Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluß von Sozialplanansprüchen bei Eigenkündigung der Arbeitnehmerin
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zu – 10 AZR 885/94 – vom 19. Juli 1995
Normenkette
BetrVG §§ 75, 112
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 31.05.1994; Aktenzeichen 13 (6) Sa 231/94) |
ArbG Siegen (Urteil vom 24.03.1992; Aktenzeichen 1 Ca 1077/91) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. Mai 1994 – 13 (6) Sa 231/94 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
Die Klägerin war seit dem 1. August 1983 bei der Beklagten in deren Werk E. beschäftigt. Zuletzt arbeitete sie als Sekretärin im Druckerbereich. Ihr Bruttomonatsverdienst betrug 3.442,– DM.
Am 8. Oktober 1990 teilte die Beklagte mit, sie beabsichtige von den etwa 1,100 Arbeitsplätzen des Betriebes im Jahre 1990 300 und im Jahre 1991 200 Arbeitsplätze abzubauen. Am 20. Dezember 1990 gab die Beklagte dann bekannt, daß das Werk E. zum 31. Dezember 1992 geschlossen werde. Sie sei aber bestrebt, das Werk ganz oder teilweise zu verkaufen oder in einen Industriepark umzuwandeln.
Am 30./31. Januar 1991 vereinbarten die Beklagte und der bei ihr gewählte Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan.
In dem Interessenausgleich heißt es:
„…
- Der Betriebsrat nimmt die unternehmerseitige Absicht zur Kenntnis, das Werk S.-E. zum 31/12/1992 zu schließen.
- Der Betriebsrat nimmt weiter die Absicht der PKI zur Kenntnis, sich parallel weiter um Käufer für das gesamte Werk oder Teile desselben zu bemühen.
- Von der Betriebsschließung des Werkes ausgehend, wird zugleich mit dieser Vereinbarung der anliegende Sozialplan abgeschlossen.
- Im übrigen bleibt es das Ziel der Vertragsschließenden, soweit möglich und dem Unternehmen zumutbar, im oben angesprochenen Zeitraum solange als möglich Arbeitsplätze zu halten. Sollten sich in entsprechendem Umfang Versetzungsmöglichkeiten ergeben, wird eine noch zu findende Regelung für Versetzungen vereinbart.
…”
Der Sozialplan enthält, soweit hier von Interesse, folgende Regelung:
„…
1. Betreff:
Der Sozialplan betrifft sämtliche Arbeitnehmer * im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, deren Arbeitsplätze infolge der seit Ende 1990 beabsichtigten Einschränkung und Stillegung des Werkes PKI S.-E. wegfallen.
(* Unter „Arbeitnehmer” sind sowohl Arbeitnehmerinnen als auch Arbeitnehmer zu verstehen).
2. Personenkreis:
Betroffen und berechtigt sind damit sämtliche Arbeitnehmer des Werkes E. im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, die sich am 08/10/1990 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befanden.
Hierzu zählen hinsichtlich der Abfindungsregelungen auch diejenigen Arbeitnehmer, die nach dem 08/10/1990 durch Beendigungsvereinbarung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind oder noch ausscheiden.
Ausgenommen sind Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis rechtskräftig Verhaltens- oder personenbedingt gekündigt worden ist. Von den kündigungsrechtlichen – und Abfindungsregelungen ausgenommen sind ferner die Auszubildenden.
…
5. Abfindungen
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte Kündigung oder durch nach dem 20/12/1990 abgeschlossene Beendigungsvereinbarung endet bzw. geendet hat, erhalten eine volle Abfindung.
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch eine nach dem 08/10/1990, aber vor dem 20/12/1990 geschlossene Beendigungsvereinbarung endet bzw. geendet hat, erhalten 50 % der im folgenden angesetzten Abfindung.
Auf diese Abfindungen werden bereits in den Aufhebungsverträgen vereinbarte Abfindungen angerechnet.
…”
Außerdem wurde folgende Protokollnotiz zu dem Sozialplan vereinbart:
„l. Wird auf Wunsch eines Arbeitnehmers dessen Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist beendet, so erhält er einen Zuschlag zur Abfindung in Höhe von 50 % des Bruttomonatsverdienstes für die nicht verbrauchte Zeit der Kündigungsfrist. Für Beschwerbehinderte beträgt der Zuschlag 50 % des Bruttomonatsverdienstes.
2. Dem Wunsch des Arbeitnehmers auf vorzeitige Beendigung ist stattzugeben, sofern dem nicht erhebliche betriebliche Belange entgegenstehen. Erhebliche betriebliche Belange sind umgehend schriftlich darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Dem Wunsch eines Schwerbehinderten ist in jedem Fall stattzugeben.
…
5. Diese Protokollnotiz ist Bestandteil des Sozialplans.”
Im Druckerbereich war neben der Klägerin Frau D. als Sekretärin tätig. Wegen zu geringer Auslastung der Sekretärinnen beschloß die Beklagte, die beiden Arbeitsplätze zu einem Gemeinschaftssekretariat zusammenzulegen. Die Beklagte beabsichtigte, die Klägerin als die ihrer Ansicht nach leistungsstärkere Mitarbeiterin weiterzubeschäftigen. Mit Frau D. wurde ein Aufhebungsvertrag mit der Zahlung einer Sozialplanabfindung im August 1991 vereinbart.
Am 16. August 1991 bat die Klägerin die Beklagte vergeblich um den Abschluß eines Aufhebungsvertrages. Die Beklagte teilte der Klägerin mit, daß man sie nicht entbehren könne und für ein Sekretariat benötige. Mit Schreiben vom 19. August 1991 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 30. September 1991.
Nach dem Ausscheiden der Klägerin und der Frau D. arbeitete im Druckerbereich eine Sekretärin, die zuvor bei der Beklagten im zentralen Einkauf beschäftigt war. Der Druckerbereich wurde am 1. Juli 1992 von der neugegründeten P. GmbH übernommen.
Die Klägerin meint, ihr stehe trotz ihrer Eigenkündigung ein Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan zu. Der Sozialplan sei insoweit unwirksam als er Arbeitnehmern, welche ihr Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit der beabsichtigten Betriebsschließung selbst gekündigt hätten, keinen Abfindungsanspruch gewähre.
Die Klägerin behauptet, schon im Jahre 1991 sei eine Vielzahl von Mitarbeitern durch Eigenkündigung ausgeschieden. Diese hätten aber die volle Abfindung nach dem Sozialplan erhalten. Auch die ca. 110 Mitarbeiter, die zum 1. Juli 1992 bzw. 1. Oktober 1992 von der P. GmbH übernommen worden seien, hätten von der Beklagten ihre volle Abfindung nach dem Sozialplan erhalten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.985,84 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Eigenkündigung sei gegen ihren Willen erfolgt. Die Klägerin sei ausdrücklich gebeten worden, auf alle Fälle zu bleiben. Die Beklagte habe mit ihrer Erklärung vom 20. Dezember 1990 gerade keine unbedingte Stillegungsentscheidung zum Ausdruck gebracht, sondern erklärt, daß sie zunächst die Veräußerung des Werkes anstrebe und – sollte dies nicht gelingen – eine Betriebsschließung plane. Durch die Eigenkündigung der Klägerin sei sie in äußerste Schwierigkeiten gekommen, weil sie deren Arbeitsplatz zunächst nicht habe besetzen können.
Der Ausschluß derjenigen Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt hätten, von Abfindungsansprüchen aus dem Sozialplan sei Rechtens. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, daß in anderen Fällen der Eigenkündigung Sozialplanabfindungen gewährt worden seien. Aus der Fülle der Rechtsstreitigkeiten in vergleichbaren Fällen ergebe sich, daß die Beklagte solche Ansprüche gerade nicht anerkannt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Abfindungsanspruch nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, aus dem Sozialplan vom 30. Januar 1991 ergebe sich kein Abfindungsanspruch für die Klägerin. Der Sozialplan sehe Abfindungszahlungen an Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet worden sei nicht vor. Der Ausschluß von Arbeitnehmern, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, von Sozialplanleistungen verstoße nicht gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Regelung, daß Arbeitnehmer, die aufgrund eigener Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden, keine Abfindung erhalten, sei sachlich gerechtfertigt. Dabei sei zu berücksichtigen, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans und des Interessenausgleichs die Stillegung noch nicht endgültig festgestanden habe. Der Verkauf eines Betriebes werde erschwert, wenn er nicht mehr über eine leistungsfähige Arbeitnehmerschaft verfüge. Es sei daher davon auszugehen, daß gerade die Arbeitnehmer, die besonders gut ausgebildet seien, am ehesten einen neuen Arbeitsplatz finden könnten. Die Beklagte, die den Betrieb verkaufen wollte, sei deshalb auf den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse mit diesen Arbeitnehmern, die für den Betrieb besonders wichtig seien, angewiesen. Daher sei es sachgerecht, wenn die Betriebspartner im Sozialplan vorsehen würden, daß nur solche Arbeitnehmer eine Abfindung erhielten, die nicht gegen den Willen des Arbeitgebers ihr Arbeitsverhältnis beendeten. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, andere Arbeitnehmer hätten trotz Eigenkündigung eine Sozialplanabfindung erhalten. Aus der Vielzahl der anhängigen Rechtsstreitigkeiten ergebe sich, daß die Beklagte auch anderen Arbeitnehmern, die eine Eigenkündigung ausgesprochen hätten, keine Sozialplanabfindung gewähren wolle. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin liege daher nicht vor.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stimmt der Senat im Ergebnis und weitgehend in der Begründung zu.
II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan vom 30. Januar 1991.
1. Nach Ziffer 5 dieses Sozialplans steht Arbeitnehmern, die aufgrund einer Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, eine Abfindung nicht zu, weil Ansprüche auf eine solche nur diejenigen Arbeitnehmer haben, denen betriebsbedingt gekündigt worden ist oder die eine Beendigungsvereinbarung abgeschlossen haben. Da die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt hat, erfüllt sie diese Anspruchsvoraussetzungen nicht.
2. Die Bestimmungen im Sozialplan, wonach Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, keine Abfindung erhalten, ist wirksam.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Senats sind die Betriebspartner bei der Vereinbarung eines Sozialplans grundsätzlich frei in der Entscheidung, welche wirtschaftlichen Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer durch welche Sozialplanleistungen ausgeglichen oder gemildert werden sollen (BAG Urteile vom 15. Januar 1991, BAGE 67, 29 = AP Nr. 57 zu § 112 BetrVG 1972; vom 28. April 1993 – 10 AZR 222/92 – AP Nr. 67 zu § 112 BetrVG 1972; vom 11. August 1993 – 10 AZR 558/92 – AP Nr. 71 zu § 112 BetrVG 1972). Sie können bei ihrer Regelung von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen (BAG Urteile vom 25. Oktober 1983 – 1 AZR 260/82 – AP Nr. 18 zu § 112 BetrVG 1972; vom 20. April 1994 – 10 AZR 232/93 – AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972) und bei ihrer Regelung nach der Vermeidbarkeit von Nachteilen unterscheiden.
Nach § 75 BetrVG haben sie bei ihrer Regelung die betroffenen Arbeitnehmer aber nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit zu behandeln; sie müssen insoweit den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Dieser verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer oder einzelner Arbeitnehmergruppen gegenüber anderen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in vergleichbarer Lage. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für sie keine sachlichen und billigenswerten Gründe gibt, die unterschiedliche Behandlung sich vielmehr als sachwidrig und willkürlich erweist (BAG Urteil vom 9. November 1991 – 10 AZR 281/94 – AP Nr. 85 zu § 112 BetrVG 1972 m.w.N.).
Die Prüfung einer unterschiedlichen Behandlung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen hat sich am Zweck der Sozialplanleistungen zu orientieren, der darin besteht, die wirtschaftlichen Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen oder zu mildern, nicht aber darin, erbrachte Leistungen für den Betrieb oder eine Betriebszugehörigkeit nachträglich zu vergüten (BAG Urteil vom 9. November 1994 – 10 AZR 281/94 – AP Nr. 85 zu § 112 BetrVG 1972).
Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat es der Senat stets für mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar angesehen, wenn die Betriebspartner bei der Zuerkennung von Ansprüchen auf eine Abfindung zwischen Arbeitnehmern, denen infolge der Betriebsänderung gekündigt worden ist und solchen, die ihr Arbeitsverhältnis durch eine Eigenkündigung oder einen Aufhebungsvertrag beendet haben, unterschieden haben. Die Betriebspartner können davon ausgehen, daß Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis selbst beenden, schon einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben und sie daher der Verlust des Arbeitsplatzes bei dem bisherigen Arbeitgeber nicht so schwer trifft wie die gekündigten Arbeitnehmer. Allerdings können auch diese Arbeitnehmer noch einen – wenn auch geringeren – wirtschaftlichen Nachteil durch den Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes erleiden. Die Betriebspartner sind jedoch frei in ihrer Entscheidung, ob diese Arbeitnehmer dafür einen geringeren (Urteil vom 11. August 1993 – 10 AZR 558/92 – AP Nr. 71 zu § 112 BetrVG 1972) – oder gar keinen (Urteil vom 20. April 1994 – 10 AZR 323/93 – AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972) – Ausgleich erhalten sollen. Das gilt auch dann, wenn die gekündigten Arbeitnehmer eine Abfindung auch in dem Fall bekommen oder behalten dürfen, daß sie alsbald eine neue Arbeit finden (Urteil vom 9. November 1994 – 10 AZR 281/94 – a.a.O.).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn die Eigenkündigung oder der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlaßt worden ist. § 75 in Verb. mit § 112 a Abs. 1 BetrVG gebieten in einem solchen Falle den Betriebspartnern, gekündigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer, die aufgrund einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages ausgeschieden sind, gleich zu behandeln (Urteil vom 20. April 1994 – 10 AZR 323/93 – AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972). Eine Veranlassung in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung des Senats aber nur vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung bestimmt, selbst zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen, um so eine sonst notwendig werdende Arbeitgeberkündigung zu vermeiden. Ob das geschehen ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Ein bloßer Hinweis des Arbeitgebers auf eine unsichere Lage des Unternehmens, auf notwendig werdende Betriebsänderungen oder der Rat, sich eine neue Stelle zu suchen, genügt nicht, um eine Veranlassung in diesem Sinne anzunehmen.
b) Die Eigenkündigung der Klägerin vom 19. August 1991 zum 30. September 1991 ist nicht in diesem Sinne von der Beklagten veranlaßt worden. Nachdem die Klägerin am 16. August 1991 die Beklagte um den Abschluß eines Aufhebungsvertrages gebeten hat, wurde ihr vielmehr mitgeteilt, daß man sie nicht entbehren könne und für ein Sekretariat benötige. Dies zeigt, daß die Beklagte die Klägerin im August 1991 nicht zu ihrer Eigenkündigung veranlaßt hat. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht hierbei berücksichtigt, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans und des Interessenausgleichs die Stillegung des Betriebs der Beklagten in E. noch nicht endgültig festgestanden hat. Nach dem Interessenausgleich vom 31. Januar 1991 sollte die Schließung des Werkes E. erst zum 31. Dezember 1992 erfolgen; bis dahin war beabsichtigt, daß sich die Beklagte um Käufer für das gesamte Werk oder Teile desselben bemühen sollte.
c) Soweit der Sozialplan vom 30. Januar 1991 Abfindungen für solche Arbeitnehmer vorsieht, die im Hinblick auf die geplante Betriebsänderung einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben, nicht jedoch für die Arbeitnehmer, die aus dem gleichen Grund ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben, ist auch diese Unterscheidung sachlich gerechtfertigt. Zwar ist davon auszugehen, daß die Arbeitnehmer, die einen neuen Arbeitsplatz gefunden haben und deswegen selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag schließen, in etwa gleiche, wenn auch geringere wirtschaftliche Nachteile erleiden als gekündigte Arbeitnehmer. Die unterschiedliche Behandlung findet ihre sachliche Rechtfertigung jedoch darin, daß Arbeitnehmer, die einen Aufhebungsvertrag schließen, den Betrieb mit Zustimmung des Arbeitgebers verlassen. Der Arbeitgeber kann damit entscheiden, ob er den Arbeitnehmer noch für die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsänderung oder darüber hinaus benötigt oder ob ihm das freiwillige Ausscheiden des Arbeitnehmers nur eine ohnehin notwendig werdende betriebsbedingte Kündigung erspart. Kündigt der Arbeitnehmer aber selbst, so verliert der Arbeitgeber dagegen unter Umständen Arbeitnehmer, die er überhaupt oder noch eine gewisse Zeit benötigt und daher behalten möchte. Das Interesse des Arbeitgebers an einer geordneten Durchführung der Betriebsänderung und damit auch an der Weiterbeschäftigung bestimmter Arbeitnehmer können Betriebspartner bei ihrer Regelung über Leistungen aus einem Sozialplan berücksichtigen. So hat es der Senat für zulässig gehalten, daß Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis vorzeitig, d.h. vor der geplanten Stillegung des (Hotel-)Betriebes, selbst kündigen, von Leistungen aus dem Sozialplan ausgeschlossen wurden (Urteil vom 9. November 1994 – 10 AZR 281/94 – a.a.O.). Ein solches Interesse der Beklagten, in ihrem Werk in E. bis zum 31. Dezember 1992 einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu gewährleisten und daher Arbeitnehmer nicht aufgrund eigener Entscheidung vorzeitig, sondern nur auf ihre Veranlassung oder mit ihrer Zustimmung aus dem Betrieb ausscheiden zu lassen, ist im vorliegenden Fall anzuerkennen.
Die Betriebspartner haben im Interessenausgleich die Absicht der Beklagten festgehalten, sich parallel zur geplanten Betriebsstillegung weiter um einen Verkauf des gesamten Werkes oder von Teilen desselben zu bemühen, was ihr hinsichtlich der Druckerabteilung dann auch gelungen ist. Solche Bemühungen wären aber zumindest wesentlich erschwert worden, wenn die für eine Weiterführung des Betriebes oder von Betriebsteilen durch einen Erwerber benötigten Arbeitnehmer nicht mehr vorhanden gewesen wären. Von daher lag es nicht nur im Interesse der Beklagten, sondern auch der übrigen Arbeitnehmer, wenn die Verkaufschancen für den Betrieb oder einzelne Teile nicht durch das vorzeitige Ausscheiden der für eine Weiterführung benötigten Arbeitnehmer geschmälert wurden. Für den Fall, daß das gesamte Werk doch zum 31. Dezember 1992 geschlossen und daher auch diesen Arbeitnehmern gekündigt werden mußte, sah der Sozialplan die Zahlung von Abfindungen auch für diese Arbeitnehmer vor.
Die Regelung im Sozialplan, wonach Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen, keine Abfindung erhalten, während Arbeitnehmer, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages ausscheiden, Abfindungen bekommen, ist daher sachlich gerechtfertigt und verstößt somit nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Klägerin kann damit keine Abfindung verlangen.
d) Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, daß die Beklagte es abgelehnt hat, mit der Klägerin einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, mit der Klägerin, wie von dieser gewünscht, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, um ihr so einen Abfindungsanspruch nach Ziffer 5 des Sozialplans zu erhalten. Es steht in der gerichtlich nicht nachprüfbaren unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, darüber zu befinden, welche und wieviele Arbeitnehmer sie am Arbeitsverhältnis festhalten will, um sich deren berufliche Fähigkeiten und betrieblichen Erfahrungen zu erhalten. Die Beklagte hat der Klägerin ausdrücklich mitgeteilt, daß man die nicht entbehren könne und für ein Sekretariat benötige. Für die Annahme, die Beklagte habe den Abschluß eines Aufhebungsvertrags mit der Klägerin willkürlich und damit rechtsmißbräuchlich abgelehnt, sind Anhaltspunkte nicht gegeben.
3. Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht über seine Behauptung Beweis erhoben, die Beklagte habe auch anderen Arbeitnehmern, die selbst gekündigt hätten, eine Abfindung gezahlt, geht diese Rüge fehl. Die Klägerin hat in der Revisionsbegründung klargestellt, ihr Vortrag sei dahin zu verstehen, daß sich viele Arbeitnehmer mit der Bitte an die Beklagte gewandt hätte, sie wollten unter Zahlung einer Abfindung ausscheiden und die Beklagte dieser Bitte entsprochen habe. Damit beruft sich die Klägerin aber im Ergebnis darauf, daß die Beklagte mit diesen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge geschlossen habe, mit ihr aber nicht. Zu einer solchen Entscheidung war die Beklagte nach dem oben Ausgeführten berechtigt. Es war gerade Sinn der im Sozialplan getroffenen Regelung, der Beklagten die Entscheidung darüber zu belassen, ob sie einen Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung gehen lassen oder den Abschluß eines Aufhebungsvertrags verweigern will, weil sie den Arbeitnehmer noch benötigt.
4. Daß diejenigen Arbeitnehmer, die von der P. GmbH übernommen wurden, eine Abfindung erhalten haben, stellt keine sachwidrige Schlechterstellung der Klägerin dar. Diese Arbeitnehmer standen der Beklagten bis zum Zeitpunkt der geplanten Betriebsschließung bzw. Veräußerung zur Verfügung und ermöglichten damit die geordnete Durchführung der geplanten Betriebsänderung. Die Klägerin, die selbst vorher ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hat, ist mit diesen Arbeitnehmern nicht vergleichbar.
5. Soweit die Klägerin weitere Rügen gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts erhebt, beruht dieses darauf nicht. Die Rügen sind damit unbegründet. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 565 a ZPO ab.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Thiel, Tirre
Fundstellen