Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung bei Streit über Befristung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (-GS 1/84-) über den Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gelten entsprechend auch dann, wenn um die Wirksamkeit einer Befristung oder auflösenden Bedingung des Arbeitsverhältnisses gestritten wird.
Der Arbeitnehmer kann dann auch allein auf Weiterbeschäftigung klagen. Die Unwirksamkeit der Befristung oder auflösenden Bedingung ist dann als Vorfrage im Weiterbeschäftigungsprozeß zu prüfen.
2. Die tariflichen Auflösungsklauseln des § 9 Abs 5 des MTV für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 1980 und des § 6 Abs 10 des MTV für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen vom 8. Februar 1982, nach denen unbefristete Arbeitsverhältnisse enden, sofern dem Arbeitnehmer eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wird, sind nicht anzuwenden, wenn die Erwerbsunfähigkeitsrente nur auf Zeit bewilligt wird.
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 611, 133, 157
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.05.1984; Aktenzeichen 16 Sa 376/84) |
ArbG Solingen (Entscheidung vom 18.01.1984; Aktenzeichen 4 Ca 2332/83) |
Tatbestand
Der am 28. September 1929 geborene Kläger war seit dem 8. Mai 1952 zunächst als Kraftfahrer und Lagerist, seit dem 1. Januar 1974 als Verkäufer für die Beklagte tätig. Seine Vergütung betrug zuletzt ca. 2.500,-- DM brutto im Monat. Die Beklagte beschäftigte Mitte 1984 acht Mitarbeiter. Seit dem 5. Februar 1981 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, seit dem 1. Mai 1982 versuchte er wegen seiner Krankheit, noch halbtags zu arbeiten. Unter dem 1. November 1982 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte dem Kläger gemäß § 53 AVG eine Rente auf Zeit für die Zeit vom 1. Juli 1982 bis zum 31. Dezember 1983 wegen Erwerbsunfähigkeit. Hiervon unterrichtete der Kläger die Beklagte im November 1982. Die Beklagte "beurlaubte" ihn daraufhin vom 16. November 1982 bis zum 15. Dezember 1982. Der Kläger, der in demselben Haus wohnt, in dem sich der Betrieb der Beklagten befindet, half in der Folgezeit stundenweise bei der Beklagten aus. Unter dem 3. Februar 1983 stellte das Versorgungsamt Köln eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers von 70 v. H. fest. Die Beklagte besetzte seinen Arbeitsplatz neu. Nachdem der Kläger der Beklagten im Sommer 1983 mitgeteilt hatte, ab 1. Januar 1984 wieder arbeitsfähig zu sein, schrieb ihm die Beklagte unter dem 19. September 1983, sie könne ihn wegen ihrer betrieblichen und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage nicht wieder einstellen. In einem anliegenden Zeugnis erklärte sie, der Kläger sei bis zum 15. Dezember 1982 bei ihr beschäftigt gewesen. Unter dem 19. Oktober 1983 erhob der Kläger schriftlich "Einspruch gegen die Kündigung vom 19. September 1983" und setzte die Beklagte in Kenntnis, daß er im Besitz eines Schwerbeschädigtenausweises sei. Der Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Stadtkrankenhauses Köln-Merheim hat in einem Brief vom 2. November 1983 dem behandelnden Urologen mitgeteilt, gegen eine Wiederaufnahme der Tätigkeit als Verkäufer durch den Kläger bestünden keine Bedenken.
Mit der am 24. Oktober 1983 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger von der Beklagten seine Weiterbeschäftigung ab 1. Januar 1984 verlangt.
Der Kläger hat vorgetragen, sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestehe unverändert fort. Eine Kündigung habe die Beklagte nicht ausgesprochen. Sie könne nicht in ihrer schriftlichen Erklärung vom 19. September 1983 gesehen werden und wäre auch wegen seiner Schwerbehinderung unwirksam. Von einer einverständlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses könne keine Rede sein.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 1. Januar 1984 zu unveränderten Arbeitsbedingungen wieder als kaufmännischen Angestellten zu beschäftigen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis habe mit Beginn der Rentenbewilligung am 1. Juli 1982 sein Ende gefunden. Dies ergebe sich aus § 19 SchwbG. Beide Parteien hätten nach Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitsrente das Arbeitsverhältnis außerdem noch am 15. Dezember 1982 einverständlich aufgehoben. Der Kläger habe keine Vergütung mehr erhalten, und es seien für ihn keine Abgaben mehr abgeführt worden. Selbst wenn nach dem 15. Dezember 1982 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fortbestanden hätte, sei die schriftliche Erklärung vom 19. September 1983 als Kündigung zu betrachten. Der Kläger habe sie nicht innerhalb eines Monats über seine Schwerbehinderung informiert, sondern erstmalig mit Schreiben vom 19. Oktober 1983.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die von der Beklagten vorgebrachten Einwendungen gegen einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht für durchgreifend erachtet und ferner angenommen, daß das Arbeitsverhältnis wegen der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit auch nicht nach § 9 Abs. 5 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 1980 (künftig: MTV-Einzelhandel) beendet worden sei. Diese Tarifnorm lautet:
Unbefristete Arbeitsverhältnisse enden, sofern
nicht etwas anderes vereinbart ist, mit dem En-
de des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer
das 65. Lebensjahr vollendet hat, oder in wel-
chem dem Arbeitnehmer der Rentenbescheid über
die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähig-
keit oder vorgezogenem Altersruhegeld zugegan-
gen ist.
Das Arbeitsgericht hat hierzu die Ansicht vertreten, diese tarifliche Auflösungsklausel gelte nur im Falle der Gewährung einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente.
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte vorgetragen, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von der Anwendung des MTV-Einzelhandel ausgegangen. Sie betreibe nur zu 25 % Einzelhandel. Das Arbeitsverhältnis falle deshalb unter den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen vom 8. Februar 1982 (künftig: MTV-Großhandel). Nach § 6 Abs. 10 dieses Tarifvertrages habe das Arbeitsverhältnis mit dem Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente am 1. Juli 1982 geendet. Die Tarifnorm lautet:
Ein Arbeitsverhältnis endet unabhängig von ei-
ner Kündigung spätestens mit Ablauf des Monats,
in dem der Arbeitnehmer sein 65. Lebensjahr voll-
endet bzw. ab dem Tage, an dem vorzeitiges Al-
tersruhegeld oder Erwerbsunfähigkeitsrente be-
zogen wird. Abweichende einzelvertragliche Re-
gelungen sind zulässig.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, diese Vorschrift gelte auch für den Fall der Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit, da nicht zwischen einer solchen Rente und einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente unterschieden werde.
Der Kläger hat erwidert, das Arbeitsgericht sei zutreffend von der Geltung des MTV-Einzelhandel ausgegangen, weil die Beklagte in den letzten Jahren den überwiegenden Teil ihres Personals im Einzelhandel eingesetzt und in diesem Bereich auch den überwiegenden Umsatz erzielt habe. Die Auflösungsklausel des § 9 Abs. 5 MTV-Einzelhandel gelte jedoch nur für den Fall der Bewilligung einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Der Kläger hat beantragt, unter Zurückweisung der Revision
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
war, den Kläger ab dem 18. Januar 1984 bis
zum 12. Juni 1985 zu unveränderten Bedin-
gungen als kaufmännischen Angestellten zu
beschäftigen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger
zukünftig zu unveränderten Arbeitsbedin-
gungen weiterzubeschäftigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Entsprechend dem in der Revisionsinstanz teilweise geänderten Klageantrag ist festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet gewesen ist, den Kläger vom 18. Januar 1984 bis 12. Juni 1985 zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Für die Zeit ab 13. Juni 1985 sind die Entscheidungen der Vorinstanzen auch insoweit zu bestätigen, wie sie die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt haben.
A. Gegen den teilweisen Übergang von der (Leistungs-) Klage auf Weiterbeschäftigung für die Zeit vom 18. Januar 1984 bis 12. Juni 1985 zur Klage auf Feststellung, daß in diesem Zeitraum eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten bestanden hat, bestehen keine Bedenken. Da der Klageanspruch derselbe geblieben ist, liegt ein Fall der Klageeinschränkung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZP0 vor, die auch noch in der Revisionsinstanz vorgenommen werden kann (vgl. BAG 17, 331, 334 = AP Nr. 104 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu I der Gründe).
Die Feststellungsklage ist auch zulässig. Besteht das Arbeitsverhältnis fort, so hat sich ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers für die Dauer des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die Revision infolge Zeitablaufs in der Hauptsache erledigt. Zur Beschäftigung für eine zurückliegende Zeit kann ein Arbeitgeber ebenso wenig verurteilt werden, wie ein Arbeitnehmer zur Unterlassung von Wettbewerb nach Ablauf der Karenzzeit (vgl. BAG Urteil vom 28. November 1966 - 3 AZR 203/66 - AP Nr. 1 zu § 268 ZP0, zu I 1 der Gründe). Die Rechtslage ist bei einem in die Vergangenheit gerichteten Beschäftigungsanspruch ebenso zu beurteilen wie der Anspruch des Arbeitgebers auf weitere Erfüllung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, wenn das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet worden ist (BAG 18, 8, 11 = AP Nr. 27 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Der Kläger hat bereits im Hinblick auf die persönlichkeitsrechtliche Natur des Beschäftigungsanspruchs (vgl. dazu nachfolgend unter B II ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß in dem zurückliegenden Zeitraum eine Beschäftigungspflicht der Beklagten bestanden hat.
B. Der in der Revisionsinstanz vom Kläger weiterverfolgte Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte war verpflichtet, den Kläger jedenfalls vom 18. Januar 1984, dem Tag des Erlasses des arbeitsgerichtlichen Urteils, an auch während der Dauer des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
I. Beide Vorinstanzen haben zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers fortbesteht.
1. Das Arbeitsverhältnis ist nicht aufgrund tariflicher Vorschriften mit der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit an den Kläger beendet worden.
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sei der MTV-Einzelhandel anzuwenden. Die Beklagte betreibe ein Einzelhandelsgeschäft. Dies habe das Arbeitsgericht im Tatbestand seines Urteils festgestellt. Hieran sei das Berufungsgericht gebunden. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz, sie betreibe überwiegend Großhandel, stelle kein neues Vorbringen dar, das unter den Voraussetzungen des § 528 ZP0 zugelassen werden könnte, sondern nur eine Änderung des erstinstanzlichen Vortrags, der im Wege der Berufung nicht berichtigt werden könne.
Die Auflösungsklausel des § 9 Abs. 5 MTV-Einzelhandel erfasse zwar - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - auch die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit. Denn es werde nicht zwischen befristeter und unbefristeter Erwerbsunfähigkeitsrente unterschieden. Eine solche Regelung sei auch tarifüblich; sie finde sich z.B. in § 59 BAT. In diesem Umfang sei die Tarifnorm jedoch rechtsunwirksam. Auch wenn es sich bei diesem Beendigungstatbestand um eine auflösende Bedingung handeln sollte und die Rechtsprechungsgrundsätze zur Befristung von Arbeitsverhältnissen anzuwenden seien, sei diese Begrenzung des Arbeitsverhältnisses nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
Diesen Ausführungen kann nur im Ergebnis gefolgt werden.
b) Zu Recht beanstandet die Revision die Ausführungen des Berufungsgerichts, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers sei der MTV-Einzelhandel anzuwenden.
Das Berufungsgericht hat den Umfang seiner Bindung an den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verkannt. Nach § 314 ZP0 liefert der Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils den Beweis dafür, was die Parteien in dieser Instanz vorgetragen haben. Der Tatbestand ist auch maßgebend für die Frage, ob ein Parteivortrag in der Berufungsinstanz neu im Sinne des § 529 ZP0 ist; neu ist ein Vorbringen, wenn es in der Vorinstanz nicht vorgetragen war (vgl. BAG 8, 156, 159 = AP Nr. 13 zu § 611 BGB Ärzte, Gehaltsansprüche, zu I der Gründe; BAG Urteil vom 2. November 1961 - 5 AZR 449/60 - AP Nr. 1 zu § 314 ZP0, zu 1 der Gründe). Im vorliegenden Fall ist somit nach dem Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 314 ZP0 als bewiesen anzusehen, daß beide Parteien in erster Instanz übereinstimmend vorgetragen haben, die Beklagte betreibe Einzelhandel. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz, sie betreibe überwiegend Großhandel, ist deshalb neu im Sinne des § 529 ZP0, weil er in der ersten Instanz nicht gebracht worden ist. Es ist unerheblich, daß es sich insoweit um eine Änderung des bisherigen Vortrags der Beklagten zu dieser Frage handelt. Das Berufungsgericht hätte somit die Prüfung, ob dieses Vorbringen nach § 529 ZP0 zuzulassen war, nicht unter Berufung auf § 314 ZP0 ablehnen dürfen.
c) Auf diesem Rechtsfehler beruht jedoch das angefochtene Urteil nicht, weil auch die von der Revision für zutreffend gehaltene Anwendung des MTV-Großhandel zu keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis führt.
aa) Sowohl nach § 9 Abs. 5 MTV-Einzelhandel als auch nach § 6 Abs. 10 MTV-Großhandel endet ein Arbeitsverhältnis u.a. dann, wenn der Arbeitnehmer eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Die Normen unterscheiden sich inhaltlich lediglich hinsichtlich des Zeitpunktes der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nach der erstgenannten Vorschrift endet das Arbeitsverhältnis zum Schluß des Kalendermonats, in welchem dem Arbeitnehmer der Rentenbescheid zugegangen ist; danach hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 30. November 1982 geendet. Gemäß § 6 Abs. 10 MTV-Großhandel endet das Arbeitsverhältnis ab dem Tag, an dem Erwerbsunfähigkeitsrente "bezogen" wird. Es kann dahinstehen, ob damit bereits auf den Zeitpunkt abgestellt wird, von dem an die Rente bewilligt wird, im vorliegenden Fall somit der 1. Juli 1982 als Auflösungszeitpunkt anzunehmen wäre. Denn in jedem Fall hätte das Arbeitsverhältnis des Klägers vor dem 18. Januar 1984, von welchem Zeitpunkt an der Kläger nunmehr noch einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend macht, geendet.
bb) Beide Tarifverträge gelten räumlich für das Land Nordrhein- Westfalen, zeitlich für die hier interessierende Zeit vom 1. Juli 1982 als dem frühesten in Betracht kommenden Beendigungstermin bis zum 30. November 1982, sowie persönlich für alle in den Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer. Beide Tarifverträge waren in diesem Zeitraum für allgemeinverbindlich erklärt (MTV- Einzelhandel: Bekanntmachung des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 1981 ab 1. Januar 1981, BAnz 1981, Nr. 126 vom 10. Juli 1981, S. 6; MTV-Großhandel: Bekanntmachung vom 24. Mai 1982 ab 1. Juni 1982, BAnz 1982, Nr. 116 vom 30. Juli 1982, S. 11). Sie konnten damit gemäß § 3 Abs. 1, § 5 Abs.3 TVG auch das Arbeitsverhältnis des nicht tarifgebundenen Klägers erfassen.
cc) Soweit ein Tarifvertrag Regeln über die zeitliche Begrenzung von Arbeitsverhältnissen enthält, handelt es sich um Normen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 1 Abs. 1 TVG. Regelungen dieser Art halten sich somit im Rahmen der Tarifautonomie. Dies ist in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt (vgl. BAG 23, 460; zuletzt Senatsurteil vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 -, zu B I 1 der Gründe, m.w.N., zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
dd) Solche Regelungen haben keine Befristung, sondern eine auflösende Bedingung zum Inhalt. Dies hat der Senat für tarifliche Regelungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze entschieden (Urteil vom 20. Dezember 1984, DB 1986, 281). Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente gilt nichts anderes. Der Bezug dieser Rente ist ein zukünftiges Ereignis, nicht nur sein Eintritt, sondern - im Gegensatz zum Erreichen der Altersgrenze - auch der Zeitpunkt seines Eintritts ist ungewiß. Damit liegt eine - auflösende - Bedingung und keine Befristung vor, die voraussetzt, daß der Eintritt des künftigen Ereignisses feststeht.
ee) Es kann dahingestellt bleiben, ob eine tarifliche Regelung, die bestimmt, daß das Arbeitsverhältnis auch im Fall der Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit endet, wegen Verstoßes gegen die Rechtsprechungsgrundsätze zur Befristung von Arbeitsverhältnissen rechtsunwirksam ist, wie das Berufungsgericht angenommen hat. Denn entgegen seiner Ansicht und in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ist der Senat der Auffassung, daß weder § 9 Abs. 5 MTV-Einzelhandel noch § 6 Abs. 10 MTV-Großhandel eine solche Bestimmung enthält.
(1) Der Senat hat, entgegen zunächst geäußerten Bedenken (BAG 36, 112, 123 = AP Nr. 4 zu § 620 BGB Bedingung, zu II 3 der Gründe) die vertragliche Vereinbarung auflösend bedingter Arbeitsverträge zunehmend wieder grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln über die Befristung von Arbeitsverträgen beurteilt. Wegen der sich hieraus ergebenden stärkeren Gefährdung der Funktion des Kündigungsschutzes sind allerdings an die sachliche Rechtfertigung dieser Auflösungstatbestände besonders strenge Anforderungen zu stellen (Urteile vom 9. Februar 1984 - 2 AZR 402/83 - AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung, zu B I 3 der Gründe; Urteil vom 20. Dezember 1984, aaO).
(2) Eine Bestimmung, nach der ein Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit endet, enthält einen schwerwiegenden Eingriff in den unabdingbaren Schutz des Kündigungsschutzgesetzes.
Die auf eine Höchstfrist von drei Jahren begrenzbare Bewilligung einer solchen Rente setzt gem. § 53 AVG die begründete Aussicht voraus, daß die Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 40, 361 und 33, 1 = AP Nr. 6 und 7 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) ist eine ordentliche Kündigung bei langanhaltender Arbeitsunfähigkeit nur dann sozial gerechtfertigt, wenn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs aufgrund der objektiven Umstände auf eine Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit zu schließen ist und gerade diese Ungewißheit zu unzumutbaren betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen führt. Die unzumutbare Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist hierbei aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festzulegen. Es ist zu berücksichtigen, daß eine solche Kündigung nur das letzte Mittel sein darf. Deshalb muß überprüft werden, ob die Kündigung nicht durch mögliche und zumutbare Überprüfungsmaßnahmen hätte verhindert werden können. Hierzu können unter anderem auch die Einstellung einer Aushilfskraft auf unbestimmte Zeit gehören, die vorübergehende Umsetzung von Arbeitskollegen und die Anordnung von Überstunden. Der Arbeitgeber hat bei einem langjährig beschäftigten Arbeitnehmer einen längeren Zeitraum für geeignete und zumutbare Überbrückungsmaßnahmen hinzunehmen als bei einem nur kurzfristig tätigen Arbeitnehmer. Er hat konkret darzulegen, weshalb die Einstellung einer Aushilfskraft nicht möglich oder nicht zumutbar sein soll. Handelt es sich um eine langanhaltende Krankheit, deren Dauer absehbar ist, so sind an die soziale Rechtfertigung einer hierauf gestützten Kündigung noch strengere Anforderungen zu stellen, da hier der den Betrieb besonders belastende Umstand der Ungewißheit fehlt, wobei es wesentlich auch auf die voraussichtliche Dauer des Arbeitsausfalls ankommt.
Eine tarifliche Bestimmung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit nimmt dem Arbeitnehmer somit die Möglichkeit, eine ohne Bestehen einer solchen Regelung erforderliche Kündigung nach diesen Grundsätzen gerichtlich überprüfen zu lassen. Die auflösende Bedingung läuft somit bei dieser Gestaltung unmittelbar darauf hinaus, daß ein Sachverhalt das Arbeitsverhältnis beenden soll, der nach § 1 KSchG möglicherweise nicht als Beendigungstatbestand ausreichen würde. Der zeitlich befristete Bezug der Rente stellt keinen wirtschaftlichen Ausgleich für den endgültigen Verlust des Arbeitsplatzes dar.
(3) Im Hinblick auf diese Auswirkungen bestehen jedenfalls erhebliche Bedenken, ob eine solche tarifliche Regelung nicht eine unzulässige Beschränkung des gesetzlichen Kündigungsschutzes darstellt.
Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend Beschluß des Großen Senats, BAG 10, 65; aus neuerer Zeit BAG 39, 38; 44, 107 = AP Nr. 16, 68 und 77 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) sind befristete Arbeitsverträge unzulässig, wenn sie als Gestaltungsmittel objektiv funktionswidrig verwendet werden. Das ist dann anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer der durch die Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz ohne sachlichen Grund entzogen wird. Die befristeten Verträge müssen ihre sachliche Rechtfertigung so in sich tragen, daß sie Kündigungsschutzvorschriften nicht beeinträchtigen. Bei der Überprüfung ist zunächst von generellen Maßstäben, d. h. von der sogenannten Üblichkeit im Arbeitsleben auszugehen. Die besonderen Umstände des Einzelfalls sind demgegenüber nur dann von Bedeutung, wenn die konkreten Interessen der Beteiligten so gewichtig sind, daß es geboten ist, sie über die allgemeinen Erwägungen zu stellen, die an sich für oder gegen die Zulässigkeit der Befristung sprechen.
Die Bestimmung, nach der das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit enden soll, läßt einen formalen Tatbestand für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausreichen, der nach dem KSchG nur bei Hinzutreten weiterer, in der Person des Arbeitnehmers und den Verhältnissen des Betriebes liegender und somit auf den konkreten Einzelfall bezogener Umstände eine Kündigung sozial rechtfertigen könnte. Gegen einen solchen Ausschluß des gesetzlichen Kündigungsschutzes bestehen erhebliche Bedenken. Auch Tarifverträge dürfen nicht zu einer Umgehung zwingender Kündigungsschutzmaßnahmen führen. Hierbei kann die im Schrifttum und in der Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts nicht unumstrittene Frage dahingestellt bleiben, in welchem Umfang die tarifliche Regelung der Beendigung von Arbeitsverhältnissen der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt (vgl. hierzu die Ausführungen im Senatsurteil BAG 35, 309, 315 bis 316 = AP Nr. 15 zu § 611 BGB Bühnenengagementvertrag, zu II 2 der Gründe, m.w.N., sowie Senatsurteil vom 20. Dezember 1984, aaO).
(4) Greift eine Tarifnorm in schwerwiegendem Umfang in den allgemeinen Kündigungsschutz ein und bestehen jedenfalls erhebliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einer solchen Regelung, so muß in jedem Fall ein dahingehender Wille der Tarifvertragsparteien aus der tariflichen Regelung eindeutig hervorgehen. Es gelten insoweit die selben strengen Auslegungsmaßstäbe wie bei der Abänderung zwingender Gesetzesregelungen aufgrund des tariflichen Vorrangsprinzips (vgl. dazu BAG 34, 365 = AP Nr. 4 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn).
(5) Bei Anlegung dieser erforderlichen strengen Maßstäbe können die Bestimmungen des § 9 Abs. 5 MTV-Einzelhandel und des § 6 Abs. 10 MTV-Großhandel nicht dahin ausgelegt werden, daß ein Arbeitsverhältnis auch bei Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit endet.
Bei der Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages ist vom Wortlaut auszugehen. Darüber hinaus ist jedoch der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Normen mit zu berücksichtigen, soweit und sofern sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben (BAG 42, 86 ff. = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAG Urteil vom 12. September 1984 - 4 AZR 336/82 - EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 14). Weiter ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mit zu berücksichtigen ist, weil nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Einbeziehung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (BAG Urteil vom 12. September 1984, aaO, m.w.N.).
Der Wortlaut der hier umstrittenen tariflichen Bestimmung ist nicht eindeutig. Danach soll Tatbestandsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Bezug von "Erwerbsunfähigkeitsrente" sein. Damit kann jede nach dem Gesetz vorgesehene Art dieser Rente gemeint sein. Da jedoch die Gewährung einer Zeitrente als Ausnahmefall anzusehen ist, kann das Fehlen eines entsprechenden Hinweises in der Tarifnorm darauf hindeuten, daß die Tarifvertragsparteien die für den Arbeitnehmer schwerwiegende Rechtsfolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur an den Regeltatbestand der dauernden Erwerbsunfähigkeit knüpfen wollten.
Begründete Zweifel gegen die Auslegung, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses solle in allen Fällen der Erwerbsunfähigkeit eintreten, ergeben sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in beiden Tarifnormen. Sie enthalten als weitere Beendigungstatbestände die Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitnehmers sowie den Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes. Diesen Tatbeständen ist gemeinsam, daß der Arbeitnehmer in der Regel aus dem Erwerbsleben ausscheidet und danach für den Rest seines Lebens durch den Bezug der Altersrente versorgt ist. Dies spricht für den Willen der Tarifvertragsparteien, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur bei solchen sozialrechtlichen Tatbeständen eintreten zu lassen, die zu einem endgültigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsleben und seiner wirtschaftlichen Sicherung durch den Bezug einer Dauerrente führen. Das führt zu der Auslegung, daß das Arbeitsverhältnis nach den tariflichen Bestimmungen auch im Falle des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit nur bei Gewährung einer Dauerrente enden soll.
d) Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kläger sein Recht, gerichtlich nachprüfen zu lassen, ob sein Arbeitsverhältnis aufgrund des einschlägigen Tarifvertrags beendet worden ist und die Beklagte ihn nach dem Wiedereintritt der Erwerbsfähigkeit weiter beschäftigen muß, nicht verspätet geltend gemacht.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 7. März 1980 - 7 AZR 177/78 - AP Nr. 54 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 1 der Gründe; Senatsurteil vom 9. September 1982 - 2 AZR 248/80 - n.v., zu B I 1 b der Gründe) ist der Arbeitnehmer nicht gehalten, gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach der Mitteilung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis wäre nach Ablauf einer vereinbarten Befristung nicht fortgesetzt, die Unwirksamkeit der Befristung geltend zu machen. Diese Klagefrist ist nur einzuhalten, wenn das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fällt und der Arbeitnehmer die Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Kündigung oder im Fall einer außerordentlichen Kündigung das Fehlen eines wichtigen Grundes geltend machen will. Diese Voraussetzungen liegen bei einem befristeten Arbeitsvertrag nicht vor. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer geltend macht, eine tarifvertraglich vereinbarte auflösende Bedingung des Arbeitsverhältnisses sei unwirksam oder die umstrittene Tarifnorm enthalte gar keine derartige Regelung. Auch eine entsprechende Anwendung des § 4 Satz 1 KSchG kommt nicht in Betracht, da sie die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschreiten und damit Art. 20 Abs. 3 GG verletzen würde.
Eine andere Frage ist, ob eine im Zusammenhang mit einer Befristungsregelung abgegebene Erklärung des Arbeitgebers als Kündigung anzusehen und hiergegen innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben werden muß (vgl. dazu nachfolgend unter 3).
bb) Der Kläger hat sein Klagerecht auch nicht prozessual verwirkt.
Eine Verwirkung der Klagbefugnis tritt ein, wenn neben dem Zeitablauf besondere Umstände vorliegen, aus denen sich für den Gegner der Vertrauenstatbestand ergibt, eine Klage werde nicht (mehr) erhoben werden, und dieser Vertrauensschutz für den Gegner derart überwiegt, daß das Interesse des Berechtigten an der sachlichen Prüfung seines Feststellungsbegehrens zurücktreten muß. Geht es um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Zeitablaufs, so sind nach Ansicht des Siebten Senats (Urteil vom 7. März 1980, aaO) im Interesse der Rechtssicherheit der Zeitspanne, in der der Vertrauenstatbestand für die Nichterhebung der Feststellungsklage wegen der Unzulässigkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses geschaffen wird, zeitlich enge Grenzen zu setzen. Dabei kann die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG zur Konkretisierung des Zeitmoments herangezogen werden.
Auch wenn man diesen Grundsätzen folgt und sie auf den vorliegenden Fall der umstrittenen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wegen Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit anwendet, hat der Kläger seine Klagebefugnis nicht verwirkt. Die Beklagte hat erstmals in dem Schreiben vom 19. September 1983 dem Kläger gegenüber ihre Ansicht geäußert, das Arbeitsverhältnis sei rechtlich beendet worden und sie lehne deswegen eine Wiedereinstellung ab. Das Verhalten des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt gab ihr jedoch keinen Anlaß zu der Annahme, er betrachte das Arbeitsverhältnis wegen der Gewährung der befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente als beendet. Dies gilt auch für seine von der Beklagten vorgetragene Erklärung vom 15. Dezember 1982, er könne nicht mehr wie bisher halbtags arbeiten, habe zudem eine solche Rente erhalten (vgl. dazu nachfolgend - unter 2 - die Ausführungen zu dem von der Beklagten erhobenen Einwand des Abschlusses eines Auflösungsvertrags). Nach Erhalt des Schreibens vom 19. September 1983 hat der Kläger in dem Schreiben vom 19. Oktober 1983 der Beklagten gegenüber zu erkennen gegeben, daß er das Arbeitsverhältnis als fortbestehend ansehe, und wenige Tage später die vorliegende Klage erhoben. Damit hat er innerhalb eines nach den Gesamtumständen noch angemessenen Zeitraums nach Kenntnis des von der Beklagten vertretenen Standpunktes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein Klagerecht geltend gemacht. Die DreiWochen-Frist des § 4 KSchG war zwar verstrichen. Sie ist jedoch nur zur Konkretisierung des Zeitmoments heranzuziehen, nicht aber schematisch anzuwenden, da dies eine unzulässige analoge Anwendung des § 4 Satz 1 KSchG bedeuten würde.
2. Das Berufungsgericht hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht am 15. Dezember 1982 durch Auflösungsvertrag beendet worden ist.
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, der Kläger möge an diesem Tag gegenüber der Beklagten erklärt haben, er könne nicht mehr wie bisher halbtags arbeiten und habe eine Zeitrente erhalten. Damit habe er aber lediglich zum Ausdruck gebracht, seine Arbeitsleistung nicht mehr wie bisher erbringen zu können; ein Angebot auf Abschluß eines Auflösungsvertrags könne darin noch nicht gesehen werden. Auf Seiten des Klägers habe für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Anlaß bestanden, da er davon habe ausgehen müssen, nach Einstellung der nur befristet gewährten Rentenzahlung seine Arbeit bei der Beklagten wieder aufnehmen zu können. Zudem habe er auch in der Folgezeit nicht bestätigt, daß er am 15. Dezember 1982 das Arbeitsverhältnis habe beenden wollen. Er sei damals bereits mehr als 30 Jahre bei der Beklagten beschäftigt und unstreitig dem Firmeninhaber freundschaftlich verbunden gewesen. Er habe weiterhin im Haus der Beklagten gewohnt und stundenweise im Betrieb ausgeholfen. Durch dieses von der Beklagten geduldete Gesamtverhalten habe er gezeigt, daß er sich nicht nur weiterhin mit dem betrieblichen Geschehen verbunden fühle, sonder daß er nach Einstellung der Rentenzahlung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit seine Arbeit wieder aufzunehmen beabsichtige. Selbst wenn die Parteien aber einen mündlichen Auflösungsvertrag geschlossen hätten, wäre dieser wegen Verstoßes gegen die Schriftformklausel des § 9 Abs. 9 MTV-Einzelhandel unwirksam.
b) Die Revision macht geltend, es sei Tatfrage, ob am 15. Dezember 1982 ein Auflösungsvertrag geschlossen worden sei. Dies könne auch durch konkludente Handlungen geschehen sein. Für diesen Aufhebungsvertrag habe sie durch Parteivernehmung des Klägers Beweis angeboten. Diesen Vortrag habe das Berufungsgericht zu Unrecht mit dem Hinweis auf die tarifliche Schriftformklausel für unwirksam gehalten, da der richtigerweise anzuwendende MTV-Großhandel keine Schriftformklausel enthalte.
c) Diese Rüge greift nicht durch.
Das Berufungsgericht hat das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages nur in einer Hilfsbegründung an der fehlenden Schriftform scheitern lassen. Hierauf beruht seine Entscheidung jedoch nicht, weil die Hauptbegründung, ein solcher Vertrag sei wegen Fehlens eines Vertragsangebots des Klägers nicht zustande gekommen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Das Berufungsgericht hat aufgrund des unstreitigen Sachverhalts sowie des Vortrags der Beklagten angenommen, bereits wegen Fehlens eines entsprechenden rechtsgeschäftlichen Erklärungswillens des Klägers sei kein Aufhebungsvertrag zustande gekommen. Hierbei handelt es sich um die Auslegung einer atypischen Erklärung. Sie kann vom Revisionsgericht materiellrechtlich nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände nicht berücksichtigt hat (BAG Urteil vom 27. Juni 1963 - 5 AZR 383/62 - AP Nr. 5 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es darum geht festzustellen, ob eine Äußerung überhaupt als Willenserklärung gemeint war (BAG Urteil vom 2. März 1973 - 3 AZR 325/72 - AP Nr. 36 zu § 133 BGB). Bei Anwendung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtlich nicht zu beanstanden.
Seine Würdigung, nach dem unstreitigen Sachverhalt und den von der Beklagten vorgetragenen Umständen habe der Kläger keinen Willen zum Ausdruck gebracht, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden, ist rechtlich möglich und deshalb für den Senat bindend. Die in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge wegen Übergehens eines Beweisantrags greift nicht durch. Die Beklagte hatte die Parteivernehmung des Klägers darüber beantragt, daß beide Parteien das Arbeitsverhältnis übereinstimmend für beendet angesehen hätten. Damit hatte sie jedoch keine Tatsachen, sondern nur ihre aus einem nicht näher geschilderten Geschehen gezogene subjektive Schlußfolgerung unter Beweis gestellt, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist.
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich auch angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei auch nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden.
a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Schreiben der Beklagten vom 19. September 1983 enthalte keine Kündigungserklärung, sondern lediglich den Hinweis, den Kläger nicht wieder einstellen zu wollen. Auch aus dem beigelegten Zeugnis ergebe sich, daß die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr von einem noch bestehenden Arbeitsverhältnis ausgegangen sei. Hieran ändere auch der Umstand nichts, daß der Kläger dieses Schreiben in seinem Schreiben vom 19. Oktober 1983 als Kündigung bezeichnet habe. Der rechtlich unerfahrene Kläger möge dieses Schreiben aus Vorsicht vor Rechtsnachteilen so abgefaßt haben.
b) Auch bei dieser Würdigung handelt es sich um die revisionsrechtlich nur beschränkt nachprüfbare Auslegung einer atypischen Erklärung durch das Tatsachengericht. Sie läßt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht hätte das Schreiben der Beklagten vom 19. September 1983 wie eine Kündigung behandeln müssen, nachdem es das Arbeitsverhältnis wegen Unwirksamkeit der tariflichen Befristungsregelung für fortbestehend angesehen habe. Aus der in dem Schreiben enthaltenen Erklärung, der Kläger werde nicht wieder eingestellt, ergebe sich eindeutig, daß die Beklagte im Hinblick auf den Bezug der Erwerbsunfähigkeitsrente von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß den tariflichen Bestimmungen ausgegangen sei. Bestehe das Arbeitsverhältnis jedoch entgegen dieser Ansicht fort, so könne diese Erklärung nur dahin ausgelegt werden, daß eine Weiterbeschäftigung abgelehnt werde.
Diese Rüge greift nicht durch.
bb) Nach dem unstreitigen Sachverhalt hat die Beklagte in dem von ihr nicht vorgelegten Schreiben vom 19. September 1983 erklärt, daß sie eine W i e d e r e i n s t e l l u n g des Klägers ablehne. Nach ihrem eigenen Vortrag in den Vorinstanzen ist sie zum damaligen Zeitpunkt ferner davon ausgegangen, das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag vom 15. Dezember 1982 beendet worden. Sie hat nicht vorgetragen, bereits zum damaligen Zeitpunkt habe zwischen ihr und dem Kläger Streit darüber bestanden, ob das Arbeitsverhältnis noch fortbestehe. Aufgrund dieser Umstände ist die Auslegung ihres Schreibens vom 19. September 1983 durch das Berufungsgericht, sie habe darin keine Kündigung erklärt, sondern lediglich eine Wiedereinstellung abgelehnt, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine ausdrückliche Kündigungserklärung enthält das Schreiben unstreitig nicht. Für das Berufungsgericht lagen aber auch keine sachlichen Anhaltspunkte dafür vor, dieses Schreiben als vorsorgliche Kündigungserklärung auszulegen. Denn der Arbeitgeber hat keinen Anlaß zu einer vorsorglichen Kündigung, solange er davon ausgeht, das Arbeitsverhältnis sei bereits aus anderen Gründen beendet, und hierüber mit dem Arbeitnehmer auch kein Streit besteht. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in den insoweit vergleichbaren Fällen, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erklärt, daß ein befristet abgeschlossener Arbeitsvertrag nicht verlängert werde und zu diesem Zeitpunkt zwischen den Arbeitsvertragsparteien noch kein Streit über die Wirksamkeit der Befristung besteht (Senatsurteil vom 26. April 1979 - 2 AZR 431/77 - AP Nr. 47 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 4 der Gründe; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 210 bis 213 a). Die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund tariflicher Vorschriften über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente beendet worden ist, ist ausweislich des beiderseitigen Parteivortrags in den Vorinstanzen erstmals im vorliegenden Verfahren aufgegriffen worden.
c) Da die Beklagte keine Kündigung erklärt hat, konnte das Berufungsgericht zu Recht offen lassen, ob der Kläger seine Schwerbehinderteneigenschaft nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesarbeitsgerichts rechtzeitig geltend gemacht hat und die Kündigung wegen fehlender Zustimmung der Hauptfürsorgestelle unwirksam wäre.
II. Besteht das Arbeitsverhältnis des Klägers fort, so hatte er während des in der Revisionsinstanz noch umstrittenen Zeitraums von der Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils am 18. Januar 1984 während der Dauer des Rechtsstreits bis zum 12. Juni 1985 einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen.
1. Nach dem im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Antrag des Klägers war Streitgegenstand in den Vorinstanzen sein bereits zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärtes Begehren, die Beklagte zu verurteilen, ihn ab 1. Januar 1984 zu unveränderten Arbeitsbedingungen wieder als kaufmännischen Angestellten zu beschäftigen. Der Einwand der Revision, der Kläger habe keinen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt und das Berufungsgericht hätte deshalb hierüber auch keine Entscheidung treffen dürfen, ist somit unbegründet.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht diesen Klageantrag für die Dauer des Rechtsstreits unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs bei unbestrittenem Bestand des Arbeitsverhältnisses geprüft. Gleichwohl hat das Berufungsgericht jedenfalls für die Zeit ab 18. Januar 1984 richtig entschieden. Denn nach den Grundsätzen, die der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts in dem Beschluß vom 27. Februar 1985 (GS 1/84 - EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9, auch zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) aufgestellt hat, konnte der Kläger seine Weiterbeschäftigung von diesem Zeitpunkt an auch während der Dauer des Rechtsstreits verlangen.
3. Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat, stand dem Arbeitnehmer bereits nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei einem unangefochten bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung zu. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 611, 613 in Verb. mit § 242 BGB, bei dessen Auslegung die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind. Zu diesem gehört der Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers. Dagegen verstößt es, wenn dem Arbeitnehmer gegen seinen Willen für längere Zeit ohne besondere schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers an der Freistellung zugemutet wird, im Arbeitsverhältnis nur seine Vergütung entgegenzunehmen, ohne sich in seinem Beruf betätigen zu können. Das Bundesarbeitsgericht hat diesen Anspruch in diesem Umfang in ständiger Rechtsprechung anerkannt (BAG 2, 221, 224 f. = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu II der Gründe; 16, 72, 85 = AP Nr. 13 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu II 3 der Gründe; 29, 195, 204 ff. = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu III der Gründe und BAG 28, 168, 172 ff. = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu I 3 der Gründe).
Für das gekündigte Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist hat der Senat hingegen in dem Urteil vom 26. Mai 1977 (BAG 29, 195 ff. = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) nur bei offensichtlich rechtsunwirksamer oder offenbar rechtsmißbräuchlicher oder willkürlicher Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch angenommen.
4. a) Nunmehr hat der Große Senat mit Beschluß vom 27. Februar 1985 (aaO) auch für den Fall der nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei der fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzprozesses anerkannt, wenn nicht überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das trifft bei einem streitigen Ende des Arbeitsverhältnisses jedenfalls so lange zu, wie der Ausgang des Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ungewiß ist. Die Beschäftigung wie die Nichtbeschäftigung haben irreversible Folgen. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist das Risiko des ungewissen Prozeßausgangs zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Das Prozeßrisiko ändert sich aber, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsprozeß ein obsiegendes Urteil erstreitet. In diesem Fall kann die Ungewißheit über den endgültigen Prozeßausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Vielmehr muß der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzliche Umstände anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung ergibt (aaO, zu C II der Gründe).
b) Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann der Weiterbeschäftigungsanspruch bereits während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Das kann im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) in dem Kündigungsprozeß geschehen oder in einem anderen Prozeß.
Soweit die Unwirksamkeit der Kündigung nicht nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes geltend gemacht werden muß (§ 13 Abs. 2 und 3 KSchG), bedarf es keiner vorher oder zugleich mit der Beschäftigungsklage erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. In diesen Fällen ist die Unwirksamkeit der Kündigung als Vorfrage im Weiterbeschäftigungsprozeß zu prüfen. Ist dagegen die Unwirksamkeit der Kündigung nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes geltend zu machen, so setzt die gerichtliche Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruchs die Erhebung der Kündigungsklage nach § 4 KSchG voraus. Der Weiterbeschäftigungsklage darf in diesem Fall nur stattgegeben werden, wenn ein Gericht für Arbeitssachen auf eine entsprechende Kündigungsschutzklage hin festgestellt hat oder gleichzeitig feststellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist (aaO, zu C III der Gründe).
5. Nicht anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Parteien vorwiegend nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers, sondern darüber streiten, ob das Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Frist oder Eintritt einer auflösenden Bedingung beendet worden ist. Denn entscheidend für die Zuerkennung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs ist nach Ansicht des Großen Senats die unterschiedliche Interessenlage während des unangefochtenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses und eines Streits über seinen Fortbestand. Die hierfür angeführten Gründe gelten unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung oder einer Befristung oder auflösenden Bedingung streitig ist. Auch hier besteht zunächst ein im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer bei unsicherem Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Dauer des Rechtsstreits nicht zu beschäftigen. Entscheidet ein Gericht für Arbeitssachen, jedenfalls inzidenter, daß, wie vorliegend das Arbeitsgericht, eine dahingehende (tarifliche) Vereinbarung gar nicht besteht oder, wie das Berufungsgericht, daß eine solche Regelung unwirksam ist, so ist auch in einem solchen Fall ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung anzunehmen, solange ein solches Urteil besteht.
Ebenso wie bei einem Streit über eine Kündigung, deren Unwirksamkeit nicht nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes geltend gemacht werden muß, braucht der Arbeitnehmer auch bei einem Streit über die Befristung oder auflösende Bedingung eines Arbeitsverhältnisses nicht vorher oder gleichzeitig mit der Beschäftigungsklage eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu erheben. Er kann auch in diesem Fall unmittelbar eine Leistungsklage auf Weiterbeschäftigung erheben; die Unwirksamkeit der Befristung oder auflösenden Bedingung ist dann als Vorfrage zu prüfen.
6. Wie die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, hat der Kläger jedenfalls vom 18. Januar 1984 bis zum 12. Juni 1985 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gehabt.
Während dieses Zeitraumes bestand ein Urteil, in dem der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt war, wobei unerheblich ist, daß dies inzidenter als Vorfrage im Rahmen einer Beschäftigungsklage geschehen ist. Damit überwog das Interesse des Klägers an einer Beschäftigung das Interesse der Beklagten an seiner Nichtbeschäftigung. Zusätzlich Umstände, aus denen sich ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Klägers auch in diesem Zeitraum ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.
7. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers bis zur Entscheidung über die Revision infolge Zeitablaufs in der Hauptsache erledigt. Der Kläger konnte jedoch von der Beschäftigungsklage zur Klage auf Feststellung übergehen, daß während des streitigen Zeitraums eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten bestanden hat.
C. Für die Zeit ab der Verkündung des Revisionsurteils steht dem Kläger der allgemeine Beschäftigungsanspruch bei unangefochten bestehendem Arbeitsverhältnis zu, da nunmehr rechtskräftig über die Weiterbeschäftigungspflicht und damit als Vorfrage auch über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entschieden ist. Diesen Anspruch kann der Kläger nach § 259 ZPO geltend machen. Die Beklagte hat nicht erklärt, ihn zumindest im Fall einer für ihn günstigen Revisionsentscheidung wieder zu beschäftigen. Deshalb ist die Besorgnis gerechtfertigt, daß sie auch nach Zurückweisung ihrer Revision ihre Beschäftigungspflicht nicht erfüllen werde.
Hillebrecht Dr. Röhsler Triebfürst
Brenne Strümper
Fundstellen
BB 1986, 1437-1439 (LT1-2) |
DB 1986, 1827-1829 (LT1-2) |
NJW 1987, 680 |
NZA 1986, 562-565 (LT1-2, ST1-2) |
RdA 1986, 331 |
RzK, I 10i Nr 3 (LT1) |
RzK, I 9g Nr 5 (LT1-2) |
AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht, Nr 19 |
AR-Blattei, Beschäftigungspflicht Entsch 17 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 440 Nr 17 (LT1-2) |
Arbeitgeber 1987, 80-80 (LT1-2) |
EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht, Nr 16 (LT1-2) |
JuS 1987, 74-75 (LT1-2) |