Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Wartungs- und Sanitärhandwerkers im Gesundheitswesen

 

Leitsatz (amtlich)

Zentrale “Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen” im Sinne der Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 für Arbeiter im Gesundheitswesen des TV Lohngruppen-TdL sind nur solche Einrichtungen bzw. Anlagen, die ein Krankenhaus der Maximalversorgung insgesamt oder doch wesentliche Teile desselben zentral ver- bzw. entsorgen, nicht aber solche Einrichtungen bzw. Anlagen, die nur eine einzelne Klinik des Krankenhauses der Maximalversorgung ver- bzw. entsorgen.

 

Normenkette

MTL II §§ 21-22; Tarifvertrag über das Lohngruppenverzeichnis zum Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder vom 11. Juli 1966 (TV Lohngruppen-TdL) Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 14.07.1995; Aktenzeichen 13 Sa 1393/94)

ArbG Marburg (Urteil vom 15.04.1994; Aktenzeichen 2 Ca 724/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung des Klägers.

Dieser ist seit dem 1. Januar 1971 bei dem beklagten Land als Wartungs- bzw. Sanitärhandwerker für die technischen Anlagen im medizinischen Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde im Klinikum der … -Universität … beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) und die diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Außerdem haben die Parteien die Anwendung des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder (MTL II) und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge auch vertraglich vereinbart.

Der MTL II ist mit Wirkung ab 1. März 1996 durch den Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 abgelöst worden; die Einreihungsmerkmale haben sich dadurch nicht geändert.

  • Der Kläger führt folgende Tätigkeiten aus:
  • Wartung und Instandhaltung der zentralen Sauerstoff- und Lachgasanlage für den gesamten Operations- und Intensivbereich der Zahnklinik. Es handelt sich dabei um vier Operationssäle und zwei bis drei Intensivbetten bei insgesamt vierzig bis fünfzig Betten (Anteil an der Arbeitszeit: 10 %).
  • Wartung und Instandhaltung von zwei zentralen Großsterilisationsanlagen. Für die Teile des Klinikums auf den … gibt es entsprechende und erweiterte Anlagen (Anteil an der Arbeitszeit: 20 %).
  • Selbständige Ausführungen und Aufsicht über alle Wartungs- und Reparaturarbeiten an 85 zahnärztlichen Behandlungseinheiten (Strom-. Wasser-, Druckluft- und Absaugsysteme) – (Anteil an der Arbeitszeit: 40 %).
  • Pflege, Wartung und Instandhaltung von 2 Drucklufterzeugungsanlagen einschl. Rohrsystem zu 254 Entnahmestellen. Diese Drucklufterzeugungsanlagen haben 4 Kessel. Der auf den … gelegene Teil des Klinikums hat eine entsprechende Anlage mit mehr Kesseln (Anteil an der Arbeitszeit: 10 %).
  • Wartungs-, Pflege- und Reparaturarbeiten an den beiden Absauganlagen der Zahnklinik für die 85 zahnärztlichen Behandlungsplätze und weiteren 250 Übungsplätze für Studenten. Es handelt sich dabei zum einen um 12 gekoppelte, hintereinander geschaltete Saugmaschinen im Gebäude A des Zahnklinikums und weitere 2 Saugmaschinen im Gebäude B (Anteil an der Arbeitszeit: 20 %).

Der Kläger hat zusammen mit seinen Kollegen die Vakuumanlage für das medizinische Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Zahnklinik) selbst entwickelt und hergestellt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage, die Steuerung und Regelung der von ihm zu betreuenden Anlagen in der Zahnklinik technischen Änderungen anzupassen und hat dies bereits getan.

Der Kläger hat eine dreijährige Ausbildung im Gas- und Wasserinstallationshandwerk absolviert und die Gesellenprüfung abgelegt. Während des Arbeitsverhältnisses besuchte der Kläger zahlreiche Fort- und Weiterbildungskurse, vor allem im Bereich der Wartung von Dentaleinheiten. In den Jahren von 1972 bis 1987 nahm der Kläger an 11 Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen mit einer Dauer von insgesamt 32 Tagen (220 – 230 Unterrichtsstunden) teil.

Bei seiner Einstellung ist der Kläger in die Lohngruppe 7 des Tarifvertrags über das Lohngruppenverzeichnis zum MTL II (im folgenden: TV Lohngruppen-TdL) eingereiht worden. Ab dem 1. Juli 1981 wurde der Kläger nach Lohngruppe 9 entlohnt. Seit dem 1. Oktober 1990 ist der Kläger in die mit dem Änderungstarifvertrag Nr. 11 vom 22. März 1991 neu eingeführte Lohngruppe 8a eingereiht. Der Lohn des Klägers betrug im Jahre 1993 rund 4.580,-- DM brutto im Monat.

Der Kläger ist freigestelltes Personalratsmitglied.

Der mit Datum vom 30. August 1991 vom Vorstand des Klinikums der … -Universität … beim beklagten Land gestellte Antrag, den Kläger ab dem 1. Oktober 1990 in die Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL einzureihen, wurde vom zuständigen hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst abgelehnt.

Mit seiner Klage vom 10. August 1993 begehrt der Kläger die Feststellung, daß er seit 1. Oktober 1990 nach Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL zu vergüten ist. Diese lautet, soweit vorliegend von Interesse:

“Lohngruppe 9

18. Im Gesundheitswesen

18.1 Arbeiter der Lohngruppe 4 Nr. 1 mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung in einem einschlägig anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 3 Jahren (z.B. Elektromechaniker, Energieelektroniker, Kälteanlagenbauer, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Meß- und Regelmechaniker) mit Meisterbrief oder mit einer zusätzlichen fachlichen Fortbildung, die verschiedene Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen (z.B. zentrale Sauerstoffanlagen, zentrale Vakuumanlagen, zentrale Lachgasanlagen, zentrale Druckluftanlagen, zentrale Sterilisationsanlagen, zentrale Destillierungsanlagen, zentrale Meß-, Steuer- und Regelanlagen für Klima- und Kälteanlagen in Krankenhäusern der Maximalversorgung) warten, instand setzen, die Betriebsbereitschaft gewährleisten und in der Lage sind, die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen.

…”

Das beklagte Land lehnte die Höhergruppierung des Klägers ab.

Der Kläger ist der Auffassung, er erfülle die tarifvertraglichen Voraussetzungen der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL. Er habe einen anerkannten Ausbildungsberuf mit mindestens drei Jahren Ausbildung erlernt, umfangreiche zusätzliche fachliche Fortbildung betrieben und betreue in einem Krankenhaus der Maximalversorgung mit der zentralen Sauerstoff- und Lachgasanlage des medizinischen Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sowie mit der zentralen Drucklufterzeugungsanlage, den zwei Großsterilisationsanlagen und der Absauganlage für die 85 zahnärztlichen Behandlungsplätze zentrale Spezialanlagen bzw. -einrichtungen im tarifvertraglichen Sinne zu mehr als 60 % seiner Arbeitszeit. Es sei nicht erforderlich, daß diese Spezialanlagen bzw. -einrichtungen das gesamte Klinikum mit all seinen Abteilungen und Zentren versorge; eine zentrale Sterilisationsanlage oder Sauerstoffanlage für das gesamte Klinikum gebe es überhaupt nicht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an ihn seit 1. Oktober 1990 Lohn nach Lohngruppe 9 MTL II zuzüglich 4 % Zinsen aus den sich daraus ergebenden Nettodifferenzbeträgen zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hält die Klage nicht für begründet, weil es sich bei den vom Kläger betreuten Anlagen und Einrichtungen nicht um Spezialanlagen bzw. -einrichtungen im Tarifsinne handele. Der Kläger betreue keine zentralen Anlagen in einem Krankenhaus der Maximalversorgung, da die vom Kläger gewarteten Anlagen nur der Zahnklinik dienten. Außerdem erfülle der Kläger die persönlichen Voraussetzungen der Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL nicht, da er nicht in seinem Ausbildungsberuf bzw. in einem diesem verwandten Beruf tätig sei und über keinen Meisterbrief verfüge. Dem Kläger fehle ferner die erforderliche Qualifikation für die Einreihung in die Lohngruppe 9.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist begründet.

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Entlohnung nach Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL. Das klagestattgebende Urteil des Landesarbeitsgerichts ist daher aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klagestattgebende Entscheidung im wesentlichen damit begründet, der Kläger erfülle die tariflichen Merkmale der Lohngruppe 9 des kraft Vereinbarung wie auch kraft beiderseitiger Tarifbindung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren TV Lohngruppen-TdL. Der Kläger habe eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von über zweieinhalb Jahren und sei als Wartungshandwerker für technische Anlagen auch in einem zumindest verwandten Beruf beschäftigt. Der Kläger sei im Gesundheitswesen eingesetzt und führe zu 60 % seiner Arbeitszeit Tätigkeiten an verschiedenen Spezialanlagen bzw. -einrichtungen im Tarifsinne aus. Die Sauerstoff- und Lachgasanlage, die Großsterilisationsanlage und die Drucklufterzeugungsanlage des zahnmedizinischen Zentrums stellten zentrale Anlagen in einem Krankenhaus der Maximalversorgung dar. Dafür sei nicht erforderlich, daß diese Anlagen für das gesamte Klinikum zuständig seien; vielmehr genüge es, wenn diese Anlagen zentral einen wesentlichen Teil des gesamten Krankenhauses versorgten. Eine Anlage sei dann “zentral”, wenn sie wesentlich, äußerst wichtig, im Mittelpunkt stehend sei. Im Tarifsinne müsse es sich nur jeweils um zentrale Anlagen in Krankenhäusern der Maximalversorgung handeln, nicht um die zentralen Anlagen. Die vom Kläger betreuten Anlagen seien jedenfalls als Spezialanlagen im Sinne der tariflichen Vorschrift anzusehen, da es sich um größere Anlagen zur Versorgung einer Vielzahl von Abnehmern handele. Der Kläger erfülle die persönlichen Voraussetzungen für die Einreihung in Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL, da er eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildung von mindestens drei Jahren aufweise, in einem zumindest verwandten Beruf beschäftigt sei und eine zusätzliche fachliche Fortbildung absolviert habe. Gemäß § 40 Abs. 2 des Hessischen Personalvertretungsgesetzes behalte der Kläger seinen Anspruch auch während der Zeit, während der er als Personalratsmitglied freigestellt sei.

Dem Landesarbeitsgericht kann weder in der Begründung noch im Ergebnis gefolgt werden.

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entlohnung nach Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL.

1. Die Klage ist zulässig.

Es handelt sich um eine sog. Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (vgl. z.B. BAG Urteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies gilt auch für den auf die Verzinsung gerichteten Feststellungsantrag (BAG Urteil vom 21. Januar 1970 – 4 AZR 106/69 – BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

2. Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Tätigkeit des Klägers erfüllt nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des Einreihungsmerkmals der Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL.

a) Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob der Kläger die persönlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Entlohnung nach dieser Lohngruppe erfüllt, ob er also die tariflich vorgeschriebene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren erfolgreich abgeschlossen hat und auch in einem zumindest verwandten Beruf beschäftigt wird sowie eine zusätzliche fachliche Fortbildung absolviert hat.

Die vom Kläger begehrte Eingruppierung scheitert bereits daran, daß er nicht zentrale Spezialanlagen bzw. -einrichtungen in einem Krankenhaus der Maximalversorgung i.S. der Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL betreut.

b) Für die Einreihung und Vergütung des Klägers ist § 21 Abs. 1 MTL II maßgebend. Der Lohn des Klägers richtet sich nach seiner Tätigkeit, seiner Dienstzeit und seinem Lebensalter. Maßgebend ist dabei die mit mindestens der Hälfte der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ausgeübte Tätigkeit. An dieser Rechtslage hat sich ab dem 1. März 1996 nichts geändert; § 21 Abs. 1 MTArb ist wortgleich mit § 21 Abs. 1 MTL II.

Die tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung des Klägers in Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL sind nicht erfüllt.

Neben den persönlichen Voraussetzungen – einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung in einem einschlägigen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren und einer Beschäftigung in diesem oder einem verwandten Beruf sowie einem Meisterbrief oder einer zusätzlichen fachlichen Fortbildung – setzt die vom Kläger begehrte Einreihung in Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL insbesondere voraus, daß der Arbeiter verschiedene Spezialeinrichtungen bzw. -anlagen wie z.B. zentrale Sauerstoffanlagen, zentrale Vakuumanlagen, zentrale Lachgasanlagen, zentrale Druckluftanlagen, zentrale Sterilisationsanlagen, zentrale Destilieranlagen, zentrale Meß-, Steuer- und Regelanlagen für Klima- und Kälteanlagen in Krankenhäusern der Maximalversorgung wartet, instand setzt, die Betriebsbereitschaft gewährleistet und in der Lage ist, die Regelung und Steuerung der Anlagen technischen Änderungen anzupassen. Die vom Kläger im medizinischen Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Klinikums der … -Universität … betreuten Anlagen, nämlich die Sauerstoff- und Lachgasanlage, die Großsterilisationsanlagen und die Drucklufterzeugungsanlagen erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen für den tariflichen Begriff der “Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen” im Sinne der Lohngruppe 9 aber nicht, da diese Anlagen bzw. Einrichtungen keine zentralen Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen eines Krankenhauses der Maximalversorgung sind.

Daß die Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen im Sinne der Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL zentrale Einrichtungen bzw. -anlagen eines Krankenhauses der Maximalversorgung sein müssen, ergibt die Auslegung des Tarifvertrages. Die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Ist der Tarifwortlaut nicht eindeutig, muß der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien berücksichtigt werden, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (seit BAGE 42, 86 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung, ständige Rechtsprechung des BAG). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG Urteil vom 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364 = AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen folgt aus dem Wortlaut und aus dem Gesamtzusammenhang der Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL, daß die Spezialeinrichtungen bzw. -anlagen das Krankenhaus der Maximalversorgung insgesamt oder doch wesentliche Teile desselben ver- und entsorgen müssen und nicht nur eine einzelne Klinik in diesem Krankenhaus der Maximalversorgung.

Die Tarifvertragsparteien haben in Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL durch einen Klammerzusatz beispielhaft aufgezählt, welche Einrichtungen bzw. -anlagen unter den Oberbegriff der “Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen” fallen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dann, wenn eines dieser Beispiele erfüllt wird, auch das Tatbestandsmerkmal des Oberbegriffes erfüllt (BAG Urteil vom 5. Juli 1978 – 4 AZR 795/76 – AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 29. April 1981 – 4 AZR 1007/78 – AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – AP Nr. 1 zu § 12 AVR Diakonisches Werk). Wird keines der in der Tarifnorm genannten Beispiele erfüllt, ist auf den allgemeinen Oberbegriff zurückzugreifen. Dabei ist für dessen Bestimmung von den Maßstäben der Beispielstatbestände auszugehen, weil die Tarifvertragsparteien mit den tariflichen Beispielsfällen das Maß und die Richtung für die Auslegung des allgemeinen Oberbegriffs vorgegeben haben (BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Nach diesen Grundsätzen ergibt die Auslegung des tariflichen Oberbegriffs der “Spezialeinrichtungen bzw. Spezialanlagen” in Lohngruppe 9 Fallgruppe 18.1 des TV Lohngruppen-TdL, daß es sich dabei um zentrale Anlagen eines Krankenhauses der Maximalversorgung handeln muß. Das folgt daraus, daß die Klammerbeispiele Sauerstoffanlagen, Vakuumanlagen, Lachgasanlagen, Druckluftanlagen, Sterilisationsanlagen, Destillieranlagen, Meß-, Steuer- und Regelanlagen für Klima- und Kälteanlagen jeweils als zentrale Anlagen im Klammerzusatz aufgeführt sind. Aus den Klammerbeispielen der Tarifnorm ist daher zu schließen, daß es sich bei den im tariflichen Oberbegriff genannten Spezialeinrichtungen und Spezialanlagen um“zentrale” Einrichtungen oder Anlagen des Krankenhauses der Maximalversorgung handeln muß. “Zentral” bedeutet dabei in der Mitte, im Mittelpunkt befindlich, von ihm ausgehend (Duden, Die Deutsche Rechtschreibung, 21. Aufl., Stichwort: zentral).

Daß sich der Begriff “zentral” in Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 nicht nur auf einzelne Kliniken – wie hier die Zahnklinik – bezieht, folgt dabei aus dem im Klammerzusatz hergestellten Zusammenhang mit einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Maßgebend für die Einreihung in Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL kommt es daher darauf an, daß die in der Tarifnorm aufgeführten Spezialanlagen bzw. -einrichtungen für das Krankenhaus der Maximalversorgung zentral zuständig sind. Ver-/entsorgen die Anlagen lediglich ein einzelnes Klinikum in dem Krankenhaus der Maximalversorgung, handelt es sich dabei nicht um eine zentrale Spezialeinrichtung bzw. -anlage des Krankenhauses der Maximalversorgung. Ist – wie hier – das gesamte Klinikum der … -Universität … als Krankenhaus der Maximalversorgung im Tarifsinne anzusehen, müssen auch die zentralen Spezialeinrichtungen bzw. -anlagen im Zusammenhang mit dem gesamten Klinikum, dem Krankenhaus der Maximalversorgung gesehen werden.

Würde es ausreichen, daß die Einrichtung oder Anlage nur eine einzelne Klinik ver- bzw. entsorgt, hätte es der näheren Eingrenzung durch das Adjektiv “zentral” nicht bedurft. Diese hätte nur dann einen Sinn, wenn solche Einrichtungen und Anlagen, z.B. Lachgasanlagen, auch in einem einzelnen Klinikum überlicherweise mehrfach, auf jeder Station, vorhanden wären. Dafür ist aber nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.

Darüber hinaus wäre dann nicht verständlich, warum das einzelne Klinikum Teil eines Krankenhauses der Maximalversorgung sein muß. Sollte es nur auf die Verhältnisse im einzelnen Klinikum ankommen, müßte notwendig ohne Einfluß sein, ob dieses Klinikum Teil einer größeren Einheit ist oder nicht.

Da die vom Kläger betreuten Anlagen und Einrichtungen (Sauerstoff- und Lachgasanlagen, Großsterilisationsanlagen, Drucklufterzeugungsanlagen) lediglich die Zahnklinik ver- und entsorgen sind sie keine zentralen Spezialeinrichtungen bzw. -anlagen des Klinikums, des Krankenhauses der Maximalversorgung im Tarifsinne. Da die vom Kläger betreuten Anlagen und Einrichtungen ausschließlich für die Zahnklinik zuständig sind, braucht der Senat nicht zu entscheiden, für wieviele Abteilungen bzw. Kliniken eine Anlage bzw. Einrichtung ver-/entsorgen müßte, um als zentrale Spezialeinrichtung bzw. -anlage im Sinne der Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL angesehen zu werden.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Fallgruppe 18.1 der Lohngruppe 9 des TV Lohngruppen-TdL demnach schon deshalb nicht, weil die von ihm betreuten Einrichtungen bzw. Anlagen keine zentralen Einrichtungen bzw. Anlagen des Krankenhauses der Maximalversorgung sind; seine Klage ist daher abzuweisen. Auf die Revision des beklagten Landes ist somit das klagestattgebende Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Jobs, Hauck, Walther, Staedtler

 

Fundstellen

Haufe-Index 884880

AP, 0

MedR 1998, 25

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