Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung am Rosenmontag. unzulässige Feststellungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu 9 AZR 113/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt –

 

Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 15.01.1992; Aktenzeichen 8 Sa 829/91)

ArbG Aachen (Urteil vom 11.06.1991; Aktenzeichen 6 (4) Ca 555/91)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Januar 1992 – 8 Sa 829/91 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin aufgrund eines besonderen einzelvertraglichen Anspruchs am Rosenmontag 1991 von der Arbeit freigestellt worden ist oder ob sie Erholungsurlaub bekommen hat.

Die Klägerin ist seit Jahren in der medizinischen Einrichtung der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) des beklagten Landes beschäftigt.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung beschloß am 27. Januar 1970:

Der Rosenmontag ist bei den obersten Landesbehörden und den nachgeordneten Behörden in Düsseldorf dienstfrei.

Die Leiter der nachgeordneten Dienststellen außerhalb von Düsseldorf werden ermächtigt, die Dienstzeit am Rosenmontag entsprechend den örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der karnevalistischen Tradition nach eigenem Ermessen zu regeln.

Von dieser Ermächtigung machte die RWTH spätestens seit 1982 in jedem Jahr Gebrauch. Den Mitarbeitern wurde in den Jahren bis 1990 am Rosenmontag Dienstbefreiung gewährt. Mit Kabinettsbeschluß vom 23. Januar 1991 setzte die Landesregierung ihren Beschluß vom 27. Januar 1970 für das Jahr 1991 aus. Der Verwaltungsdirektor der medizinischen Einrichtungen der RWTH teilte den Mitarbeitern per Rundschreiben mit, daß der Rosenmontag und alle anderen Werktage in der Karnevalszeit normale Arbeitstage seien und bei eventueller Arbeitsplanung als Urlaubstage berücksichtigt werden müßten.

Die Klägerin stellte zunächst für den Rosenmontag 1991 und den Dienstag danach einen Urlaubsantrag „unter Vorbehalt” und beantragte dann eine einstweilige Verfügung, mit der sie ihre Arbeitsbefreiung für den Rosenmontag durchzusetzen versuchte.

In dem Verfahren einigten sich die Parteien am 8. Februar 1991 darauf, daß die Klägerin am Rosenmontag von der Arbeit freigestellt werde, aber die weiteren arbeitsgerichtlichen Konsequenzen in einem Hauptverfahren geklärt werden sollten. Mit Schreiben vom 26. Februar 1991 forderte die Klägerin das beklagte Land zur Mitteilung auf, daß sie am Rosenmontag vom Dienst befreit gewesen sei. Als eine Antwort der Beklagten ausblieb, erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag

festzustellen, daß die Arbeitsbefreiung der Klägerin am 11. Februar 1991 (Rosenmontag) nicht auf den Jahresurlaub angerechnet wird, sondern der Klägerin im Wege der bisherigen betrieblichen Übung für diesen Tag gewährt wird.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verlangt die Klägerin die Wiederherstellung des angefochtenen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klage kann keinen Erfolg haben. Sie ist unzulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAGE 4, 114 = AP Nr. 1 zu § 20 MietSchG; BAGE 54, 210 = AP Nr. 3 zu § 52 BAT; Senatsurteil vom 22. September 1992 – 9 AZR 404/90 – zur Veröffentlichung bestimmt; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., § 246 Anm. 3 D; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 256 Rz 47; MünchKomm-Lüke, ZPO, § 256 Rz 28). Anderenfalls verlangt die Klägerin lediglich ein Rechtsgutachten für einen abgeschlossenen Sachverhalt. Die Erstattung von Rechtsgutachten ist den Gerichten aber versagt.

2. Im Streitfall ergibt sich aus der beantragten Feststellung auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Parteien nur die vergangenheitsbezogene Klarstellung, ob die Klägerin an einem bestimmten Tag des Jahres 1991 Erholungsurlaub hatte oder aus anderen Gründen freigestellt worden ist. Rechtswirkungen für die Zukunft gingen von der rechtlichen Beurteilung nicht aus.

a) Die beantragte Feststellung hätte keine unmittelbaren Auswirkungen auf finanzielle Ansprüche der Klägerin. Der Rosenmontag ist ihr bezahlt worden.

b) Ein Feststellungsurteil zugunsten der Klägerin hätte auch keine urlaubsrechtlichen Auswirkungen. Wenn gerichtlich festgestellt würde, daß die Klägerin am 11. Februar 1991 einen besonderen vertraglichen Anspruch auf Arbeitsbefreiung hatte und ihr kein Erholungsurlaub gewährt worden ist, folgt daraus nicht, daß die Klägerin aus dem Jahr 1991 noch einen weiteren Tag Urlaub verlangen kann. Denn der Urlaubsanspruch der Klägerin ist am Ende des Jahres 1991 erloschen, § 47 Abs. 7 Unterabs. 1 BAT. Sofern einer der in § 47 Abs. 7 Unterabs. 2 BAT genannten Übertragungstatbestände vorgelegen haben sollte, wofür es im Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte gibt, wäre der Urlaubsanspruch jedenfalls spätestens am 30. September 1992 erloschen. Die Klägerin kann auch keinen Ersatzurlaubsanspruch nach den §§ 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 BGB geltend machen. Im Vortrag der Klägerin fehlt jegliches Vorbringen, daß sie das beklagte Land in Verzug gesetzt hätte.

3. Rechtswirkungen für Gegenwart und Zukunft entfaltet die beantragte Feststellung auch nicht im Zusammenhang mit dem Vergleich der Parteien im Verfügungsverfahren. Die Vereinbarungen, die umstrittene Frage im Hauptverfahren zu klären, läßt sich nicht dahin auslegen, das beklagte Land werde nach rechtskräftiger Entscheidung irgend eine Leistung nachholen. Dem Vergleich ist nicht nur nicht zu entnehmen, welche (übertarifliche und außergesetzliche) Geld- oder Freistellungsleistung das beklagte Land zu erbringen bereit wäre, sondern er enthält überhaupt kein Versprechen des beklagten Landes, der Klägerin nach für sie günstigen Abschluß des Rechtsstreits irgend etwas zukommen zu lassen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Reinecke, Dörner, Dr. Jesse, Matthiessen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083519

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