Entscheidungsstichwort (Thema)

Kundenschutzabrede

 

Orientierungssatz

Parallelsache zu BAG Urteil vom 15.12.1987, 3 AZR 476/86.

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 19.02.1987; Aktenzeichen 7 Sa 99/87)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 27.08.1986; Aktenzeichen 3 Ca 253/86)

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Weingut und eine Weinkellerei. Der Beklagte war bei ihr ab dem 1. April 1979 als angestellter Weinberater im Verkaufsbüro Hamburg I tätig. Im Anstellungsvertrag vom 28. März 1979 war ihm eine Jahresgarantie von 18.000,-- DM brutto versprochen worden. In Ziff. 9 des Anstellungsvertrages ("Schweigepflicht und Geschäftsgeheimnisse") heißt es u.a.:

"9.4. Die Kundenanschriften - auch der vom Mitarbeiter

selbst geworbenen Kunden - sind Eigentum von P.

Sie dürfen sowohl während als auch nach

Beendigung des Arbeitsverhältnisses Dritten weder

mitgeteilt noch sonst zugänglich gemacht werden.

9.5. Der Mitarbeiter verpflichtet sich sowohl während

des Bestehens als auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

die Regeln eines lauteren Wettbewerbs

einzuhalten. Er verpflichtet sich insbesondere

nach seinem Ausscheiden weder für eigene noch

für Rechnung eines Dritten P Kundenadressen

zu benutzen oder P-Kunden telefonisch anzusprechen,

solange er oder der Dritte noch keine

eigene Geschäftsverbindung zu diesem Kunden unterhält.

9.6. Bei einem schuldhaften Verstoß gegen Ziff. ...

9.4., 9.5., ... verpflichtet sich der Mitarbeiter

zur Zahlung eines Betrages in Höhe seiner Jahresgarantie.

Die Geltendmachung eines höheren Schadens

bleibt vorbehalten."

Im Jahre 1985 wurde die Klägerin beschuldigt, Weinen Glykose zugesetzt zu haben. Darauf kündigte der Beklagte sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. Dezember 1985. Bei seinem Ausscheiden gab er der Klägerin die kundenbezogenen Unterlagen, insbesondere die Kundenkartei, zurück.

Seit dem 1. Januar 1986 war der Beklagte für die Firma Weingut und Sektkellerei G GmbH & Co., N, als Handelsvertreter tätig, über deren Vermögen am 25. September 1986 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet worden ist. Für dieses Unternehmen sprach der Beklagte auch Kunden an, die ihm aus seinem früheren Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bekannt waren.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe seinen Arbeitsvertrag und auch die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs verletzt. Sie hat vorgetragen, die Kundenlisten und Kaufgewohnheiten der Kunden seien Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die unabhängig von einem Wettbewerbsverbot zu ihren Gunsten geschützt seien. Der Beklagte müsse sich auch unredlich Aufzeichnungen gemacht haben, weil es ausgeschlossen sei, sich die Namen und Anschriften von rund 1.000 Kunden zu merken. Auch wenn inzwischen das Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen des Weingutes G eröffnet worden sei, habe sie noch ein Interesse an einer Klage auf Unterlassung der Kundenkontakte. Der Konkursverwalter setze die Geschäftstätigkeit fort. Die Gemeinschuldnerin habe schon seit langem keine Werbung mehr vornehmen können. Sie habe sich auf die Auswertung ihrer Kundenanschriften beschränkt. Der Beklagte schulde mithin Unterlassung, Vertragsstrafe und Auskunft.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes

bis 500.000,-- DM, ersatzweise

Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6

Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung

zu untersagen,

a) zwecks Verkaufs von Wein, Schaumwein und

Spirituosen Kunden der Klägerin gezielt

zu kontaktieren oder kontaktieren zu lassen,

die ihm im Rahmen seines Vertragsverhältnisses

mit der Klägerin bekannt geworden

sind;

b) Bestellungen von Kunden der Klägerin

entgegenzunehmen oder auszuführen oder

ausführen zu lassen, die gemäß Ziff. 1 a

kontaktiert wurden und noch werden.

hilfsweise:

-----------

dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes

bis 500.000,-- DM ersatzweise Ordnungshaft oder

Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der

Zuwiderhandlung zu untersagen,

Kunden der Klägerin, die am 31. Dezember 1985

zu ihrer Stammkundschaft gehört haben, d.h. solche

Kunden, die in der Zeit vom 1. Januar 1984

bis 31. Dezember 1985 zum wiederholten Male eine

Bestellung aufgegeben haben und die dem Beklagten

im Rahmen des Arbeitsverhältnisses bekannt geworden

sind, gezielt zwecks Verkaufs von Wein

zu kontaktieren oder kontaktieren zu lassen

und Weinbestellungen aufgrund vorgenannter

Kontakte auszuführen oder ausführen zu lassen.

Von dem Verbot sind die Stammkunden im obigen

Sinne ausgenommen, die sich von sich aus an

den Beklagten zwecks etwaiger Bestellungen wenden

sowie Stammkunden, die aufgrund allgemeiner,

nicht auf die Stammkunden der Klägerin gezielter

Werbemaßnahmen originär von dem Beklagten seit

1. Januar 1986 bzw. von der G GmbH & Co.

oder von Herrn Rechtsanwalt Dr. P

als Konkursverwalter der G GmbH & Co.

geworben worden sind oder geworben werden

oder vor dem 1. Januar 1986 Kunden der

G GmbH & Co. waren.

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin

18.000,-- DM zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin

vollständige Auskunft zu geben, welche Kunden

der Klägerin er gemäß Ziffer 1 ab 1. Januar 1986

kontaktiert hat und welche Weinaufträge er mit

diesen Kunden getätigt hat,

hilfsweise:

den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin

vollständige Auskunft zu geben, welche Stammkunden

der Klägerin gemäß Hilfsantrag Ziffer 1

er seit dem 1. Januar 1986 kontaktiert hat und

welche Weinaufträge er mit diesen Kunden getätigt

hat.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, er habe ausschließlich solche Kunden angesprochen, die ihm noch im Gedächtnis geblieben seien, oder die er selbst für die Klägerin geworben habe. Bei der Gemeinschuldnerin seien keine von der Klägerin beschafften Adressen ausgewertet worden. Vielmehr sei ihm ausdrücklich aufgetragen worden, sich nicht wettbewerbswidrig zu verhalten. Im übrigen seien die Bestimmungen seines Arbeitsvertrages über die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht unwirksam, weil Arbeitnehmerschutzvorschriften des Wettbewerbsrechtes umgangen würden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihre Anträge weiter verfolgt.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Revision ist nicht begründet.

Allerdings ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß die Klage zulässig ist, soweit die Klägerin von dem Beklagten verlangt, ihre Kunden oder Stammkunden nicht zu besuchen. Die Anträge sind hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZP0 muß eine Klage die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Aus dem Antrag muß sich deutlich ablesen lassen, welches Verhalten von dem Beklagten verlangt wird. Auch in einem auf Unterlassung gerichteten Rechtsstreit darf die Antragsformulierung nicht so abstrakt und unbestimmt sein, daß die Aufgaben gerichtlicher Streiterkenntnis funktionswidrig in das Vollstreckungsverfahren übertragen werden (Ahrens, Wettbewerbsverfahrensrecht, 1983, S. 158; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 5. Aufl. 1986, S. 327 f., jeweils mit weiterem Nachweis). Andererseits kann von dem Kläger nicht verlangt werden, seine Unterlassungsanträge so konkret zu umschreiben, etwa durch Aufnahme von Kundenlisten, daß gerade durch die Antragstellung die Gefährdung wettbewerblicher Interessen eintritt. Demgemäß sind in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung auch allgemein beschreibende Anträge als hinreichend bestimmt angesehen worden, wie "aus der früheren Tätigkeit bekannte Kunden zu bearbeiten" (RG JW 1938, 2904, 2905), "die Kunden der Klägerin, die dem Beklagten bekannt sind und von ihm besucht worden sind, zu besuchen und mit ihnen Geschäfte über irgendwelche Milcherzeugnisse zu machen" (BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 und 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215 - Milchfahrer -) oder "eine Maschinenanlage zu benutzen, die in der Konstruktion der Aufbereitungsanlage der Klägerin für ... entspricht" (BGH GRUR 1963, 367 - Industrieböden -). Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sind die von der Klägerin gestellten Haupt- und Hilfsanträge nicht zu beanstanden. Allerdings mag die Klägerin in der Lage sein, ihren Anträgen Kundenlisten beizufügen; die Aufnahme von Kundenlisten in den Klageantrag würde es aber gerade dem Beklagten erleichtern, auch von solchen Kunden noch Kenntnis zu nehmen, die er möglicherweise bereits vergessen hat. Dies würde die wettbewerblichen Interessen der Klägerin verletzen.

B. Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten weder die Unterlassung von Wettbewerb noch Vertragsstrafen verlangen.

I. Die Klägerin kann aufgrund des Arbeitsvertrages nicht verlangen, daß der Beklagte unterläßt, ihre Kunden zu besuchen.

1. Die zwischen den Parteien vereinbarte Kundenschutzabrede enthält ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot. Dieses ist unverbindlich und wegen Fehlens jeglicher Entschädigungsvereinbarung unwirksam (§ 75 d HGB).

a) Nach Ziff. 9.4. Satz 2 des Arbeitsvertrages ist dem Beklagten untersagt, die Namen der Kunden, die er durch seine Tätigkeit bei der Klägerin erfahren hat, Dritten mitzuteilen oder sonst zugänglich zu machen. Nach Ziff. 9.5. des Arbeitsvertrages darf der Beklagte nach seinem Ausscheiden weder für eigene noch für Rechnung eines Dritten die Kundenlisten verwerten und Kunden aufsuchen. Das bedeutet, daß dem Beklagten verboten ist, die Kunden der Klägerin zu besuchen, ihnen Wein oder sonstige Gegenstände zu verkaufen. Verboten ist jegliche Verwendung der Kundennamen.

b) Das dem Beklagten auferlegte Verbot stellt ein Wettbewerbsverbot dar. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein Wettbewerbsverbot dann gegeben, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung geschlossen wird, die den Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt. Sowohl eine Beschränkung einer künftigen selbständigen wie unselbständigen Berufsausübung führt zu einem Wettbewerbsverbot (BAGE 7, 239, 242 = AP Nr. 10 zu § 74 HGB, unter II 3 a der Gründe, mit weiterem Nachweis). Umstritten ist lediglich, ob bei jeder Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit oder nur bei einer Einschränkung in wirtschaftlich nicht unbedeutender Weise ein Wettbewerbsverbot anzunehmen ist. Nach einer verbreiteten Meinung im Schrifttum ist immer dann ein Wettbewerbsverbot gegeben, wenn die spätere Betätigungsfreiheit sachlich, örtlich oder zeitlich beschränkt wird (Würdinger in Großkomm. HGB, Bd. 1, 3. Aufl. 1967, § 74 Anm. 1 a; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Aufl. 1987, § 74 Anm. 1 C a). Dagegen ist der Senat davon ausgegangen, daß wirtschaftlich nicht relevante Beschränkungen kein Wettbewerbsverbot darstellen (BAGE 7, 239, 242 = AP, aa0, unter II 3 a der Gründe; zustimmend Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl. 1973, § 74 Rz 4). Dieser Meinungsstreit kann hier auf sich beruhen. Denn durch die Konkurrenzabrede wird der Beklagte in nicht unerheblicher Weise in seiner Berufsausübung beschränkt. Nach der Vertragsabrede darf der Beklagte in der gesamten Bundesrepublik zeitlich unbeschränkt einen nicht unerheblichen Personenkreis zur Vermeidung des Wettbewerbs nicht besuchen. Die sich damit ergebende gewerbliche Beschränkung ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unerheblich.

Die Revision hat vorgetragen, ihre Kundenschutzklausel diene nur dazu, einzelne Kunden in einem größeren Gebiet mit einer riesigen Zahl von Weininteressenten zu sperren. Eine derartige Beschränkung müsse ein ehemaliger Arbeitnehmer hinnehmen. Dem ist nicht zu folgen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, daß nicht alle Weininteressenten wegen der hohen Vertriebskosten für einen Direktverkauf geworben werden können. Die Kundenschutzklausel macht dem Beklagten gerade dort die geschäftliche Entwicklung unmöglich, wo er bislang seinen Erwerb gefunden hat. Diese Beschränkung wird im Hilfsantrag nur unwesentlich dadurch abgemildert, daß der Beklagte an solche Kunden verkaufen darf, die sich von sich aus an ihn wenden. Im Weinverkauf bedarf es regelmäßig einer persönlichen Ansprache des Kunden.

c) Ein Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbotes eine Entschädigung zu zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB). Wettbewerbsabreden, in denen von dieser Verpflichtung des Arbeitgebers abgewichen wird, sind unverbindlich und im Falle des völligen Ausschlusses einer Entschädigung unwirksam (§ 75 d HGB).

2. Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertritt, zu ihren Gunsten ergebe sich ein Kundenschutz bereits aus der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht des Beklagten.

a) Aus einem Arbeitsverhältnis können sich auch Pflichten ergeben, die über seine Beendigung hinaus bestehen. In § 80 Abs. 1, 3 des Entwurfs eines Arbeitsgesetzbuchs vom September 1977 war ein entsprechender allgemeiner Rechtsgrundsatz enthalten (MünchKomm-Söllner, BGB, 1. Halbbd., § 611 BGB Rz 403). Nach diesem Grundsatz sind Arbeitnehmer verpflichtet, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse sind Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers geheim zu halten sind (RGZ 149, 329, 334; BGH Urteil vom 15. Mai 1955 - I ZR 111/53 - AP Nr. 1 zu § 17 UnlWG; BAGE 41, 21 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis; von Gamm, Wettbewerbsrecht, 1. Halbbd., 5. Aufl. 1987, Kapitel 50 Rz 13). Betriebsgeheimnisse beziehen sich auf den technischen Betriebsablauf, insbesondere Herstellung und Herstellungsverfahren; Geschäftsgeheimnisse betreffen den allgemeinen Geschäftsverkehr des Unternehmens (von Gamm, aa0, Kapitel 50 Rz 12). Von der Verpflichtung des Arbeitnehmers, Betriebsgeheimnisse über das Ende des Arbeitsverhältnisses zu wahren, ist der Senat auch in seiner Entscheidung vom 16. März 1982 ausgegangen (BAGE 41, 21 = AP, aa0). Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auch auf Geschäftsgeheimnisse.

b) Die Klägerin verkennt aber, daß sich der Inhalt der Verschwiegenheitspflicht nur auf die geheimzuhaltende Tatsache bezieht. Der Arbeitnehmer hat Verschwiegenheit zu bewahren über die im Betrieb erarbeiteten Rezepturen (vgl. BAGE 41, 21 = AP, aa0) und Geschäftsgeheimnisse. Hierzu mögen Kundenlisten, Kaufgewohnheiten der Kunden, ihr Geschmack und ähnliche Umstände gehören (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 12. Aufl., UWG, § 17 Rz 9; von Gamm, aa0, Kapitel 50 Rz 21; RG Markenschutz und Wettbewerb 1933, 12 f.). Diese Kenntnisse darf der angestellte Verkäufer nicht veräußern und auf diese Weise für sich verwerten. Dagegen folgt aus der Verschwiegenheitspflicht noch kein weitergehendes Verbot, Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers zu umwerben. Insoweit bedarf es einer Wettbewerbsabrede, wenn dies verhindert werden soll (Grunsky, Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer, 2. Aufl. 1987, S. 48). Für die Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat das Gesetz die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten zur Verfügung gestellt (BAGE 7, 239, 244 = AP Nr. 10 zu § 74 HGB, zu 3 b der Gründe). Die Klägerin selbst hat zutreffend darauf hingewiesen, daß im Recht der Handelsvertreter ebenfalls zwischen der Verpflichtung zur Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 90 HGB) und Wettbewerbsvereinbarungen (§ 90 a HGB) unterschieden wird. Das Gesetz mag damit, wie die Klägerin meint, dem verfassungsrechtlichen Eigentum des Unternehmens an seinen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen Rechnung getragen haben.

c) Die Unterscheidung zwischen dem Inhalt der Verschwiegenheitspflicht und dem Inhalt einer Wettbewerbsabrede widerspricht nicht der Rechtsprechung des Senats zu den Mandantenschutzklauseln. Diese kommen in rechts- und steuerberatenden Berufen vor. Nach der Rechtsprechung des Senats sind zu unterscheiden allgemeine Mandantenschutzklauseln, in denen sich der frühere Mitarbeiter eines Steuerberaters verpflichtet, keine Mandanten seines bisherigen Arbeitgebers zu betreuen, sowie beschränkte Mandantenschutzklauseln, in denen dem angestellten Steuerberater nur untersagt ist, bisherige Mandanten seines Arbeitgebers abzuwerben (BAGE 23, 382, 389 = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu II 4 der Gründe; Urteil vom 26. November 1971 - 3 AZR 220/71 - AP Nr. 26, aa0, zu I 1 a der Gründe; Urteil vom 9. August 1974 - 3 AZR 346/73 - AP Nr. 27, aa0, zu I der Gründe). Auf allgemeine Mandantenschutzklauseln sind §§ 74 ff. HGB entsprechend anzuwenden; sie sind demnach nur wirksam, wenn dem Arbeitnehmer für die Unterlassung der Betreuung ehemaliger Mandanten seines Arbeitgebers eine Karenzentschädigung zugesagt wird. Dagegen ist der Arbeitnehmer zur Einhaltung einer begrenzten Mandantenschutzklausel auch ohne Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet.

Zwischen Mandantenschutzklauseln freier Berufe und Kundenschutzklauseln in der gewerblichen Wirtschaft bestehen jedoch erhebliche Unterschiede. Dem Steuerberater, der sich selbständig macht, ist nach dem Standesrecht jede aktive Mandantenwerbung untersagt, insbesondere ist ihm verboten, seinem früheren Arbeitgeber die Mandanten abzuwerben (BAGE 23, 382, 388 f. = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel, zu II 3 b der Gründe). Beschränkte Mandantenschutzklauseln wiederholen nur die ohnehin geltende Rechtslage. Die Betreuungsverträge von Steuerberatern und ihren Mandanten sind auf Dauer, auf die ständige Beratung der Klienten und die Bereitschaft zur Mandatsübernahme angelegt. Dagegen ist es einem früheren Angestellten, zu dessen Pflichten die Förderung des Warenumsatzes seines Arbeitgebers gehörte, gestattet, seinem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz zu machen und auch in seinen Kundenstamm einzudringen. Nur wenn besondere Umstände hinzutreten, kann etwas anderes gelten (BAGE 3, 139, 141 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; 7, 239 f. = AP Nr. 10 zu § 74 HGB; 41, 21, 33 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis, zu III 2 der Gründe, mit weiterem Nachweis; RG JW 1938, 2904; BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 u. 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215 f., mit zustimmender Anmerkung von Bußmann - Milchfahrer -; Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 99/80 - AP Nr. 11 zu § 17 UnlWG, zu III 3 b der Gründe = GRUR 1983, 179, 181 - Stapel-Automat -; Karsten Schmidt, Handelsrecht, 2. Aufl. 1982, S. 375; von Gamm, aa0, Kapitel 33 Rz 24, mit weiterem Nachweis). Solche besonderen Umstände liegen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfalle aber nicht vor. Sie sind insbesondere nicht daraus abzuleiten, daß der Beklagte als Verkaufsleiter eines Verkaufsgebietes der Klägerin tätig war.

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag, in welchem Umfang er Wettbewerb betrieben hat. Da dem Beklagten nicht wirksam ein Wettbewerbsverbot auferlegt worden ist, braucht er auch keine Auskunft über eine Tätigkeit zu geben.

4. Die Klägerin kann keine Vertragsstrafe verlangen, weil der Beklagte ihr Wettbewerb gemacht hat. Ein durch die Vertragsstrafe zu sichernder Unterlassungsanspruch aufgrund eines Wettbewerbsverbots bestand mangels Vereinbarung nicht; aus der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht folgt kein Kundenschutz.

II. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten auch keine weitergehenden Unterlassungs- und Auskunftsansprüche aufgrund des allgemeinen Wettbewerbsrechts zu.

1. Die Klägerin kann ein Verbot, mit ihren Kunden in Geschäftsbeziehungen zu treten, nicht aus § 823 Abs. 2, § 1004 BGB in Verb. mit § 17 UWG ableiten. Zu dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden ist, galt § 17 UWG in der Fassung der NotV0 vom 9. März 1932 (RGBl I, 121) in der Änderung vom 2. März 1974 (BGBl I, 469).

a) Nach § 17 Abs. 1 UWG wird bestraft, wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebes ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das ihm im Wege des Dienstverhältnisses anvertraut oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an jemand zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebes Schaden zuzufügen, mitteilt. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt und die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß der Beklagte bereits während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses in irgendeiner Form von den Kundenlisten Gebrauch gemacht hat.

b) Ebensowenig sind die Voraussetzungen des Geheimnisverrats von § 17 Abs. 2 UWG gegeben. Hiernach wird bestraft, wer ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, dessen Kenntnis er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßende eigene Handlung erlangt hat, zum Zwecke des Wettbewerbs oder aus Eigennutz unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß dem Beklagten nicht zu widerlegen ist, daß er Namen und Anschriften der Kunden, die er nach Dezember 1985 aufgesucht hat, aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für die Klägerin im Gedächtnis behalten hat. Die Verwertung langjährig erworbenen beruflichen Erfahrungswissens ist aber statthaft (vgl. oben B I 2).

Die von der Klägerin gegen diese Feststellung erhobenen Verfahrensrügen (§ 554 Abs. 3 ZP0) sind unbegründet.

Soweit die Klägerin rügt, Arbeits- und Landesarbeitsgericht hätten ihre Behauptung unberücksichtigt gelassen, daß der Beklagte Kundenlisten abgeschrieben habe und daß die Kundenlisten bei der Gemeinschuldnerin systematisch ausgewertet worden seien, hat sie hierfür einen Beweis nicht angetreten. Allein aus der Tatsache, daß der Beklagte zahlreiche Kunden der Klägerin aufgesucht, kann noch nicht darauf geschlossen werden, daß der Beklagte die Kundenlisten kopiert hat. Vielmehr ist durchaus möglich, daß der Beklagte gerade die Kunden besucht hat, die er aufgrund ihrer häufigen Ankäufe oder eigenen Werbung im Gedächtnis behalten hat.

2. Der Beklagte hat durch Weinverkäufe an ehemalige Kunden der Klägerin auch nicht gegen die allgemeinen Grundsätze des lauteren Wettbewerbs verstoßen. Nach § 1 UWG kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen.

Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, zu seinem ehemaligen Arbeitgeber in Wettbewerb zu treten (vgl. B I 2). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber ein Wettbewerbsverbot vereinbart hat oder die nachvertragliche Wettbewerbstätigkeit wegen ihrer eingesetzten Mittel und Methoden gegen den redlichen Geschäftsverkehr verstößt. Derart unredliche Methoden mögen gegeben sein, wenn sich ein ehemaliger Arbeitnehmer die Kenntnis der Kundschaft seines Arbeitgebers unredlich verschafft (B II 1) oder der Arbeitnehmer einen Vernichtungswettbewerb entfaltet. Ein solcher liegt z.B. dann vor, wenn ein früherer Arbeitnehmer nach Einstellung seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber schlagartig dessen Kundenkreis wegnimmt und mit Erzeugnissen eines Konkurrenzunternehmens beliefert (BGH Urteil vom 6. November 1963 - I b ZR 41/62 und 40/63 - AP Nr. 5 zu § 1 UnlWG = GRUR 1964, 215; RG JW 1938, 2904). Aber auch für ein derartiges Verhalten hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte ist nur in einen Teil der Kundschaft der Klägerin eingedrungen, so daß die Unterlassungsansprüche nicht gerechtfertigt sind.

3. Stehen der Klägerin aufgrund des allgemeinen Wettbewerbsrechtes keine Unterlassungsansprüche zu, so sind auch insoweit keine Auskunftsansprüche gegeben.

Schaub Griebeling Ascheid

Gnade Dr. Kiefer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI438670

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