Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschuß zum Kurzarbeitergeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Ansprüche aus dem Tarifvertrag über Kündigungsschutz und Qualifizierung bei Umstrukturierungsmaßnahmen vom 17. Juli 1990 (TVKQ) auf Zuschüsse zu Unterhalts- und Kurzarbeitergeld entstanden auch für solche Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ungekündigt war. Es genügte, wenn die Arbeitnehmer, die Unterhalts- oder Kurzarbeitergeld bezogen, den besonderen Kündigungsschutz des TVKQ in Anspruch nehmen konnten (Bestätigung von BAG Urteil vom 21. April 1993 - 4 AZR 543/92 = EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr 92, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
2. Diese tariflichen Ansprüche bestehen aber dann nicht, wenn im Betrieb ein Sozialplan abgeschlossen wurde. Darauf, ob das Sozialplanvolumen insgesamt größer ist als die Belastungen aus dem TVKQ oder ob der Sozialplan den einzelnen Arbeitnehmer günstiger stellt, kommt es nicht an (Bestätigung von BAG Urteil vom 21. April 1993 - 4 AZR 543/92 = EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr 92, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
3. Ein Sozialplan kann auch dann Ansprüche aus dem TVKQ ausschließen, wenn er nach Ende der Geltungsdauer des TVKQ am 30. Juni 1991 abgeschlossen wurde. Voraussetzung ist, daß der Sozialplan mit den während der Geltungsdauer des TVKQ erfolgten oder eingeleiteten betrieblichen Strukturveränderungen im Zusammenhang steht.
Verfahrensgang
BezirksG Erfurt (Entscheidung vom 07.10.1992; Aktenzeichen 2 Sa 50/91) |
KreisG Eisenberg (Entscheidung vom 12.06.1991; Aktenzeichen A 147/90) |
KreisG Eisenberg (Entscheidung vom 12.06.1991; Aktenzeichen A 152/90) |
KreisG Eisenberg (Entscheidung vom 12.06.1991; Aktenzeichen A 148/90) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob den Klägerinnen und dem Kläger ein Zuschuß zum Kurzarbeitergeld für den Monat Juli 1990 nach dem Tarifvertrag über Kündigungsschutz und Qualifizierung bei Umstrukturierungsmaßnahmen vom 17. Juli 1990 (im folgenden: TVKQ) zusteht.
Die klagenden Parteien waren bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitsverhältnisse endeten aus betrieblichen Gründen aufgrund von abgeschlossenen Aufhebungsverträgen vom 28. Juni 1991 ( ) und 29. Juni 1991 ( ) mit dem 30. September 1991.
Im Juli 1990 befanden sich die Klägerinnen und der Kläger in Kurzarbeit mit null Stunden Arbeitszeit. Mit ihren am 25. Oktober 1990 beim Kreisgericht eingegangenen Klagen haben die klagenden Parteien Zuschüsse in rechnerisch unstreitiger Höhe zu dem im Monat Juli 1990 ausgezahlten Kurzarbeitergeld verlangt. Zur Begründung verweisen sie auf den kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit geltenden TVKQ, den die Industriegewerkschaft Metall und der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Thüringen e. V. am 17. Juli 1990 abgeschlossen haben. Dort heißt es:
"§ 1
Besonderer Kündigungsschutz bei
betriebsbedingten Kündigungen
1. Für einen Arbeitnehmer, der bei Inkrafttreten
dieses Tarifvertrages in einem ungekündigten
Arbeitsverhältnis steht, kann eine Kündigung
dieses Arbeitsverhältnisses, wenn sie durch
dringende betriebliche Erfordernisse bedingt
ist, die seiner Weiterbeschäftigung im Betrieb
entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), frü-
hestens zum 30. Juni 1991 wirksam werden. Die-
ser besondere Kündigungsschutz endet vorzei-
tig, wenn der Arbeitnehmer
- keinen Anspruch auf Unterhaltsgeld oder
Kurzarbeitergeld (mehr) hat
...
§ 4
Zuschuß zum Unterhaltsgeld
und Kurzarbeitergeld
1. Der Arbeitnehmer erhält für die Zeit, in der
für ihn der besondere Kündigungsschutz nach
§ 1 gilt und er entweder Unterhaltsgeld nach
§ 44 Abs. 2 AFG oder Kurzarbeitergeld bezieht,
einen Zuschuß zu diesen Leistungen.
...
3. Der Zuschuß zum Kurzarbeitergeld ist so zu be-
messen, daß er zusammen mit dem Kurzarbeiter-
geld und einem etwaigen gekürzten Arbeitsent-
gelt
- für die in § 111 Abs. 1 Nr. 1 genannten Ar-
beitnehmer 90 %,
- für die übrigen Arbeitnehmer 85 %
des Nettoarbeitsentgelts gemäß § 68 Abs. 1
und 4 AFG ausmacht.
...
§ 5
Ausschluß von Doppelbelastungen
Die vorstehenden Regelungen in den §§ 1, 3 und 4
stellen einen Ausgleich bzw. die Milderung wirt-
schaftlicher Nachteile im Sinne des § 112 BetrVG
dar, die dem Arbeitnehmer entstehen können.
Alle Rechte und Ansprüche aus diesem Abkommen
entfallen, wenn betrieblich eine andere Regelung
über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaft-
licher Nachteile getroffen wird*). Bereits er-
brachte betriebliche Leistungen sind in diesem
Falle zurückzugewähren.
§ 6
Laufzeit
Dieser Tarifvertrag tritt am 01.07.1990 in Kraft
und endet am 30.06.1991. Eine Nachwirkung ist
ausgeschlossen. Die Rechte aus § 4 Ziff. 4 blei-
ben jedoch bis zum 31. März 1992, aus § 1 Ziff. 3
bis zum 31. Dezember 1992 erhalten.
*) Hiermit soll eine zusätzliche Belastung des
Arbeitgebers über die tariflichen Regelungen hin-
aus ausgeschlossen werden."
Unter dem 14. Oktober 1991 wurde im Betrieb der Beklagten ein Sozialplan abgeschlossen. Nach dessen Präambel soll der Sozialplan einen Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile erreichen, die den Arbeitnehmern durch Betriebsstillegungen und Entlassungen entstehen. Anspruchsberechtigt sind u. a. alle Arbeitnehmer, die sich zum 1. Januar 1991 in einem ungekündigten Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten befunden haben und die aufgrund der geplanten Betriebsänderung entlassen werden oder auf Veranlassung des Unternehmens einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet haben; darüber hinaus die Arbeitnehmer der Beklagten, die zwischen dem 1. April 1990 und dem 31. Dezember 1990 aufgrund von Strukturveränderungen den Betrieb auf Veranlassung des Arbeitgebers verlassen haben und Altersübergangs- oder Vorruhestandsgeld beziehen. Von Leistungen ausgeschlossen werden u. a. solche Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1990 den Betrieb verlassen haben, wenn sie nicht die Möglichkeiten des gleitenden Überganges in das Altersruhegeld in Anspruch genommen haben.
Die klagenden Parteien haben die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihnen den Zuschuß zum Kurzarbeitergeld nach § 4 Nr. 1 und 3 TVKQ. Der Anspruch bestehe unabhängig davon, daß ihr Arbeitsverhältnis im Juli 1990 noch nicht gekündigt gewesen sei. Durch den nach Ablauf des Tarifvertrages aufgestellten Sozialplan vom 14. Oktober 1991 würden die tarifvertraglichen Ansprüche nicht ausgeschlossen.
Die Kläger haben zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1)
39,47 DM, an die Klägerin zu 2) 18,26 DM und an
die Klägerin zu 3) 40,70 DM zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, Ansprüche aus dem TVKQ stünden nur den Arbeitnehmern zu, die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Ansprüche in einem betriebsbedingt gekündigten Arbeitsverhältnis gestanden hätten. Den geltend gemachten Ansprüchen stehe auch die Bestimmung zum Ausschluß von Doppelbelastungen (§ 5 Abs. 2 TVKQ) entgegen. Der Sozialplan vom 14. Oktober 1991 enthalte eine Regelung über den Ausgleich und die Milderung wirtschaftlicher Nachteile.
Das Kreisgericht hat den in zunächst getrennten Verfahren verfolgten Zahlungsanträgen entsprochen. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Bezirksgericht die Rechtsstreitigkeiten verbunden und die Berufungen der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
A. Der Senat kann über die Revision der Beklagten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Prozeßbevollmächtigte der klagenden Parteien hat diesem Verfahren zugestimmt (§ 128 Abs. 2 ZPO). Er hatte sich zunächst für alle Kläger bestellt. Durch seine spätere Anzeige, daß er die Klägerin N und den Kläger S nicht mehr vertrete, ist die Prozeßvollmacht nicht erloschen. Im Anwaltsprozeß vor dem Bundesarbeitsgericht verliert die Prozeßvollmacht ihre Wirkung erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes (§ 87 Abs. 1 ZPO). Bis dahin wirkt die Vollmacht des bisherigen Prozeßbevollmächtigten fort. Da sich für die Klägerin N und den Kläger S kein anderer Rechtsanwalt bestellt hat, wurden sie durch ihren bisherigen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Dies gilt auch für die Zustimmung nach § 128 Abs. 2 ZPO.
B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Die klagenden Parteien haben entgegen der Auffassung der Vorinstanzen keinen Anspruch auf einen Zuschuß zum Kurzarbeitergeld für den Monat Juli 1990.
I. Ein solcher Anspruch ist allerdings nach § 4 Nr. 1 und Nr. 3 TVKQ entstanden.
1. Dieser Tarifvertrag vom 17. Juli 1990 gilt kraft beiderseitiger Tarifbindung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG. Dabei war das Tarifvertragsgesetz auf dem Gebiet der früheren DDR bereits am 1. Juli 1990 in Kraft getreten (§ 31 des Gesetzes über die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Juni 1990 ≪InkrG≫ GBl. I S. 362).
Die klagenden Parteien waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall. Die Beklagte gehörte dem Verband der Metall- und Elektroindustrie in Thüringen e. V. (VME) an. Da die Arbeitsverhältnisse auf dem Gebiet des späteren Landes Thüringen angesiedelt waren, unterfielen sie auch dem räumlichen Geltungsbereich des TVKQ nach Nr. VII des Verhandlungsergebnisses der Tarifvertragsparteien vom 17. Juli 1990.
2. Der TVKQ deckt auch den vollen Anspruchszeitraum Juli 1990 ab. Der Tarifvertrag ist zwar erst am 17. Juli 1990 abgeschlossen worden. Er legt sich jedoch eine Geltungsdauer ab dem 1. Juli 1990 bei.
Gegen diese echte Rückwirkung des TVKQ (vgl. Löwisch/Rieble, TVG, § 1 Rz 206; Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rz 284) bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In § 31 InkrG hatte der Gesetzgeber der DDR die Aufgabe der Tarifvertragsparteien angesprochen, anstelle des aus Rahmenkollektivverträgen gebildeten Normensystems Tarifverträge zu vereinbaren. Die Arbeitgeber mußten hiernach damit rechnen, daß alsbald nach dem 1. Juli 1990 Tarifverträge abgeschlossen werden würden, die sich ab diesem frühestmöglichen Zeitpunkt Geltung beilegen würden.
3. Die klagenden Parteien haben auch die Voraussetzungen des § 4 TVKQ für den nach § 4 Nr. 3 richtig berechneten Anspruch auf einen Zuschuß zum Kurzarbeitergeld für den Monat Juli 1990 erfüllt. Sie befanden sich in diesem Monat in Kurzarbeit mit null Stunden Arbeitszeit und bezogen Kurzarbeitergeld. Sie fielen im Monat Juli 1990 unter den zwischen dem 1. Juli 1990 und dem 30. Juni 1991 geltenden besonderen Entlassungsschutz des § 1 TVKQ.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anspruch der klagenden Parteien nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil ihr Arbeitsverhältnis im Anspruchszeitraum noch nicht gekündigt war oder zumindest bis zum 30. Juni 1991 gekündigt wurde. § 4 Nr. 1 TVKQ verlangt nur, daß der in Kurzarbeit befindliche Arbeitnehmer den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen kann. Er verlangt nicht, daß sich der besondere Kündigungsschutz beim Arbeitnehmer auch ausgewirkt hat. § 1 Nr. 1 Satz 2 TVKQ bestätigt diese Auslegung. Er läßt den besonderen Kündigungsschutz des Tarifvertrages für einen versetzungsunwilligen Arbeitnehmer, der in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, vorzeitig enden. Auch dieser Arbeitnehmer konnte den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen.
Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 1 TVKQ auf ungekündigte Arbeitnehmer wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß es auch in dieser Vorschrift um den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Sinne von § 112 BetrVG geht (§ 5 Abs. 1 TVKQ). Im Rahmen eines Sozialplanes sind nicht nur solche Nachteile auszugleichen, die sich aus einer Kündigung ergeben. Auch zugunsten ungekündigter Arbeitnehmer können Sozialplanansprüche in Frage kommen. Dies zeigt bereits der Katalog der möglichen, einen Sozialplan auslösenden Betriebsänderungen in § 111 Satz 2 BetrVG (BAG Urteil vom 21. April 1993 - 4 AZR 543/92 - EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 92, zu I 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
II. Der Anspruch der Klägerinnen und des Klägers aus § 4 TVKQ ist aber entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts wegen des bei der Beklagten am 14. Oktober 1991 abgeschlossenen Sozialplanes nach § 5 Abs. 2 TVKQ erloschen.
1. Ein im Betrieb abgeschlossener Sozialplan führt nach § 5 Abs. 2 TVKQ grundsätzlich dazu, daß für die dort beschäftigten Arbeitnehmer Ansprüche auf Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sind. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Sozialplanvolumen insgesamt größer ist als die Belastungen des Arbeitgebers aus dem TVKQ, noch darauf, ob der Sozialplan den einzelnen Arbeitnehmer günstiger stellt. § 5 Abs. 2 TVKQ enthält nach seinem Wortlaut und nach seinem Sinn und Zweck die Einschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs seiner Regelungen zum Kurzarbeitergeld. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinen Urteilen vom 21. April 1993 (- 4 AZR 543/92 - EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 92, zu B II der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) und vom 10. November 1993 (- 4 AZR 642/92 - zu B II der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) ausführlich begründet. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an.
2. Ein Sozialplan kann auch dann nach § 5 Abs. 2 TVKQ zum Anspruchsverlust führen, wenn er nach dem 30. Juni 1991 abgeschlossen worden ist. Voraussetzung ist nur, daß der Sozialplan mit den während der Geltungsdauer des TVKQ erfolgten oder eingeleiteten betrieblichen Strukturveränderungen im Zusammenhang steht.
Seine gegenteilige Auffassung hat das Bezirksgericht mit § 6 TVKQ begründet. Durch die Bestimmung, daß der Tarifvertrag nicht über den 30. Juni 1991 hinaus nachwirkt, lege diese Vorschrift zugleich fest, daß die in § 5 Abs. 2 TVKQ genannte auflösende Bedingung nur bis zu diesem Zeitpunkt wirken könne.
Hiergegen wendet sich die Beklagte zu Recht. § 5 Abs. 2 und § 6 TVKQ verlangen für die anspruchsvernichtende Wirkung eines Sozialplanes nur, daß zwischen dem Tarifvertrag und einem Sozialplan als Folge einer Betriebsänderung ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (BAG Urteil vom 21. April 1993 - 4 AZR 543/92 - EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 92, zu B II 2 c aa der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Nach § 5 Abs. 2 TVKQ entsteht ein Anspruch auf Zuschuß zum Kurzarbeitergeld nur auflösend bedingt. Er entfällt mit dem Eintritt der Bedingung, dem Abschluß eines betrieblichen Sozialplanes. Eine zeitliche Grenze, innerhalb derer die auflösende Bedingung wirksam werden könnte, nennt § 5 Abs. 2 TVKQ nicht. Sie läßt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des in § 5 Abs. 2 TVKQ hergestellten Abhängigkeitsverhältnisses zwischen den tarifvertraglichen Ansprüchen und den Sozialplanansprüchen herleiten. Nach Einführung des Betriebsverfassungsgesetzes und des Tarifvertragsgesetzes auf dem Gebiet der früheren DDR ging es den Tarifvertragsparteien darum, den Umbau der Wirtschaftsordnung durch die soziale Probleme abmildernde Regelungen zu begleiten. Durch den TVKQ sollte eine ergänzende Regelung geschaffen werden, die anstelle der zunächst nicht ohne weiteres funktionsfähigen Betriebsverfassung einen gewissen Ausgleich für soziale Härten gewährleisten sollte. Die Ansprüche aus dem TVKQ sollen immer dann zurücktreten, wenn es im Geltungsbereich des Tarifvertrages zu den vorrangig erwünschten betrieblichen Regelungen durch Sozialpläne kommt. Der Zeitpunkt, zu dem diese betrieblichen Regelungen geschaffen werden, ist zur Erreichung des Zweckes des TVKQ ohne rechtliche Bedeutung. Im Gegenteil: § 5 Abs. 2 Satz 2 TVKQ bestätigt die Vorstellung der Tarifvertragsparteien, daß die vorrangigen Sozialpläne auch noch nach Entstehung und Auszahlung der Ansprüche aus § 4 TVKQ abgeschlossen werden können. Sie legten nämlich ohne zeitliche Beschränkung fest, daß ausgezahlte Zuschüsse nach Eintritt der auflösenden Bedingung von den Arbeitnehmern zurückgezahlt werden müssen.
Der Ausschluß jeder Nachwirkung des TVKQ (zur rechtlichen Zulässigkeit vgl. BAGE 53, 1 = AP Nr. 12 zu § 4 TVG Nachwirkung; BAGE 65, 359 = AP Nr. 19 zu § 4 TVG Nachwirkung; Löwisch/Rieble, TVG, § 4 Rz 247; Däubler, Tarifvertragsrecht, 3. Aufl., Rz 1467) zwingt nicht zu der Annahme, daß auch die auflösende Bedingung nur bis zum Ablauf des Tarifvertrages eintreten kann. Die Ansprüche auf Zuschuß zum Kurzarbeitergeld können nur innerhalb der Geltungsdauer des TVKQ, also bis zum 30. Juni 1991, entstehen. In dieser Zeit entstehen sie als auflösend bedingte Ansprüche. Es ist kein Grund ersichtlich, warum sie diese Eigenschaft allein durch Zeitablauf verlieren sollten. Die Bestimmung über die zeitliche Geltung des Tarifvertrages (§ 6 TVKQ) sieht nicht vor, daß die in § 5 Abs. 2 TVKQ festgelegte auflösende Bedingung befristet sein soll. Es geht in § 6 TVKQ lediglich um den Zeitraum, in welchem Ansprüche aus dem TVKQ entstehen können. Dies zeigt gerade § 6 Satz 3 TVKQ, auf den das Bezirksgericht seine Entscheidung stützt. Dort wird die Geltungsdauer des Tarifvertrages für zwei Regelungsbereiche des TVKQ verlängert, in denen der Tarifvertrag zuvor bereits eine über den Endzeitpunkt des Tarifvertrages hinausgehende Geltungsdauer angeordnet hatte: In § 4 Nr. 4 TVKQ heißt es, daß der Anspruch auf Zuschüsse zum Unterhaltsgeld bis längstens 31. März 1992 reichen kann, wenn Arbeitnehmer begonnene Schulungsmaßnahmen bei Auslaufen des Tarifvertrages noch nicht beendet hatten. § 1 Nr. 3 TVKQ gibt einen Rechtsanspruch auf eine bevorzugte Wiedereinstellung bis zum 31. Dezember 1992. Beide Regelungsbereiche haben nichts mit der anspruchsvernichtenden auflösenden Bedingung des § 5 Abs. 2 TVKQ gemeinsam. Die Nichterwähnung dieser Vorschrift in § 6 TVKQ läßt keinerlei Rückschlüsse zu.
Auch der Regelungszusammenhang des TVKQ spricht im übrigen dagegen, die Möglichkeit, einen die Ansprüche des TVKQ vernichtenden Sozialplan abzuschließen, zeitlich entsprechend der Geltungsdauer des Tarifvertrages zu beschränken. § 1 TVKQ begründet eine Entlassungssperre bis zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrages. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages im Juli 1990 stand noch nicht fest, wer, wann und in welcher Höhe Mittel für den Abschluß von Sozialplänen zur Verfügung stellen würde. Angesichts dessen lag es von vornherein nahe, daß Sozialpläne Berst nach Ablauf der Entlassungssperre abgeschlossen werden würden. Auch auf solche Sozialpläne bezieht sich der Wille der Tarifvertragsparteien, eine Doppelbelastung des Arbeitgebers zu vermeiden und dadurch Anreize zu schaffen, eine betriebsnahe Regelung zu treffen. Eine Doppelbelastung würde immer dann eintreten, wenn man tarifvertragliche Ansprüche auch für solche Maßnahmen zuließe, für die ein betrieblicher Sozialplan aufgestellt wurde.
Die vom Bezirksgericht für sein Auslegungsergebnis herangezogenen Billigkeitserwägungen überzeugen nicht. Es geht nicht darum, daß irgendwann einmal abgeschlossene Sozialpläne anspruchsvernichtend wirken und Rückzahlungsansprüche von Arbeitgebern gegen Arbeitnehmer begründen können. Nur dann, wenn eine inhaltliche Überschneidung der Regelungsbereiche des TVKQ einerseits und eines betrieblichen Sozialplanes andererseits besteht, müssen die tarifvertraglichen Ansprüche zur Vermeidung einer Doppelbelastung des Arbeitgebers zurücktreten. Dies wird regelmäßig nur bei Sozialplänen der Fall sein, die in zeitlich engem Zusammenhang mit dem zeitlichen Geltungsbereich des TVKQ abgeschlossen wurden.
3. Der Anspruch der klagenden Parteien auf einen Zuschuß zum Kurzarbeitergeld für den Monat Juli 1990 ist hiernach ausgeschlossen, weil im Betrieb der Beklagten ein Sozialplan abgeschlossen worden ist, der die im Betrieb der Beklagten eingetretenen Strukturveränderungen abdeckt. Der Sozialplan vom 14. Oktober 1991 begründet Ansprüche zugunsten der Arbeitnehmer, die nach dem 1. Januar 1991 auf Veranlassung des Unternehmens Aufhebungsverträge abgeschlossen haben. Dazu gehören auch die klagenden Parteien. Weiter sind auch solche Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 1990 aufgrund von Strukturveränderungen in den Altersübergang oder den Vorruhestand gewechselt sind. Dabei ergibt sich aus dem Zusammenhang der Sozialplanregelungen, daß zwischen dem 1. April 1990 und dem 31. Dezember 1990 von der Beklagten kein Arbeitnehmer aus strukturbedingten Gründen in die Arbeitslosigkeit entlassen worden ist. Der am 14. Oktober 1991 abgeschlossene Sozialplan umfaßt damit auch den Zeitraum, für welchen die klagenden Parteien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld beanspruchen.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 2 ZPO.
Dr. Heither Griebeling Bepler
Der ehrenamtliche Richter Schoden
Stabenow ist ausgeschieden
und deshalb an der Unter-
schrift verhindert.
Dr. Heither
Fundstellen
Haufe-Index 438747 |
BB 1994, 1572 |
EBE/BAG 1994, 123-126 (LT1-3) |
EWiR 1994, 909 (L) |
NZA 1995, 34 |
NZA 1995, 34-36 (LT1-3) |
ZAP-Ost, EN-Nr 495/94 (S) |
ZIP 1994, 1469 |
ZIP 1994, 1469-1472 (LT1-3) |
AP § 1 TVG, Nr 118 |
AR-Blattei, ES 1550.14 Nr 5 (LT1-3) |
EzA § 4 TVG Metallindustrie, Nr 97 (LT1-3) |