Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung. Unterbrechung. Hemmung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Verfassungsbeschwerde unterbricht nicht die Verjährung
Normenkette
BGB §§ 203, 209
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Juni 2000 – 10 Sa 509/99 – in der Kostenentscheidung insgesamt und hinsichtlich der Zinsentscheidung teilweise aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 12. Mai 1999 – 12 Ca 4572/98 – hinsichtlich der Zinsentscheidung teilweise abgeändert.
Die Zinsentscheidung wird zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4 % Zinsen aus
10.856,19 Euro brutto seit dem 9. Juli 1997,
530,73 Euro brutto seit dem 16. Juli 1997,
530,73 Euro brutto seit dem 16. August 1997,
2.083,66 Euro brutto seit dem 16. September 1997,
758,42 Euro brutto seit dem 16. Oktober 1997,
1.317,46 Euro brutto seit dem 16. November 1997,
758,42 Euro brutto seit dem 16. Dezember 1997,
802,17 Euro brutto seit dem 16. Januar 1998,
802,17 Euro brutto seit dem 16. Februar 1998,
802,17 Euro brutto seit dem 16. März 1998,
802,17 Euro brutto seit dem 16. April 1998,
sowie aus 258,77 Euro brutto seit dem 16. Mai 1998,
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind von der Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Vergütung aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für den Zeitraum Juli 1992 bis Dezember 1995. Außerdem streiten die Parteien über die Höhe von Zinsansprüchen.
Die Klägerin steht bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger seit August 1971 im Schuldienst. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. März 1992 zum 30. Juni 1992. Das Arbeitsgericht Dresden gab der Kündigungsschutzklage der Klägerin am 15. April 1993 statt (– 5 Ca 2529/92 –). Auf die Berufung des Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Chemnitz die Klage am 22. Juni 1994 (– 11 (3) Sa 303/93 –) ab. Das Bundesarbeitsgericht wies die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde am 22. September 1994 (– 2 AZN 638/94 –) zurück. Der Beschluss wurde der Klägerin am 11. Oktober 1994 zugestellt. Auf die von ihr am 10. August 1994 eingelegte Verfassungsbeschwerde hob das Bundesverfassungsgericht am 8. Juli 1997 (– 1 BvR 2111/94 –) das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurück. Mit Urteil vom 29. April 1998 (– 4 Sa 752/97 –) gab das Landesarbeitsgericht der Kündigungsschutzklage nunmehr statt. Seit dem 11. Mai 1998 ist die Klägerin wieder als Lehrkraft tätig.
Mit der am 18. Mai 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – für den Zeitraum von Juli 1992 bis Dezember 1995 einen Betrag in Höhe von 161.490,85 DM (= 82.568,96 Euro) brutto abzüglich Arbeitslosengeld und anderweitig erzieltem Verdienst.
Der Beklagte hat in Bezug auf die Ansprüche bis Dezember 1995 die Einrede der Verjährung erhoben.
Für den Zeitraum Januar 1996 bis Mai 1998 streiten die Parteien in der Revisionsinstanz nur noch um die Frage, ob die begehrten Zinsen aus dem Brutto- oder Nettobetrag zu gewähren sind.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Ansprüche für die Jahre 1992 bis 1995 seien nicht verjährt. Die Kündigungsschutzklage habe nach § 209 BGB (BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) verjährungsunterbrechende Wirkung gehabt. Durch die am 10. August 1994 erfolgte Einlegung der Verfassungsbeschwerde sei ein weiterer Unterbrechungstatbestand gegeben gewesen. Insoweit sei § 209 BGB analog anzuwenden. Jedenfalls müsse § 580 Ziffer 6 ZPO entsprechend gelten. Zu berücksichtigen sei, dass sich nach dem Eintritt der Rechtskraft eine Vergütungsklage nicht mehr schlüssig habe begründen lassen. Eine vor Rechtskraft erhobene Vergütungsklage wäre abgewiesen worden. In einem solchen Fall hätte sie mit Aussicht auf Erfolg Restitutionsklage erheben können. Da sie nach der klageabweisenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts objektiv keine Möglichkeit zur Sicherung ihrer Vergütungsansprüche gehabt habe, sei auch ihr verfassungsrechtlicher Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG tangiert. Verzugszinsen stünden ihr aus der Bruttovergütung zu.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
an sie 4 % Zinsen aus
21.323,87 DM brutto seit dem 9. Juli 1997,
1.038,01 DM brutto seit dem 16. Juli 1997,
1.038,01 DM brutto seit dem 16. August 1997,
4.075,29 DM brutto seit dem 16. September 1997,
1.483,34 DM brutto seit dem 16. Oktober 1997,
2.576,72 DM brutto seit dem 16. November 1997,
1.483,34 DM brutto seit dem 16. Dezember 1997,
1.568,91 DM brutto seit dem 16. Januar 1998,
1.568,91 DM brutto seit dem 16. Februar 1998,
1.568,91 DM brutto seit dem 16. März 1998,
1.568,91 DM brutto seit dem 16. April 1998,
506,11 DM brutto seit dem 16. Mai 1998 zu zahlen.
an sie 161.490,85 DM brutto nebst jeweils 4 % Zinsen aus
4.288,10 DM brutto seit dem 16. Juli 1992,
3.788,10 DM brutto seit dem 16. August 1992,
3.788,10 DM brutto seit dem 16. September 1992,
3.788,10 DM brutto seit dem 16. Oktober 1992,
6.629,16 DM brutto seit dem 16. November 1992,
4.004,57 DM brutto seit dem 16. Dezember 1992,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. Januar 1993,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. Februar 1993,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. März 1993,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. April 1993,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. Mai 1993,
4.124,70 DM brutto seit dem 16. Juni 1993,
4.959,59 DM brutto seit dem 16. Juli 1993,
4.459,14 DM brutto seit dem 16. August 1993,
4.459,14 DM brutto seit dem 16. September 1993,
112,31 DM brutto seit dem 16. Oktober 1993,
3.456,66 DM brutto seit dem 16. November 1993,
112,31 DM brutto seit dem 16. Dezember 1993,
112,31 DM brutto seit dem 16. Januar 1994,
112,31 DM brutto seit dem 16. Februar 1994,
112,31 DM brutto seit dem 16. März 1994,
112,31 DM brutto seit dem 16. April 1994,
112,31 DM brutto seit dem 16. Mai 1994,
112,31 DM brutto seit dem 16. Juni 1994,
612,31 DM brutto seit dem 16. Juli 1994,
4.139,93 DM brutto seit dem 16. August 1994,
4.664,31 DM brutto seit dem 16. September 1994,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. Oktober 1994,
8.277,69 DM brutto seit dem 16. November 1994,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. Dezember 1994,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. Januar 1995,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. Februar 1995,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. März 1995,
4.779,46 DM brutto seit dem 16. April 1995,
4.932,42 DM brutto seit dem 16. Mai 1995,
4.932,42 DM brutto seit dem 16. Juni 1995,
5.808,31 DM brutto seit dem 16. Juli 1995,
5.182,71 DM brutto seit dem 16. August 1995,
5.182,71 DM brutto seit dem 16. September 1995,
5.309,11 DM brutto seit dem 16. Oktober 1995,
9.196,14 DM brutto seit dem 16. November 1995,
5.309,11 DM brutto seit dem 16. Dezember 1995
abzüglich
im Jahr 1992 bezogener 8.111,50 DM netto Arbeitslosengeld,
im Jahr 1993 bezogener 6.325,00 DM netto Arbeitslosengeld sowie 16.885,00 DM brutto aus anderweitigem Verdienst,
im Jahr 1994 bezogener 620,10 DM netto Arbeitslosengeld sowie 17.185,90 DM brutto aus anderweitigem Verdienst,
sowie im Jahr 1995 bezogener 51.511,43 DM brutto aus anderweitigem Verdienst,
zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die geltend gemachten Ansprüche für die Jahre 1992 bis 1995 seien verjährt. Der Klägerin sei es jederzeit möglich gewesen, die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Dies gelte auch für den Zeitraum nach rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage. Im Hinblick auf die Einlegung der Verfassungsbeschwerde wäre die Erhebung einer Leistungsklage sogar geboten gewesen.
Das Arbeitsgericht hat – soweit noch von Interesse – die Klage bezüglich der für die Zeit bis 1995 erhobenen Ansprüche abgewiesen. Die Zinsen hat es aus dem Nettobetrag zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag für die Monate Juli 1992 bis Dezember 1995 weiter. Darüber hinaus begehrt sie die Verzinsung aus den Bruttobeträgen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Klägerin hat für die Zeit ab 1996 Ansprüche auf Zinsen aus der Bruttovergütung. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Vergütungsansprüche der Klägerin vom 1. Juli 1992 bis 31. Dezember 1995 seien verjährt. Die Verjährung der Zahlungsansprüche sei nicht gemäß § 209 Abs. 1 BGB durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage unterbrochen worden. § 209 Abs. 1 BGB sei auch nicht analog anzuwenden. Es könne dahin stehen, ob die Verjährung nach § 203 BGB in der Zeit zwischen der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 8. Juli 1997 gehemmt gewesen sei. In diesem Fall wäre die Verjährung der Ansprüche aus 1995 am 8. Januar 1998 eingetreten. Die Ansprüche aus 1992 bis 1994 seien bereits früher verjährt gewesen. Dem Ablauf der Verjährungsfrist stehe eine analoge Anwendung von § 580 Ziffer 6 ZPO nicht entgegen. Die von der Klägerin angestrebte „Vorwegnahme” einer Restitution finde im Rahmen der Verjährungsvorschriften keine Grundlage. Die Klägerin sei schließlich nicht in ihrem Recht auf ungehinderten Zugang zu den Gerichten (Art. 19 Abs. 4 GG) in unzumutbarer Weise behindert worden. Sie habe die Möglichkeit gehabt, ihre Gehaltsansprüche gerichtlich geltend zu machen. Zinsen stünden der Klägerin lediglich auf Grundlage der Nettobeträge zu.
B. Dem folgt der Senat in Bezug auf die Ansprüche für 1992 bis 1995 im Ergebnis und weitgehend in der Begründung. Zinsen stehen der Klägerin dagegen aus dem Bruttoanspruch zu.
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Vergütung für die Zeit von 1992 bis 1995. Der Beklagte ist nach § 222 Abs. 2 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern, weil die Ansprüche verjährt sind.
1. Die 1998 erhobene Klage hat die Verjährungsfrist nicht gewahrt. Gemäß § 196 Abs. 1 Ziffer 8, §§ 198, 201 BGB verjährten die Gehaltsansprüche der Klägerin einschließlich der Zinsen (§ 224 BGB) aus dem Jahre 1995 mit Ablauf des 31. Dezember 1997. Die Ansprüche für die Jahre 1992 bis 1994 sind entsprechend früher verjährt.
2. Die Verjährung der Annahmeverzugsansprüche ist weder durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage noch durch die Stellung des Weiterbeschäftigungsantrags gemäß § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen worden. Selbst wenn von einer Unterbrechung ausgegangen würde, wären die Ansprüche verjährt. Ein anderes Ergebnis ergäbe sich nur, wenn der Verfassungsbeschwerde verjährungsunterbrechende Wirkung zukäme. Dies ist jedoch nicht der Fall.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird die Verjährung der sich aus § 615 BGB ergebenden Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers durch eine Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG nicht nach § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen (7. November 1991 – 2 AZR 159/91 – AP BGB § 209 Nr. 6 = EzA BGB § 209 Nr. 5, zu B der Gründe; 29. Mai 1961 – 5 AZR 162/59 – AP BGB § 209 Nr. 2, zu I 2 der Gründe; 1. Dezember 1960 – 5 AZR 20/58 – BAGE 9, 7, 12). Hieran ist festzuhalten.
b) Unabhängig davon sind die Ansprüche der Klägerin für die Jahre 1992 bis 1995 jedenfalls spätestens am 11. Oktober 1996 verjährt.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen vom 22. Juni 1994 ist gemäß § 72 a Abs. 5 Satz 6 ArbGG mit der am 11. Oktober 1994 erfolgten Zustellung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde an die Klägerin rechtskräftig geworden (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts Grunsky ArbGG 7. Aufl. § 72 a Rn. 28). Nach § 217 BGB beginnt die Verjährung nach Beendigung der Unterbrechung. § 201 BGB kommt nicht zur Anwendung (vgl. MünchKommBGB/Grothe 4. Aufl. § 201 Rn. 3). Hätte die Kündigungsschutzklage verjährungsunterbrechende Wirkung, so wäre der Beginn der Verjährung daher auf den 12. Oktober 1994 zu datieren gewesen (§ 187 Abs. 1 BGB). Die Verjährung wäre nach § 188 Abs. 2 BGB am 11. Oktober 1996 und damit vor Erhebung der Zahlungsklage eingetreten.
c) Die zwischenzeitlich erfolgte Erhebung der Verfassungsbeschwerde führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn die Verfassungsbeschwerde stellt kein weiteres zusätzliches Rechtsmittel dar. Als außerordentlichem Rechtsbehelf kommt ihr kein Suspensiveffekt zu. Sie hemmt den Eintritt der formellen und materiellen Rechtskraft nicht. Die Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung ist in der Regel gerade eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde (BVerfG 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166, 213; 18. Januar 1996 – 1 BvR 2116/94 – BVerfGE 93, 381, 385; Schlaich/Korioth Das Bundesverfassungsgericht 5. Aufl. Rn. 186).
3. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Verjährung eine Hemmung nach §§ 203, 205 BGB schon deshalb nicht entgegensteht, weil die Ansprüche auch bei Anwendung dieser Vorschriften verjährt sind.
Die Annahme, dass die Klägerin durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert war, käme allenfalls für den Zeitraum vom 11. Oktober 1994 (Mitteilung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts über die Nichtzulassungsbeschwerde an die Klägerin) bis zum 8. Juli 1997 (Stattgabe der Verfassungsbeschwerde) in Betracht. Für die Hemmung der Verjährung sind nach § 203 Abs. 1 BGB die letzten sechs Monate der Verjährungsfrist maßgeblich. § 205 BGB sieht vor, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Ab Wegfall des Hindernisses verlängert sich die Verjährungsfrist um maximal sechs Monate (BGH 29. Juni 1989 – III ZR 92/87 – NJW 1990, 176, zu I 2 a der Gründe).
Danach wären die Ansprüche aus den Jahren 1993 bis 1995 sechs Monate nach dem 8. Juli 1997, mithin am 8. Januar 1998, verjährt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin noch keine Leistungsklage erhoben. Für die Ansprüche aus 1992 wäre die Verjährung noch früher eingetreten, weil die Hemmung nicht während der gesamten letzten sechs Monate der Verjährungsfrist (1. Juli 1994 bis 31. Dezember 1994), sondern erst ab dem 11. Oktober 1994 bestanden hätte.
4. Der Klägerin war auch der Weg zu den Arbeitsgerichten nicht unter Verstoß gegen Verfassungsrecht faktisch versperrt.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wirken sich das Prinzip des sozialen Rechtsstaats und die in Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Rechtsgleichheit auch auf die Durchsetzung individueller Rechtspositionen mit Hilfe der staatlichen Gerichte aus. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten – ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts – nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Soweit der Zugang zu den Gerichten mit einem Kostenrisiko verbunden ist, kann diese verfassungsrechtliche Gewährleistung im Falle wirtschaftlichen Unvermögens faktisch in Frage gestellt sein. Deshalb hat der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen, dass auch die unbemittelte Partei in die Lage versetzt wird, ihre Belange im Rechtsstreit geltend zu machen. Von Verfassungs wegen wird verlangt, dass der bedürftigen Partei die Prozessführung nicht unmöglich gemacht wird (BVerfG 2. März 1993 – 1 BvR 249/92 – BVerfGE 88, 118, 123; 26. April 1988 – 1 BvL 84/86 – BVerfGE 78, 104, 118; 22. Januar 1959 – 1 BvR 154/55 – BVerfGE 9, 124, 131).
b) Die Klägerin hat schon keine Tatsachen vorgetragen, aus denen darauf geschlossen werden könnte, dass sie in irgendeinem der in Frage kommenden Zeiträume mittellos oder auch nur in wirtschaftlicher Bedrängnis gewesen wäre. Außerdem ist das System des arbeitsgerichtlichen Rechtsschutzes derart ausgestaltet, dass auch vermögenslose Arbeitnehmer nicht faktisch vom Zugang zu den Gerichten ausgeschlossen werden.
Der Gesetzgeber hat Arbeitnehmer in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten allerdings nicht generell von jedem Kostenrisiko ausgenommen. Schon die Erhebung der Kündigungsschutzklage kann für Arbeitnehmer mit Kosten verbunden sein. Gleiches gilt für eine Vergütungsklage.
Dies ist jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich, zumal der Gesetzgeber das Kostenrisiko für Arbeitnehmer begrenzt hat. Das wäre auch der Klägerin bei Durchführung eines erstinstanzlichen Verfahrens zu Gute gekommen. Sie hätte nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG (nur) ihre eigenen außergerichtlichen Kosten, jedoch nicht die des Beklagten tragen müssen. Das Risiko, zur Zahlung von Gerichtskosten herangezogen zu werden, wäre auf einen Höchstbetrag von 1.000,00 DM (jetzt: 500,00 Euro) beschränkt gewesen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 ArbGG). Diese wären nicht sofort fällig geworden, weil im Verfahren vor dem Arbeitsgericht kein Kostenvorschuss erhoben wird (§ 12 Abs. 4 Satz 1 ArbGG). Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist nicht vorgeschrieben (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Zudem besteht für Arbeitnehmer die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen bzw. die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu beantragen (§§ 114 ff. ZPO, § 11 a ArbGG). Bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe dürfen die Gerichte keine überzogenen Anforderungen an die Erfolgsaussichten einer Klage stellen. Die „hinreichende Aussicht auf Erfolg” iSd. § 114 ZPO darf nicht unter Beantwortung schwieriger, bislang nicht geklärter Rechtsfragen verneint werden (BVerfG 7. Mai 2002 – 1 BvR 1699/01 – VIZ 2002, 594).
5. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Verjährung müsse in analoger Anwendung des § 580 Ziffer 6 ZPO außer Betracht bleiben. Nach der genannten Norm findet die Restitutionsklage statt, wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist. Die Restitutionsklage soll es ermöglichen, dass rechtskräftige Urteile überprüft werden, wenn ihre Grundlagen für jedermann erkennbar in einer für das allgemeine Rechtsgefühl unerträglichen Weise erschüttert sind (BGH 21. Januar 1988 – III ZR 252/86 – BGHZ 103, 121 mwN). Eine solche Erschütterung der Urteilsgrundlagen liegt nur vor, wenn zwischen dem Restitutionsgrund und der Vorentscheidung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dem angegriffenen Urteil muss durch den Restitutionsgrund eine der Grundlagen, auf denen es beruht, entzogen werden (BGH 12. April 1951 – IV ZR 111/50 – JZ 1952, 560 mit Anm. Rosenberg). Es geht um eine Durchbrechung der Rechtskraft im Interesse der materiellen Gerechtigkeit.
a) Soweit die Revision mit der analogen Anwendung des § 580 Ziffer 6 ZPO erreichen will, dass die Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht als Restitutionsgrund zur Aufhebung anderer gerichtlicher Entscheidungen führen müsse, kann sie schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es an einer solchen anderen gerichtlichen Entscheidung fehlt. Eine rechtskräftige Entscheidung über die von der Klägerin verfolgten Zahlungsansprüche liegt nicht vor.
b) Wenn die Revision meint, die Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht im Kündigungsschutzrechtsstreit müsse zur Erhebung einer Zahlungsklage entsprechend den Regeln der Restitutionsklage berechtigen, für die dann sowohl ein aufzuhebendes Urteil fingiert werden müsste als auch ein Restitutionsgrund durch Analogie zu gewinnen wäre, kann sie ebenfalls keinen Erfolg haben. Für eine solche „Restitutionsklage” hätte die Klägerin bereits nicht die Frist des § 586 Abs. 1 ZPO gewahrt. Nach dieser Vorschrift ist die Restitutionsklage vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben. Nach § 586 Abs. 2 ZPO beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat. Sähe man mit der Klägerin den Restitutionsgrund in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 1997, so wäre die Frist nur dann gewahrt, wenn die Klägerin, die die vorliegende Klage am 18. Mai 1998 beim Arbeitsgericht eingereicht hat, von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht vor dem 18. April 1998 erfahren hätte. Derartiges hat die Klägerin nicht vorgetragen.
II. Die Revision ist insoweit begründet, als die Klägerin die Verzinsung aus den ihr zugesprochenen Bruttobeträgen begehrt.
Die Höhe der zu verzinsenden Hauptforderungen und die Dauer der Zinszeiträume stehen außer Streit. Ausgehend von den Grundsätzen, die der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 7. März 2001 (– GS 1/00 – BAGE 97, 150) entwickelt hat, schuldet der Beklagte die Zinsen in der geltend gemachten Höhe. III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 ZPO.
Unterschriften
Rost, Eylert, Schmitz-Scholemann, Niebler, Pitsch
Fundstellen