Entscheidungsstichwort (Thema)
Dem Anlernberuf gleichwertige Ausbildung
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 15.10.1986, 4 AZR 572/85.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 14.05.1985; Aktenzeichen 7 Sa 1957/84) |
ArbG Bocholt (Entscheidung vom 25.10.1984; Aktenzeichen 3 Ca 1571/83) |
Tatbestand
Die 29-jährige Klägerin, die der IG Metall als Mitglied angehört, steht seit 14. März 1977 in den Diensten der Beklagten, die u.a. elektronische Bauteile für die Flugzeugindustrie und die Wehrtechnik herstellt. Sie ist in der Elektromontage mit der Bestückung von Leiterplatten beschäftigt und erhält Vergütung nach Lohngruppe 2 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (LRA).
Der Klägerin obliegen folgende Aufgaben: Sie erhält vom Meister einen bereits zusammengestellten Bausatz, bestehend aus der Leiterplatte und den Bestückteilen, zusammen mit einer Arbeitsmappe, die sie anhand des Schlüsselblattes auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen hat. Dies hat sie auf einer Checkliste entsprechend zu vermerken. Vor der eigentlichen Bestückung muß die Klägerin bestimmte Bauteile mit Hilfe einer entsprechenden Biegevorrichtung auf Rastermaß bringen sowie Verbindungsdrähte kürzen oder verbiegen. Sodann sind sämtliche Bauteile entsprechend der beiliegenden Zeichnung mittels Steck-, Schraub- oder Lötverbindungen auf die Leiterplatte zu montieren. Bei der Zeichnung handelt es sich nicht um ein Schaltbild, sondern um eine naturgetreue Wiedergabe der zu bestückenden Leiterplatte, in der die Position der jeweiligen Bauteile im einzelnen vorgegeben ist. Nach Überprüfung der fertiggestellten Leiterplatte auf Vollständigkeit und richtige Bestückung hat die Klägerin diese abschließend zu reinigen und im Montageraum abzustellen. Mit der visuellen und funktionellen Endkontrolle ist die Klägerin nicht mehr befaßt. Die Klägerin arbeitet in ihrer Gruppe selbständig; sie ist für die vorgeschriebene Qualität verantwortlich und dem Gruppenmeister unterstellt.
Für ihre Tätigkeit ist die Klägerin ausschließlich innerbetrieblich ausgebildet worden. Vor ihrer Einstellung wurde sie einer Prüfung auf manuelle Geschicklichkeit unterzogen. Nach ihrer Einstellung hat die Klägerin zunächst ein dreiwöchiges Anlernprogramm durchlaufen, in dem ihr die notwendigen Fertigkeiten vermittelt wurden.
Die Klägerin begehrt mit der Klage Vergütung nach Lohngruppe 6 LRA, da ihre betriebliche Ausbildung einer abgeschlossenen Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf gleichzustellen sei. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, über die erste Grundausbildung hinaus habe sie in einer weiteren Anlernphase von wiederum drei Wochen ein erstes Arbeiten am Produkt durch Bestückung einfacher Platten und das Lesen einfacher Zeichnungen geübt. Im Anschluß daran sei sie für die Dauer von zwei Jahren laufend betrieblich in das umfangreiche Arbeitsgebiet eingearbeitet worden in Form einer planmäßigen Spezialausbildung. Hierbei habe sie in der ersten Zeit nur einfache Zeichnungen mit wenigen Vorschriften und wenigen Bauteilen, nach drei bis vier Monaten bereits schwierigere Aufgaben zur Verarbeitung erhalten. Erst nach Ablauf von zwei Jahren sei sie befähigt gewesen, auch schwierigste Formplatten zu bestücken. Erst nach dieser betrieblichen Ausbildung entfielen 80 % der Arbeitszeit auf den reinen Bestückungsvorgang. Ihre Tätigkeit erfordere eine erhebliche geistige Anspannung, Konzentration und Geschicklichkeit und sei nicht mit nur geringen körperlichen Belastungen verbunden. Die Bestückung der Leiterplatten sei keine Massenproduktion, sondern Einzelanfertigung, bei der ca. 1.500 unterschiedliche Platten mit 5 bis 200 Einzelteilen pro Platte zu bestücken seien, wobei 4.000 bis 5.000 unterschiedliche Bauteile Verwendung fänden. Erschwerend komme hinzu, daß die Produktbegleitpapiere, bestehend aus Zeichnungen, Fotos, Stücklisten und Schlüsselblättern, in englischer oder holländischer Sprache abgefaßt seien und zunächst von der Klägerin übersetzt werden müßten, bevor anhand der Checkliste die umfassende Vorkontrolle durchgeführt werden könne.
Für die Zeit vom 14. März 1977 bis 30. September 1983 ist der Differenzbetrag zwischen den Lohngruppen 2 und 6 LRA in der rechnerischen Höhe von DM 2.403,50 unstreitig.
Die Klägerin hat demgemäß beantragt,
1. festzustellen, daß die Beklagte verpflich-
tet ist, sie gemäß Lohnrahmenabkommen vom
19. Februar 1975 für die gewerblichen Ar-
beitnehmer in der Eisen-, Metall- und Elek-
troindustrie NRW in die Lohngruppe 6 ein-
zugruppieren und dementsprechend zu vergü-
ten,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie
DM 2.403,50 brutto nebst 4 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, um die für die Tätigkeit der Klägerin notwendigen Fertigkeiten und Handgriffe zu erlernen, sei eine Anlernzeit von etwa drei Wochen erforderlich. Demgemäß sei die Klägerin im Anschluß an das dreiwöchige Anlernprogramm in die Produktion eingegliedert worden. Eine weitere Anlernzeit sei nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin übe eine der leichtesten in der Metallindustrie vorkommenden Tätigkeiten mit nur geringen körperlichen Belastungen aus, die zwar manuelle Geschicklichkeit, nicht hingegen technische Vorkenntnisse oder gar Fremdsprachenkenntnisse erfordere. Da die Lohngruppen nur auf die Beanspruchung der Muskelkraft abstellten, komme es auf die von der Klägerin dargelegte geistige Beanspruchung nicht an. Für ihre Arbeit brauche die Klägerin weder die Bedeutung noch die Bezeichnung der einzelnen Bauteile zu kennen, da diese entsprechend der beiliegenden Zeichnung mit verschiedenen Farbmarkierungen besonders gekennzeichnet seien und durch einfachen Nummern- und Zahlenvergleich anhand der Stückliste zu überprüfen seien, so daß auch die Anzahl der vorkommenden Teilchen keine Rolle spiele.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin hilfsweise beantragt festzustellen, daß die Tätigkeit der Klägerin ein Anlernen von drei Monaten erfordere und sie daher in die Lohngruppe 5 LRA einzugruppieren sei sowie die Beklagte zur Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung zu verurteilen und die sich daraus ergebenden Differenzbeträge an sie auszuzahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren nur noch mit den in der ersten Instanz gestellten Anträgen weiter mit der Maßgabe, daß sie den Feststellungsantrag auf die Zeit ab 1. Oktober 1983 begrenzt und Zinsen nur noch vom Nettobetrag begehrt. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage - soweit sie in der Revisionsinstanz noch anhängig ist - mit Recht abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin Vergütung nach Lohngruppe 6 LRA zu gewähren. Denn die Tätigkeit der Klägerin erfordert keine einer abgeschlossenen Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf gleichzubewertende betriebliche Ausbildung.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens in der Fassung vom 19. Februar 1975 (LRA) kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).
Die Lohngruppen in § 3 LRA unterscheiden zwischen Arbeiten, die nach kurzer Anweisung ausgeführt werden können (Lohngruppe 2 und 3), Arbeiten, die ein Anlernen erfordern (Lohngruppe 2, 4 und 5), Arbeiten, die eine "abgeschlossene Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf" erfordern (Lohngruppe 6) und Arbeiten, deren Ausführung ein Können voraussetzt, das durch eine entsprechende "ordnungsgemäße Berufslehre (Facharbeiten)" erreicht wird (Lohngruppe 7). Die von der Klägerin in Anspruch genommene Lohngruppe 6 hat folgenden Wortlaut:
Arbeiten, die eine abgeschlossene Anlernaus-
bildung in einem anerkannten Anlernberuf oder
eine gleichzubewertende betriebliche Ausbil-
dung erfordern.
Der systematische Aufbau des § 3 LRA zeigt, daß eine abgeschlossene Anlernausbildung über eine kurze Anweisung und über ein bloßes Anlernen hinausgeht. Die über die Lohngruppe 6 hinausgehenden Lohngruppen setzen demgegenüber eine "ordnungsgemäße Berufslehre (Facharbeiten)" voraus. Damit knüpfen die Tarifvertragsparteien, deren Lohnrahmenabkommen noch aus der Zeit vor Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes stammt, ersichtlich an die Begriffe und Berufsausbildungsverhältnisse an, wie sie vor Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 bestanden. Damals unterschied man zwischen Lehrling und Anlernling. Lehrlinge waren Arbeitnehmer, die systematisch in einem anerkannten Lehrberuf ausgebildet wurden. Anlernlinge waren dagegen Arbeitnehmer, die in einem engeren Fachgebiet eine planmäßige Spezialausbildung erhalten haben. Der Anlernling unterschied sich vom Lehrling durch die kürzere Dauer der Ausbildung, die geringeren persönlichen Bindungen an den Ausbildungsherrn und die begrenzte Ausbildung auf einem Spezialgebiet (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 5. Aufl. 1983, § 16 I 2). Darüber hinaus waren damals bestimmte Anlernberufe staatlich anerkannt, auf die die Lohngruppe 6 LRA ersichtlich Bezug nimmt. Die bei Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes am 1. September 1969 bestehenden anerkannten Lehrberufe und Anlernberufe sind nach der Übergangsvorschrift des § 108 BBiG ausdrücklich als Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes anerkannt. Das Berufsbildungsgesetz selbst kennt keinen Unterschied mehr zwischen Lehrberuf und Anlernberuf, sondern nur noch Ausbildungsberufe, die auch die früheren Anlernberufe umfassen. Die neuen Ausbildungsordnungen, die nach § 25 BBiG erlassen werden, lösen damit auch frühere Ausbildungsordnungen für Anlernberufe ab.
Obwohl es die von den Tarifvertragsparteien getroffene Differenzierung zwischen Anlernberuf und Lehrberuf in den Lohngruppen 6 und 7 nicht mehr gibt, ist bei der Auslegung der Tarifnorm an die Differenzierung anzuknüpfen, wie sie vor Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes bestand. Dies entspricht dem Willen der Tarifvertragsparteien, die die Differenzierung bei der Vereinbarung des Lohnrahmenabkommens im Jahre 1967 entsprechend der damals geltenden Rechtslage getroffen haben, es dann aber in der Folgezeit bei Änderungen des Lohnrahmenabkommens in den Jahren 1970 und 1975 versäumt haben, die Lohngruppen der durch das Berufsbildungsgesetz geschaffenen neuen Rechtslage anzugleichen. Demgemäß unterscheiden sich Lehrlinge und Anlernlinge nur dadurch, daß die Lehrlinge systematisch in einem anerkannten Lehrberuf ausgebildet werden, die Anlernlinge hingegen nur in einem engeren Fachgebiet eine planmäßige Spezialausbildung erhalten. Der Ausbildungsgang für Lehrberufe und Anlernberufe ist im wesentlichen gleich. Dies wird auch durch § 25 BBiG bestätigt, der nunmehr einheitlich für die früheren Lehrberufe und Anlernberufe gilt, soweit neue Ausbildungsordnungen ergehen. Danach gehören zur Ausbildung sowohl in einem Lehrberuf als auch in einem Anlernberuf ein Ausbildungsplan, das systematische Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten, eine Ausbildungsdauer von in der Regel nicht weniger als zwei Jahren und eine Abschlußprüfung.
Danach ist unter einer abgeschlossenen Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf im Sinne der Lohngruppe 6 LRA die Spezialausbildung in einem gegenüber einem Lehrberuf engeren Fachgebiet zu sehen, bei der nach einem Ausbildungsplan systematisch erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten über einen Zeitraum von in der Regel nicht weniger als zwei Jahren vermittelt werden und die mit einer Abschlußprüfung beendet wird. Einer solchen Anlernausbildung ist in Lohngruppe 6 gleichgestellt "eine gleichzubewertende betriebliche Ausbildung". Da es sich insoweit um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, ist dem Landesarbeitsgericht ein entsprechender Beurteilungsspielraum einzuräumen.
Das Landesarbeitsgericht stellt vorliegend insoweit fest, daß die Anlernzeit der Klägerin einen Zeitraum von insgesamt drei Monaten nicht erreicht, danach sei sie voll in den Produktionsprozeß eingegliedert. Zum Anlernen gehöre die Vermittlung der Fertigkeiten, insbesondere der Handgriffe, um die Technologie des Bestückens von Leiterplatten zu vermitteln. Hierzu gehöre außerdem das Einweisen in die notwendigen Arbeitsmaterialien, ohne die die Aufgabe nicht bewältigt werden könne. Mit diesen Fertigkeiten sei die Klägerin imstande, anhand von einfachen Zeichnungen die Leiterplatten zu bestücken. Das habe die Klägerin selbst bestätigt. Damit erfülle sie schon die Aufgabe der Montiererin. Wenn die Klägerin danach bei ihrer weiteren Arbeit im Produktionsprozeß durch die Meisterin permanent mit den verschiedensten Bauteilen vertraut gemacht werde und lerne, wie die Bauteile im einzelnen zu unterscheiden seien und in welcher Reihenfolge sie notwendigerweise montiert werden müßten, handele es sich nicht mehr um ein von der Produktion losgelöstes Anlernen, sondern um ein Einarbeiten, um die Klägerin mit weiteren Arbeitsbereichen vertraut zu machen. Die Klägerin sei aus diesen Anlässen nicht aus der Produktion herausgenommen worden, um einen weiteren Schritt für sich zu erlernen, sie sei lediglich in die Bestückung einer weiteren Form der Leiterplatten eingewiesen worden. Das sei nichts anderes als die Einweisung in die Bedienung einer anderen Maschine. Die Arbeitstechnik verändere sich dadurch nicht. Die Arbeitsunterlagen seien dadurch ebenfalls nicht verändert worden. Es kämen allenfalls zusätzliche Teilchen dazu. Jedenfalls sei dies nicht als durchgehende intensive betriebliche Ausbildung anzusehen mit dem Erfolg, daß hierdurch fortlaufend alle Fertigkeiten beherrscht würden, die nach dem "Ausbildungsberufsbild" in der Ausbildungszeit vermittelt würden. Die Klägerin sei schon nach der Anlernphase imstande, Leiterplatten zu bestücken. Daß sie erst nach einer gewissen weiteren Zeit alle Arbeiten der Montiererin im Betrieb der Beklagten kennengelernt habe, beruhe nicht auf einer durchgängigen betrieblichen Ausbildung. Hiernach könne auch nicht der Zeitraum der Anlernphase bestimmt werden. Anlernen sei möglich in der Form des zusammenhängenden Trainings oder der stufenweisen Vermittlung, um den Erfolg stufenweise kontrollieren zu können, ehe zum nächsten Übungsabschnitt übergegangen werde. Der Anzulernende müsse sich während der Anlernzeit mit dem Gegenstand der Ausbildung durch ständiges Üben befassen.
Mit dieser Begründung konnte das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneinen, daß die Tätigkeit der Klägerin "eine gleichzubewertende betriebliche Ausbildung" erfordert. Das Landesarbeitsgericht verneint für die Zeit nach der von ihm angenommenen Anlernphase von weniger als drei Monaten, daß der Klägerin systematisch Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wurden. Es habe sich insoweit nicht um ständiges Üben mit dem Gegenstand der Ausbildung gehandelt, sondern um jeweilige Einarbeitung für eine bestimmte von der Klägerin auszuübende Produktionsaufgabe. Diese Erwägungen sind rechtsfehlerfrei. Zur systematischen Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gehört, daß der Lernende nach einem bestimmten Ausbildungsplan bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt erhält, sie versteht und praktisch üben kann. Da der Klägerin nicht auf diese Weise Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt wurden, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht dies nicht als Anlernausbildung im tariflichen Sinne ansieht. Die Anlernzeit von weniger als drei Monaten, die das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, rechtfertigt nach der Ausbildung keine höhere Eingruppierung als nach Lohngruppe 4.
Darüber hinaus hat die Klägerin die Anlernphase nicht mit einer Abschlußprüfung oder einer vergleichbaren Qualifikation beendet. Zur abgeschlossenen Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf gehört zwingend die Abschlußprüfung; andernfalls ist die Anlernausbildung nicht abgeschlossen. Die Abschlußprüfung ist für eine Anlernausbildung ein wesentlicher Bestandteil. Deshalb ist auch bei einer gleichzubewertenden betrieblichen Ausbildung im tariflichen Sinne ein vergleichbarer Qualifikationsnachweis zu fordern, z. B. eine Bescheinigung über eine erfolgreich abgeschlossene betriebliche Ausbildung. Auch diese Anforderungen erfüllt die Klägerin nicht.
Die Auffassung der Revision, ein Anlernen werde auch dadurch vollzogen, daß der betreffende Arbeitnehmer unmittelbar in der Produktion eingesetzt werde und von einfachen zu schwierigen Aufgaben durch ständige Anweisung und Hilfestellung sowie Überwachung geleitet werde, teilt der Senat nicht. Zur systematischen Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gehört auch, daß der Lernende üben kann, um die Fertigkeit zur Verrichtung der Arbeit zu erlangen. Wenn das - wie vorliegend von der Klägerin selbst vorgetragen - nicht mehr erforderlich war, sondern sie vielmehr nur jeweils in schwierige Arbeitsvorgänge von der Meisterin eingewiesen wurde, spricht dies dafür, daß die Anlernzeit nach weniger als drei Monaten beendet war, sie nunmehr nicht mehr durch Üben und Lernen weitere Kenntnisse und Fertigkeiten erlangen mußte, sondern es genügte, daß sie mit den in der Anlernphase erworbenen Fertigkeiten und Kenntnissen in die jeweilige Arbeit eingewiesen wurde. Der Klägerin wurde insoweit erklärt, wie sie etwas auszuführen hat, z. B. wie die Bauteile im einzelnen zu unterscheiden seien und in welcher Reihenfolge sie notwendigerweise einzubauen seien; das genügt, um die Arbeit ausführen zu können.
Da die Klägerin mit der Revision ihren in der Berufungsinstanz verfolgten Hilfsantrag nicht mehr gestellt hat, ist die insoweit klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bezüglich der Vergütung nach Lohngruppe 5 LRA rechtskräftig geworden. Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung können ihre in der Revisionsinstanz gestellten Klageanträge nicht dahin ausgelegt werden, daß damit auch die Lohngruppen 3 bis 5 erfaßt würden. Die Lohngruppen 2 bis 5 knüpfen an Voraussetzungen an, die in Gruppe 6 nicht zu prüfen sind. Der Streitgegenstand wird allein von der klagenden Partei bestimmt. Wenn sie ihre Klageanträge ausdrücklich auf eine bestimmte Vergütungsgruppe beschränkt, dürfen die Gerichte ihr nicht Vergütung nach einer anderen Vergütungsgruppe zusprechen. Dadurch, daß die Klägerin in der zweiten Instanz einen Hilfsantrag nach Lohngruppe 5 gestellt hat, hat sie selbst zu erkennen gegeben, daß mit ihrem Hauptantrag nach Lohngruppe 6 nur diese Lohngruppe erfaßt sein soll. Damit ist auch nicht zur Entscheidung gestellt, ob die Klägerin Lohn nach Lohngruppe 4 LRA verlangen kann. Diese Frage wird deshalb nicht von der Rechtskraft des vorliegenden Urteils erfaßt. Demgemäß kommt auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht, da die Tarifvertragsparteien nach § 3 LRA nur in den Lohngruppen 2 bis 4 danach differenzieren, ob die Arbeiten mit geringen körperlichen Belastungen verbunden sind und insoweit möglicherweise durch die Leichtlohngruppe 2 Frauen diskriminieren, so daß die Klägerin gegebenenfalls Lohn nach Lohngruppe 4 LRA beanspruchen könnte.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel
Dr. Börner H. Hamm
Fundstellen