Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätete Urteilsabsetzung
Normenkette
ZPO § 551 Nr. 7
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 25.11.1993; Aktenzeichen 4 Sa 1144/93) |
ArbG Bochum (Urteil vom 30.04.1993; Aktenzeichen 3 Ca 35/93) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. November 1993 – 4 Sa 1144/93 – aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 22. Dezember 1992, die die Beklagte darauf stützt, die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin sei betriebsbedingt entfallen.
Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt und geltend gemacht, die Kündigung sei rechtsunwirksam, weil rechtfertigende Gründe im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG nicht vorlägen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 22. Dezember 1992 ausgesprochene Kündigung beendet wird, sondern unverändert fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägerin, weiterhin zu den vertraglichen Bedingungen als Büroangestellte zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgebracht, im Bereich Grubenausbau sei die Produktionsmenge aufgrund einer mindestens 30%igen Auftragsbestandskürzung durch die Ruhrkohle AG seit 1988 erheblich zurückgegangen, die Kürzung sei mit Wirkung vom 1. Oktober 1992 erfolgt. Deshalb habe sie sich zur Schließung der Abteilung Grubenausbau zum 31. März 1993 entschlossen, wovon 8 Mitarbeiter aus der Wartungsabteilung, eine Mitarbeiterin der Verwaltung und das gesamte Personal des Grubenausbaubereichs, insgesamt 51 Mitarbeiter – darunter die Klägerin – betroffen seien. Sie verweist weiter auf den mit dem Betriebsrat abgeschlossen Interessenausgleich und Sozialplan vom 18. Dezember 1992 und hält die Anhörung des Betriebsrats sowie die soziale Auswahl für zutreffend. Eine andere Einsatzmöglichkeit außerhalb der Verwaltung sei für die Klägerin nicht vorhanden.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das am 25. November 1993 verkündete Urteil ist mit den Unterschriften der Richter versehen jedenfalls bis zum 6. März 1995 nicht zur Geschäftsstelle gelangt. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie rügt u.a. die Verletzung von § 551 Nr. 7 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Die Sache ist auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien gemäß § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückzuverweisen, weil der absolute Revisionsgrund gemäß § 551 Nr. 7 ZPO vorliegt. Das angefochtene Urteil ist als Urteil ohne Entscheidungsgründe anzusehen.
I. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluß vom 27. April 1993 (– GmS-OGB 1/92 – AP Nr. 21 zu § 551 ZPO) erkannt, daß abweichend von der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil i.S.v. § 551 Nr. 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesarbeitsgericht angeschlossen (BAG Urteil vom 4. August 1993 – 4 AZR 501/92 – AP Nr. 22 zu § 551 ZPO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Senatsurteile vom 7. Oktober 1993 – 2 AZR 293/93 –, n.v. und vom 12. Januar 1995 – 2 AZR 408/94 –, n.v.).
II. Das angefochtene Urteil vom 25. November 1993 ist jedenfalls bis zum 6. März 1995 nicht ordnungsgemäß unterzeichnet zur Geschäftsstelle gelangt, wie sich aus der telefonischen Auskunft der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. März 1995 ergibt. Das angefochtene Urteil, das danach nicht innerhalb von fünf Monaten nach seiner Verkündung mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von allen Richtern unterschrieben zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt ist, gilt nach dem Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts i.S.v. § 551 Nr. 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen. Es ist deshalb auf die entsprechende ordnungsgemäße Verfahrensrüge der Klägerin hin ohne weitere Sachprüfung gemäß §§ 564, 565 ZPO aufzuheben.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Fischermeier, Strümper, Piper
Fundstellen