Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Erschwerniszuschlag für Arbeiten mit Röhrenlötzinn

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweise des Senats:

Bestätigung der Rechtsprechung des Senats vom 23. Juni 1993 – 10 AZR 177/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 03.12.1992; Aktenzeichen 3 Sa 213/91)

ArbG Bremen (Urteil vom 23.05.1991; Aktenzeichen 1 Ca 1366/90)

 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 3. Dezember 1992 – 3 Sa 211 – 213/91 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch der Kläger auf Zahlung eines tariflichen Erschwerniszuschlags für Arbeiten mit Röhrenlötzinn und dessen Berücksichtigung bei der Berechnung des tariflichen Zeitlohnzuschlags.

Die Kläger sind als Fernmeldehandwerker bei der Beklagten im Fernmeldeamt II, B, bzw. im Fernmeldezeugamt B beschäftigt. Zu ihrem Tätigkeitsbereich gehören u.a. Lötarbeiten mit Röhrenlötzinn, das einen Bleigehalt von 38 % aufweist.

Auf die Arbeitsverhältnisse der Kläger findet kraft Organisationszugehörigkeit der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (im folgenden: TV-Arb) nebst seinen Anlagen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

In § 10 TV-Arb wird neben allgemeinen Grundsätzen der Entlohnung die Gewährung von Zulagen und Zuschlägen geregelt. Die einschlägigen Absätze in der bis einschließlich 31. Dezember 1987 gültigen Fassung lauteten wie folgt:

㤠10 II Lohnbildung

Abs. 7: Für besonders schmutzige oder gesundheitsgefährdende Arbeiten sowie für Arbeiten, die unter erschwerten Bedingungen zu verrichten sind, werden nach den Bestimmungen der Anlage 4 Erschwerniszuschläge gezahlt.

Abs. 8: Die Berechnung der Erschwerniszuschläge und des Zeitlohnzuschlages nach § 14 Abs. 6 richtet sich nach der „Bemessungsgrundlage”. Ihre Höhe ist aus der Anlage 3 ersichtlich.”

Seit 1. Januar 1988 sind die Absätze 7 und 8 durch folgende Regelungen ersetzt:

„§ 10 III Zulagen und Zuschläge

Für neben dem Monatslohn zu zahlende und in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen und Zuschläge gelten Abschnitt I Abs. 8 und 9 und Abschnitt II entsprechend.”

In Anlage 4 sind die Bestimmungen über die Gewährung eines Erschwerniszuschlages enthalten. Unter „II. Erschwerniszuschlag für sonstige Arbeitserschwernisse” heißt es dort:

„Abs. 1: Arbeiter, die an einem Tag eine oder mehrere der in nachstehendem Abs. 7 aufgeführten Arbeiten verrichten, erhalten einen Erschwerniszuschlag für den Tag. … Abs. 2: Der Erschwerniszuschlag beträgt

  1. 40 v.H. der Bemessungsgrundlage, wenn zuschlagsberechtigende Arbeiten insgesamt bis zu vier Stunden,
  2. 75 v.H. der Bemessungsgrundlage, wenn zuschlagsberechtigende Arbeiten insgesamt mehr als vier Stunden am Tag verrichtet werden. …

Abs. 4: Der Erschwerniszuschlag nach Abs. 2 bzw. Abs. 3 wird nicht gewährt, wenn die nach Abs. 2 bzw. Abs. 3 zu dem Zuschlag berechtigenden Arbeiten weniger als 10 Minuten am Tag verrichtet werden.

Abs. 6: Der Erschwerniszuschlag wird für den Tag von 0 bis 24 Uhr nur einmal gezahlt; dabei sind die auf diesen Tag entfallenden zuschlagsberechtigenden Arbeitszeiten zusammenzurechnen.

Die zuschlagsberechtigende Arbeitszeit wird durch kurzfristige, durch den Arbeitsablauf bedingte Unterbrechungen der zuschlagsberechtigenden Arbeit nicht beeinflußt, wenn die jeweilige Unterbrechung nicht länger als 30 Minuten dauert.

Abs. 7: Der Erschwerniszuschlag wird für folgende Arbeiten gewährt:

38. Arbeiten mit Blei, stark bleihaltigen Materialien, Kupferoxyden und Kupfervitriol.

86. Arbeiten in Räumen, in denen sich gesundheitsschädliche ätzende oder giftige Dämpfe oder Gase entwickeln.

…”

Bis einschließlich August 1988 zahlte die Beklagte an die Kläger für die Arbeit mit Röhrenlötzinn einen Erschwerniszuschlag aufgrund eines Schreibens vom 5. November 1979 (Az.: 322-3 A 6474-2/1), das insoweit folgendermaßen lautete:

„Röhrenlötzinn ist eine Legierung, deren Bleianteil mindestens 38 v.H. beträgt. Ich erkenne daher den Röhrenlötzinn als „stark bleihaltiges Material” im Sinne der Nr. 38 a.a.O. an mit der Folge, daß für Arbeiten mit diesem Röhrenlötzinn bei Berücksichtigung der zeitlichen Voraussetzungen der entsprechende Erschwerniszuschlag zu zahlen ist.

Diese Regelung gilt mit Wirkung vom 1.10.79; soweit bereits vorher hiernach verfahren wurde, hat es damit sein Bewenden.

…”

Gemäß Schreiben vom 19. April 1988 stellte die Beklagte die Zahlung dieses Erschwerniszuschlags ein; dieses Schreiben hat – soweit hier von Bedeutung – folgenden Wortlaut:

„Nach Abschnitt II Absatz 7 Nr. 38 der Anlage 4 TVArb ist für Arbeiten mit Blei, stark bleihaltigen Materialien, Kupferoxyden oder Kupfervitriol ein Erschwerniszuschlag zu zahlen.

Zwischen den Tarifvertragsparteien war umstritten, ob das Arbeiten mit Röhrenlötzinn als zuschlagsberechtigend im Sinne der o.a. Bestimmungen anzusehen ist. Nach einem Vergleichsvorschlag vor dem Bundesarbeitsgericht sollte in einem Schiedsgutachten die Frage, ob die Arbeit mit Röhrenlötzinn wegen eines Bleigehalts von 38 % geeignet ist, ähnliche Gesundheitsgefahren zu verursachen, wie sie bei der Arbeit mit reinem Blei entstehen können, geklärt werden. Das Gutachten des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin in H liegt nunmehr vor.

Nach diesem Gutachten ist davon auszugehen, daß der Umgang mit bleihaltigen Loten, insbesondere solchen mit einem Bleigehalt von 38 %, keine ähnlichen Gesundheitsgefahren verursacht, wie sie beim Umgang mit reinem Blei entstehen. Die Zahlung eines Erschwerniszuschlags für das Arbeiten mit Röhrenlötzinn nach Nr. 38, a.a.O. kann somit nicht in Betracht kommen.

Ich bitte, entsprechend zu verfahren; soweit bisher Erschwerniszuschlag für das Arbeiten mit Röhrenlötzinn gezahlt wurde, hat es damit für die zurückliegende Zeit sein Bewenden. Meine Vfg 322-3 A 6474-2/1 vom 05.11.79 ist damit gegenstandslos; sie ist aus dem Teil C des TVArb zu entfernen.”

In dem zitierten Gutachten hatte das Zentralinstitut für Arbeitsmedizin in H u.a. festgestellt, daß durch den Umgang mit 38 % bleihaltigem Röhrenlötzinn keine solchen Gesundheitsgefahren zu erwarten seien, wie sie beim Umgang mit reinem Blei entstünden, und die Zahlung eines tariflichen Erschwerniszuschlags daher nicht gerechtfertigt sei.

Mit ihren zunächst getrennten Klagen vom 10. Oktober 1990 (Kläger zu 1) und vom 13. Dezember 1990 (Kläger zu 2) und 3) begehren die Kläger die Weiterzahlung bzw. -berücksichtigung der Erschwerniszuschläge nach Anlage 4 Nr. 38 bzw. 86 des TV-Arb. Sie sind der Auffassung, die Arbeit mit Röhrenlötzinn sei sowohl nach Nr. 38 wie auch nach Nr. 86 der Anlage 4 zum TV-Arb zuschlagspflichtig. Bei der Arbeit mit Röhrenlötzinn handele sich um eine Tätigkeit mit „stark bleihaltigen Materialien” im Sinne der Nr. 38. Bei der Auslegung des Begriffs „stark bleihaltiges Material” sei vom eindeutigen Wortlaut der Nr. 38 auszugehen; dort heiße es nicht „überwiegend”, sondern „stark” bleihaltig. Damit könne nur der Bereich von 0 bis 50 % Bleigehalt gemeint sein. Auch die Tarifvertragsparteien hätten beim Abschluß des Tarifvertrags vom 29. April 1965 übereinstimmend erklärt, daß unter dem Begriff „stark” nicht „überwiegend” zu verstehen sei. Im Bereich von 0 bis 50 % seien 38 % als „stark bleihaltig” anzusehen. Die Gewährung des Zuschlags nach Nr. 38 sei unabhängig von einer konkreten Gesundheitsgefährdung, was sich schon daraus ergebe, daß in Nr. 38 die Arbeit mit stark bleihaltigem Material ohne weitere Voraussetzung aufgeführt sei. Der Anspruch der Kläger folge aber auch aus Nr. 86 der Anlage 4 zum TV-Arb, da diese ihre Arbeit in Räumen verrichteten, in denen sich durch das Arbeiten mit Röhrenlötzinn gesundheitsschädliche, ätzende oder giftige Dämpfe oder Gase entwickelten. Auch nach Nr. 86 komme es nicht auf eine konkrete Gesundheitsbeschädigung an; ausreichend sei vielmehr, daß eine Gesundheitsschädigung möglich sei. Diese Voraussetzung sei gegeben, da bei der Arbeit mit bleihaltigem Material immer eine Bleibelastung und auch giftige Dämpfe entstünden, wie sich u.a. daran zeige, daß Kabellöter öfter unter Hustenreiz, Atembeschwerden und Bindehautentzündungen litten. Da sich außerdem der Tarifwortlaut geändert habe, indem das bis 1988 im Tarifvertrag enthaltene Erfordernis der Gesundheitsgefährdung weggefallen sei, könnten vor 1988 ergangene Gerichtsentscheidungen für den vorliegenden Fall nicht zutreffen.

Die Kläger haben zuletzt folgende Anträge gestellt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 1.403,86 DM Erschwerniszuschlag gemäß Anlage 4 Abschnitt II TV-Arb zuzüglich 4 % Zinsen ab 22. Januar 1991 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) weitere 208,32 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Februar 1992 zu zahlen.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) 1.232,94 DM Erschwerniszuschlag gemäß Anlage 4 Abschnitt II TV-Arb zuzüglich 4 % Zinsen ab 18. Januar 1991 zu zahlen.
  4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) weitere 515,18 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Februar 1992 zu zahlen.
  5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 3) 1.347,68 DM Erschwerniszuschlag gemäß Anlage 4 Abschnitt II TV-Arb zuzüglich 4 % Zinsen ab 18. Januar 1991 zu zahlen.
  6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 3) weitere 825,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. Februar 1992 zu zahlen.
  7. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, beginnend mit dem 1. Januar 1989, Zeitlohnzuschlag gemäß § 14 Abs. 4 bis 13 des TV-Arb der Deutschen Bundespost – Telekom – für die Zeiten, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wurde, unter Berücksichtigung des Erschwerniszuschlags für das Arbeiten mit Röhrenlötzinn an sie zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet die geltend gemachten Forderungen der Höhe nach, da sie erst wieder seit dem 1. Januar 1991 Aufzeichnungen über das Arbeiten mit Röhrenlötzinn führe und daher die Klageforderungen nicht klar nachvollziehbar seien. Nach Überprüfung der Forderungen seien die Größenordnungen jedoch als plausibel anzuerkennen. In der Sache hat die Beklagte geltend gemacht, die Arbeit der Kläger mit Röhrenlötzinn falle weder unter Nr. 38 noch unter Nr. 86 der Anlage 4 zum TV-Arb, da beide Bestimmungen eine Gesundheitsgefährdung erforderten und diese nicht vorliege. Außerdem handele es sich nicht um „stark bleihaltiges Material” i.S. der Nr. 38. Die Stärke der Bleihaltigkeit sei – wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seinem Vergleichsvorschlag vom 18. Januar 1983 (– 3 AZR 570/81 –) deutlich gemacht habe – abhängig von der gesundheitsgefährdenden Wirkung. Die Arbeit mit Röhrenlötzinn sei gesundheitlich unbedenklich; es entstünden auch keine giftigen Gase oder Dämpfe bzw. würden diese gefiltert.

Das Arbeitsgericht hat nach Verbindung der Rechtsstreite den Klagen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Den Klägern stehen die geltend gemachten Erschwerniszuschläge für die Arbeiten mit Röhrenlötzinn zu. Die Zahlungsansprüche sind aber auf die Bruttobeträge beschränkt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kläger hätten einen Anspruch auf die geltend gemachten Erschwerniszuschläge nach Nr. 38 und Nr. 86, da es sich bei ihrer Tätigkeit mit Röhrenlötzinn sowohl um „Arbeiten mit stark bleihaltigen Materialien” als auch um „Arbeiten in Räumen, in denen sich gesundheitsschädliche, ätzende oder giftige Dämpfe oder Gase entwickeln” handele. Aus der Auslegung nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesamtzusammenhang der Nr. 38 folge, daß Röhrenlötzinn mit einem Bleigehalt von 38 % ein „stark bleihaltiges Material” sei. Darauf, ob die Tätigkeit mit dem bleihaltigen Material auch gesundheitsgefährdend sei, komme es nicht an, da sich ein solches zusätzliches Erfordernis dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnehmen lasse. Gegen die Annahme einer solchen über den Wortlaut hinausgehenden Voraussetzung spreche auch, daß in anderen Ziffern des Erschwerniszuschlagskatalogs das Merkmal der Gesundheitsgefährdung ausdrücklich genannt sei. Da in § 10 TV-Arb eine Gesundheitsgefährdung nicht genannt sei und auch andere in Abs. 7 genannten Tätigkeiten nicht immer einen gesundheitlichen Bezug hätten, spreche auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung gegen das zusätzliche Erfordernis einer Gesundheitsgefährdung. Auch unter systematischen Gesichtspunkten sei die Voraussetzung einer Gesundheitsgefährdung nicht erforderlich, da die Arbeit unter „erschwerten” Bedingungen durch einen Zuschlag entlohnt werden solle; ausreichendes Erschwernis sei aber, daß die Arbeit mit Röhrenlötzinn belastender und damit erschwerter sei, als die Arbeit mit bleifreien Materialien. Da bei der Arbeit mit Röhrenlötzinn Dämpfe und/oder Gase entstünden, seien auch die Voraussetzungen der Zuschlagspflicht nach Nr. 86 gegeben. Dabei sei es ausreichend, daß sich eine Gesundheitsgefährdung ergeben könne. Insoweit komme es lediglich auf die objektive Beschaffenheit des Stoffes an. Danach sei schon die Bleibelastung an sich ausreichend. Soweit die Gefährdung durch Filter vermieden werden könnte, sei es ausschließlich Sache der Tarifvertragsparteien, bei einer erheblichen Verringerung des Gefährdungsgrades eine Anpassung der Tarifnorm an den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik vorzunehmen. Für den Feststellungsantrag ergebe sich das rechtliche Interesse der Kläger bereits daraus, daß sich die Beklagte weigere, den Klägern die grundsätzlich zustehenden Zuschläge auszuzahlen bzw. bei der Berechnung der Zeitzuschläge zu berücksichtigen.

II. Dem Landesarbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis wie im we

sentlichen auch in der Begründung zuzustimmen. Den Klägern stehen die begehrten Erschwerniszuschläge in der jeweils geltend gemachten Höhe als Bruttobeträge zu. Dabei ist die Entscheidung des Senats zur gleichen Rechtsfrage vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 177/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) zugrundezulegen. In dieser Entscheidung hat der Senat einem Fernmeldehandwerker in einem Fernmeldezeugamt, zu dessen Tätigkeitsbereich u.a. Lötarbeiten mit Röhrenlötzinn, das einen Bleigehalt von 38 % aufwies, den Erschwerniszuschlag für Arbeiten mit stark bleihaltigen Materialien nach Anlage 4 Abschnitt II Abs. 7 Nr. 38 zum TV-Arb zugesprochen.

a) Hinsichtlich eines dem im vorliegenden Verfahren vergleichbaren Feststellungsantrages (Klageantrag 7) hat der Senat in dem Urteil vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 177/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) die Revision bereits als unzulässig angesehen, weil sich die Beklagte in der Revision mit diesem Teil der Begründung des Berufungsurteils nicht auseinandergesetzt hatte. Da sich die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren in ihrer Revisionsbegründung nicht mit der Verurteilung gemäß dem Feststellungsantrag der Kläger befaßt hat, ist auch in diesem Rechtsstreit ihre Revision insoweit unzulässig.

b) Das Landesarbeitsgericht hat den Klägern im Ergebnis zutreffend die geltend gemachten Erschwerniszuschläge zugesprochen. Es hat zu Recht aufgrund der Tarifauslegung festgestellt, daß es sich bei der Tätigkeit der Kläger mit Röhrenlötzinn um „Arbeiten mit stark bleihaltigen Materialien” i.S. der Nr. 38 der Anlage 4 Abschnitt II Abs. 7 zum TV-Arb handelt. Wie der Senat in dem Urteil vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 177/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) bereits begründet hat, kommt es darauf, ob die „Arbeiten mit stark bleihaltigen Materialien” zusätzlich auch gesundheitsgefährdend sind, nicht an, da das weder die Anlage 4 zum TV-Arb noch der TV-Arb selbst verlangen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt; zur Begründung kann auf das Urteil des Senats vom 23. Juni 1993 Bezug genommen werden.

c) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß die Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Erschwerniszuschläge vorliegen. Entsprechend den Ausführungen des Senats im Urteil vom 23. Juni 1993 (– 10 AZR 177/92 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) ist auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Kläger die die Anspruchshöhe begründenden Tatsachen durch Vorlage von Aufzeichnungen schlüssig vorgetragen haben und das Bestreiten der Beklagten unbeachtlich ist. Der Umstand, daß die Beklagte keine Aufzeichnungen über die Arbeiten der Kläger mehr hat, kann nicht zu Lasten der Kläger gehen, zumal seit 1987 die Frage, ob für Lötarbeiten Zuschläge zu zahlen sind, streitig war. Die Beklagte hatte also allen Grund, solche Aufzeichnungen zu fertigen und aufzubewahren, wenn sie Ansprüche auf den Erschwerniszuschlag nicht nur dem Grund nach, sondern auch hinsichtlich der Höhe im Einzelfall bestreiten wollte. Im übrigen hat die Beklagte die Größenordnungen der Klageforderungen als plausibel anerkannt.

d) Da somit das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, daß den Klägern die mit ihren Klagen geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Erschwerniszuschlägen nach Nr. 38 der Anlage 4 Abschnitt II Abs. 7 zum TV-Arb zustehen und die Beklagte verpflichtet ist, beginnend mit dem 1. Januar 1989 Zeitlohnzuschläge gemäß § 14 Abs. 4 bis 13 des TV-Arb für Zeiten, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wurde, unter Berücksichtigung dieser Erschwerniszuschläge für das Arbeiten mit Röhrenlötzinn an die Kläger zu zahlen, hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die Klageansprüche auch aus der Nr. 86 der Anlage 4 Abschnitt II Abs. 7 zum TV-Arb begründet wären.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Weinmann, Bacher

 

Fundstellen

Dokument-Index HI916150

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