Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Rahmenkollektivvertrags
Normenkette
AGB-DDR i.d.F. vom 16. Juni 1977 (GBl. – DDR I S. 185) § 14 Abs. 2, § 121
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 04.06.1993; Aktenzeichen 3 Sa 150/92 L) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 12.10.1992; Aktenzeichen 19 Ca 5317/92) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 4. Juni 1993 – 3 Sa 150/92 L. – wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die Ansprüche Ziffer 2 bis 4 des Klageantrags abgewiesen hat.
2. Im übrigen wird auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision insgesamt, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger erhöhtes Überbrückungsgeld aufgrund eines Rahmenkollektivvertrages zu zahlen hat. Des weiteren verlangt der Kläger tarifliche Sonderzahlungen und Urlaubsabgeltung.
Der 1943 geborene Kläger war seit seiner 1958 begonnenen Lehre als Dreher bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem VEB B. beschäftigt. Ab 16. Dezember 1972 delegierte ihn der Betrieb aufgrund seiner „guten fachlichen Leistungen und guten gesellschaftlichen Arbeiten” zu den „bewaffneten Streitkräften des Ministeriums des Inneren”. Der Kläger leistete bis 14. Januar 1990 seinen Dienst als Berufssoldat beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS), zuletzt im Range eines Majors.
Am 15. Januar 1990 nahm der Kläger seine Tätigkeit beim B. wieder auf. In dem Arbeitsvertrag vom 15. Januar 1990 war als Stichtag für die Betriebs Zugehörigkeit der 1. September 1958 angegeben.
Am 8. Februar 1990 beschloß der Ministerrat der DDR, zur Senkung der Umweltbelastungen alle karbochemischen Anlagen, so auch die Anlage in E., bis Dezember 1991 stillzulegen. Die Aufwendungen für die Stillegungen sollten nach dem Beschluß aus dem Staatshaushalt der DDR finanziert werden. Auf der Grundlage dieses Ministerratsbeschlusses schlossen am 13. Februar 1990 der Minister für Schwerindustrie und der Zentralvorstand der Industriegewerkschaft Bergbau/Energie eine „Vereinbarung zur Regelung arbeitsrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit der Einstellung der Produktion in karbochemischen Anlagen der Kohleindustrie”, in der es u.a. wie folgt heißt:
„1. Geltungsbereich
Die Vereinbarung gilt für Werktätige des VEB B. … sowie für andere Werktätige, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung und schrittweisen Einstellung der Produktion in karbochemischen Anlagen planmäßig aus ihrer bisherigen Tätigkeit ausscheiden und vereinbarungsgemäß (Änderungs- bzw. Überleitungsvertrag) eine Tätigkeit aufnehmen (nachfolgend Werktätige in karbochemischen Anlagen genannt).
…
4. Überbrückungsgeld/Ausgleichsbetrag
4.1 Werktätige, die mindestens 2 Jahre in dem unter Ziffer 1 genannten Geltungsbereich tätig waren, erhalten ein erhöhtes Überbrückungsgeld für die Dauer von 3 Jahren.
4.2 Werktätige, die nach Stillegung der karbochemischen Anlagen im VEB B. … weiterbeschäftigt werden, erhalten das erhöhte Überbrückungsgeld nach Tabelle.
…
4.7 Das erhöhte Überbrückungsgeld ist als Gesamtbetrag zu ermitteln. Es wird in zwei gleichen Teilen ausgezahlt. Die erste Auszahlung erfolgt zum Zeitpunkt der Übernahme der neuen Tätigkeit, die zweite Auszahlung jeweils zum gleichen Termin des Folgejahres.
…”
Am 30. August 1990 wurde die Anlage in E. von der Beklagten als Zweigniederlassung übernommen. Mit Schreiben gleichen Datums teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erhalte aufgrund seines durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienstes von 1.516,24 DM ein erhöhtes Überbrückungsgeld von 18.900,00 DM. Die Überweisung der ersten Rate des Überbrückungsgeldes in Höhe von 9.450,00 DM kündigte die Beklagte für den 10. September 1990 an.
Aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Änderungsvertrages übernahm der Kläger ab 1. September 1990 eine Tätigkeit als Maschinist im Kraftwerk E. In dem schriftlichen Änderungsvertrag vom 13. September 1990 war für den Kläger ein Zusatzurlaub von vier Tagen („3 Treue, 1 p”) angegeben.
Entgegen der Ankündigung der Beklagten erhielt der Kläger im September 1990 die erste Rate des Überbrückungsgeldes nicht. In dem Schreiben vom 24. September 1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie fühle sich nicht mehr an die Wehrdienst-Förderungsverordnung vom 25. März 1982 gebunden. Deshalb könnten die Jahre der vom Kläger beim MfS geleisteten Dienstzeit nicht mehr auf die Betriebszugehörigkeit angerechnet werden. Der neue Stichtag für die Betriebs Zugehörigkeit des Klägers sei der 15. Januar 1990. Der Kläger erhalte deshalb kein erhöhtes Überbrückungsgeld und keinen Treueurlaub mehr.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die am 10. September 1990 fällig gewordene erste Rate des hälftigen Überbrückungsgeldes in Höhe von 9.450,00 DM. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse die arbeitsvertragliche Regelung zum Stichtag der Betriebs Zugehörigkeit gelten lassen, zumal die Förderungsverordnung im September 1990 noch gegolten habe. Deshalb habe er auch einen Anspruch auf „zusätzliche Belohnung” nach § 15 des Manteltarifvertrages der Braunkohlen- und Gasindustrie vom 31. Mai 1990 (MTV/BG) auf „monatlichen Zuschlag” für länger als zehn Jahre beschäftigte Arbeitnehmer nach dem Vergütungstarifvertrag vom 6. Dezember 1991 sowie auf Abgeltung der 1991 nicht erhaltenen vier Tage Zusatzurlaub.
Der Kläger hat, soweit in der Revision noch von Bedeutung, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
- die erste Rate des erhöhten Überbrückungsgeldes in Höhe von 9.450,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10. September 1990,
- die zusätzliche Belohnung in Höhe von 1.874,45 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 1. Juli 1991,
- 1.150,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus einem 500,00 DM brutto entsprechenden Nettobetrag seit dem 1. Mai 1992 und 4 % Zinsen aus einem 650,00 DM brutto entsprechenden Nettobetrag seit dem 1. Oktober 1992 und
- 444,16 DM brutto als Urlaubsabgeltung für nichtgewährte Tage Erholungsurlaub nebst 4 % Zinsen aus dem entsprechenden Nettobetrag seit dem 30. September 1992 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt.
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünden mangels ausreichender Betriebszugehörigkeit die beanspruchten Leistungen nicht zu. Die Dienstzeiten des Klägers beim MfS seien nicht als Betriebszugehörigkeit anzurechnen. Der Kläger könne sich weder auf die Förderungsverordnung vom 25. März 1982 noch auf die Festlegung der Betriebs Zugehörigkeit im Arbeitsvertrag vom 15. Januar 1990 berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Soweit das Landesarbeitsgericht einen Anspruch des Klägers auf erhöhtes Überbrückungsgeld abgewiesen hat, ist das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
I. Ob der Kläger Anspruch auf erhöhtes Überbrückungsgeld hat, kann noch nicht entschieden werden.
1. Ein tarifvertraglicher Anspruch auf Überbrückungsgeld ist durch die Vereinbarung vom 13. Februar 1990 nicht begründet worden. Die Vereinbarung ist unwirksam.
Zwar ist die als Rahmenkollektivvertrag anzusehende Vereinbarung (fortan: RKV) nach § 14 Abs. 2 AGB-DDR in der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung ordnungsgemäß von dem zuständigen Ministerium bestätigt und registriert worden (vgl. BAG Urteil vom 13. Februar 1992 – 8 AZR 269/91 – BAGE 69, 360 = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge DDR). Die Parteien des Rahmenkollektivvertrages haben aber die in § 121 Abs. 2 AGB-DDR a. F. gezogenen Grenzen der Regelungsmacht überschritten. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis richtig entschieden.
a) Der mögliche Inhalt eines Rahmenkollektivvertrages war in § 14 Abs. 1 AGB-DDR a. F. allgemein als „besondere Bestimmungen über den Arbeitslohn, die Arbeitszeit und den Erholungsurlaub sowie weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen” geregelt. Zur Regelung eines Überbrückungsgeldes für Arbeitnehmer, die infolge Rationalisierungsmaßnahmen oder Strukturveränderungen einen Arbeitsplatz verloren, gab es in § 121 Abs. 1 AGB-DDR a. F. eine gesetzliche Sonderregelunng. Danach erhalten Werktätige, die infolge Rationalisierungsmaßnahmen oder Strukturveränderungen eine andere Arbeit im Betrieb oder in einem anderen Betrieb übernehmen und dadurch ihren bisherigen Durchschnittslohn nicht wieder erreichen können, ein einmaliges Überbrückungsgeld in Höhe der Jahressumme der voraussichtlichen Minderung des Durchschnittslohnes. Nach § 121 Abs. 2 AGB-DDR a. P. konnte in Rechtsvorschriften festgelegt werden, daß Werktätige bei Vorliegen besonderer Bedingungen ein höheres Überbrückungsgeld erhalten.
b) Der RKV ist zwar eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 121 Abs. 1 AGB-DDR. Er beachtet aber nicht den Umfang der gesetzlichen Öffnungsklausel des § 121 Abs. 2 AGB-DDR.
Während nach der gesetzlichen Regelung des § 121 Abs. 1 AGB-DDR nur Werktätige ein Überbrückungsgeld erhalten, bei denen ein Minderverdienst eingetreten ist, sollen nach dem RKV auch diejenigen Arbeitnehmer das erhöhte Überbrückungsgeld erhalten, die nach ihrer Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz gleich oder mehr verdienen. Damit weicht der RKV von Sinn und Zweck des Überbrückungsgeldes nach § 121 Abs. 1 AGB-DDR ab. Nach der gesetzlichen Regelung soll das Überbrückungsgeld ein Ausgleich für den durch den Verlust des Arbeitsplatzes verursachten einjährigen Minderverdienst sein. Nur dieser Ausgleich soll bei Vorliegen besonderer Bedingungen durch Rechtsvorschriften erhöht werden können (erhöhtes Überbrückungsgeld). Dagegen macht der Kläger nach dem RKV keinen Ausgleich für einen Minderverdienst geltend, sondern berechnet das Überbrückungsgeld allein nach der Tabelle zum RKV, die einen nach dem letzten Verdienst gestaffelten Festbetrag enthält. Für eine vom Minderverdienst unabhängige Abfindung besteht in § 121 Abs. 2 AGB-DDR jedoch keine Regelungsbefugnis.
Das DDR-Recht kannte außer den in § 121 AGB-DDR geregelten Ansprüchen auf Überbrückungsgeld keine Abfindungsansprüche für Arbeitnehmer, die infolge von Umstrukturierungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz verlieren. Deshalb hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, daß solche Abfindungsansprüche vor dem 1. Juli 1990 auch nicht in einem Betriebskollektivvertrag zwischen Betrieb und Betriebsgewerkschaftsleitung begründet werden konnten (BAG Beschluß vom 26. Mai 1992 – 10 ABR 63/91 – BAGE 70, 281 = AP Nr. 1 zu § 28 AGB-DDR; BAG Urteil vom 14. September 1994 – 10 AZR 621/92 – DB 1995, 535, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Für die Regelungsbefugnis in Rahmenkollektivverträgen gilt nichts anderes.
Im übrigen widerspricht der RKV dem § 121 AGB-DDR auch hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen. So setzt der RKV in Ziff. 4.1 für einen Anspruch auf (erhöhtes Überbrückungsgeld eine mindestens zweijährige Tätigkeit des Werktätigen im Geltungsbereich voraus. Für diese Einschränkung bietet § 121 Abs. 2 AGB-DDR keine Regelungsbefugnis. Das Überbrückungsgeld ist ausschließlich zukunftsorientiert, als Ausgleich für den eingetretenen Minderverdienst. Anders als bei einer Abfindung bei Verlust eines Arbeitsplatzes, kommt es beim Überbrückungsgeld nicht auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit an.
Ob der Anspruch des Klägers auf erhöhtes Überbrückungsgeld, wie das Landesarbeitsgericht meint, deshalb unbegründet ist, weil die in § 121 Abs. 2 AGB-DDR genannten „besonderen Bedingungen” nicht vorliegen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Besondere Bedingungen im Sinne dieser Vorschrift können allerdings nur allgemein objektive Umstände sein, die von den den Kollektivvertrag Schließenden zu konkretisieren sind. Auf individuelle besondere Umstände, die, wie das Landesarbeitsgericht meint, der Kläger für seine Person hätte vortragen müssen, kommt es dabei nicht an.
c) Im übrigen haben die Tarifparteien der Braunkohle- und Gasindustrie bereits am 5. Juni 1990 im Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz und Arbeitsplatzsicherung (TVRA-BG) in § 8 Abs. 1 Buchst. a ein erhöhtes Überbrückungsgeld geregelt, das an den Minderverdienst anknüpft und nicht von einer bestimmten Betriebszugehörigkeit abhängt. Ob der TVRA-BG den RKV nach § 31 Nr. 3 des Gesetzes über die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Juni 1990 (GBl. – DDR I S. 357, 362) hätte außer Kraft treten lassen (vgl. BAG Urteil vom 13. Juli 1994 – 4 AZR 400/93 –, zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt), braucht der Senat nicht zu entscheiden. Wie bereits dargelegt, ist der RKV überhaupt nicht wirksam geworden. Ob der Kläger einen tariflichen Anspruch auf erhöhtes Überbrückungsgeld nach § 8 Abs. 1 Buchst. a TVRA-BG hat, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.
d) Damit kommt es für den tariflichen Anspruch nicht darauf an, ob der Kläger die vom RKV für einen Anspruch auf erhöhtes Überbrückungsgeld geforderte zweijährige Betriebs Zugehörigkeit mit Hilfe der Förderungsverordnung erfüllt hätte.
2. Der Kläger hat keinen einzelvertraglichen Anspruch auf erhöhtes Überbrückungsgeld. Das Schreiben der Beklagten vom 30. August 1990 enthält lediglich die Ankündigung, dem Kläger ein ihm vermeintlich zustehendes tarifliches Überbrückungsgeld zu zahlen. Eine darüber hinausgehende vertragliche Zusage ist dem Schreiben nicht zu entnehmen.
3. Ob dem Kläger ein erhöhtes Überbrückungsgeld aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes zusteht, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.
Der Kläger hat vorgetragen, alle Mitarbeiter der früheren B., die – wie der Kläger – im September 1990 ihren bisherigen Arbeitsplatz verloren, hätten das erhöhte Überbrückungsgeld erhalten. Danach ist ein Anspruch des Klägers auf erhöhtes Überbrückungsgeld aus Gründen der Gleichbehandlung nicht ausgeschlossen.
Eine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung könnte bestehen, wenn die Beklagte dem Kläger lediglich mangels ausreichender Betriebszugehörigkeit das den übrigen Mitarbeitern gezahlte Überbrückungsgeld verweigert hätte. Im September 1990 galt nämlich noch die Verordnung über die Förderung der Bürger nach dem aktiven Wehrdienst vom 25. März 1982 (FörderungsVO, GBl. – DDR I S. 256). Nach § 18 Abs. 1 FörderungsVO ist „Bürgern, die aktiven Wehrdienst in militärischen Berufen geleistet haben, die geleistete Dienstzeit auf die Betriebszugehörigkeit oder auf die Dauer der Tätigkeit in einem bestimmten Beruf, einer Funktion oder ähnlichem anzurechnen”, wobei „die Dauer der Dienstzeit alle materiellen und moralischen Vergünstigungen nach sich zieht, die an die Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Berufsausübung oder der Funktion usw. gebunden sind”. Die Förderungsverordnung war erst mit Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten, weil dieser eine Fortgeltung der Verordnung nicht vorsieht (vgl. BAG Urteil vom 30. März 1994 – 10 AZR 352/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu II 2 der Gründe).
Wurde den übrigen Mitarbeitern der früheren B. allerdings das erhöhte Überbrückungsgeld aufgrund § 8 TVRA-BG gezahlt, stünde dies einem Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung entgegen. Der Kläger müßte stattdessen diesen tariflichen Überbrückungsgeldanspruch geltend machen.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf zusätzliche Belohnung, monatlichen Zuschlag und auf Urlaubsabgeltung.
1. Der Kläger kann für 1991 keine zusätzliche Belohnung nach § 15 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Tarifbereich der Braunkohlen- und Gasindustrie vom 31. Mai 1990 (MTV/BG) verlangen. Nach § 1 Abs. 3 der Fünften Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter vom 9. April 1964 (GBl. – DDR II S. 313), auf die § 15 MTV/BG verweist, ist die zusätzliche Belohnung von einer mindestens zweijährigen Beschäftigungszeit abhängig. Der Kläger hat 1991 diese zweijährige Beschäftigungszeit seit seinem Wiedereintritt am 15. Januar 1990 nicht erreicht. Die Förderungsverordnung kann für Ansprüche des Jahres 1991 nicht angewendet werden, da sie bereits am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten ist. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf den im Arbeitsvertrag vom 15. Januar 1990 angegebenen Stichtag für die Betriebszugehörigkeit vom 1. September 1958 berufen. In dem Arbeitsvertrag wurde die Betriebszugehörigkeit lediglich aus der am 15. Januar 1990 noch geltenden Förderungsverordnung errechnet. Eine von der Förderungsverordnung unabhängige vertragliche Zusage der Anrechnung von Dienstzeiten ist darin nicht zu sehen.
2. Der Kläger kann auch keinen monatlichen Zuschlag ab Juli 1991 nach dem Vergütungstarifvertrag für Arbeitnehmer der Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlenindustrie/Gas vom 6. Dezember 1991 (VTV-BG) verlangen. Die in § 2 VTV-BG für den Zuschlag vorausgesetzte Unernehmenszugehörigkeit von zehn Jahren kann der Kläger nicht vorweisen. Die Förderungsverordnung war bereits am 3. Oktober 1990 außer Kraft getreten.
3. Schließlich kann der Kläger auch nicht die Abgeltung von vier Tagen Treueurlaub für das Jahr 1991 verlangen. Nach § 10 Abs. 3 Buchst. b MTV/BG wird Treueurlaub erst ab einer dreijährigen Betriebszugehörigkeit gewährt. Diese Betriebszugehörigkeit hat der Kläger nicht erfüllt. Die Förderungverordnung galt 1991 nicht mehr.
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Treueurlaub sei ihm im Änderungsvertrag vom 13. September 1990 vertraglich zugesagt worden. Der dort angegebene Treueurlaub war nach der Betriebs Zugehörigkeit des Klägers in Verbindung mit der zu dieser Zeit noch geltenden Förderungsverordnung berechnet. Eine vertragliche Zusage der Beklagten, diesen Treueurlaub dem Kläger unabhängig von der Förderungsverordnung zu gewähren, enthält der Änderungsvertrag nicht.
Unterschriften
Ascheid, Dr. Wittek, Müller-Glöge, Schömburg, R. Iskra
Fundstellen