Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang oder Kooperation
Orientierungssatz
1. Der Betriebsinhaberwechsel muß durch Rechtsgeschäft erfolgen. Das Rechtsgeschäft muß weder unmittelbar zwischen früherem und neuem Betriebsinhaber stattfinden noch muß es sich um ein einheitliches, auf den Betrieb als Gesamtheit bezogenes Rechtsgeschäft handeln. Es genügen eine Vielzahl von Rechtsgeschäften, sofern diese insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes ausgerichtet sind.
2. Hinsichtlich des Übergangs von Geschäftspapieren und Kundenlisten hat der erkennende Senat aber bereits ausgeführt, sie seien nur dann von wesentlicher Bedeutung, wenn erst ihr Besitz die Kenntnis von dem Kundenkreis des bisherigen Betriebsinhabers vermittele und es dem Erwerber ermögliche, an die Kunden zur Fortsetzung der bisherigen Geschäftsbeziehung heranzutreten. Daran ist festzuhalten. Wesentlich ist nicht die Kundenkartei als solche, sondern die erst und dadurch ermöglichte Kenntnis des Kundenkreises, also ein immaterielles Betriebsmittel.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.03.1988; Aktenzeichen 11 (17) Sa 1515/87) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.09.1987; Aktenzeichen 4 Ca 3248/87) |
Tatbestand
Der Kläger war seit dem 1. Januar 1974 aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 20. September 1973 bei der Firma Y B. V., einer Gesellschaft niederländischen Rechts, beschäftigt. Die Firma Y stellt Spezialarmaturen her und unterhält Produktionsanlagen in den Niederlanden. In Düsseldorf betreut sie ein Verkaufsbüro mit acht Mitarbeitern. Der Kläger leitete diese Niederlassung, sein Jahresverdienst betrug zuletzt ca. 125.000,-- DM brutto. Zum 30. April 1987 wurde das Verkaufsbüro nach Mönchengladbach verlagert. Dort hatte die Firma Y ab dem 1. Mai 1987 von der Beklagten Geschäftsräume gemietet. Die Beklagte ist eine Zweigniederlassung der Firma K - (Europa) B. V., einer Tochterfirma der K International Inc./USA, die ihrerseits im Jahre 1983 sämtliche Geschäftsanteile der US-amerikanischen Muttergesellschaft der Firma Y B. V. (die Y Corp. B) erwarb. Sie unterhält in Düsseldorf seit Ende April 1987 keinen Betrieb mehr.
Mit Schreiben vom 24. Februar 1987 kündigte die Firma Y das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum nächstmöglichen Termin und bot ihm gleichzeitig die Weiterbeschäftigung in Mönchengladbach "im Rahmen der Firmensitzverlegung und seiner bisherigen Tätigkeit" an. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht, auch nicht unter Vorbehalt, an, sondern verklagte die Firma Y vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (Az: 2 Ca 1357/87) auf Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Er vertrat die Auffassung, sein Arbeitsverhältnis sei bereits im Januar 1987 auf die jetzige Beklagte übergegangen, da diese die Düsseldorfer Niederlassung der Firma Y durch Rechtsgeschäft übernommen habe. Zusätzlich begehrte der Kläger Feststellung, er sei nicht verpflichtet, seine Arbeitsleistung in der Betriebsstätte Mönchengladbach zu erbringen.
Das Arbeitsgericht entsprach dem Feststellungsantrag und wies die Kündigungsschutzklage als unbegründet ab. Gegen das Urteil legte nur der Kläger Berufung ein, mit der er seine Kündigungsschutzklage weiterverfolgte und nunmehr hilfsweise Feststellung begehrte, zwischen den Parteien des damaligen Rechtsstreits bestehe k e i n Arbeitsverhältnis mehr. Das Landesarbeitsgericht wies den Hauptantrag als unzulässig und den Hilfsantrag als unbegründet ab.
Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien darüber, ob die Düsseldorfer Niederlassung der Firma Y von der Beklagten durch Rechtsgeschäft übernommen worden und dadurch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen ist.
Der Kläger unterzeichnete bereits im Oktober 1986 sog. Richtlinien der Beklagten. Am 13. Januar 1987 wurde er aufgefordert, künftig an den für die deutschsprachigen Länder zuständigen "Area Manager" der Beklagten T zu berichten. Mit Fernschreiben vom gleichen Tag kündigte ihm die Beklagte an, sein Arbeitsvertrag werde von ihr "übernommen". Es sei vorgesehen, seine Abteilung bei K Mönchengladbach aufzubauen. In einem Organisationsplan der Beklagten vom 8. Januar 1987 wurde der Kläger als "KSD (= K Division)-Manager/Niederlassungsleiter Y" bezeichnet und dem Area Manager T unmittelbar unterstellt. Im März 1987 unterzeichnete T einen Urlaubsantrag des Klägers. Für die im Zusammenhang mit dem Umzug nach Mönchengladbach auszusprechenden Änderungskündigungen erhielt der Kläger mit Schreiben vom 16. Februar 1987 einen Formulierungsvorschlag der Beklagten. Im März 1987 wandte sich die Beklagte brieflich an drei ihrer Geschäftspartner mit dem Anliegen, die bisherigen Geschäftsbeziehungen künftig auf die Produkte der Firma Y auszudehnen.
Der Kläger hat vorgetragen, die Düsseldorfer Niederlassung der Firma Y sei einschließlich deren Arbeitnehmer vollständig in das Management der Beklagten integriert worden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen. Einige der dortigen Mitarbeiter, so die Verkaufsingenieure H und S, hätten "K-Verträge" erhalten. Die Beklagte habe den Vertrieb der Y-Produkte Anfang 1987 übernommen, wie sich aus dem Schreiben an die Kunden ergebe, sie habe die Firma Y nicht lediglich unterstützt. Ihren ursprünglichen Plan, diese Firma nur als Mantel zur Verlustabschreibung bestehenzulassen, habe die Beklagte aufgegeben, nachdem sich einige Mitarbeiter hinsichtlich der Änderungskündigungen auf den Unwirksamkeitsgrund des § 613 a Abs. 4 BGB berufen hätten. Daher sei die Firma Y - auf dem Papier - wieder zum Leben erweckt worden, und man habe den Mitarbeitern wieder Y-Verträge angeboten.
Die Beschäftigung in Düsseldorf sei auch nicht unmöglich geworden. Die Beklagte unterhalte in Düsseldorf zwar keine Niederlassung. Da sie dies aber selbst veranlaßt habe, könne sie sich gemäß § 162 BGB nicht auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit berufen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn weiter
vertragsgemäß in Düsseldorf als Nieder-
lassungsleiter zu beschäftigen;
hilfsweise,
festzustellen, daß zwischen den Parteien
ein Arbeitsverhältnis bestehe.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Düsseldorfer Y-Betrieb sei nicht übernommen worden. Die Firma Y bestehe rechtlich und tatsächlich fort und habe am 1. August 1987 acht Mitarbeiter beschäftigt. Die Überlegungen, das Personal von Y auf sie "überzuleiten", seien aufgegeben worden, nachdem der Kläger und einige andere Mitarbeiter jede Tätigkeit in Mönchengladbach abgelehnt hätten. Auch die Organisationsplanung von Januar 1987 sei nicht realisiert worden. Die Schreiben vom März 1987 hätten ebenfalls nur Überlegungen zum Ausdruck gebracht, wie in Zukunft die Vertriebswege in Europa gestaltet werden sollten. Es sei versucht worden, eigene Kunden auf die Produkte der Firma Y aufmerksam zu machen. Eine solche Gewinnung zusätzlicher Kunden über zusätzliche Vertriebswege sei unter Schwesterfirmen nichts außergewöhnliches.
Das Arbeitsgericht, das nur über den Hauptantrag zu entscheiden hatte, hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Der Kläger hat die zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen, dann aber noch innerhalb der Frist des § 516 ZPO erneut Berufung eingelegt. Diese wiederholte Berufung war zulässig. § 515 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die Zurücknahme den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge hat, steht einer weiteren Berufung innerhalb der Frist des § 516 ZPO nicht entgegen (RGZ 158, 53, 54, 55 f.; RGZ 161, 350, 356, 357; BGHZ 45, 380, 382 f.; ähnlich bereits BGHZ 24, 179, 180; Zöller/Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 515 Rz 23; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 20. Aufl., § 515 Rz 12; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 47. Aufl., § 515 Anm. 4 A; Thomas/Putzo, ZPO, 15. Aufl., § 515 Anm. 5 a; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 515 Rz D I; a.A. früher RAG Urteil vom 26. Juni 1937 - 7/37 - RAGE 30, 258, 260 f.). Zwischen dem Rechtsmittel als solchem und dem einzelnen Rechtsmittelschriftsatz ist zu unterscheiden (BGHE 45, 380, 382).
II. Die Revision ist nicht begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das Vorliegen eines Betriebsüberganges verneint, so daß weder der Haupt- noch der Hilfsantrag Erfolg haben konnte. Über den erst in der zweiten Instanz hilfsweise erhobenen Feststellungsantrag des Klägers hat es zwar nicht ausdrücklich im Tenor entschieden, sondern es hat hier lediglich die Berufung zurückgewiesen. Bei der Auslegung der Entscheidungsformel kann aber auf Tatbestand und Entscheidungsgründe zurückgegriffen werden (Senatsurteil vom 12. September 1985 - 2 AZR 324/84 - AP Nr. 7 zu § 102 BetrVG 1972 Weiterbeschäftigung, zu B II 3 b aa der Gründe; BGHZ 34, 337; Zöller/Vollkommer, aaO, vor § 322 ZPO Rz 31). Danach ist auch der Feststellungsantrag abgewiesen worden, denn das Berufungsgericht hat sich mit diesem Antrag ausdrücklich befaßt und ihn als unbegründet erachtet.
2. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 613 a Abs. 1 BGB verneint.
a) Der Senat ist hierbei an die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gebunden. Soweit der Kläger hinsichtlich der Tatsachenverwertung eine Verletzung des § 286 ZPO gerügt hat, ist diese Rüge unzulässig, denn sie ist nicht formgerecht begründet. Der Senat hat dies im einzelnen geprüft und sieht von einer Begründung ab (§ 556 a ZPO).
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, ein Betriebsübergang im Sinne von § 613 a BGB liege vor, wenn der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortführen könne (BAGE 48, 345, 348 f.; BAGE 48, 365, 371; BAGE 53, 267, 273 = AP Nr. 41, 42 und 58 zu § 613 a BGB; Senatsurteil vom 3. Juli 1986 - 2 AZR 68/85 - AP Nr. 53 zu § 613 a BGB, zu B II 4 der Gründe).
aa) Die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel machen dann einen Betrieb aus, wenn mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden können (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAGE 35, 104, 106 = AP Nr. 24 zu § 613 a BGB; BAGE 48, 365, 371; BAGE 48, 345, 348 f.; BAGE 53, 267, 273 = AP, aaO). Hiervon zu unterscheiden ist die Übernahme einzelner oder einer Summe von Wirtschaftsgütern. Es ist zwar nicht erforderlich, daß ausnahmslos alle Wirtschaftsgüter, die bisher zu einem Betrieb gehört haben, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Unwesentliche Bestandteile des Betriebsvermögens bleiben außer Betracht (BAGE 48, 345, 348, 349 = AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe; Senatsurteil vom 3. Juli 1986, aaO; Birk, Anm. EzA § 613 a BGB Nr. 43, zu II; von Hoyningen-Huene, Anm. zu AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, zu II 2). Die Trennung eines Teils vom Betrieb darf dessen Charakter aber nicht in der Weise verändern, daß es sich nur noch um Einzelgegenstände handelt (BAGE 53, 267, 273 f. = AP, aaO). Unerheblich ist, ob der Betriebsinhaberwechsel auch zu einem Wechsel des Eigentums führt; es genügt, wenn der Erwerber eine Nutzungsberechtigung auf Zeit erlangt (BAGE 48, 376, 387; BAGE 53, 267, 273 = AP, aaO; Senatsurteil vom 21. Januar 1988 - 2 AZR 480/87 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu C I 1 der Gründe).
bb) Die Frage, welche sächlichen und immateriellen Betriebsmittel der neue Inhaber übernehmen muß, um von dem Übergang eines funktionstüchtigen Betriebes ausgehen zu können, kann nicht generell beantwortet werden. Es ist vielmehr auf den arbeitstechnischen Zweck des jeweiligen Betriebes abzustellen (vgl. BAGE 53, 267, 275 = AP, aaO; Senatsurteil vom 26. Februar 1987 - 2 AZR 321/86 - AP Nr. 63 zu § 613 a BGB; von Hoyningen-Huene, aaO).
cc) Der Betriebsinhaberwechsel muß durch Rechtsgeschäft erfolgen. Das Rechtsgeschäft muß weder unmittelbar zwischen früherem und neuem Betriebsinhaber stattfinden (BAGE 48, 376, 382 = AP, aaO, zu B II 2 der Gründe; von Hoyningen-Huene, aaO, zu II 3 b; Backhaus, DB 1985, 1131, 1134) noch muß es sich um ein einheitliches, auf den Betrieb als Gesamtheit bezogenes Rechtsgeschäft handeln (BAGE 48, 376, 383 = AP, aaO; Backhaus, aaO; Senatsurteil vom 21. Januar 1988 - 2 AZR 480/87 -, zu C II 1 der Gründe). Es genügen eine Vielzahl von Rechtsgeschäften, sofern diese insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes ausgerichtet sind.
c) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend den Arbeitnehmer, der sich auf das Vorliegen eines rechtsgeschäftlichen Betriebsüberganges beruft, für darlegungs- und beweispflichtig erachtet (BAGE 48, 345, 349 f. = AP, aaO; Birk, Anm. EzA § 613 a BGB Nr. 43, zu I; MünchKomm-Schaub, BGB, 2. Aufl., § 613 a Rz 36 a).
Dieser muß zunächst den Betrieb oder Betriebsteil, dessen Übergang er geltend macht, genau bezeichnen, also darlegen, daß ein eigenständiger Betrieb oder ein abgrenzbarer Betriebsteil vorliegt und welchen arbeitstechnischen Zweck dieser bei dem alten Inhaber erfüllt hat. Nur so wird erkennbar, welche Betriebsmittel im konkreten Fall erforderlich sind, um den Betrieb fortzuführen (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1987 - 2 AZR 321/86 -, aaO).
Alsdann muß der Arbeitnehmer darlegen, welche sächlichen und immateriellen Betriebsmittel der neue Inhaber übernommen hat. Gerade die übernommenen Betriebsmittel müssen nämlich den Erwerber in die Lage versetzen, den arbeitstechnischen Betriebszweck weiterzuverfolgen. Erreicht er diesen Zweck ganz oder überwiegend mit eigenen, bereits zuvor vorhandenen Mitteln, liegt nur eine Funktionsnachfolge vor, die die Rechtsfolgen des § 613 a BGB nicht auslöst (BAGE 48, 365, 375 = AP, aaO).
Erst wenn der Arbeitnehmer dargelegt und gegebenenfalls bewiesen hat, daß die wesentlichen Betriebsmittel durch den Erwerber zur Fortführung eines gleichartigen Geschäftsbetriebes benutzt werden, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß dies aufgrund eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 613 a BGB geschehen ist (BAGE 48, 345, 350 = AP, aaO). Der Arbeitnehmer muß also nicht konkrete rechtsgeschäftliche Vereinbarungen darlegen, die der Übernehmer mit dem alten Inhaber oder Dritten getroffen hat, um die Betriebsmittel nutzen zu können.
d) Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, der Vortrag des Klägers genüge diesen Anforderungen nicht.
aa) Er hat zwar den Betrieb, das ehemalige Düsseldorfer Verkaufsbüro der Firma Y, bezeichnet, dessen arbeitstechnischen Zweck aber nur ungenau dargelegt. So bleibt unklar, was mit dem "Vertrieb der Y-Produkte" im einzelnen gemeint ist, insbesondere, ob hierzu auch Versand und Montage, eventuell sogar Kundendienst gehörten. Damit hängt nämlich die Frage zusammen, ob einer der arbeitstechnischen Zwecke die Verwaltung eines Lagers für die hergestellten Produkte oder zumindest für Ersatzteile war.
bb) Wegen des Fehlens entsprechender Angaben kann nur auf den Verkauf im engeren Sinne, also das Anwerben von Kunden und den Abschluß von Verträgen, abgestellt werden.
Als wesentliche hierzu erforderliche Betriebsmittel hat das Landesarbeitsgericht Geschäftspapiere, etwaiges Barvermögen, Kundenlisten und den Eintritt in bestehende Lieferverträge angesehen.
Dem kann nur teilweise gefolgt werden.
Auf den Übergang etwaigen Barvermögens kann es schon deshalb nicht ankommen, weil es sich dabei nicht um ein individualisiertes Betriebsmittel handelt. Der Eintritt in bestehende Lieferverträge scheidet als Indiz für den Betriebsübergang ebenfalls aus, da die Erfüllung von Lieferverträgen nicht zu den von dem Kläger vorgetragenen Betriebszwecken der Firma Y gehörte.
Für den Handelsbereich eines Maschinenherstellers hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25. Juni 1985 - 3 AZR 254/83 - AP Nr. 23 zu § 7 BetrAVG, zu I 1 b der Gründe) die Fortführung von markanten Teilen der alten Firma, den "Goodwill", also die Einführung des Unternehmens auf dem Markt, und die Kundenkartei für wesentlich gehalten.
Hinsichtlich des Überganges von Geschäftspapieren und Kundenlisten hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 21. Januar 1988 (aaO, zu C I 2 b aa der Gründe) aber bereits ausgeführt, sie seien nur dann von wesentlicher Bedeutung, wenn erst ihr Besitz die Kenntnis von dem Kundenkreis des bisherigen Betriebsinhabers vermittele und es dem Erwerber ermögliche, an die Kunden zur Fortsetzung der bisherigen Geschäftsbeziehung heranzutreten. Daran ist festzuhalten. Wesentlich ist nicht die Kundenkartei als solche, sondern die erst und dadurch ermöglichte Kenntnis des Kundenkreises, also ein immaterielles Betriebsmittel.
Der Arbeitnehmer hat also entweder den Übergang von Geschäftsunterlagen und Kundenlisten oder die Tatsache darzulegen, daß der Kundenkreis des alten Betriebes für den Erwerber aus anderen Gründen transparent war.
Der Kläger hat zwar den Übergang von Geschäftspapieren und Kundenlisten nicht vorgetragen. Dies war im vorliegenden Fall jedoch auch nicht erforderlich. Denn aus der vorgetragenen wirtschaftlichen Verflechtung der beteiligten Unternehmen ergibt sich bereits die Zugriffsmöglichkeit der Beklagten auf den Kundenkreis der Firma Y.
cc) Der Kläger hat aber keine hinreichende Beziehung der Beklagten zu den Produkten der Firma Y dargelegt.
Bei einem Handelsbetrieb gehören die Beziehungen zu den Lieferanten zu den wesentlichen Betriebsmitteln. Erst durch sie wird der Betrieb in die Lage versetzt, seinen Zweck zu erfüllen. Bei diesen Lieferantenbeziehungen handelt es sich regelmäßig um Verträge. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch zwei Besonderheiten:
Zum einen war die Vertriebsabteilung der Firma Y ein Teil dieses Unternehmens. Sie war also auf Rechtsbeziehungen zu dem Hersteller nicht angewiesen. Ihr Zugriff auf die Y-Produkte war tatsächlicher Natur, er beruhte auf der unternehmensinternen Aufgabenverteilung.
Die zweite Besonderheit ist, daß die Beklagte kein fremdes, sondern ein mit der Firma Y wirtschaftlich verflochtenes Unternehmen ist. Allein die wirtschaftliche Verflechtung hat nicht zwangsläufig einen Betriebsübergang zur Folge. Die Verflechtung zweier Unternehmen, noch dazu, wenn sie ähnliche Produkte anbieten, wird das eine Unternehmen regelmäßig in die Lage versetzen, auch die Produkte des anderen Unternehmens anzubieten, wobei die bereits erwähnte Transparenz der Kundenkontakte meist vorliegen dürfte. Für die Annahme eines Betriebsübergangs hinzu kommen muß aber eine gewisse Verfestigung der Vertriebszuständigkeit. Da vertragliche Vereinbarungen hierzu in verbundenen Unternehmen nicht unbedingt erforderlich sind, ist auf die Aufgabenzuweisung innerhalb der beteiligten Unternehmen abzustellen. Dabei handelt es sich um einen Organisationsakt, der nach außen in Erscheinung tritt. Eine solche Aufgabenzuweisung genügt, ist aber auch erforderlich, um bei dem nunmehr für den Vertrieb zuständigen Betrieb die Arbeit anfallen zu lassen, die zuvor der andere Betrieb geleistet hat.
dd) Der Kläger hätte unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände des vorliegenden Falles darlegen müssen, daß die Y-Produkte, die unstreitig unter dieser Firma weiter hergestellt werden, ganz oder zum wesentlichen Teil von der Beklagten vertrieben werden.
Das ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen. Er hat weder einen entsprechenden Organisationsakt konkret behauptet noch ausreichende Indizien dafür vorgetragen. Allein die Angebote an drei ihrer Kunden genügen dafür selbst dann nicht, wenn berücksichtigt wird, daß diese Angebote - entgegen der Behauptung der Beklagten - im eigenen Namen und nicht etwa für die Firma Y erfolgten. Der Kläger hätte zumindest darlegen müssen, daß die Beklagte durch diese Angebote erhebliche Teile des Marktes ausgeschöpft hat.
Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, daß der Kläger dem Vortrag der Beklagten, die ehemalige Düsseldorfer Verkaufsniederlassung der Firma Y bestehe in Mönchengladbach rechtlich und tatsächlich fort und habe nach wie vor acht namentlich benannte Mitarbeiter, nicht substantiiert entgegengetreten ist. Der Kläger hätte entweder die Beschäftigung der Mitarbeiter im einzelnen bestreiten oder darlegen müssen, welche Funktion, wenn nicht den Vertrieb der Y-Produkte, diese Organisationseinheit wahrnimmt.
Der Kläger hat schließlich auch nicht substantiiert dargelegt, die Beklagte habe die Verfügung über die wesentlichen Betriebsmittel der ehemaligen Düsseldorfer Y-Niederlassung erlangt, indem sie die Niederlassung in ihren Betrieb integriert habe.
Das vorgelegte Organisationsschema allein besagt hierüber nichts, da der Kläger zu der von der Beklagten bestrittenen Realisierung des Organisationsplanes nicht hinreichend vorgetragen hat. Das Berufungsgericht hat zu Recht festgestellt, der Kläger habe insoweit nur pauschale Behauptungen aufgestellt. Die Unterzeichnung von Richtlinien durch den Kläger und die an ihn gerichtete Aufforderung, an den Geschäftsführer der Beklagten zu berichten, besagen nichts, solange der Inhalt der Richtlinien nicht vorgetragen und offen ist, ob der Kläger etwa nur jährlich sein Geschäftsergebnis berichten sollte oder jede wichtige Entscheidung mit der Beklagten abstimmen mußte. Auch die Unterzeichnung des Urlaubsantrages und der Entwurf der Kündigungen lassen sich noch mit der in verbundenen Unternehmen üblichen Kooperation erklären.
ee) Auch die pauschale Behauptung des Klägers, die Beklagte habe die "Planungs- und Betriebsleitungsmacht" übernommen, reicht nicht aus. Dies wäre nur anzunehmen, wenn der Übernehmer die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Betrieb als organisatorische Einheit erlangt und sich nach außen hin, insbes. gegenüber der Belegschaft, ausdrücklich oder konkludent als neuer Inhaber der betrieblichen Leitungskompetenz zu erkennen gegeben hätte, er also insoweit die Betriebsleitung im eigenen Namen ausübt (so zutreffend Willemsen, Anm. zu EzA § 613 a BGB Nr. 67). Dieser Begriff wird von Birk (Anm. zu EzA § 613 a BGB Nr. 43) auch nicht in dem Sinne verwendet, den ihm die Revision beilegt. Birk führt aus, es komme nur darauf an, daß auf den Erwerber die Planungs- und Betriebsleitungsmacht übergegangen sei, worüber nicht dingliche oder sonstige Rechtszuständigkeiten entschieden. Birks Ausführungen beziehen sich also auf die Art der rechtlichen Befugnis zur Nutzung der Betriebsmittel. Dazu bedürfe es keiner dinglichen Berechtigung, sondern es genüge jede Nutzungsbefugnis. Dies stimmt mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts überein (vgl. etwa Senatsurteile BAGE 53, 267, 273 = AP, aaO und vom 21. Januar 1988, aaO).
ff) Der Senat hat in der nicht veröffentlichten Entscheidung vom 26. November 1987 (- 2 AZR 260/87 -, zu A II 3 a der Gründe) für den Zeitpunkt des Betriebsübergangs darauf abgestellt, wann der Betriebserwerber die betriebliche Organisations- und Leitungsgewalt ausüben könne. Damit soll aber das Erfordernis der Übernahme der wesentlichen sächlichen und immateriellen Betriebsmittel weder ersetzt noch für den Betriebsübergang eine alternative Voraussetzung formuliert werden. Die Organisations- und Leitungsgewalt erlangt der Erwerber vielmehr nur dadurch, daß er über die wesentlichen Betriebsmittel verfügen kann.
e) Das Landesarbeitsgericht hat - frei von Rechtsfehlern - die Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises für den Betriebsübergang verneint. Das angegriffene Urteil hat zutreffend angenommen, es müsse ein Sachverhalt feststehen, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Geschehensablauf hindeute und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trage, daß die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (Senatsurteil vom 14. Juli 1960 - 2 AZR 173/59 - AP Nr. 3 zu § 130 BGB; Zöller/Stephan, aaO, § 286 Rz 16; Greger, VersR 1980, 1091; Stein/Jonas/Leipold, aaO, § 286 Rz 88). Ob ein Geschehensablauf in diesem Sinne typisch ist, ist eine in der Revisionsinstanz überprüfbare Beweisregel (BGH VersR 1978, 74, 75; Zöller/Stephan, aaO; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rz 99).
aa) Am 15. Mai 1985 (aaO) hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, bei Verwendung der wesentlichen Betriebsmittel durch den Erwerber zur Fortführung eines gleichartigen Geschäftsbetriebes spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, daß dies aufgrund eines Rechtsgeschäfts im Sinne von § 613 a BGB geschehen sei. Im Geschäftsleben entspreche es der Lebenserfahrung, geldwerte Betriebsmittel nicht ohne entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu nutzen.
Dem hat sich der erkennende Senat (Urteile vom 26. November 1987 - 2 AZR 260/87 -, zu II 2 b bb der Gründe; vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 801/87 -, zu II 2 der Gründe, beide nicht zur Veröffentlichung bestimmt) und teilweise auch die Literatur (Birk, aaO; MünchKomm-Schaub, aaO; weitergehend: Grunsky, EWiR 1985, 661; ablehnend: von Hoyningen-Huene, aaO, zu III 5) angeschlossen.
bb) Da der Kläger schlüssig dargelegt hat, der Beklagten sei der Kundenkreis der Firma Y zugänglich gewesen, kommt es auf einen Anscheinsbeweis nur hinsichtlich des weiteren Betriebsmittels an, der unternehmensinternen Aufgabenzuweisung.
Insoweit hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, die nach der Lebenserfahrung typischerweise darauf schließen lassen, die Beklagte sei für den Vertrieb der Y-Produkte zuständig geworden. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, die Verflechtung zweier Unternehmen, die bisher miteinander konkurriert haben, führe stets dazu, daß künftig ein Unternehmen den gesamten Verkauf übernimmt. Das gilt zumindest, solange nicht feststeht, daß eines der Unternehmen im zeitlichen Zusammenhang mit der Verflechtung seine Verkaufsabteilung aufgelöst hat. Gerade dies hat der Kläger aber nicht vorgetragen.
Allein das Anbieten der Y-Produkte bei eigenen Kunden begründet ebenfalls keinen Anschein für die Verkaufszuständigkeit der Beklagten. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn sie sich bei Y-Kunden als die nunmehr für den Verkauf zuständige Firma gemeldet hätte (so lag der Fall in der Entscheidung des Dritten Senats vom 25. Juni 1985, aaO).
Es spricht auch kein Anschein dafür, daß die Verkaufsabteilung der Firma V durch die Verflechtung ihrer Obergesellschaft mit derjenigen der Beklagten ihrer bisherigen Leitung beraubt und in den Betrieb der Beklagten integriert worden ist. Die Verflechtung zweier Unternehmen besagt noch nichts darüber, welchem Unternehmen ein Betrieb danach zuzuordnen ist. Es ist bei verbundenen Unternehmen üblich, auch dem nicht herrschenden Unternehmen bestimmte Betriebe zu belassen.
Auch die von dem Kläger vorgetragenen weiteren Tatsachen genügen nicht, um anzunehmen, hier liege typischerweise ein anderer Verlauf vor. Die Berichtspflicht des Niederlassungsleiters und die Unterzeichnung von Richtlinien der Beklagten sind wegen der Unbestimmtheit dieser Behauptungen nicht aufschlußreich genug. Schließlich genügen auch die Unterzeichnung des Urlaubsantrages und der Vorschlag für die Änderungskündigung nicht. Beide Vorgänge sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch mit der Unternehmensverflechtung allein zu erklären, die regelmäßig gegenseitige Information (Urlaub) und Beratung (Kündigung) beinhaltet.
III. Da nach alledem nicht davon auszugehen ist, das Arbeitsverhältnis des Klägers sei nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen, sind die Feststellungs- und die Leistungsklage schon wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten unbegründet. Das angefochtene Urteil war deswegen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO durch Zurückweisung der Revision zu bestätigen.
Hillebrecht Ascheid
- zugleich für den durch
Krankheit an der Unter-
schrift verhinderten
Richter Triebfürst
Mauer Roeder
Fundstellen