Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Wegezeiten
Normenkette
Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost i.d.F. vom 1. April 1990 § 13 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 16.11.1993; Aktenzeichen 3 Sa 61/92) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 16.07.1992; Aktenzeichen 25 b Ca 169/92) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 16. November 1993 – 3 Sa 61/92 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berücksichtigung von Wegezeiten des Klägers als Arbeitszeit.
Der Kläger ist bei der Beklagen seit 1974 als Angestellter im Funkdienst in der Küstenfunkstelle N. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet kraft organisationsrechtlicher Zugehörigkeit der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost (TV DBP/TV Ang) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
§ 13 Abs. 1 TV DBP/TV Ang in der ab 1. April 1990 geltenden Fassung lautet:
„Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließlich der Pausen beträgt für die vollbeschäftigten Angestellten 38,5 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt (Wochenarbeitszeit). Im übrigen regelt sich ihre Arbeitszeit nach den für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Vorschriften, soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt.
…”
Die Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (AZVO) regelt in § 9:
„Ort und Zeit der Dienstleistung
Der Dienst ist grundsätzlich an der Dienststelle und innerhalb der regelmäßigen Dienststunden zu leisten, soweit nicht eine andere Regelung erforderlich oder zweckmäßig ist.”
Ziff. 2 der Ausführungsbestimmungen (AB) zu § 9 AZVO lautet:
„Die Arbeitszeit beginnt und endet grundsätzlich am Arbeitsplatz; Abweichungen von diesem Grundsatz werden gesondert geregelt.”
Mit Verfügung 211–2 7554-OF/FuÜ des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 19. November 1973 (Vfg BMP) betreffend „Arbeitsorganisation im Fernmeldewesen: hier Funkübertragungsbetrieb” traf die Beklagte bezüglich Funkübertragungsstellen an abgelegenen Orten (Ziff. 2.2. Vfg BMP), zu denen die Dienststelle des Klägers gehört, folgende Regelung:
„2.5. Wegezeiten
Die für die Überwindung der unter 2.4.1. festgelegten Wegstrecke, je nach Verkehrsmittel im Jahresdurchschnitt entstehende Wegezeit ist als Nebenzeit auf die Arbeitszeit anzurechnen.”
Entsprechend dieser Regelung rechnete die Beklagte bei jeder Dienstschicht des Klägers entstehende Wegezeit als Nebenzeit auf die Arbeitszeit an.
Aus Anlaß der Verhandlungen der Tarifverträge Nr. 334 und Nr. 335 zwischen der Deutschen Postgewerkschaft und der Beklagten über die Neuregelung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen und der Zeitzuschläge für Arbeiter und Angestellte der Deutschen Bundespost vom 25. September 1974 (für Arbeiter) und vom 27. September 1974 (für Angestellte) erstellten die Tarifvertragsparteien eine gemeinsame Erklärung vom 20. September 1974, in der es u.a. heißt:
„Es besteht Einvernehmen darüber, daß eine Änderung der am 1. Oktober 1974 für die Beamten im Hauptamt hinsichtlich der Arbeitszeit geltenden Gesetze, Verordnungen, Ausführungsbestimmungen und Verfügungen mit negativen Auswirkungen vor ihrer Anwendung auf Arbeiter und Angestellte der DBP der Zustimmung der Deutschen Postgewerkschaft bedarf.”
Zum 30. September 1980 wurden die mit den Tarifverträgen Nr. 334 und Nr. 335 vereinbarten Arbeitszeitbestimmungen der § 5 TV DBP/TV Arb und § 13 TV DBP/TV Ang gekündigt. Mit Tarifvertrag Nr. 364 vom 23. November 1980 über die Gewährung von Freischichten an Angestellte und Arbeiter wurden § 5 TV DBP/TV Arb und § 13 TV DBP/TV Ang rückwirkend ab 1. Oktober 1980 wieder in Kraft gesetzt. Die Erklärung vom 20. September 1974 war nicht Gegenstand der Verhandlungen zum Tarifvertrag Nr. 364.
Aufgrund einer vom Bundesrechnungshof erhobenen Rüge der bislang erfolgten Anrechnung der Wegezeit auf die Arbeitszeit bestimmte die Beklagte mit Verfügung 611-G A 1400-F/AOWZ der Generaldirektion Telekom Deutsche Bundespost vom 19. März 1991:
„…
1.2 Für die Zuordnung der Wegezeit gilt ab sofort folgende Regelung:
Die für die Oberwindung der Wegstrecke zwischen der Dienststelle an einem abgelegenen Ort und der Ortstafel oder der amtlich festgelegten Bebauungsgrenze des zumutbaren Wohnortes entstehende Wegezeit ist ab sofort nicht mehr als Nebenzeit auf die Arbeitszeit anzurechnen.”
Daraufhin erstellte die zuständige Personaldienststelle der Beklagten für die Küstenfunkstelle N. neue Dienstplane, welche Wegezeit auf die Arbeitszeit nicht mehr anrechneten. Zu diesen Dienstplänen äußerte der zuständige Personalrat mit Schreiben vom 9. Juli 1991 u.a. folgendes:
„…
Alle vorgenannten Dienstpläne beinhalten keine Anrechnung der Wegezeit auf die Arbeitszeit. Nach unserer Auffassung sowie auch nach gängiger Rechtsprechung ist jedoch aufgrund der jahrelangen betrieblichen Übung ein Rechtsanspruch für die Beschäftigten auf diese o.g. Anrechnung entstanden.
Wir bitten daher in den vorliegenden Dienstplänen die Wegezeit zwischen Dienststelle und der amtlich festgesetzten Bebauungsgrenze mit einzubeziehen.
In der jetzigen Form können wir daher den Dienstplänen gem. § 75 BPersVG nicht zustimmen.”
Die Nichtanrechnung der Wegezeit auf die Arbeitszeit nach den neuen Dienstplänen betrug beim Kläger von September 1991 bis März 1992 39,2 Stunden. Der Kläger verlangt von der Beklagten Bezahlung dieser Stunden in unstreitiger Höhe von 977,25 DM und ab 1. April 1992 Feststellung der Anrechnung von Wegezeit als Nebenzeit auf die Arbeitszeit.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Bezahlung der Wegezeit als Arbeitszeit sei tarifrechtlich und auch aufgrund seines Arbeitsvertrags begründet. Er hat behauptet, bei seiner Einstellung sei ihm zugesagt worden, daß diese Vergünstigung von dauerhaftem Bestand sei. Jedenfalls ergebe sich sein Anspruch aus betrieblicher Übung. Die in § 13 TV DBP/TV Ang vorgenommene Verweisung auf beamtenrechtliche Vorschriften sei unwirksam: Die Aufhebung der Wegezeitanrechnung auf die Arbeitszeit müsse jedenfalls der Billigkeit entsprechen. Die neuen Dienstpläne seien auch aufgrund verweigerter Zustimmung durch den Personalrat unwirksam.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 977,25 DM brutto Mehrarbeitsvergütung nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ab 1. April 1992 bei jeder Dienstschicht des Klägers 24 Minuten Wegezeit als erforderliche Nebenzeit zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist ohne Erfolg.
I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte ab September 1991 keinen Anspruch mehr auf Anrechnung von Wegezeiten als Nebenzeit auf die Arbeitszeit.
1. Der Kläger hat keinen tariflichen Anspruch gemäß § 13 Abs. 1 Unterabs. 1 TV DBP/TV Ang, § 9 AZVO, Ziff. 2 AB zu § 9 AZVO i. V. mit Vfg. BMP vom 19. November 1973.
a) Nach § 13 Abs. 1 TV DBP/TV Ang regelt sich die Arbeitszeit für die Angestellten nach den für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Vorschriften, soweit der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. Die Verweisung auf das Beamtenrecht ist zulässig und wirksam. Sie ist keine unzulässige Delegation der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien, denn die Tarifvertragsparteien können die Verweisung jederzeit aufheben. Auch steht einer Inbezugnahme nicht entgegen, daß Verfügungen einseitig vom Arbeitgeber geschaffene Verwaltungsvorschriften sind. Insoweit hängt die Rechtsgeltung als Tarifnorm ebenfalls von dem Willen der Tarifvertragsparteien ab (BAG Urteil vom 7. September 1982 – 3 AZR 1252/79 – BAGE 41, 47, 51 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT, zu II 1 b der Gründe; BAG Urteil vom 28. Juli 1988 – 6 AZR 349/87 – BAGE 59, 177, 182 f. = AP Nr. 1 zu § 5 TV Arb Bundespost, zu II 1 a der Gründe).
b) Aufgrund der tarifvertraglichen Verweisung war die Beklagte berechtigt, durch Verfügung der Generaldirektion Telekom Deutsche Bundespost vom 19. März 1991 den Wegfall der Anrechnung der Wegezeiten als Arbeitszeiten anzuordnen, so daß der Anspruch des Klägers mit Änderung der Dienstpläne endete. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen.
Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen, so soll dem Arbeitnehmer insoweit dieselbe Rechtstellung wie den Beamten eingeräumt werden. Dabei müssen Beamte und Angestellte oder Arbeiter nach den Grundsätzen des Verwaltungsermessens gleichbehandelt werden (BAGE 59, 177, 183 = AP, a.a.O., zu II 2 a der Gründe).
Soweit die Leistungsgewährung im Dienstrecht der Beamten in das Handlungsermessen des Dienstherrn gestellt wird, hat der Beamte lediglich einen Anspruch darauf, daß der Dienstherr von seinem Ermessen keinen fehlerhaften Gebrauch macht. Entsprechendes gilt auch für Angestellte (vgl. BAGE 41, 47, 53 = AP, a.a.O., zu II 2 d der Gründe). Deshalb richtet sich die Überprüfung der Rücknahme der Anrechnung der Wegezeiten als Arbeitszeit nicht nach § 315 BGB, sondern ist lediglich auf Ermessensfehler, d.h. auf Rechtmäßigkeit, aber nicht auf Zweckmäßigkeit (vgl. § 114 VwGO; Kopp, VwGO, 10. Aufl., § 114 Rz 1) zu überprüfen. Dies verkennt die Revision.
Vorliegend hat die Beklagte von der ihr durch § 9 AZVO und Ziff. 2 AB zu § 9 AZVO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die von den Grundsätzen des § 9 AZVO und den AB zu § 9 abweichende Regelung wieder aufzuheben. Diese Vorgehensweise war somit rechtmäßig.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der gemeinsamen Erklärung der Tarifvertragsparteien vom 20. September 1974. Der Senat hat mit Urteil vom 28. Juli 1988 (– 6 AZR 349/87 –, a.a.O.) bereits entschieden, daß die Beklagte durch die genannte Erklärung der Tarifvertragsparteien, wonach Änderungen der für die Beamten maßgebenden arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen mit negativen Auswirkungen auf die Arbeiter und Angestellten von der Zustimmung der Deutschen Postgewerkschaft abhängig sein sollten, nicht gehindert war, den Wegfall zusätzlicher Leistungen des Arbeitgebers einseitig anzuordnen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die gemeinsame Erklärung der Tarifvertragsparteien vom 20. September 1974 im Zeitpunkt der Verfügung der Generaldirektion Telekom Deutsche Bundespost vom 19. März 1991 überhaupt noch rechtswirksam war. Jedenfalls hat die gemeinsame Erklärung keinen tariflichen Normcharakter (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 1988 (– 6 AZR 349/87 –, a.a.O.).
d) Die Rücknahme der Anrechnung der Wegezeiten auf die Arbeitszeit unterlag auch nicht der Mitbestimmung des Personalrats.
Nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Mitbestimmungsrecht des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG erstreckt sich aber nicht auf die Frage, welche Tätigkeiten als Erfüllung der Arbeitszeit zu gelten haben und umfaßt insbesondere auch nicht die Frage, ob und inwieweit Wegezeiten von der Wohnung zur Arbeitsstelle auf die Arbeitszeit anzurechnen sind (vgl. BVerwG Beschluß vom 12. November 1993 – 6 P 8.92 – PersR 1994, 76).
Vorliegend wollte der Personalrat, ausweislich seines Schreibens vom 9. Juli 1991, mit der Verweigerung der Zustimmung keine Änderung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit, sondern die Beibehaltung der Anrechnung der Wegezeiten auf die Arbeitszeit erreichen. Dies betraf nicht Beginn und Ende der Arbeitszeit als solcher, sondern das von den Beschäftigten zu erbringende Arbeitszeitvolumen. Dieses unterliegt aber nicht dem Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG (vgl. BVerwG Beschluß vom 4. April 1985 – 6 P 37.82 – PersR 1986, 17, 18). Im übrigen gilt seine Zustimmung hinsichtlich dieses Mitbestimmungstatbestandes auch als erteilt, weil er seine Zustimmung mit einer Begründung verweigert hat, die sich erkennbar nicht auf einen bestimmten Mitbestimmungstatbestand bezieht (vgl. VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 26. November 1991 – 15 S 898/91 – PersR 1992, 320).
2. Der Kläger kann einen Anspruch auf Anrechnung der Wegezeiten auf die Arbeitszeit auch nicht auf eine einzelvertragliche Zusage stützen.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, eine Zusage bestimmter Sozialleistungen bei einer Einstellung im öffentlichen Dienst beinhalte, sofern sich nicht etwas anderes aus den Einzelheiten des Gesprächsverlaufs ergebe, nur die Bestätigung solcher Ansprüche aufgrund allgemeiner Regelungen und tariflicher Bestimmungen. Etwas anderes ergebe sich vorliegend auch nicht daraus, daß der vom Kläger benannte Zeuge Peter B., der auf Seiten der Beklagten das Gespräch mit dem Kläger geführt habe, die ausdrückliche Frage des Klägers, ob Vergünstigungen von dauerhaftem Bestand seien, bejaht haben solle. Eine solche Frage des Klägers spreche sogar eher dafür, daß der Kläger selbst die behauptete Zusage entsprechender Leistungen gerade nicht als deren einzelvertragliche Zusage verstanden habe, sondern als Hinweis auf einen Anspruch aus anderweitiger Rechtsgrundlage. Deshalb habe der Kläger die bejahende Antwort auf die Frage, ob eine bestimmte Vergünstigung von dauerhaftem Bestand sein werde, unter den gegebenen Umständen bei einer Bewerbung für den öffentlichen Dienst nur dahingehend verstehen können, daß derzeit keinerlei Umstände bekannt seien, die eine Änderung der entsprechenden allgemeinen Regeln erwarten ließe. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auslegung einzelfallbezogener Willenserklärungen ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Der Prüfung durch das Revisionsgericht unterliegt lediglich, ob das Berufungsgericht allgemeine Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB verletzt hat, ob Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen oder ob wesentlicher Auslegungsstoff unberücksichtigt geblieben ist (BAG Urteil vom 12. Juli 1990 – 2 AZR 39/90 – AP Nr. 87 zu § 613 a BGB, zu B III 1 der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 26. Mai 1992 – 9 AZR 27/91 – AP Nr. 63 zu § 74 HGB, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 516/92 –, n.v., zu 1 b der Gründe). Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die durch das Landesarbeitsgericht getroffene Auslegung möglich und damit für das Revisionsgericht bindend.
3. Ein Anspruch des Klägers auf Anrechnung der Wegezeiten ist auch nicht durch betriebliche Übung zum Inhalt des Arbeitsvertrages geworden.
Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen der Arbeitnehmer schließen kann, ihm solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Willenserklärung des Arbeitgebers zu wertenden Verhalten, die von dem Arbeitnehmer stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen (BAG Urteil vom 23. Juni 1988 – 6 AZR 137/86 – BAGE 59, 73, 84 f. = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 3 a der Gründe, m.w.N.; BAG Urteil vom 24. März 1993 – 5 AZR 16/92 – AP Nr. 38 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Für die Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes gelten diese Grundsätze jedoch nur mit Einschränkung. Hier ist davon auszugehen, daß der Arbeitgeber im Zweifel nur die von ihm zu beachtenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Normen vollziehen will. Bei zusammen mit Beamten arbeitenden Arbeitnehmern kann sich eine betriebliche Übung grundsätzlich nicht im Widerspruch zu der für die Beamten maßgebenden Regelung entwickeln (BAG Urteil vom 10. April 1985 – 7 AZR 36/83 – BAGE 49, 31, 38 = AP Nr. 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu 5 der Gründe, m.w.N.; BAGE 59, 177, 187 = AP, a.a.O., zu II 4 a der Gründe).
Aufgrund der Notwendigkeit einer einheitlichen Arbeitszeitregelung für alle Beschäftigten der Beklagten mußte der Kläger davon ausgehen, daß die an ein normgerechtes Verhalten gebundene Beklagte die eingeräumte Vergünstigung der Anrechnung von Wegezeiten auf die Arbeitszeit nicht unabhängig von der für die Beamten geübten Handhabung den Angestellten gewähren wollte. Die Beklagte konnte schon aus Gründen der Gleichbehandlung nicht anders verfahren, wenn sie gegenüber ihren Beamten eine Änderung der bisherigen Handhabung herbeiführte (vgl. BAGE 59, 177, 187 f. = AP, a.a.O., zu II 4 b der Gründe). Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Revision herangezogenen Rechtsprechung (BAG Urteil vom 22. März 1978 – 4 AZR 612/76 – AP Nr. 100 zu §§22, 23 BAT; BAG Urteil vom 28. November 1990 – 4 AZR 108/90 –, n.v.). Sie betrifft mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Fälle. Dort hatten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes durch ausdrückliche Nennung und Vereinbarung im Arbeitsvertrag Ansprüche auf Beschäftigung nach bestimmten Tätigkeitsmerkmalen und Vergütung nach einer bestimmten Lohn- bzw. Vergütungsgruppe erworben, die auch bei späterer Änderung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale nicht einseitig durch den Arbeitgeber beseitigt werden konnten. Vorliegend nimmt der Arbeitsvertrag des Klägers jedoch bezug auf § 13 TV DBP/TV Ang, somit zulässigerweise auch auf die entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen. Dadurch wurde gerade kein Anspruch auf Anrechnung von Wegezeiten als Arbeitszeit jenseits beamtenrechtlicher Regelungen vereinbart.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Jobs, Dr. Armbrüster, Reinecke, Buschmann, W. Söller
Fundstellen