Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsanspruch und Mutterschaftsurlaub
Orientierungssatz
1. Parallelsache zu BAG Urteil vom 11.8.1987 8 AZR 242/85.
2. Auslegung des § 10 Nr 8 des Manteltarifvertrages für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein- Westfalens vom 30.4.1980.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 01.07.1986; Aktenzeichen 11 Sa 350/86) |
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 19.11.1985; Aktenzeichen 3 Ca 1697/85) |
Tatbestand
Die Klägerin war seit 1983 bei der Beklagten als technische Zeichnerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 30. April 1980 (MTV) anzuwenden.
§ 10 Nr. 8 MTV lautet:
"Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach
Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er
erfolglos geltend gemacht wurde oder daß Urlaub
aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit
nicht genommen werden konnte."
Mit Ausnahme des Monats Januar 1984 war die Klägerin in diesem Jahr im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft bis zum Beginn der Schutzfrist dauernd arbeitsunfähig krank. Am 11. Oktober 1984 gebar die Klägerin ein Kind und nahm im Anschluß an die Mutterschutzfrist vom 7. Dezember 1984 bis zum 6. April 1985 Mutterschaftsurlaub. Mit diesem Tage endete das Arbeitsverhältnis.
Die Beklagte hat sich geweigert, der Klägerin nach deren Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis entsprechend deren Verlangen Abgeltung für 28 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 1984 zu gewähren mit der Begründung, dieser Anspruch sei wegen Ablaufs des Übertragungszeitraums am 31. März 1985 erloschen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.083,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit 20. Juni 1985 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagziel weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die von ihr begehrten Urlaubstage nicht zu. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Urlaubsanspruch erloschen ist.
1. Nach § 10 Nr. 8 MTV erlischt der Urlaubsanspruch drei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, es sei denn, daß er erfolglos geltend gemacht wurde oder daß der Urlaub aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit nicht genommen werden konnte. Die Klägerin hat den Urlaub erst nach dem 31. März 1985 als Abgeltungsanspruch geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Urlaubsanspruch aus dem Jahre 1984 bereits verfallen, so daß es auf die Weigerung der Beklagten, den Urlaub zu erteilen, nicht mehr ankommt.
2. Der Verfall des Urlaubsanspruchs ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin durch Krankheit daran gehindert gewesen wäre, den Urlaub zu nehmen.
Die Mutterschutzfrist endete am 6. Dezember 1984. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin unstreitig arbeitsfähig. Der Zeitraum bis zum 31. März 1984 hätte ausgereicht, den Urlaubsanspruch zu erfüllen.
Daran ändert nichts, daß die Klägerin im Anschluß an die Mutterschutzfrist den Mutterschaftsurlaub nach § 8 a MuSchG genommen hat. Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil vom 14. Mai 1986 (- 8 AZR 498/84 - AP Nr. 3 zu § 8 d MuSchG 1968, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) sowie in den Entscheidungen vom 25. Februar 1987 (- 8 AZR 395/85 und 8 AZR 404/85 -) dargelegt, daß die Nichtverwirklichung des Urlaubs wegen Krankheit und wegen Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs nicht miteinander gleichgesetzt werden können. Die Inanspruchnahme von Mutterschaftsurlaub i. S. von § 8 a MuSchG geschieht im Unterschied zur Erkrankung aufgrund der Entscheidung des Arbeitnehmers. Ebenfalls ist ohne Bedeutung, daß die Klägerin nach § 8 a Abs. 1 Satz 1 MuSchG den Mutterschaftsurlaub im Anschluß an die Schutzfrist antreten mußte, nachdem sie sich hierfür entschieden hatte.
3. Eine Regelung über den Fortbestand des Urlaubsanspruchs, der wegen der Gewährung von Mutterschaftsurlaub nicht hat genommen werden können, ist auch in den Vorschriften über den Mutterschaftsurlaub nicht enthalten. Aus § 8 d MuSchG muß das Gegenteil der von der Klägerin vertretenen Auffassung gefolgert werden: Diese Bestimmung, die eine Kürzungsmöglichkeit für den der Arbeitnehmerin zustehenden Urlaubsanspruch zum Inhalt hat, ist an § 4 ArbPlSchG orientiert (vgl. den Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 8/2797). Während § 4 Abs. 2 ArbPlSchG eine Regelung über die Fortdauer von Urlaub enthält, der dem Wehrpflichtigen nicht oder nicht vollständig vor der Einberufung gewährt worden ist, fehlt eine solche Bestimmung in § 8 d MuSchG, so daß es bei der Befristung des Anspruchs nach § 10 Nr. 8 MTV zu verbleiben hat (vgl. hierzu auch BAGE 45, 155 = AP Nr. 1 zu § 8 d MuSchG 1968).
Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Peifer
Wittendorfer Harnack
Fundstellen