten Arbeiten ausführen, aus dem Geltungsbereich herausfallen, obgleich der wirtschaftliche Schwerpunkt des Unternehmens, dem sie angehören, objektiv im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus liegt, erscheint es gleichwohl nahezuliegen, dass die Tarifvertragsparteien der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie der Praktikabilität den Vorrang gegenüber einer richtigen Zuordnung im Einzelfall eingeräumt haben.
dd) Ebenso wenig spricht gegen ein vorrangiges Abstellen auf die formelle Zuständigkeit, dass es einem Unternehmen (theoretisch) möglich ist, durch falsche Angaben gegenüber dem Unfallversicherungsträger eine unzutreffende Feststellung der Zuständigkeit zu bewirken und sich dadurch (zeitweise) dem Geltungsbereich des Tarifvertrags zu entziehen, ohne dass die Tarifvertragsparteien oder die Arbeitnehmer einen rechtswidrigen Zuständigkeitsbescheid gerichtlich angreifen können. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dieses (geringe) Risiko aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie der Praktikabilität in Kauf genommen haben. Der Gefahr, dass ein Unternehmer seine Mitteilungspflichten gegenüber dem Unfallversicherungsträger nach § 192 SGB VII (früher §§ 661, 666, 795, 796, 797, 853 RVO) verletzt, wird bereits dadurch ausreichend begegnet, dass dies nach § 209 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, Abs. 3 SGB VII (früher §§ 773, 834 RVO) mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Zudem ist es Aufgabe des formell zuständigen Unfallversicherungsträgers, das Überweisungsverfahren nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII einzuleiten, wenn er von seiner unzutreffenden Zuständigkeitsfeststellung Kenntnis erlangt. Abgesehen davon bestünde auch bei einer Anknüpfung allein an die materielle Zuständigkeit die Gefahr, dass in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren aufgrund von falschem oder auch nur unsubstantiiertem Sachvortrag einer Partei oder im Falle einer non-liquet-Situation die gerichtliche Bewertung der materiellen Zuständigkeit der BG Gartenbau von der objektiven Rechtslage abweichen könnte.
f) Schließlich lässt sich auch aus der Tarifgeschichte – soweit diese hier überhaupt berücksichtigt werden kann (zu grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich der Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung eines Tarifvertrags BAG 10. Dezember 2014 – 4 AZR 503/12 – Rn. 22, BAGE 150, 184) – kein anderes Auslegungsergebnis begründen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Regelung des fachlichen Geltungsbereichs des BRTV GaLaBau hinsichtlich der Einschränkung „soweit sie der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft unterliegen”) seit Jahrzehnten unverändert geblieben ist (sh. schon BRTV GaLaBau idF vom 7. April 1981; sh. auch Bundesrahmen-Tarifvertrag für Landschaftsgärtner vom 2. März 1971) und von den Tarifvertragsparteien noch unter der Geltung der RVO vereinbart wurde. Auch hat das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff „unterliegen”, der in den seit dem 1. Januar 1997 geltenden Regelungen des SGB VII zur Unfallversicherung nicht vorkommt, im Zusammenhang mit der gesetzlichen Unfallversicherung in § 643 RVO und auch in § 655 RVO verwendet wurde und auf die materielle Zuordnung abstellte. Allerdings hat der Normgeber der RVO diesen Begriff erkennbar nicht abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch verwendet. Es handelt sich nicht um einen feststehenden, rechtstechnisch geprägten (Fach-)Begriff mit geläufiger Bedeutung, bei dem grundsätzlich zunächst davon ausgegangen werden kann, dass die Tarifvertragsparteien ihn iSd. gebräuchlichen Bedeutung verstehen (vgl. etwa BAG 28. Juni 1994 – 1 ABR 59/93 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 77, 165; 25. November 1992 – 7 AZR 191/92 – zu I 2 der Gründe). Dafür, dass die Tarifvertragsparteien diesen Begriff auch nicht mit einer vermeintlich spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Bedeutung verwenden wollten, spricht ein Vergleich mit der Regelung in § 1 Ziff. 2 BLTV GaLaBau Ost, in dem der Begriff des Unterliegens (ebenfalls) iSd. allgemeinen Sprachgebrauchs verwendet wird. Abgesehen davon regelte § 643 RVO auch nicht die Zuordnung eines Unternehmens zu einem bestimmten Unfallversicherungsträger, sondern lediglich das Verhältnis der allgemeinen Unfallversicherung zu der (besonderen) landwirtschaftlichen und der See-Unfallversicherung.
g) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine vorrangig an die formelle Zuständigkeit anknüpfende Auslegung könne zu einer Überschreitung der Tarifzuständigkeit des tarifschließenden Arbeitgeberverbands führen.
aa) Nach § 7 Ziff. 2 Buchst. f der Satzung des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V. liegt die (regionale) Tarifhoheit bei den Landesverbänden. Nach § 2 der vom Kläger beigebrachten Satzung des Fachverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg e.V., der Mitglied im tarifschließenden Arbeitgeberverband und Tarifvertragspartner iSd. Tarifvertragsgesetzes (Abs. 5) ist, ist dessen Aufgabe die Wahrnehmung und Förderung der berufsständischen Interessen seiner Mitglieder auf dem Gebiet des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus (Abs. 1). Nach § 4 Abs. 1 der Satzung des Fachverbands kann ordentliches Mitglied jede juristische oder natürliche Person werden, die Inhaber eines Betriebs des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus ist, wobei als Betrieb auch Betriebsabteilungen gelten, in denen ausschließlich oder überwiegend Arbeiten des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaus ausgeführt werden.
bb) In den Grenzen dieser Zuständigkeit hält sich die Festlegung des fachlichen Geltungsbereichs des BRTV GaLaBau, indem sie daran anknüpft, dass die in den Ziff. 2.1 bis Ziff. 2.5 genannten Arbeiten in den Betrieben oder selbständigen Betriebsabteilungen ausgeführt werden. Da die Regelung „soweit sie der Unfallversicherung bei der Gartenbau-Berufsgenossenschaft unterliegen” den so bestimmten fachlichen Geltungsbereich einschränkt, kann sie nicht zu einer Überschreitung der Tarifzuständigkeit führen.
cc) Dass der Geltungsbereich des Tarifvertrags aufgrund der Einschränkungen nicht alle Mitglieder der Mitgliedsverbände des tarifschließenden Arbeitgeberverbands erfasst, ist aufgrund des weiten Gestaltungsspielraums, der auch die Festlegung der vom Tarifvertrag erfassten Unternehmen beinhaltet (BAG 21. Januar 2015 – 4 AZR 797/13 – Rn. 63 mwN, BAGE 150, 304), zulässig.
II. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als der Kläger sie auf Schadensersatzansprüche stützt. Es sind weder vertragliche noch deliktische Schadensersatzansprüche ersichtlich. Der Kläger hat schon nicht substantiiert dazu vorgetragen, durch welches vertragswidrige oder rechtswidrige und schuldhafte Verhalten die Beklagte bei ihm einen Schaden verursacht haben soll.
1. Soweit sich der Kläger zur Begründung von Schadensersatzansprüchen darauf beruft, die Beklagte habe den BRTV GaLaBau nicht angewandt und damit ihre Pflicht aus § 7 der Satzung des Fachverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin und Brandenburg e.V. verletzt, liegt darin schon deshalb kein vertrags- oder rechtswidriges Verhalten, weil der Betrieb, in dem der Kläger tätig ist, nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt. Zudem fehlt es an einem Vortrag dazu, welche Beschlüsse des Fachverbands die Beklagte pflichtwidrig nicht anerkannt bzw. entsprechend welcher Beschlüsse sie sich nicht verhalten habe.
2. Auch soweit der Kläger behauptet hat, die Beklagte habe sich bei der unzutreffenden Berufsgenossenschaft angemeldet, um Tariflöhne nicht zahlen zu müssen, kommen vertragliche Schadensersatzansprüche (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB) schon deshalb nicht in Betracht, weil die Mitteilungs- und Auskunftspflichten nach § 192 SGB VII keine vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kläger darstellen.
3. Deliktische Ansprüche (hier allein in Betracht kommend § 823 Abs. 2 und § 826 BGB) scheitern jedenfalls daran, dass der Kläger ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat. Er hat schon nicht dargetan, wann die Beklagte bewusst welche (falschen) Mitteilungen oder Auskünfte nach § 192 SGB VII gemacht haben soll, die zu einer unzutreffenden Feststellung der Zuständigkeit der BG Bau nach § 136 Abs. 1 Satz 1 SGB VII geführt haben.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Eylert, Rinck, Klose, Lippok, Krüger
Fundstellen
Haufe-Index 10851722 |
FA 2017, 223 |
NZA 2017, 1416 |
AP 2017 |
NZA-RR 2017, 360 |
AUR 2017, 315 |