Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeit. Anwendungsbereich des BAT. Ermessensausübung des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 24 BAT setzt für eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit die Möglichkeit einer derartigen Maßnahme in Ausübung des Direktionsrechts voraus und gestaltet diese Maßnahme. Deshalb hat sich die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit in entsprechender Anwendung von § 315 BGB am billigen Ermessen zu orientieren. Dieses billige Ermessen der Ausübung des Direktionsrechts muss sich im Wege einer “doppelten Billigkeitsprüfung” auf die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit “an sich” und die “Nicht-Dauerhaftigkeit” der Übertragung beziehen. An der früheren Rechtsprechung der Rechtsmissbrauchskontrolle einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit hält der Senat nicht fest.

2. Die Grundsätze der Billigkeit sind dann gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind.

3. Wendet sich der Angestellte nicht gegen die Tätigkeitsübertragung “an sich”, sondern lediglich gegen deren zeitliche Begrenzung, so sind das Interesse des Arbeitnehmers, die höherwertige Tätigkeit auf Dauer zu erhalten, und das Interesse des Arbeitgebers, die Tätigkeit nicht auf Dauer zu übertragen, gegeneinander abzuwägen. Entspricht danach die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nicht billigem Ermessen, ergeht eine richterliche Entscheidung in entsprechender Anwendung des § 315 Abs. 3 S. 2 BGB.

 

Normenkette

BAT §§ 24, 23, 22; BGB § 315; BAT Anl 1a VergGr VIb; BAT Anl 1a VergGr Vc

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 21.03.2001; Aktenzeichen 18 Sa 1651/00)

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 16.05.2000; Aktenzeichen 2 Ca 3064/99)

 

Tenor

1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. März 2001 – 18 Sa 1651/00 – wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch darüber, ob der Klägerin ab dem 1. Juni 1999 Vergütung nach VergGr. V b, hilfsweise V c BAT zusteht. Dabei geht es darum, ob das beklagte Land der Klägerin eine höherwertige Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 und 2 BAT nur vorübergehend bzw. vertretungsweise zuweisen durfte oder ob sie der Klägerin auf Dauer zusteht.

Die am 5. März 1954 geborene Klägerin hat eine Berufsausbildung als Einzelhandelskauffrau absolviert. Seit dem 5. Januar 1981 steht sie als Verwaltungsangestellte in den Diensten des beklagten Landes. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 4. Februar 1982 zugrunde. Auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit und nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen. In § 1 des Arbeitsvertrages ist die Eingruppierung in der VergGr. VII BAT ausgewiesen.

Die Klägerin war zunächst im Schreibdienst tätig. In der Zeit vom 8. Dezember 1986 bis zum 2. Februar 1994 war sie auf Grund mehrerer Verfügungen des beklagten Landes als Bildschirmbearbeiterin in der Abteilung 4 (Erziehungsgeldkasse) tätig. Die Übertragungen erfolgten jeweils vorübergehend gemäß § 24 Abs. 1 BAT unter Zahlung einer Zulage in Höhe der Differenz zu der VergGr. VI b BAT. Mit Schreiben vom 21. Februar 1994 teilte das beklagte Land der Klägerin mit, daß mit Ablauf des 2. Februar 1994 ihre Tätigkeit als Bildschirmbearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse geendet habe, daß sie aber weiterhin eine Zulage in der bisherigen Höhe erhalte.

In der Zeit vom 15. Juli 1994 bis zum 31. März 2000 war die Klägerin als Sachbearbeiterin in der Abteilung 4 (Erziehungsgeldkasse) tätig. Dem lagen die folgenden Verfügungen des beklagten Landes zugrunde:

Mit Schreiben vom 15. Juli 1994 teilte das beklagte Land der Klägerin mit:

„… mit Wirkung vom 15. Juli 1994 setze ich Sie im Rahmen des § 24, 1 BAT vorübergehend auf einem zur Zeit zur Hälfte des freien Bearbeiterdienstposten in der Erziehungsgeldkasse ein. …”

Die nächste Übertragung erfolgte mit dem Schreiben des beklagten Landes vom 11. Januar 1995:

„… mit Bezugsschreiben sind Sie gemäß § 24 Abs. 1 BAT vorübergehend auf einem zeitweise zur Hälfte freien Dienstposten als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse eingesetzt worden.

Mit Ablauf des 31.12.1994 endete dieser vorübergehende Einsatz, denn der bis dahin zur Hälfte freie Dienstposten steht ab 01.01.1995 nicht mehr zur Verfügung.

Ab 01.01.1995 werden Sie gemäß § 24 Abs. 2 BAT vertretungsweise als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse eingesetzt. Sie vertreten im erforderlichen Umfang die Bearbeiterin Frau P, die ab Januar 1995 zunächst bis 31.03.1995 wegen einer Fortbildungsmaßnahme während der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit nicht anwesend ist.”

Zum weiteren vorübergehenden Einsatz der Klägerin teilte das beklagte Land der Klägerin mit Schreiben vom 21. April 1995 folgendes mit:

„… mit Bezugsschreiben sind Sie ab 01.01.1995 gemäß § 24 Abs. 2 BAT als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse eingesetzt worden.

Mit Ablauf des 30.04.1995 endet dieser vertretungsweise Einsatz.

Mit Wirkung vom 01.05.1995 setze ich Sie nunmehr gemäß § 24 Abs. 1 BAT vorübergehend, längstens für die Dauer der Pilotierung bis zum 31.12.1995 als Sachbearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse ein.”

Mit Schreiben vom 24. August 1995 teilte das beklagte Land der Klägerin folgendes mit:

„…

mit Wirkung vom 28.08.1995 übertrage ich Ihnen gemäß § 24 Abs. 2 BAT vertretungsweise die Aufgaben einer Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse.

Sie vertreten die seit 12.08.1995 unter das Beschäftigungsverbot (Schutzfristen) nach dem Mutterschutzgesetz fallende Angestellte Frau M G, und zwar zunächst bis zum voraussichtlichen Ende der Schutzfristen (6 Wochen vor, 8 Wochen nach der Entbindung) und anschließend für die Dauer des eventuellen Erziehungsurlaubs der genannten Angestellten. Das genaue Ende der Schutzfrist teile ich Ihnen sobald wie möglich mit. Beginn und Ende des Erziehungsurlaubs teile ich Ihnen mit, sobald Frau G den Urlaub beantragt und ich ihn bewilligt habe.

Sollte Frau G keinen Erziehungsurlaub beantragen, endet Ihr Einsatz mit dem Ende der Schutzfrist. Sollte Frau G ihren eventuellen Erziehungsurlaub vorzeitig beenden, endet Ihr Einsatz zu diesem Zeitpunkt.

Ihr bisheriger Einsatz gemäß § 24 Abs. 1 BAT … endet mit Ablauf des 27.08.1995.

…”

Entsprechend der Dauer des Frau G gewährten Erziehungsurlaubs wurde diese vertretungsweise Übertragung mehrmals verlängert, und zwar mit Schreiben vom 9. November 1995 bis zum 18. September 1998, mit Schreiben vom 4. August 1998 bis zum 18. September 1999 und mit Schreiben vom 1. September 1999 bis zum 15. Oktober 2001. Mit Schreiben vom 27. März 2000 hat das beklagte Land diese letzte Übertragung zum 31. März 2000 widerrufen. Danach wurde die Klägerin bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz wieder als Schreibkraft bzw. Bildschirmbearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse eingesetzt unter Zahlung der Vergütung nach der VergGr. VII BAT.

Die Klägerin hat in dem Zeitraum vom 2. September 1998 bis zum 27. August 1999 an einer Schulungsmaßnahme zur Qualifizierung von Angestellten für eine Sachbearbeitung in Aufgaben des mittleren Dienstes der Abteilungen 3 und 4 der Versorgungsämter teilgenommen. Die Klägerin hat wiederholt vergeblich die Eingruppierung in der VergGr. V c BAT geltend gemacht.

Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin insbesondere die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes, sie nach der VergGr. V b BAT zu vergüten. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. V b (Fallgr. 1 c) BAT/BL zu, nachdem sie sich während der Bewährungszeit in Tätigkeiten der Ausgangsvergütungsgruppe V c Fallgr. 1 a BAT/BL bewährt gehabt habe. Die vorübergehenden Übertragungen seien von § 24 BAT nicht gedeckt. Seit Dezember 1986 werde sie ständig vertretungsweise eingesetzt. Schon dies zeige, daß Daueraufgaben zu verrichten seien. Auch bei der Vertretung während des Erziehungsurlaubs von Frau G habe Dauerbedarf vorgelegen. Im übrigen sei der Personalrat nicht bei allen Übertragungstatbeständen beteiligt worden.

Die Klägerin hat zunächst beantragt

festzustellen, daß sie in der VergGr. V b, Fallgr. 1 c BAT einzugruppieren ist, und weiterhin festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab Juni 1999 eine Vergütung nach der VergGr. V b BAT, Allgemeiner Teil Bund/Länder, zu zahlen und diese im Arbeitsvertrag festzuschreiben.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT liege nicht vor. Die Nichtübertragung der höherwertigen Tätigkeit auf Dauer sei nicht von der Absicht getragen gewesen, der Klägerin die Möglichkeit des Fallgruppenaufstiegs vorzuenthalten, sondern habe auf dem allen Beteiligten bekannten Umstand beruht, daß insoweit kein dauerhafter Vertretungsbedarf bestanden habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land Berufung eingelegt. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz die Klage beschränkt auf die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes, sie ab dem 1. Juni 1999 nach der VergGr. V b, hilfsweise V c BAT/BL zu vergüten. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des beklagten Landes nach dem eingeschränkten Hauptantrag erkannt. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist nicht begründet. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht dem in der Berufungsinstanz beschränkten Hauptantrag stattgegeben.

I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, gegen die keine prozeßrechtlichen Bedenken nach § 256 ZPO bestehen (ua. Senat 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 114).

II. Die Klage ist begründet; der Klägerin steht ab dem 1. Juni 1999 die Vergütung nach der VergGr. V b BAT zu.

1. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT nebst der Anlage 1 a gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend. Zudem haben die Parteien dessen Anwendung vertraglich vereinbart.

2. Der Klage kann nur stattgegeben werden, wenn in der Gesamtarbeitszeit der Klägerin zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die im streitigen Anspruchszeitraum die Anforderungen mindestens eines Tätigkeitsmerkmals der von der Klägerin begehrten Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei kommt es auf die von der Klägerin nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit an (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT).

3. Die der Klägerin übertragene Sachbearbeitertätigkeit entspricht den Anforderungen der VergGr. V c Fallgr. 1 a des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT. Diese Bewertung ist zwischen den Parteien ebensowenig umstritten wie die Bewährung der Klägerin in dieser Tätigkeit, die nach dreijähriger Dauer zur Vergütung nach VergGr. V b BAT (Fallgr. 1 c) führt. Dies war entsprechend den Grundsätzen zur Überprüfung einer Eingruppierung bei korrigierender Rückgruppierung (vgl. BAG 16. Februar 2000 – 4 AZR 62/99BAGE 93, 340 ff., 356 f.) zugrunde zu legen.

4. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß bereits die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit auf Grund der Verfügung vom 15. Juli 1994 nicht zulässig war. Die Klägerin sei in dieser Zeit auf einer halben freien Stelle geführt worden. Das beklagte Land habe nicht vorgetragen, daß zum Zeitpunkt der Übertragung der vorübergehenden Stelle diese halbe Stelle nur befristet zur Verfügung gestanden habe. Ob die Klägerin in dieser Zeit als Bearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse voll eingesetzt worden sei, könne dahingestellt bleiben, da ihr der tarifliche Vergütungsanspruch auch bei der Ausübung von 50 % höherwertiger Tätigkeit zustehe. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

5. Bei seiner rechtlichen Prüfung, ob es rechtens war, diese höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen, ist das Landesarbeitsgericht – auch – von der bisherigen Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach galt eine vorübergehend übertragene Tätigkeit als auf Dauer übertragen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit des § 24 BAT rechtsmißbräuchlich verwendet worden sei. Rechtsmißbrauch lag nach dieser Rechtsprechung vor, wenn die vorübergehende Übertragung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei (5. Juli 1967 – 4 AZR 162/66 – und 11. Oktober 1967 – 4 AZR 448/66 – AP TVG § 1 Tarifverträge: BAVAV Nrn. 10, 11; 25. Oktober 1967 – 4 AZR 12/67 – AP BAT § 24 Nr. 1; 5. September 1973 – 4 AZR 549/72 – AP BAT § 24 Nr. 2). Fehle es an einer sachlichen Rechtfertigung, sei der Angestellte vom Beginn der Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an so zu behandeln, als sei ihm diese auf Dauer zugewiesen (10. Februar 1988 – 4 AZR 585/87 – AP BAT § 24 Nr. 15 mwN; 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90BAGE 67, 59; 26. März 1997 – 4 AZR 604/95 – ZTR 1997, 413). Es bestehe aber hinsichtlich der tatsächlichen Rechtfertigung ein verhältnismäßig großer Beurteilungsspielraum sowohl des Arbeitgebers als auch der Tatsacheninstanz (15. Februar 1984 – 4 AZR 595/82 – AP BAT § 24 Nr. 8).

6. Diese Rechtsprechung zur Rechtsmißbrauchskontrolle bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für einen vorübergehenden Zeitraum hat der Senat nach nochmaliger Prüfung in mehreren Entscheidungen vom 17. April 2002 aufgegeben. Vielmehr muß der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, ob er kraft seines Direktionsrechts die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit nur vorübergehend vornimmt, entsprechend § 315 BGB billiges Ermessen walten lassen. Der Senat hat diese Rechtsprechungsänderung und die Grundsätze für die Ermessensprüfung bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT in der Entscheidung in der Sache – 4 AZR 174/01 – (zur Veröffentlichung vorgesehen ≪zVv.≫) ausführlich begründet. Darauf nimmt er Bezug.

Danach ist bei der „vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit” nach § 24 BAT zu unterscheiden zwischen einer „vorübergehenden” Übertragung nach § 24 Abs. 1 BAT und der „vertretungsweisen” Übertragung der Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT. Letztere bildet einen speziell geregelten Sonderfall der vorübergehenden (interimistischen) Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit.

a) Um eine Vertretung iSv. § 24 Abs. 2 BAT handelt es sich nur dann, wenn der eigentliche Arbeitsplatzinhaber vorübergehend die ihm dauernd übertragene Tätigkeit nicht wahrnimmt (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr BAT Stand März 2002 § 24 Rn. 53). Die Billigkeit einer vertretungsweisen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 Abs. 2 BAT folgt schon aus dem Übertragungsgrund: Denn nach Rückkehr des vertretenen Arbeitnehmers auf seinen Arbeitsplatz besteht kein Bedürfnis für die Beschäftigung des Vertreters auf diesem Arbeitsplatz. Die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit für die Zeit der Verhinderung des Vertretenen entspricht daher regelmäßig billigem Ermessen (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – zVv.).

b) Ist bei nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, daß die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, so kann dies zur Folge haben, daß diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Ob die zeitlich nachfolgenden interimistischen Übertragungen derselben oder einer gleichermaßen höherwertigen Tätigkeit ihrerseits billigem Ermessen entsprechen, ist rechtlich unerheblich, wenn die vorherige Übertragung als auf Dauer erfolgt anzusehen ist (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – zVv.).

7. Nach diesen Grundsätzen entspricht bereits die erste Übertragung auf Grund der Verfügung vom 15. Juli 1994 nicht billigem Ermessen. Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das beklagte Land nicht vorgetragen, daß zum Zeitpunkt der vorübergehenden Übertragung die halbe Stelle nur befristet zur Verfügung stand. Die Revision hat insoweit auch keine Verfahrensrüge erhoben. Somit liegen keine Umstände vor, auf Grund derer die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit vom 15. Juli 1994 bis zum 31. Dezember 1994 billigem Ermessen entspricht, weder als vorübergehende Übertragung gem. § 24 Abs. 1 BAT noch als vertretungsweise Übertragung gem. § 24 Abs. 2 BAT.

8. Die vorübergehende Übertragung vom 15. Juli 1994 ist damit gem. § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unwirksam. Somit hat das Landesarbeitsgericht mit Recht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB angenommen, daß die Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ab 15. Juli 1994 als auf Dauer erfolgt anzusehen ist. Diese Tätigkeit bestimmt damit seither die Eingruppierung der Klägerin, ohne daß es darauf ankommt, ob die späteren Übertragungsanordnungen hinsichtlich ihrer zeitlichen Begrenzung billigenswert und damit wirksam sind (Senat 17. April 2002 – 4 AZR 174/01 – zVv.). Auf Grund des Bewährungsaufstiegs aus der VergGr. V c BAT in die VergGr. V b BAT sind die Voraussetzungen für den Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. V b BAT ab 1. Juni 1999 erfüllt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Bott, Friedrich, Wolter, Die ehrenamtliche Richterin Pflügner-Wax ist infolge Ausscheidens aus dem Amt an der Unterschrift verhindert. Bott, Weßelkock

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1134489

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge