Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorruhestand. Erlöschen wegen Bezugs einer Hauptversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Arbeitnehmer des Baugewerbes bis Ende 1967 für 103 Monate Pflichtbeiträge und danach freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet und daneben ab 1968 Beiträge für eine 1993 fällig werdende befreiende Lebensversicherung gezahlt, so ist die Versorgung aus der Lebensversicherung Hauptversorgung i. S. des § 8 VRTV-Bau.

 

Normenkette

Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (Vorruhestandstarifvertrag) vom 26. September 1984 i. d. Fassung vom 17. Dezember 1985, 12. November 1986, 27. Oktober 1988, 22. Dezember 1989 und 30. April 1990 §§ 5, 8; Tarifvertrag über das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (TV Vorruhestandsverfahren) vom 12. Dezember 1984 i. d. Fassung vom 17. Dezember 1985, 12. November 1986, 27. Oktober 1988, 6. Januar 1989, 22. Dezember 1989 und 18. Dezember 1990 §§ 12, 15; VRG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 5

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 11.09.1992; Aktenzeichen 10 (6) Sa 841/91)

ArbG Dortmund (Urteil vom 19.03.1991; Aktenzeichen 9 (8) Ca 4568/90)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. September 1992 – 10 (6) Sa 841/91 – teilweise aufgehoben, soweit der Bruttozahlungsantrag zu 2 für das Jahr 1992 und der Feststellungsantrag zu 3 abgewiesen worden sind.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19. März 1991 – 9 (8) Ca 4568/90 – wird in demselben Umfang zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention. Diese trägt der Streithelfer.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien und der Streithelfer streiten über Ansprüche auf Vorruhestandsgeld.

Der am 14. Dezember 1927 geborene Kläger war zuletzt beim beklagten Bauunternehmen als Diplom-Ingenieur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Tarifverträge des Baugewerbes Anwendung, darunter der Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (VRTV-Bau) vom 26. September 1984 in der jeweiligen Fassung und der Tarifvertrag für das Verfahren für den Vorruhestand im Baugewerbe (VTVR-Bau) vom 12. Dezember 1984 in der jeweiligen Fassung. In § 8 des VRTV-Bau i. d. Fassung des 3. Änderungstarifvertrages vom 27. Oktober 1988 ist seither bestimmt:

“Erlöschen und Ruhen des Anspruchs

  • Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld erlischt mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Monat, von dem an der ausgeschiedene Arbeitnehmer eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) und Abs. 2 VRG genannten Leistungen beanspruchen kann bzw. – im Falle einer Leistung gemäß § 2 Abs. 2 VRG – vor Fälligkeit in Anspruch nimmt, wenn sie die Hauptversorgung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers darstellt oder als Hauptversorgung anzusehen ist, weil neben ihr keine weitere dieser Leistungen beansprucht werden kann. Wird eine Leistung gemäß § 2 Abs. 2 VRG nicht vor Fälligkeit in Anspruch genommen, so erlischt der Anspruch auf Vorruhestandsgeld bei Fälligkeit dieser Leistung. Ist die Leistung erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres fällig, so erlischt der Anspruch spätestens zu dem Zeitpunkt, zu welchem ihre Inanspruchnahme vor Fälligkeit dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zumutbar ist. Die Prüfung, welche von mehreren Leistungen im Sinne des Satzes 1 die Hauptversorgung darstellt, ist gemäß den Absätzen 2 und 3 vorzunehmen. Die Prüfung, ob die Inanspruchnahme einer Leistung gemäß § 2 Abs. 2 VRG vor Fälligkeit zumutbar ist, ist gemäß Abs. 4 vorzunehmen.
  • Kann der ausgeschiedene Arbeitnehmer mehrere der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) VRG genannten Leistungen beanspruchen, so stellt, wenn mehrere Altersrenten beansprucht werden können, diejenige Altersrente die Hauptversorgung dar, für deren Berechnung mehr als die Hälfte der insgesamt zurückgelegten Zeiten der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung (nur Zeiten mit Pflichtbeiträgen, keine Ausfall- oder Ersatzzeiten, keine Zeiten mit freiwilligen Beiträgen) zugrundegelegt werden muß. Dabei ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem frühestens eine der Altersrenten beansprucht werden kann; bei Beginn des Vorruhestandes zu einem späteren Zeitpunkt ist dieser maßgebend. Kann neben einer Altersrente eine Beamtenversorgung oder eine vergleichbare Versorgung beansprucht werden, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
  • Kann der ausgeschiedene Arbeitnehmer sowohl eine Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) VRG als auch eine Leistung gemäß § 2 Abs. 2 VRG beanspruchen, so ist die Leistung aus dem Versicherungs- bzw. Versorgungsvertrag gemäß § 2 Abs. 2 VRG die Hauptversorgung, wenn die zeitliche Dauer des Versicherungs- bzw. Versorgungsvertrages bis zu der tatsächlichen oder zumutbaren Inanspruchnahme, längstens bis zur Fälligkeit, länger ist als die Zeit der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (nur Zeiten mit Pflichtbeiträgen, keine Ausfall- bzw. Ersatzzeiten, keine Zeiten mit freiwilligen Beiträgen).
  • Die Inanspruchnahme einer Leistung gemäß § 2 Abs. 2 VRG vor Fälligkeit ist dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer ab Vollendung des 63. Lebensjahres zumutbar, sobald er mit oder nach diesem Zeitpunkt ohne die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht einen Anspruch auf flexibles Altersruhegeld erworben haben würde.
  • Der Anspruch auf Vorruhestandsgeld erlischt spätestens mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der ausgeschiedene Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet. …

    …”

Der Kläger entrichtete bis zum 31. Dezember 1967 für 103 Monate Pflichtbeiträge und für 97 Monate freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Die Ersatzzeiten dafür betrugen zehn Monate, die Ausfallzeiten 59 Monate. Ab 1. Januar 1968 war der Kläger von der Versicherungspflicht befreit. Seither entrichtete er freiwillig die Mindestbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung. Daneben zahlte er Beiträge in eine befreiende Lebensversicherung, die nach Vollendung seines 65. Lebensjahres am 1. Januar 1993 fällig war. Der Kläger befand sich seit dem 1. Januar 1986 im Vorruhestand. Von der Beklagten bezog er Vorruhestandsgeld. Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK), die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelfer beigetreten ist, hat der Beklagten 90 % dieser Leistungen erstattet.

Nachdem die ZVK dem Kläger am 6. Juni 1990 mitgeteilt hatte, daß ein Anspruch auf Vorruhestandsgeld mit dem 31. Dezember 1990 vollständig erlöschen werde, erklärte sie mit Schreiben vom 28. Juni 1990 an den Kläger:

“Die Überprüfung Ihrer Akte auf der Grundlage der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze hat ergeben, daß Ihnen anteilige Vorruhestandsleistungen in Höhe von 33,62 % (DM 1.430,64) ab 01.01.1991 gewährt werden. Wir haben deshalb die entsprechende Wiedereinweisung der Vorruhestandsleistungen bzw. der Erstattungsleistungen an Ihren ehemaligen Arbeitgeber bis zum 31.12.1992 veranlaßt.”

Die Beklagte schloß sich dieser Rechtsauffassung an und leistete seit dem 1. Januar 1991 ein Vorruhestandsgeld von lediglich 33,62 % des bisherigen Betrags.

Der Kläger hat beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate Januar und Februar 1991 insgesamt 8.510,64 DM brutto zuzüglich 1.208,50 DM netto abzüglich bereits gezahlter 3.257,80 DM zu zahlen;
  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate März 1991 bis einschließlich Dezember 1992 monatlich – fällig jeweils zum 1. des Folgemonats – jeweils 4.255,32 DM brutto zuzüglich 604,25 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Fälligkeit zu zahlen;
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1992 volles Vorruhestandsgeld zu zahlen.

Die Beklagte und der Streithelfer haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung hat der Streithelfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht mit Zustimmung des Klägers zurückgenommen, soweit die Klage den Zeitraum bis 31. Dezember 1991 betraf. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 1.479,01 DM brutto zuzüglich 202,62 DM netto verurteilt sowie festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 1992 einen Anteil von 276/806 des Vorruhestandsgeldes zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin die Zahlung des vollen Vorruhestandsgeldes für das Jahr 1992 und eine entsprechende Feststellung. Der Streithelfer beantragt für die Beklagte, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im wesentlichen begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils für die geltend gemachten Bruttobeträge des Jahres 1992. Hinsichtlich der Nettozahlungsanträge konnte die Revision keinen Erfolg haben, weil die Klage insoweit unbegründet ist.

I. Der Zahlungsanspruch des Klägers auf monatliches Vorruhestandsgeld nach § 5 VRTV-Bau ist für das Jahr 1992 nicht erloschen, weil der Kläger vorgezogenes Altersruhegeld nach § 36 SGB VI (vorher § 25 AVG) beanspruchen könnte.

1. Das Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Vorruhestandsgeld bestimmt sich nach § 8 VRTV-Bau in der durch den Tarifvertrag vom 27. Oktober 1988 geänderten Fassung (Senatsurteil vom 28. Juli 1992 – 9 AZR 509/90 – AP Nr. 14 zu § 2 VRG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

2. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VRTV-Bau erlischt der Anspruch auf Vorruhestandsgeld, wenn der ausgeschiedene Arbeitnehmer eine der in der Vorschrift genannten Leistungen beanspruchen kann bzw. vor Fälligkeit in Anspruch nimmt, wenn sie seine Hauptversorgung darstellt. Das Altersruhegeld des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht seine Hauptversorgung i. S. des § 8 VRTV-Bau. Die Hauptversorgung des Klägers i. S. dieser Vorschrift ist gem. § 8 Abs. 3 VRTV-Bau die befreiende Lebensversicherung. Denn die Dauer des Versicherungsvertrages des Klägers ist länger als die Zeiten, in denen er Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung entrichtet hat (§ 8 Abs. 1 Satz 4, Abs. 3 VRTV-Bau).

a) Wenn der Kläger vorgezogenes Altersruhegeld, eine Leistung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b VRG, verlangen könnte, so wäre sie nicht Hauptversorgung i. S. des § 8 Abs. 1 und Abs. 3 VRTV-Bau. Denn der Kläger kann daneben eine weitere Leistung nach § 2 Abs. 2 VRG beanspruchen. Diese ist die Hauptversorgung.

b) Die Leistung aus der befreienden Lebensversicherung ist eine Leistung i. S. von § 2 Abs. 2 VRG. Nach § 2 Abs. 2 VRG sind den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VRG genannten Altersrenten vergleichbare Leistungen u. a. eines Versicherungsunternehmens gleichgestellt. Die vom Kläger zu beanspruchende Leistung aus der befreienden Lebensversicherung ist eine vergleichbare Leistung in diesem Sinne. Es kommt nicht darauf an, ob diese als Kapital oder als Rente gezahlt wird (BAGE 60, 22, 27 = AP Nr. 1 zu § 5 VRG, zu III 1b der Gründe).

c) Nach der vom Kläger vorgelegten Auskunft der BfA über seine Rentenanwartschaft hat der Kläger 103 Monatspflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Tarifvorschrift kommt es auf die Ausfall- bzw. Ersatzzeiten sowie auf Zeiten mit freiwilligen Beiträgen nicht an. Demgegenüber ist die Dauer des Versicherungsvertrages bis zu jedem der in § 8 Abs. 3 VRTV-Bau genannten maßgeblichen Zeitpunkte länger. Der frühest mögliche maßgebliche Zeitpunkt ist der der zumutbaren Inanspruchnahme. Das wäre im Streitfall frühestens der 1. Januar 1991 (§ 8 Abs. 4 VRTV-Bau). Bis dahin betrug die Dauer des Versicherungsvertrages 276 Monate (1. Januar 1968 bis 31. Dezember 1990).

d) Das Altersruhegeld nach § 25 AVG, jetzt § 36 SGB VI, ist somit nur die Nebenversorgung des Klägers. Ihre mögliche Inanspruchnahme kann angesichts des eindeutigen Wortlauts des VRTV-Bau entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht zum teilweisen Erlöschen des Anspruchs führen. Auf die von den Parteien erörterten Rechtsfragen kommt es daher nicht an.

3. Mit dieser Bewertung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Urteil vom 28. Juli 1992 – 9 AZR 509/90 – (AP, aaO, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Dort hat der Senat zum Erlöschenszeitpunkt nach § 8 Abs. 1 VRTV-Bau entschieden, daß Leistungen aus einer befreienden Lebensversicherung erst dann mit der Leistung auf vorgezogenes Altersruhegeld, Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VRG vergleichbar i. S. des § 2 Abs. 2 VRG sind, wenn die Minderung der Alterseinkünfte bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Lebensversicherung der Minderung der gesetzlichen Rente bei Bezug vorgezogenen Altersruhegeldes prozentual entspricht. Darauf kommt es für die Beurteilung, welcher Anspruch von mehreren Ansprüchen einer Gesamtversorgung die Hauptversorgung nach § 8 Abs. 3 VRTV-Bau ist, nicht an. Zur Beurteilung nach § 8 Abs. 3 VRTV-Bau, welche von zwei Teilversorgungen die Hauptversorgung darstellt, ist die genaue Kenntnis des Zeitpunktes der Vergleichbarkeit nicht erforderlich. Dafür genügt es festzustellen, daß die Leistung aus dem Versicherungsvertrag mit einer der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b VRG genannten Altersrenten jedenfalls zu einem der nach § 8 Abs. 3 VRTV-Bau maßgeblichen Zeitpunkte (tatsächliche oder zumutbare Inanspruchnahme, spätestens Fälligkeit) vergleichbar ist. So verhält es sich im Streitfall. Die Leistung aus einer privaten Lebensversicherung wird mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Bezug vorgezogenen Altersruhegeld in dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem die Minderung der Alterseinkünfte aus der Lebensversicherung der Minderung der gesetzlichen Rente entspricht. Spätestens bei Fälligkeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres ist sie mit dem Altersruhegeld nach Vollendung des 65. Lebensjahres vergleichbar.

4. Die Vergleichbarkeit ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Lebensversicherung nur eine Teilversorgung darstellt. Soweit das Bundessozialgericht zur Auslegung von § 5 VRG eine Teilleistung in einer Gesamtversorgung, die aus gesetzlicher Altersversorgung und befreiender Lebensversicherung besteht, mit den in § 2 Abs. 2 VRG genannten Leistungen nicht für vergleichbar gehalten hat, gilt das für den Geltungsbereich des VRTV-Bau angesichts des eindeutigen Wortlauts, seiner Systematik und seiner Entstehungsgeschichte nicht (Senatsurteile vom 24. November 1992 – 9 AZR 543/91 – AP Nr. 13 zu § 1 TVG Vorruhestand, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; vom 28. Juli 1992 – 9 AZR 509/90 – AP Nr. 14 zu § 2 VRG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

II. Aus denselben Gründen ist auch der Feststellungsantrag zu 3), der als Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO statthaft ist, begründet. Der Kläger hat mit dem Zahlungsantrag lediglich den seinerseits der Höhe nach feststehenden Betrag geltend gemacht, nicht aber den durch die Dynamisierungsvorschrift des § 6 VRTV-Bau im Laufe des Kalenderjahres zu erhöhenden Betrag. Die Feststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO erfaßt auch diesen Betrag.

III. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nettobeträge. Hierbei handelt es sich um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, die der Arbeitgeber dem Kranken- und Rentenversicherungsträger schuldet (§ 7 Abs. 1 und Abs. 3 VRTV-Bau). Diese Verpflichtung hat der Streithelfer nach § 12 Abs. 1 VTVR-Bau zu übernehmen, es sei denn, der Arbeitgeber hat der ZVK mitgeteilt, daß er die Sozialversicherungsbeiträge für alle ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Vorruhestand selbst abführen werde. So verhielt es sich im Streitfall. Die Beklagte hat in der Vergangenheit die Arbeitgeberanteile für den Kläger selbst abgeführt. Das hat gem. § 15 Abs. 1, 3. Spiegelstrich VTVR-Bau zur Folge, daß die Beklagte nicht nur das Bruttovorruhestandsgeld von der ZVK zu 90 % erstattet bekam, sondern im selben Umfang auch die Beitragsanteile des Arbeitgebers zur gesetzlichen Sozialversicherung. Über diesen Sachverhalt geben die Erstattungsbescheide der ZVK an die Beklagte Auskunft, die der Kläger insoweit unzutreffend seiner Klageforderung zugrunde gelegt hat. Das haben auch die Vorinstanzen übersehen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 und § 101 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Düwell, Dörner, Dr. Michels, Trümner

 

Fundstellen

Haufe-Index 856739

BAGE, 63

BB 1995, 781

NZA 1995, 379

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