Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung am Rosenmontag. unzulässige Feststellungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu 9 AZR 113/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt –

 

Normenkette

ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 18.12.1991; Aktenzeichen 8 Sa 801/91)

ArbG Aachen (Urteil vom 11.06.1991; Aktenzeichen 6 (7) Ca 858/91)

 

Tenor

Die Revision der Klägerinnen und Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. Dezember 1991 – 8 Sa 801/91 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerinnen und Kläger haben die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerinnen und Kläger am Rosenmontag 1991 aufgrund eines besonderen vertraglichen Anspruchs von der Arbeit freigestellt worden sind oder ob sie Erholungsurlaub bekommen haben.

Die Klägerinnen und Kläger sind seit mehreren Jahren in der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen des beklagten Landes als Angestellte beschäftigt.

Die Nordrhein-Westfälische Landesregierung beschloß am 27. Januar 1970:

Der Rosenmontag ist bei den obersten Landesbehörden und bei den nachgeordneten Behörden in Düsseldorf dienstfrei.

Die Leiter der nachgeordneten Dienststellen außerhalb von Düsseldorf werden ermächtigt, die Dienstzeit am Rosenmontag entsprechend den örtlichen Verhältnissen unter Berücksichtigung der karnevalistischen Tradition nach eigenem Ermessen zu regeln.

Der Rosenmontag ist auch für Mitarbeiter, die an diesem Tag aufgrund des Kabinettsbeschlusses Dienstbefreiung erhalten, Arbeitstag i. S. § 5 Abs. 1 Erholungsurlaubsverordnung …, des § 48 Abs. 4 BAT … und des § 48 Abs. 8 MTL II … Das bedeutet, daß der dienstfreie Rosenmontag auf den Urlaub anzurechnen ist, wenn er in einen laufenden Urlaub fällt.

Von dieser Ermächtigung machte die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule spätestens seit 1982 in jedem Jahr Gebrauch. Den Mitarbeitern wurde in den Jahren bis 1990 am Rosenmontag Dienstbefreiung gewährt. Mit Kabinettsbeschluß vom 23. Januar 1991 setzte die Landesregierung ihren Beschluß vom 27. Januar 1970 für das Jahr 1991 aus. Der Verwaltungsdirektor der medizinischen Einrichtungen der RWTH teilte den Mitarbeitern per Rundschreiben mit, daß in diesem Jahr der Rosenmontag und alle anderen Werktage in der Karnevals zeit normale Arbeitstage seien und bei eventueller Urlaubsplanung als Urlaubstage berücksichtigt werden müßten.

Am 7. Februar 1991 beantragten die Klägerinnen und Kläger Dienstbefreiung für Rosenmontag unter Fortbezahlung ihrer Bezüge. Die Anträge wurden unbearbeitet zurückgegeben. Daraufhin beantragten die Klägerinnen und Kläger einstweilige Verfügungen auf Arbeitsbefreiung für den 11. Februar 1991. Nachdem das Arbeitsgericht dem beklagten Land aufgegeben hatte, den Klägerinnen und Klägern für den 11. Februar 1991 Arbeitsbefreiung zu gewähren, blieben diese dem Dienst fern. Das beklagte Land rechnete den Tag als Urlaub.

Daraufhin haben die Klägerinnen und Kläger die vorliegende Klage erhoben und beantragt

festzustellen, daß die Klägerinnen und Kläger am 11. Februar 1991 (Rosenmontag) Dienstbefreiung mit einer Lohnfortzahlung ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub hatten.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat antragsgemäß entschieden. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verlangen die Klägerinnen und Kläger die Wiederherstellung des angefochtenen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Klage kann keinen Erfolg haben. Sie ist unzulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Ist die Klage auf Feststellung des Bestehens eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur zulässig, wenn sich aus der Feststellung Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAGE 4, 114 = AP Nr. 1 zu § 20 MietSchG; BAGE 54, 210 = AP Nr. 3 zu § 52 BAT; Senatsurteil vom 22. September 1992 – 9 AZR 404/90 – zur Veröffentlichung bestimmt; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 50. Aufl., § 256 Anm. 3 D; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 256 Rz 47; MünchKomm-Lüke, ZPO, § 256 Rz 20). Anderenfalls verlangt die klagende Partei lediglich ein Rechtsgutachten für einen abgeschlossenen Sachverhalt. Die Erstattung von Rechtsgutachten ist den Gerichten aber versagt.

2. Im Streitfall ergibt sich aus der beantragten Feststellung auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Parteien nur die vergangenheitsbezogene Klarstellung, ob die Klägerinnen und Kläger an einem bestimmten Tag des Jahres 1991 Erholungsurlaub hatten oder aus anderen Gründen freigestellt worden sind. Rechtswirkungen für die Zukunft gingen von der rechtlichen Beurteilung nicht aus.

a) Die beantragte Feststellung hätte keine unmittelbaren Auswirkungen auf finanzielle Ansprüche der Klägerinnen und Kläger. Der Rosenmontag ist ihnen bezahlt worden.

b) Ein Feststellungsurteil zugunsten der Klägerinnen und Kläger hätte auch keine urlaubsrechtlichen Auswirkungen. Wenn gerichtlich festgestellt würde, daß die Arbeitnehmer innen und Arbeitnehmer am 11. Februar 1991 einen besonderen vertraglichen Anspruch auf Arbeitsbefreiung hatten und ihnen kein Erholungsurlaub gewährt worden ist, folgt daraus nicht, daß sie aus dem Jahr 1991 noch einen weiteren Tag Urlaub verlangen können. Denn ihr Urlaubsanspruch ist am Ende des Jahres 1991 erloschen, § 47 Abs. 7 Unterabs. 1 BAT. Sofern einer der in § 47 Abs. 7 Unterabs. 2 BAT genannten Übertragungstatbestände vorgelegen haben sollte, wofür es im Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte gibt, wäre der Urlaubsanspruch jedenfalls spätestens am 30. September 1992 erloschen. Die Klägerinnen und Kläger können auch keinen Ersatzurlaubsanspruch nach den §§ 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Satz 2, 249 BGB geltend machen. In ihrem Vortrag fehlt jegliches Vorbringen, daß sie das beklagte Land in Verzug gesetzt hätten.

3. Rechtswirkungen für Gegenwart und Zukunft ergeben sich für die beantragte Feststellung auch nicht im Zusammenhang mit den Beschlüssen des Arbeitsgerichts in den Verfügungsverfahren, durch die entschieden worden ist, daß die Klägerinnen und Kläger am Rosenmontag 1991 keine Arbeitspflicht hatten. Daraus ergibt sich nicht die Notwendigkeit, den Rechtsgrund für die Freistellung materiellrechtlich zu klären.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dr. Reinecke, Dörner, Dr. Jesse, Matthiessen

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079643

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