Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliches 13. Monatseinkommen und betriebliches Weihnachtsgeld bei geringer Arbeitsleistung wegen Arbeitsunfähigkeit, Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz bzw. Erziehungsurlaub
Normenkette
BGB § 611; MuSchG §§ 3, 6; BErzGG § 16
Verfahrensgang
LAG München (Urteil vom 08.10.1991; Aktenzeichen 2 Sa 475/91) |
ArbG Augsburg (Urteil vom 27.06.1991; Aktenzeichen 1 Ca 577/91) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Oktober 1991 – 2 Sa 475/91 – wird durch Versäumnisurteil zurückgewiesen.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 8. Oktober 1991 – 2 Sa 475/91 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 27. Juni 1991 – 1 Ca 577/91 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.334,45 DM brutto zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 1/5 die Klägerin, zu 4/5 die Beklagte.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine tarifliche und betriebliche Sonderzahlung „13. Monatseinkommen bzw. Weihnachtsgeld”) für das Jahr 1990.
Die Klägerin war seit dem 26. August 1983 als kaufmännische Angestellte bei der Beklagten, einem Unternehmen der Bauindustrie, für ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt 3.220,– DM, beschäftigt; das Gehalt setzte sich aus einem Tarifgehalt von 2.955,– DM brutto und einer übertariflichen Zulage von 265,– DM brutto zusammen. Das Arbeitsverhältnis endete durch eigene Kündigung der Klägerin vom 10. Januar 1991 am 25. April 1991.
Nach § 7 des Anstellungsvertrags vom 26. August 1983 fanden auf das Arbeitsverhältnis u.a. die jeweils gültigen Tarifverträge für Angestellte Anwendung. So galt auch der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens für die Angestellten des Baugewerbes vom 27. April 1990 (TV 13. Monatseinkommen). Dieser bestimmt zur Zahlung eines 13. Monatseinkommens:
„§ 2
(1) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres (Stichtag) mindestens zwölf Monate ununterbrochen besteht, haben Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen. Es beträgt
ab 1. April 1990 |
79 v.H., |
ab 1. Januar 1991 |
90 v.H., |
ab 1. Januar 1992 |
100 v.H. |
ihres Tarifgehalts.
(2) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch nicht zwölf Monate ununterbrochen besteht, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie bis zum Stichtag ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis am Stichtag mindestens drei Monate ununterbrochen besteht.
(3) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag endet, haben für jeden vollen Beschäftigungsmonat, den sie seit dem 1. Dezember des Vorjahres ununterbrochen im Betrieb zurückgelegt haben, Anspruch auf ein Zwölftel des 13. Monatseinkommens gemäß Abs. 1, wenn das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens drei Monate ununterbrochen bestanden hat. Ein Anspruch besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers beendet wurde, oder wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus dem nicht einvernehmlich aufgehobenen Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.”
Mit Schreiben vom 31. Oktober 1990, das am 7. November 1990 ausgehängt worden ist, hat die Beklagte zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes 1990 bekannt gegeben:
„Weihnachtsgeld 1990
A. …
B. Angestellte, deren Arbeitsverhältnis am 30. November 1990 mindestens zwölf Monate ununterbrochen besteht, erhalten 90 % ihres November-Gehaltes. Angestellte, deren Arbeitsverhältnis am Stichtag noch nicht zwölf Monate, jedoch mindestens drei Monate ununterbrochen besteht, erhalten ein anteiliges Weihnachtsgeld.
C. …
Im übrigen gilt für die Leistung des Weihnachtsgeldes 1990 das Rundschreiben der Hauptverwaltung Nr. 13/90 vom 31. Oktober 1990.
Der tarifliche Anspruch auf einen Teil eines 13. Monatseinkommens wird mit dem Weihnachtsgeld 1990, das nach den gesetzlichen und sonstigen Abzügen in einem Betrag ausgezahlt wird, für das Kalenderjahr 1990 abgegolten. Damit machen wir von der im Tarifvertrag vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeit Gebrauch. Soweit das in einem Betrag gezahlte Weihnachtsgeld den tariflichen Anspruch übersteigt, ist es eine dem Grunde und der Höhe nach freiwillige Zuwendung für den Zeitraum 1. Dezember 1989 bis 30. November 1990, auf die ein Anspruch nicht besteht und auch künftig nicht erworben werden kann.
Der Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes setzt voraus, daß das Beschäftigungs-/ Ausbildungsverhältnis am 30. November 1990 besteht und nicht gekündigt ist. Dies gilt nicht für den Fall einer betriebsbedingten Kündigung. Die bis zum 30. November 1990 erworbene Betriebszugehörigkeit ist maßgebend.”
In dem darin in Bezug genommenen Rundschreiben Nr. 13/90 heißt es – soweit hier von Bedeutung –:
„Weihnachtsgeld 1990
In der Verhandlung zwischen dem Vorstand und dem Gesamtbetriebsrat am 24. Oktober 1990 wurde das Weihnachtsgeld 1990 behandelt. Der Vorstand hat nach eingehender Erörterung beschlossen, für das Kalenderjahr 1990 ein Weihnachtsgeld nach Maßgabe folgender Richtlinien zu gewähren:
Der tarifliche Anspruch auf einen Teil eines 13. Monatseinkommens wird mit dem Weihnachtsgeld 1990, das nach den gesetzlichen und sonstigen Abzügen in einem Betrag ausgezahlt wird, für den Zeitraum vom 1. Dezember 1989 bis 30. November 1990 abgegolten. Damit machen wir von der im Tarifvertrag vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeit Gebrauch. Der Teil des Weihnachtsgeldes, der den tariflichen Anspruch übersteigt, ist eine dem Grunde und der Höhe nach freiwillige Zuwendung für den Zeitraum vom 1. Dezember 1989 bis 30. November 1990, auf die ein Anspruch nicht besteht und auch künftig nicht erworben werden kann.
I. Beschäftigungsverhältnis und Betriebszugehörigkeit
Der Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes setzt voraus, daß das Beschäftigungs-/Ausbildungsverhältnis am 30. November 1990 besteht und nicht gekündigt ist. Dies gilt nicht für den Fall einer betriebsbedingten Kündigung. Ein Vorruhestandsantrag stellt keine Kündigung dar. Die bis zum 30. November 1990 erworbene Betriebszugehörigkeit ist maßgebend. Im übrigen richtet sich die Dauer der Betriebszugehörigkeit nach Ziffer I der Betriebsvereinbarung über die Sonderleistungen der H.
II. Leistungen
…
B. Angestellte, deren Arbeitsverhältnis am 30. November 1990 mindestens 12 Monate ununterbrochen besteht, erhalten 90 % ihres November-Gehaltes.
Grundlage für die Errechnung des Weihnachtsgeldes ist das Gehalt des Monats November 1990 für die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit. Überstundenvergütungen jeglicher Art, auch Überstundenpauschalen, werden nicht berücksichtigt.
Im übrigen gilt für diese Leistungen § 2 TV 13. Monatseink./Ang/Pol entsprechend.
…
III. Sonderregelungen
…
4. Mitarbeiter, die in der Zeit vom 1. Dezember 1989 bis 30. November 1990 nicht oder nur in ganz unerheblichem Umfang gearbeitet haben, erhalten Weihnachtsgeld oder den tariflichen Teil eines 13. Monatseinkommens in begründeten Ausnahmefällen nach Entscheidung der jeweiligen Niederlassung.
Eine Arbeitsleistung von mindestens zwei Wochen gilt als nicht ganz unerheblich. Tage, an denen die Arbeit infolge Tarifurlaubs oder solcher Gründe ausgefallen ist, die nicht in der Person des Mitarbeiters liegen, werden auf diesen Zwei-Wochen-Zeitraum angerechnet.
…”
Die Klägerin arbeitete im Bezugszeitraum vom 1. Dezember 1989 bis 30. November 1990 vom 1. bis 6. Dezember 1989 (vier Arbeitstage), war vom 7. bis 18. Dezember 1989 arbeitsunfähig krank, arbeitete vom 19. Dezember 1989 bis 13. März 1990 wegen der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz nicht und nahm anschließend Erziehungsurlaub in Anspruch.
Die Beklagte hat der Klägerin für das Jahr 1990 kein 13. Monatsgehalt bezahlt.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß ihr für das Jahr 1990 eine Sonderzahlung in Höhe von 90 % von 3.220,– DM brutto, also 2.898,– DM brutto zustehe. Dieser Anspruch ergebe sich in Höhe von 79 % aus dem TV 13. Monatseinkommen und in Höhe von 11 % aus dem Aushang. Die Tatsache, daß sie im Bezugszeitraum arbeitsunfähig krank gewesen sei, sowie wegen der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz bzw. wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubes nicht gearbeitet habe, berechtige die Beklagte nicht dazu, ihr die Sonderzahlung zu verweigern. Grundlage für einen Anspruch sei lediglich das rechtliche Bestehen des Arbeitsverhältnisses, nicht aber die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.898,– DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch zu. Im Bezugszeitraum vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1990 habe die Klägerin lediglich an vier Arbeitstagen eine Arbeitsleistung erbracht. Danach sei sie unterbrochen wegen Krankheit, den Beschäftigungsverboten nach dem Mutterschutzgesetz und Erziehungsurlaub abwesend gewesen. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Sonderzahlung sei aber, daß im fraglichen Zeitraum zumindest eine nicht völlig unerhebliche Arbeitsleistung erbracht worden sei. Vier Arbeitstage seien jedoch als unerheblich anzusehen, wie das im Rundschreiben Nr. 13/90 im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich normiert worden sei. Selbst wenn die Klägerin einen Anspruch auf die Sonderzahlung hätte, würde diese nur 79 % vom Tarifgehalt betragen, also aufgerundet 2.335,– DM brutto (79 % von 2.955,– DM). Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrages scheide ein Anspruch wegen der ausdrücklichen Bestimmung im Rundschreiben Nr. 13/90 aus.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 2.898,– DM brutto stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage lediglich in Höhe von 2.543,80 DM brutto (79 % von 3.220,– DM brutto) stattgegeben, sowie im übrigen die Klage abgewiesen. Hiergegen richten sich die Revisionen der Klägerin und der Beklagten, die ihre jeweilige Rechtsauffassung aufrechterhalten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist wegen ihrer Säumnis im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 1993 zurückzuweisen. Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das Landesarbeitsgericht der Klägerin ein 13. Monatseinkommen in Höhe von 79 % ihres tatsächlichen Bruttomonatsgehalts von 3.220,– DM (= 2.543,80 DM brutto) und nicht von 79 % des Tarifgehalts von 2.995,– DM (= 2.334,45 DM brutto) zugesprochen hat. Im übrigen hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg, da der Klägerin nach dem TV 13. Monatseinkommen ein 13. Monatseinkommen für das Jahr 1990 in Höhe von 79 % ihres Tarifgehalts zusteht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 79 % des monatlichen Bruttoeinkommens von 3.220,– DM, also 2.543,80 DM brutto stattgegeben und dies im wesentlichen damit begründet, daß ein Anspruch gemäß § 2 des TV 13. Monatseinkommen bestehe. Dieser dürfe schon wegen der in den Zeitraum vom 1. Dezember 1989 bis 13. März 1990 fallenden Zeiten der Arbeitsleistung, der Ausfallzeiten infolge Krankheit und mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote nicht gemindert werden, da diese Zeiten selbst nach der Auffassung der Beklagten keine ganz unerheblichen Zeiten sind. Nach dem Charakter der Zuwendung, die hier nicht als Entlohnung geleisteter Dienste anzusehen sei, sondern als von der eigentlichen Vergütung unabhängige Sonderleistung, sei außerdem der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses maßgebend; eine Reduzierung der Sonderleistung in Abhängigkeit von dem Maße der erbrachten Arbeitsleistung scheide aus, so daß ein tariflicher Anspruch in Höhe von 79 % des Tarifgehalts bestehe.
Dagegen habe die Klägerin aufgrund der ausdrücklichen Bestimmung in der betrieblichen Gratifikationsregelung keinen Anspruch auf einen 79 % übersteigenden Zuwendungsbetrag. Sie habe deutlich weniger als die in Abschnitt III Ziffer 4 des Rundschreibens Nr. 13/90 genannten zwölf Arbeitstage gearbeitet. Diese betriebliche Einheitsregelung entspreche sowohl Sachgesichtspunkten als auch der Billigkeit. Es sei kein Grund dafür zu erkennen, daß es einem Arbeitgeber verwehrt sein solle, bei einer freiwilligen Leistung auf das tatsächliche Ausmaß der Mitarbeit und damit auf den effektiv geleisteten Beitrag zum Betriebsergebnis abzustellen. Auch der Schutzcharakter des Mutterschutzgesetzes wie des Lohnfortzahlungsgesetzes begründeten keine über die Pflicht zur Entgeltzahlung für die Zeiten des Beschäftigungsverbots bzw. über die Lohnfortzahlung gemäß § 1 LFZG bzw. § 616 Abs. 2 BGB hinausgehende Alimentationspflicht des Arbeitgebers.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsgerichtlichen Prüfung nur zum Teil stand.
1. Soweit die Klägerin das Urteil des Landesarbeitsgerichts wegen der teilweisen Klageabweisung bezüglich der Zahlung eines betrieblichen Weihnachtsgeldes von 90 % ihres Novembergehalts aufgrund des Aushangs vom 7. November 1990 angegriffen hat, kann ihre Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sie bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter im Termin der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 1993 nicht erschienen sind. Ohne Prüfung der sachlichen Berechtigung ihrer Revisionsangriffe war die Revision der Klägerin aufgrund ihrer Säumnis durch (echtes) Versäumnisurteil zurückzuweisen.
2. Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich der Höhe des 13. Monatseinkommens – teilweise – begründet und im übrigen durch (unechtes) Versäumnisurteil zurückzuweisen.
a) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß der Klägerin ein Anspruch auf das 13. Monatseinkommen für das Jahr 1990 aus dem TV 13. Monatseinkommen zusteht. Die Klägerin erfüllt die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen, da ihr Arbeitsverhältnis am 30. November 1990, dem tariflichen Stichtag, seit mindestens 12 Monaten ununterbrochen bestanden hat. Soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung des 13. Monatseinkommens 1990 dem Grunde nach wendet, ist ihre Revision daher unbegründet.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, daß sie im Bezugszeitraum vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1990 lediglich in der Zeit vom 1. bis 6. Dezember 1989 (vier Arbeitstage) gearbeitet hat, vom 7. bis 18. Dezember 1989 arbeitsunfähig krank war, vom 19. Dezember 1989 bis 13. März 1990 wegen der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz nicht arbeitete und anschließend Erziehungsurlaub nahm.
Wie das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden hat (BAGE 40, 221 = AP Nr. 114 zu § 611 BGB Gratifikation; Urteil vom 8. Oktober 1986 – 5 AZR 582/85 – AP Nr. 7 zu § 8 a MuSchG 1968), darf eine jährlich zu zahlende Jahressonderleistung nicht wegen Fehlzeiten, die durch die Mutterschutzfristen der §§ 3, 6 MuSchG entstehen, gekürzt oder ausgeschlossen werden. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Schutzfristen der §§ 3, 6 MuSchG sind daher im Hinblick auf das 13. Monatseinkommen nach dem TV 13. Monatseinkommen so zu behandeln, als hätte die Klägerin tatsächlich gearbeitet. Da diese Schutzfristen im Falle der Klägerin vom 19. Dezember 1989 bis 13. März 1990 dauerten, nahmen sie einen nicht unerheblichen Zeitraum im Bezugszeitraum vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1990 ein. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt daher in dem Verlangen der Klägerin nach Zahlung des 13. Monatseinkommens auch kein Rechtsmißbrauch.
b) Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch der Klägerin jedoch unzutreffend errechnet. Nach § 2 TV 13. Monatseinkommen beträgt der Anspruch ab 1. April 1990 79 % des Tarifgehalts. Für die Klägerin sind das 79 % aus 2.955,– DM, also 2.334,45 DM brutto. Da das Landesarbeitsgericht lediglich den tariflichen Anspruch der Klägerin als begründet angesehen hat, hätte es nur eine Verurteilung in dieser Höhe aussprechen dürfen. Soweit das Landesarbeitsgericht der Klägerin einen höheren Betrag (2.543,80 DM brutto) zugesprochen hat, ist die Revision der Beklagten daher begründet.
c) Eine weitere Kürzung des tariflichen Anspruchs auf das 13. Monatseinkommen 1990 kommt nicht in Betracht. Weder aus einer ausdrücklichen Bestimmung, noch aus dem Gesamtzusammenhang des TV 13. Monatseinkommen, die bei der Tarifauslegung maßgebend zu berücksichtigen sind (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), noch aus dessen Sinn und Zweck ergibt sich, daß der Anspruch der Klägerin auf das volle 13. Monatseinkommen für die Zeiten ganz oder teilweise gekürzt werden kann, in denen sie wegen der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub (§ 16 BErzGG) eine tatsächliche Arbeitsleistung nicht erbracht hat.
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 5. August 1992 (– 10 AZR 88/90 – AP Nr. 143 zu § 611 BGB Gratifikation, auch für die Amtliche Sammlung des Gerichts vorgesehen) ausgesprochen und begründet, daß eine tarifliche Regelung über eine jährliche Sonderzahlung, deren Zweck es auch ist, im Bezugszeitraum für den Betrieb geleistete Arbeit zusätzlich zu vergüten, im einzelnen bestimmen kann, welche Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung sich anspruchsmindernd oder anspruchsausschließend auf die Sonderzahlung auswirken sollen. Eine derartige Vorschrift für den Erziehungsurlaub enthält der TV 13. Monatseinkommen jedoch nicht.
Der Fall, daß ein Arbeitnehmer während des Bezugsjahres Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt, ist im TV 13. Monatseinkommen nicht geregelt.
Allein aus dem Begriff „Beschäftigungsmonat”, der im TV 13. Monatseinkommen mehrmals verwendet wird, läßt sich entgegen der Auffassung der Beklagten eine Kürzung des 13. Monatseinkommens bei Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nicht entnehmen. Die tatsächliche Arbeitsleistung kann während der Dauer des rechtlichen Bestandes eines Arbeitsverhältnisses wegen einer Vielzahl von Umständen ausfallen; Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, des Urlaubs, persönlicher Arbeitsverhinderungen aus sonstigen Gründen, vereinbarte Freistellungen von der Arbeit, Mutterschutzfristen, Erziehungsurlaub, Einberufung zum Wehrdienst, ehrenamtliche Tätigkeiten und ähnliche Umstände können die während der Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung erheblich mindern. Sollen solche Zeiten den Anspruch auf eine tarifliche Sonderleistung ausschließen oder kürzen, bedarf dies einer ausdrücklichen Regelung im Tarifvertrag.
Eine am Maß der jährlichen Arbeitsleistung orientierte Kürzung des 13. Monatseinkommens läßt sich auch nicht mit einem allgemeinen Rechtsprinzip begründen (BAG Urteil vom 24. Oktober 1990 – 6 AZR 341/89 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Glasindustrie; Urteil vom 5. August 1992 – 10 AZR 88/90 –, aaO); insoweit bedarf es einer ausdrücklichen Quotenregelung, wenn das 13. Monatseinkommen für solche Zeiten gekürzt werden soll, in denen das Arbeitsverhältnis ruht.
Somit war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und unter teilweiser Abänderung des Ersturteils die Beklagte bei Abweisung der Klage im übrigen zur Zahlung eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 1990 in Höhe von 2.334,45 DM brutto zu verurteilen.
III. Im Verhältnis ihres teilweisen Siegens und Unterliegens haben die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Seyd, Großmann
Fundstellen