Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbleibezulage. ständige Arbeitsstelle

 

Leitsatz (redaktionell)

Fortführung von BAG 21. Februar 1969 – 3 AZR 470/68 – AP MTB II § 38 Nr. 3 zur wortgleichen Bestimmung der Nr. 16 SR 2a MTB II; 10. April 1985 – 7 AZR 6/83 – AP MTB II § 38 Nr. 12

 

Orientierungssatz

1. Der Haushandwerker einer Standortverwaltung der Bundeswehr, der täglich seinen Dienst in einer zentralen Werkstatt beginnt, in der er seine Aufträge und deren Zeitdauer mitgeteilt bekommt, zu der er am Dienstende zurückkehrt und in der er solche Arbeiten erledigt, die er an den jeweiligen Einsatzorten nicht erledigen kann, hat eine „ständige Arbeitsstelle” im Tarifsinne, auch wenn der zeitliche Anteil der Arbeiten in der Werkstatt nur gering ist.

2. Die jeweiligen Einsatzorte sind keine weiteren „ständigen Arbeitsstellen”, wenn der Arbeiter sie nicht nach einer vorgegebenen gleichförmigen Ordnung und in gleichmäßigen Abständen aufsucht.

3. Auch ein zur Verfügung gestellter und täglich genutzter Werkstattwagen, in dem Werkzeuge, Material und Ersatzteile transportiert werden und in dem kleinere Reparaturen ausgeführt werden können, ist keine ständige Arbeitsstelle, sondern ein technisches Arbeitsmittel.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 06.03.2003; Aktenzeichen 7 Sa 1356/02)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 01.08.2002; Aktenzeichen 9 Ca 3863/02)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. März 2003 – 7 Sa 1356/02 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger über den 1. Juni 2001 hinaus Anspruch auf Zahlung einer Ausbleibezulage hat.

Der Kläger war seit dem 1. Januar 1987 bei der Beklagten als vollbeschäftigter Arbeiter tätig. Im Arbeitsvertrag vom 2. Januar 1987 ist geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) und diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt und dass die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung finden.

Der im streitgegenständlichen Zeitraum geltende Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 regelt in § 2 Abs. (1) Abschn. A Buchst. a, dass für Arbeiter im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung der Tarifvertrag mit den Sonderregelungen des Abschnitts A der Anlage 2 gilt.

In der Sonderregelung SR 2a Nr. 12 heißt es:

„Zu § 38 – Entschädigung bei Dienstreisen,

Abordnungen und Dienstgängen

Zu § 39 – Lohn und besondereEntschädigung

bei Dienstreisen

Für nachstehende Fälle treten bei einer Verwendung im Inland an die Stelle der §§ 38 und 39 folgende Regelungen:

(1) a) Der Arbeiter mit ständiger Arbeitsstelle erhält bei einer dienstlichen Verwendung auf einer Arbeitsstelle oder einem Arbeitsplatz, die bzw. der mindestens 4 km Luftlinie oder 5 km Wegstrecke von der Grenze seiner regelmäßigen Arbeitsstelle entfernt ist, neben den Fahrkosten für jede angefangene Stunde der gesamten Ausbleibezeit eine Ausbleibezulage als Aufwandsentschädigung. Die Ausbleibezulage beträgt für jede angefangene Stunde der gesamten Ausbleibezeit bei einer Ausbleibezeit von

…”

Die Höhe der Zulage ist für Dienstgänge und Dienstreisen unterschiedlich gestaffelt in drei Stufen und beträgt zwischen 0,20 Euro und 0,67 Euro pro Stunde.

„(2) a) Der Arbeiter, dessen Arbeitsplatz örtlich ständig wechselt (z.B. Meßgehilfen oder Arbeiter einer landwirtschaftlichen Gruppe) und der regelmäßig oder in kurzen Abständen wiederkehrende auswärtige Dienstgeschäfte verrichtet, die nicht als Dienstreisen im Sinne des § 2 Absatz 2 des Bundesreisekostengesetzes gelten, erhält eine monatliche Pauschvergütung von 56,25 DM. Die Pauschvergütung ist zusammen mit dem Monatslohn zu zahlen.

Protokollnotiz zu Absatz 1 Buchst. a) Satz 1:

Für den Arbeiter bei Standortverwaltungen gilt als regelmäßige Arbeitsstelle nicht der gesamte Standortbereich, sondern die Stelle, in der sich der regelmäßige Arbeitsplatz des Arbeiters befindet…”

Der Kläger ist gelernter Schlosser und wird als Haushandwerker beschäftigt. Seine Aufgabe besteht insbesondere darin, in den verschiedenen Liegenschaften der Beklagten Türen und Schlösser zu reparieren. Er war ursprünglich in der Bezirksverwaltung 1 (VB 1), die in der R-kaserne untergebracht war, tätig und dabei für die Liegenschaften R-kaserne, Wehrbereichsverwaltung III, Kreiswehrersatzamt D und die Standortverwaltung D der Bundeswehr zuständig. Seit dem 1. Dezember 2000 wurde die Handwerkergruppe des Klägers im Zuge der Zusammenlegung mit weiteren Handwerkergruppen in dem Mob-Stützpunkt neben der B Kaserne untergebracht. An diesem Standort befindet sich eine stationäre Werkstatt, die dazu dient, dort größere Reparaturen und Schweißarbeiten zu erledigen, die nicht vor Ort ausgeführt werden können. An diesem Ort beginnt und endet der tägliche Dienst des Klägers. Er erhält dort an jedem Morgen seine Arbeitsaufträge einschließlich der jeweiligen Einsatzzeiten mitgeteilt.

Ab dem 1. Dezember 2000 erhielt der Kläger eine Ausbleibezulage gemäß der SR 2a Nr. 12 Abs. (1) Buchst. a in Höhe von durchschnittlich 120,00 DM monatlich.

Mit Wirkung vom 1. Juni 2001 wurde dem Kläger ein Werkstattwagen zugewiesen, in dem Werkzeuge, Material und Ersatzteile transportiert wurden. Zu den im Fahrzeug deponierten Werkzeugen gehören eine Bohrmaschine, eine Schleifhexe und ein ausziehbarer Schraubstock, mit deren Hilfe es dem Kläger möglich ist, kleinere Werkstücke in und an dem Fahrzeug zu bearbeiten. Über ein Mobiltelefon kann er von der Zentrale im Mob-Stützpunkt zu weiteren Einsatzorten dirigiert werden. Im Zeitraum von Januar bis Mitte Mai 2002 entfielen 8,25 % der Gesamtarbeitszeit des Klägers auf Arbeiten, die in der Werkstatt ausgeführt wurden. An den jeweiligen Einsatzorten war der Kläger zu 83,35 % seiner Gesamtarbeitszeit tätig. Die reinen Fahrzeiten des Klägers umfassten 8,4 % der Gesamtarbeitszeit.

Seit dem 1. Juli 2002 erweiterte sich der Zuständigkeitsbereich des Klägers auf die W-kaserne, das Kreiswehrersatzamt S, das Kreiswehrersatzamt E und das Gerätedepot H der Bundeswehr.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2001 erhielt der Kläger die Mitteilung, dass nunmehr der ihm überlassene Werkstattwagen seine ständig wechselnde Arbeitsstelle sei und deshalb ab dem 1. Juni 2001 ein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Pauschalvergütung gemäß Nr. 12 Abs. (2) der SR 2a zum MTArb in Höhe von 56,25 DM bestehe, die an die Stelle der bisher gewährten Ausbleibezulage trete. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 2. November 2001 die Weiterzahlung der Ausbleibezulage gegenüber der Beklagten erfolglos geltend gemacht hatte, hat er die vorliegende Klage erhoben.

Er hat gemeint, dass auch nach der Zurverfügungstellung des Werkstattwagens ab dem 1. Juni 2001 seine ständige Arbeitsstelle der Mob-Stützpunkt sei.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, dass ihm auch über den 1. Juni 2001 hinaus eine Ausbleibezulage als Aufwandsentschädigung gemäß Nr. 12 Abs. (1) SR 2a MTArb statt einer monatlichen Pauschvergütung gemäß Nr. 12 Abs. (2) SR 2a MTArb zusteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Unterschiedsbetrag ab 1. Juni 2001 nachzuzahlen und den Bruttobetrag jeweils ab Fälligkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz der Europäischen Zentralbank zu verzinsen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger nunmehr auf einem ständig wechselnden Arbeitsplatz tätig sei. Sein Arbeitsprozess sei umgestaltet worden. Durch die Zurverfügungstellung des Werkstattwagens in Kombination mit dem ausgehändigten Mobiltelefon sei die Arbeit optimiert und rationalisiert worden. Der Kläger sei nunmehr mit einem Kundendiensttechniker vergleichbar.

Obwohl der Kläger im Mob-Stützpunkt seine Arbeit beginne und abends beende und dort den Werkstattwagen abstelle und in geringem Umfang auch dort arbeite, sei dort nicht seine ständige Arbeitsstelle. Auch die in Abs. (2) Nr. 12 der SR 2a MTArb für einen wechselnden Arbeitsplatz beispielhaft genannten Messgehilfen bzw. Arbeiter einer landwirtschaftlichen Gruppe hätten dort einen festen Beziehungspunkt, wo Arbeitsgeräte gelagert und Gerätschaften repariert würden oder die Arbeit angetreten bzw. beendet werde. Mit diesen Arbeitnehmern sei der Kläger vergleichbar. Entscheidend für den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstelle sei, dass der Arbeiter dort nach einer bestimmten Ordnung in gleichmäßigen Abständen tätig werde. Dies treffe für die Werkstatt nicht zu, der Kläger arbeite vielmehr in ganz überwiegendem Umfang außerhalb der Werkstatt. Dies gebe seiner Arbeit ihr Gepräge. Der Arbeitsplatz des Klägers sei das jeweilige Gebäude, in dem er Reparaturen durchführe. Im Übrigen schließe die Annahme, dass der Mob-Stützpunkt die ständige Arbeitsstelle des Klägers sei, es nicht aus, dass der Kläger noch weitere ständige Arbeitsstellen haben könne.

Auch aus dem Zweck der Zulage folge, dass der Anspruch nicht bestehe. Mit ihr solle der Aufwand für eine Tätigkeit außerhalb der angestammten Arbeitsstelle finanziell abgegolten werden, zB der Verpflegungsmehraufwand. Der falle beim Kläger nicht an, weil er die jeweils in den Objekten befindlichen Kantinen nutzen könne. Allein der Umstand längerer Fahrzeiten zu den Liegenschaften begründe keine erschwerten Arbeitsbedingungen, die eine Ausbleibezulage rechtfertigen könnten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu 2 mit Zustimmung des Klägers ebenfalls als Feststellungsantrag ausgelegt und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils, während der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat weiterhin Anspruch auf die Ausbleibezulage gem. Abs. (1) Buchst. a der Sonderregelung Nr. 12.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass die ständige Arbeitsstelle des Klägers der Mob-Stützpunkt in der B Kaserne sei. Die Werkstatt bilde einen festen Beziehungspunkt und den räumlichen Mittelpunkt der Arbeitsleistung. Es spiele keine Rolle, wie häufig der Kläger in der Werkstatt gearbeitet habe. Den in Abs. (2) Buchst. a der Sonderregelung Nr. 12 genannten Messgehilfen und Arbeitern in einer landwirtschaftlichen Gruppe fehle es an einem solchen festen Beziehungspunkt.

Durch die Zurverfügungstellung des Werkstattwagens habe sich an dieser Rechtslage nichts geändert. Auch wenn sich der Anteil der in der Werkstatt verrichteten Arbeiten dadurch verringert habe, sei diese weiterhin die „regelmäßige Arbeitsstelle” des Klägers, weil er sie an jedem Arbeitstag vor Schichtbeginn und nach Schichtende bzw. dann, wenn größere Reparaturen anfielen, aufsuche, also in einer vorgegebenen Ordnung, einer gewissen Gleichförmigkeit und gleichmäßigen Aufeinanderfolge. Der Werkstattwagen könne schon deshalb nicht die regelmäßige Arbeitsstelle des Klägers sein, weil er in erster Linie dem Transport der Werkzeuge diene und der Kläger in ihm praktisch nicht arbeite.

II. Dem folgt der Senat. Die zulässige Feststellungsklage ist begründet.

1. Der Kläger hat in dem Mob-Stützpunkt neben der B Kaserne seine ständige Arbeitsstelle im Sinne der Tarifvorschrift, obwohl er seine Arbeit im ganz überwiegenden Umfang außerhalb des Stützpunktes in einer Vielzahl von Gebäuden und an unterschiedlichen Orten leistet. Dies folgt aus der Auslegung der Tarifnorm.

a) Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 31. Juli 2002 – 10 AZR 578/01 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Wohnungswirtschaft Nr. 3 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 167 mwN).

b) Nach dem Wortlaut der Tarifnorm unterscheiden die Tarifvertragsparteien nicht zwischen Arbeitern, die überwiegend an ihrer Arbeitsstelle beschäftigt werden, und denjenigen Arbeitern, die vorwiegend außerhalb arbeiten. Unterscheidungsmerkmal ist vielmehr, ob ein Arbeiter eine „ständige Arbeitsstelle” hat, dh. eine Stelle, an der nach der im Arbeitsleben herrschenden Anschauung gearbeitet werden kann und die auch dann Mittelpunkt der Arbeitsleistung bleibt, wenn zeitlich überwiegend auswärts gearbeitet wird (BAG 21. Februar 1969 – 3 AZR 470/68 – AP MTB II § 38 Nr. 3 zur wortgleichen Bestimmung der Nr. 16 SR 2a MTB II; 10. April 1985 – 7 AZR 6/83 – AP MTB II § 38 Nr. 12).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt der Tarifbegriff „regelmäßige Arbeitsstelle” allerdings voraus, dass der Arbeiter die Arbeitsstelle nach einer bestimmten Ordnung in gleichmäßigen Abständen und in gleichmäßiger Aufeinanderfolge aufsucht. Entscheidend ist dabei die Gleichförmigkeit über eine bestimmte Zeit und damit eine gewisse Stetigkeit und Dauer (5. November 1992 – 6 AZR 228/91 – AP MTB II § 2 SR 2a Nr. 1).

c) Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger. Er beginnt und beendet seinen Arbeitstag am Mob-Stützpunkt. Nachdem er dort seine Reparaturaufträge entgegengenommen hat, unternimmt er von dort aus seine Fahrten mit dem Werkstattwagen zu den Reparaturorten und kehrt am Ende des Arbeitstages zu diesem Stützpunkt zurück, also nach einer bestimmten Ordnung in gleichmäßigen Abständen. Während seines auswärtigen Einsatzes erhält er über das Mobiltelefon von dem Stützpunkt aus weitere Reparaturanweisungen. Auch wenn er nur zu 8,25 % der Gesamtarbeitszeit in der Werkstatt im Mob-Stützpunkt arbeitet und die Tätigkeitszeiten an den Reparaturorten 83,35 % der Gesamtarbeitszeit ausmachen, stellt der Mob-Stützpunkt seine ständige Arbeitsstelle dar (vgl. auch BAG 30. Januar 2002 – 10 AZR 441/01 – ZTR 2002, 389). Dieser Stützpunkt ist nicht nur der Standort des Werkstattwagens. An diesem Ort werden vom Kläger alle Tätigkeiten ausgeführt, die er an den Einsatzorten nicht erledigen kann.

d) Für dieses Auslegungsergebnis sprechen auch die in SR 2a Nr. 12 Abs. (2) Buchst. a MTArb aufgeführten Beispiele für Arbeiter mit örtlich ständig wechselndem Arbeitsplatz. Typisch für Messgehilfen und Arbeiter einer landwirtschaftlichen Gruppe ist, dass sie ständig den Arbeitsort wechseln. Sie haben keinen festen Bezugspunkt. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass für diejenigen Arbeiter, bei denen ein solcher fester Bezugspunkt vorhanden ist, die Vorschrift der SR 2a Nr. 12 Abs. (1) Buchst. a MTArb gelten soll. Die Tarifvertragsparteien haben zudem den typischerweise in einer Vielzahl von Gebäuden und Einrichtungen zum Einsatz kommenden Haushandwerker nicht als Beispielsfall für einen örtlich ständig wechselnden Arbeitsplatz genannt.

Auch wenn nach SR 2a Nr. 12 Abs. (2) Buchst. a Arbeiter, deren Arbeitsplatz örtlich ständig wechselt und die regelmäßig oder in kurzen Abständen wiederkehrende „auswärtige” Dienstgeschäfte verrichten, die nicht als Dienstreisen iSd. BRKG gelten, nur Anspruch auf eine Pauschalvergütung haben, folgt daraus keine andere Auslegung des Begriffs der „ständigen Arbeitsstelle” in Abs. (1) Buchst. a. Insbesondere ist der erstgenannten Vorschrift nicht zu entnehmen, dass sie ebenfalls einen festen Bezugspunkt voraussetzt, von dem aus sich der Begriff „auswärtig” bestimmen ließe. Vielmehr ist davon auszugehen, dass – wenn dem Begriff überhaupt eine eigenständige Bedeutung zukommt – hierin nur eine Bezugnahme auf die in SR 2a Nr. 12 Abs. (1) Buchst. a definierten Entfernungsgrenzen zu sehen ist, die den Umkreis festlegen, in dem oder außerhalb dessen sich die wechselnden Arbeitsplätze befinden (vgl. Scheuring/Steingen/Banse/Thivessen MTArb Ausgabe Bund II SR 2a Nr. 12 Erl. 9).

2. Der Zweck der Tarifvorschrift und der tarifliche Gesamtzusammenhang stehen dem nicht entgegen.

a) Der allgemeine Zweck der Sonderregelung Nr. 12 liegt darin, den betroffenen Arbeitern die Erschwernisse, die sie für ihre Tätigkeit ohne oder außerhalb einer angestammten Arbeitsstelle in Kauf nehmen müssen, finanziell abzugelten (BAG 26. November 1987 – 6 AZR 20/85 –; 5. November 1992 – 6 AZR 228/91 – AP MTB II § 2 SR 2a Nr. 1). Derartige Erschwernisse nehmen die Tarifvertragsparteien unter den genannten Umständen sowohl für Arbeiter mit ständiger Arbeitsstelle als auch für Arbeiter mit örtlich ständig wechselndem Arbeitsplatz an. Die unterschiedliche Art der Zulagen – einmal je nach Anfall pro Stunde zu gewähren, einmal als Pauschalleistung – soll dem Umstand Rechnung tragen, dass ein Arbeiter mit ständiger Arbeitsstelle von der auswärtigen Tätigkeit anders von diesen Erschwernissen betroffen wird, als derjenige Arbeiter, dessen Arbeitsplatz bereits nach der Art der geschuldeten Tätigkeit örtlich ständig wechselt. Aus dem Zweck der tariflichen Regelung lässt sich für die Abgrenzung des Begriffs „ständige Arbeitsstelle” vom Begriff des „örtlich ständig wechselnden Arbeitsplatzes” nichts herleiten. In beiden Fällen sieht der Tarifvertrag eine Zulage als Aufwendungsersatz vor. Deren Bestimmung nach Art und Höhe setzt gerade die Subsumtion des jeweiligen Tätigkeitsbildes unter einen dieser beiden Tarifbegriffe voraus, wobei der Tarifvertrag es zulässt, dass die Ausbleibezulage je nach Arbeitsanfall höher oder auch niedriger ist als die Pauschalvergütung für ständig wechselnde Arbeitsplätze.

b) Der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht für die Annahme einer ständigen Arbeitsstelle des Klägers. Die im selben Tarifwerk befindliche SR 2d Nr. 9 Abs. (1) Buchst. a MTArb, die auf die bei der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beschäftigten Arbeiter Anwendung findet, entspricht nahezu wörtlich der SR 2a Nr. 12 Abs. (1) Buchst. a MTArb. Diese Tarifvorschrift sieht für Arbeiter, die in ähnlicher Weise wie die Haushandwerker der Beklagten nach der Art ihrer Arbeitsleistung an verschiedenen Orten tätig werden, eine im Einzelfall zu berechnende Ausbleibezulage vor. Die Tatsache, dass in jener Sonderregelung keinerlei Pauschalvergütung vorgesehen ist, lässt den Schluss zu, dass auch den Haushandwerkern im Bereich der SR 2a Nr. 12 die Ausbleibezulage nach Einzelabrechnung und keine Pauschalvergütung zustehen soll (so bereits BAG 21. Februar 1969 – 3 AZR 470/68 – AP MTB II § 38 Nr. 3 zum Vorgängertarifvertrag).

3. Der Kläger hat auch nicht noch weitere regelmäßige Arbeitsstellen.

a) Die Gebäude, in denen der Kläger auftragsgemäß Reparaturen durchführt, sind keine regelmäßigen Arbeitsstellen iSd. hier einschlägigen Tarifbestimmungen. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, dass der Kläger die Gebäude in gleichmäßigen Abständen und in gleichmäßiger Aufeinanderfolge aufsucht. Der Kläger repariert vielmehr nach Bedarf und erhält an jedem Morgen seine Arbeitsaufträge und die von Fall zu Fall angeordneten Einsatzzeiten mitgeteilt. Die einzige Betriebsstätte, zu der der Kläger immer wieder zurückkehrt, ist die in dem Mob-Stützpunkt gelegene Werkstatt.

b) Auch der zur Verfügung gestellte Werkstattwagen ist nicht die regelmäßige Arbeitsstelle, sondern ein technisches Arbeitsmittel des Klägers. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts diente der Werkstattwagen in erster Linie dem Transport der vom Kläger benötigten Werkzeuge. Auch dann, wenn der Werkstattwagen wegen der darin fest installierten Arbeitseinrichtungen als mobile Werkstatt angesehen werden kann, bleibt dieses Fahrzeug ein technisches Arbeitsmittel iSd. Gerätesicherheitsgesetzes vom 11. Mai 2001 (GSG, BGBl I S. 866). Danach sind technische Arbeitsmittel ua. verwendungsfertige Arbeitseinrichtungen, vor allem Werkzeuge, Arbeitsgeräte sowie Beförderungsmittel (§ 2 GSG). Ein solches technisches Arbeitsmittel ist keine Arbeitsstelle im tariflichen Sinne.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Fischermeier, Marquardt, Brühler, Schaeff, Großmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 1120459

AP, 0

PersV 2005, 77

Tarif aktuell 2004, 12

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