Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung im öffentlichen Dienst
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zum Senatsurteil vom 16. Juli 1996 – 3 AZR 352/95 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen.
Normenkette
BetrAVG § 1; BAT § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. März 1995 – 6 Sa 1212/94 – wird zurückgewiesen.
2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 26. August 1994 – 1 Ca 435/94 – wird zur Klarstellung wie folgt gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen schriftlichen Versorgungsvertrag nach beamtenrechtlichen Grundsätzen anzubieten.
3. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte dem Kläger den Abschluß eines Vertrages über eine Zusatzversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen anbieten muß.
Der Vorstand des Beklagten hatte am 6. Dezember 1978 einen nicht allgemein förmlich bekanntgemachten Vorstandsbeschluß zur „Verleihung von Versorgungsrechten nach beamtenrechtlichen Grundsätzen an Verbandsbedienstete” gefaßt, in dem es u.a. heißt:
„1. Versorgungszusagen werden ab Vergütungsgruppe II BAT grundsätzlich nach einer vierjährigen Bewährungszeit im Verbandsdienst, frühestens aber mit Vollendung des 33. Lebensjahres, erteilt. Die vierjährige Bewährungszeit rechnet vom Zeitpunkt der Einstellung beim Verband an. Bei Verbandsmitarbeitern, die vor Absolvierung des Sparkassenfachlehrganges bereits im Verbandsdienst tätig waren, rechnet die vierjährige Bewährungszeit ab dem Zeitpunkt der Sparkassenfachprüfung; bei akademischen Nachwuchskräften wird die Traineezeit nicht auf die vierjährige Bewährungszeit angerechnet.
…”
In der Zeit zwischen Anfang 1979 und Ende 1991 schloß der Beklagte mit sämtlichen bei ihm eingestellten Mitarbeitern, welche die Voraussetzungen dieses Vorstandsbeschlusses erfüllt hatten, schriftliche Versorgungsverträge ab. In den insgesamt 33 Fällen eines Versorgungsvertrages wurde allerdings nur fünfmal die Vier-Jahres-Frist genau eingehalten. Sieben Mitarbeiter erhielten eine vorzeitige Versorgungszusage, weil sie bereits in ihrem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis Versorgungsanwartschaften erlangt hatten. In 14 Fällen erfolgte die Vereinbarung innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Vier-Jahres-Frist, viermal wurde die Versorgungsvereinbarung innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf dieser Frist sowie je einmal nach Ablauf von drei, vier und mehr als fünf Jahren abgeschlossen.
Der am 31. Januar 1944 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 1988 beim Beklagten als Dozent der Sparkassen-Akademie tätig. Er erhält Vergütung nach der VergGr. II BAT sowie eine monatliche Zulage in Höhe von 12,5 % der jeweiligen Vergütung. Weiter ist festgelegt, daß für das Dienstverhältnis die tariflichen Bestimmungen für Angestellte in der jeweils für die Mitglieder des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz oder dessen Funktionsnachfolger maßgebenden Fassung gelten. Dem Vertragsschluß war am 29. Januar 1988 ein Einstellungsgespräch zwischen dem Kläger und fünf Mitarbeitern des Beklagten vorausgegangen. Dabei wurde auch darüber gesprochen, daß der Beklagte bisher an einen bestimmten Mitarbeiterkreis unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungszusagen erteilt hat. Ob darüber hinausgehende Zusagen von seiten des Beklagten gemacht worden sind, ist zwischen den Parteien streitig.
Erstmals im April 1992 und dann erneut im Oktober 1993 verlangte der Kläger von dem Beklagten erfolglos den Abschluß eines Versorgungsvertrages.
Mit seiner Klage vertritt der Kläger die Auffassung, er habe einen Rechtsanspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages erworben, nachdem er dessen Voraussetzungen im Sommer 1992 erfüllt habe. Der bei dem Einstellungsgespräch am 29. Januar 1988 anwesende Schulleiter A habe ihm zugesagt, daß er nach einer vierjährigen Bewährung im Verbandsdienst eine Versorgungszusage erhalten werde. Diese Zusage stelle sich als Ausführung der im Vorstandsbeschluß vom 6. Dezember 1978 festgehaltenen und verbindlichen Richtlinien dar. Sein Anspruch ergebe sich jedenfalls aus einer beim Beklagten bestehenden betrieblichen Übung. Soweit der Beklagte diese Übung im Frühjahr 1992 eingestellt haben sollte, würde dies an seiner 1988 entstandenen Rechtsposition nichts ändern. § 4 Abs. 2 BAT stehe einem Anspruch aus betrieblicher Übung nicht entgegen. Sein Anspruch ergebe sich im übrigen auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die eingeschränkte Handhabung des Beklagten seit dem Frühjahr 1992 schließe seinen Anspruch nicht aus.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen schriftlichen Versorgungsvertrag anzubieten;
hilfsweise,
festzustellen, daß die dem Kläger am 29. Januar 1988 erteilte mündliche Versorgungszusage wirksam und verbindlich ist.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, dem Kläger sei beim Einstellungsgespräch im Januar 1988 keine Zusage für den Abschluß eines Versorgungsvertrages gegeben worden. Dies könne man auch dem Dienstvertrag des Klägers entnehmen, der hierzu ebensowenig eine Aussage enthalte, wie das Einstellungsschreiben des Beklagten vom 2. März 1988. Darüber hinaus wäre keiner der beim Einstellungsgespräch anwesenden Herren bevollmächtigt gewesen, dem Kläger eine rechtsverbindliche Zusage zu erteilen. Für eine Versorgungszusage sei nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 der Satzung des Beklagten ausschließlich der Hauptausschuß zuständig, dem der Präsident des Beklagten jeweils entsprechende Beschlußvorlagen zuleite. Auf diese Zuständigkeit wäre der Kläger bei seinem Einstellungsgespräch in jedem Falle hingewiesen worden, sollte hierüber im einzelnen gesprochen worden sein.
Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheitere bereits am Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 Satz 1 BAT. Im übrigen habe der Beklagte bereits seit dem Frühjahr 1992 nicht mehr allgemein Versorgungszusagen erteilt. Es gebe nur noch drei Einzelfälle, bei denen Besonderheiten maßgeblich gewesen seien. In zwei Fällen seien Finanzbeamte für die Tätigkeit im Verband angeworben worden, die nur mit einer solchen Zusage zum Beklagten gewechselt seien. Im dritten Fall sei die Erteilung der Versorgungszusage Gegenleistung für einen Wohnsitzwechsel gewesen, der mit der Übernahme einer neuen und für den Beklagten besonders wichtigen Funktion verbunden gewesen sei.
Grund für die Beendigung der bisherigen Praxis beim Beklagten sei eine vom Präsidenten des Beklagten veranlaßte Umfrage im Januar und Februar 1992 gewesen, aus der sich ergeben habe, daß in anderen Regionalverbänden nur ausnahmsweise Versorgungsvereinbarungen getroffen würden. Im Jahre 1993 sei dann auch der Vorstandsbeschluß vom 6. Dezember 1978 förmlich aufgehoben worden.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben dem Hauptantrag entsprochen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Beklagte muß dem Kläger den Abschluß eines schriftlichen Versorgungsvertrages anbieten. Dies haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden. Im Urteilsausspruch war nur entsprechend dem Rechtsschutzziel des Klägers klarzustellen, daß der Versorgungsvertrag eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zum Gegenstand haben muß.
Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten verlangen, daß dieser mit ihm einen Versorgungsvertrag über eine Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen schließt. Er hat diesen Anspruch am 1. Juli 1992 jedenfalls aufgrund einer entsprechenden, beim Beklagten geltenden betrieblichen Übung erlangt. Darauf, ob ihm beim Einstellungsgespräch eine entsprechende Versorgung zugesagt wurde und ob eine solche Zusage wirksam wäre, kommt es nicht an.
I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers vertragliche Ansprüche auf eine Leistung begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen durften, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt (BAGE 23, 213, 218 f. = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu I 1 der Gründe; BAG Urteil vom 29. November 1983 – 3 AZR 491/81 – AP Nr. 15 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 2 a der Gründe). Auch ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung kann durch betriebliche Übung begründet werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG; BAG Urteil vom 29. Oktober 1985 – 3 AZR 462/83 – AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Betriebliche Übung).
II. Der Beklagte hat zwischen 1978 und dem Frühjahr 1992 ein wiederholtes und gleichförmiges Verhalten gezeigt, aus dem dessen Arbeitnehmer schließen durften, ein entsprechendes rechtsbegründendes Verhalten werde auch in Zukunft stattfinden.
1. Der Beklagte hat unstreitig mit allen Arbeitnehmern mit einem Monatsgehalt mindestens nach der VergGr. II BAT-VKA vier Jahre nach Eintritt in den Betrieb des Beklagten einen Versorgungsvertrag über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen geschlossen, wenn der betreffende Arbeitnehmer sich innerhalb dieses Zeitraums in seiner Tätigkeit im Verband bewährt hatte. Dies hat bei der betroffenen Arbeitnehmergruppe das Vertrauen darauf begründet, daß auch in Zukunft entsprechend verfahren wird. Daß dies so war, ergibt sich, auch wenn man von dem Beklagtenvorbringen in diesem Punkt ausgeht, aus dem Inhalt des Einstellungsgespräches des Klägers. Wenn dort führende Mitarbeiter des Beklagten auf die beim Beklagten bestehende Praxis der Erteilung von Versorgungszusagen hingewiesen haben, zeigt dies, daß die entsprechende Übung des Beklagten in der Vergangenheit im Januar 1988 die Vorstellung der im Betrieb bereits tätigen Arbeitnehmer ausgelöst hatte, der Beklagte werde auch in Zukunft in entsprechender Weise verfahren.
2. Dem steht nicht entgegen, daß der Beklagte in mehreren Fällen nicht unmittelbar nach Ablauf von vier Jahren den Abschluß eines Versorgungsvertrages angeboten hat. Dabei sind die Abweichungen von der Regel nicht so erheblich, wie sie der Beklagte bewertet. Sieht man von den Fällen ab, in denen die Versorgungszusage verfrüht erteilt wurde, weil von Versorgungszusagen begleitete Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen waren, dann ergibt sich im übrigen das folgende Bild: In 19 der verbleibenden 26 Fälle erfolgte die Zusage entweder genau nach vier Jahren oder innerhalb des ersten Jahres nach Ablauf dieses Zeitraums. Dabei sind diese Abweichungen zwanglos damit zu erklären, daß beim Beklagten vor der förmlichen Erteilung einer Versorgungszusage ein Beschluß des Hauptausschusses ergangen ist. Es kann unterstellt werden, daß dessen Sitzungstermine nicht stets mit dem Ablauf der jeweiligen Bewährungsfristen abgestimmt wurden. In den verbleibenden sieben Fällen, in denen es mehr als fünf, sechs, sieben und neun Jahre dauerte, bis die förmliche Versorgungszusage erteilt wurde, trägt der Beklagte keine Gründe für die Verzögerungen vor. Gleichwohl stehen auch diese Fälle der Annahme einer betrieblichen Übung nicht entgegen. Der Vorstandsbeschluß vom 6. Dezember 1978, der als interne Richtlinie Grundlage der festgestellten betrieblichen Übung ist, formuliert die Pflichten des Vorstandes eindeutig: Die Versorgungszusage ist grundsätzlich zu erteilen, wenn der Arbeitnehmer, der die übrigen Voraussetzungen erfüllt, sich in vierjähriger Verbandszugehörigkeit bewährt hat. Da der Beklagte sich nicht auf eine vom Vorstandsbeschluß abweichende Handhabung berufen hat, muß davon ausgegangen werden, daß es dann zu verspäteten Versorgungszusagen gekommen ist, wenn sich die betreffenden Arbeitnehmer erst nach den genannten Fristen und nicht innerhalb der vierjährigen Regelfrist bewährt hatten. Es handelt sich damit nicht um Ausnahmen, sondern um Bestätigungen der festgestellten Regel.
III. Mit seinem Eintritt in den Betrieb des Beklagten hat der Kläger einen Anspruch erworben, für den Fall einer vierjährigen Bewährung im Verbandsdienst einen Vertrag über eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu erhalten.
1. Es kann dahinstehen, ob ein vertraglicher Anspruch aus betrieblicher Übung stets allein dadurch begründet wird, daß ein Arbeitnehmer in einen Betrieb eintritt, in dem eine entsprechende Übung besteht. Der Kläger hat bereits bei den Einstellungsgesprächen von der beim Beklagten bestehenden Übung erfahren. Das aufgrund tatsächlicher Handhabung an die betreffende Arbeitnehmergruppe gerichtete Angebot ist damit auch dem Kläger zugegangen und von ihm angenommen worden (§ 151 BGB).
2. Der Anspruch des Klägers ist, wenn auch bedingt, bereits mit seinem Eintritt in den Betrieb des Beklagten entstanden. Der zu entscheidende Rechtsstreit unterscheidet sich von dem Lebenssachverhalt, welcher dem Senatsurteil vom 29. Oktober 1985 (– 3 AZR 462/83 – AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Betriebliche Übung) zugrunde gelegen hat. Der Beklagte hat hier seine Zustimmung zum Abschluß eines Versorgungsvertrages nicht nach außen erkennbar von einer im wesentlichen ungebundenen Entscheidung des Einzelfalls abhängig gemacht. Zwar ist die Erteilung der Versorgungszusage aus der Sicht bei Arbeitsvertragsschluß von dem ungewissen Ereignis eines Verbleibens im Arbeitsverhältnis und einer Bewährung des Arbeitnehmers abhängig. Erfüllt aber der Arbeitnehmer diese Voraussetzungen, dann hat er ohne weiteres den Anspruch; der Beklagte hat nach seiner eigenen Übung nicht das Recht, trotz Erfüllung dieser Voraussetzungen die Zusage zu verweigern. Der Beklagte hat sich insbesondere nicht das Recht vorbehalten, eine Ermessensentscheidung darüber zu treffen, ob der Versorgungsvertrag abgeschlossen wird oder nicht. Zwar hat der Hauptausschuß des Beklagten hierüber eine eigene Entscheidung zu fällen. Diese Entscheidung ist aber an die Feststellung der Erfüllung der Voraussetzungen für die Versorgungszusage gebunden. Der Hauptausschuß hat lediglich zu prüfen, ob der Arbeitnehmer sich in seiner Tätigkeit für den Verband bewährt hat. Bei der Feststellung, ob dies der Fall ist, ist der Hauptausschuß an den für den Bereich des öffentlichen Dienstes in ständiger Rechtsprechung entwickelten unbestimmten Rechtsbegriff der Bewährung gebunden. Ein Ermessensspielraum besteht nicht (zuletzt: BAG Urteil vom 17. Februar 1993 – 4 AZR 153/92 – AP Nr. 29 zu § 23 a BAT, zu II 2 a der Gründe).
IV. Der Entstehung eines aufschiebend bedingten Anspruchs stehen weder die Grundsätze über die betriebliche Übung im öffentlichen Dienst noch die Schriftformklausel des § 4 Abs. 2 BAT entgegen.
1. Der Beklagte weist zunächst zu Recht darauf hin, daß ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst regelmäßig davon ausgehen muß, sein Arbeitgeber wolle nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Deshalb darf ein solcher Arbeitnehmer auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, in der Regel nicht darauf vertrauen, daß eine Übung Vertragsinhalt geworden ist und deshalb auf unbestimmte Zeit weitergilt. Diese einschränkenden Grundsätze beruhen auf der Überlegung, daß der öffentliche Arbeitgeber durch Anweisung vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen anders gebunden ist als der private Arbeitgeber (BAGE 73, 1 = AP Nr. 38 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu I 1 der Gründe; Urteil vom 14. September 1994 – 5 AZR 679/93 – AP Nr. 46 zu § 242 BGB Betriebliche Übung, zu II 1 b der Gründe, jeweils m.w.N.).
Diese Grundsätze können aber nicht zu Lasten des Klägers eine anspruchsbegründende betriebliche Übung verhindern: Es ist schon fraglich, ob sich der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Bereich der Zusatzversorgung auf die einschränkenden Grundsätze berufen darf. Die Erwartungen auf seiten der Arbeitnehmer, die sich wegen ihrer künftigen Altersversorgung auf Zusagen des Arbeitgebers verlassen, verdienen einen besonderen Schutz. Darüber hinaus unterscheidet sich der Rechtsstreit von den Fällen, in denen die wiedergegebenen Grundsätze aufgestellt wurden. Der beklagte Verband stellt die Regeln für die Beschäftigung seiner Mitarbeiter autonom auf. Er ist nicht an Weisungen vorgesetzter Dienststellen und Behörden gebunden. Er unterliegt keinen näheren staatlichen Festlegungen, was die bei ihm bestehenden Arbeitsverhältnisse angeht. Unter diesen Umständen besteht kein rechtlich gebotener Anlaß, den Beklagten vor der Anwendung der allgemeinen Grundsätze über die betriebliche Übung zu schützen. Es besteht eine auf einem konkreten Vorstandsbeschluß beruhende und diesen Beschluß lediglich ausführende langjährige tatsächliche Übung. Diese Übung hat, wie die Einstellungsgespräche gezeigt haben, bei den führenden Mitarbeitern des Beklagten den Eindruck erweckt, der Beklagte werde sich auch in Zukunft an diese Handhabung halten. Schließlich hat der Beklagte es ersichtlich auch geduldet, daß seine tatsächliche Handhabung bei Einstellungsgesprächen erörtert wird.
2. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die in Form einer betrieblichen Übung erfolgte Zusage an den Kläger, er werde nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen einen Versorgungsvertrag nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erhalten, sei als Nebenabrede wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 BAT formnichtig.
Bis zum Jahre 1988, also mehr als acht Jahre, hat der Beklagte nach einem förmlich gefaßten Vorstandsbeschluß unter bestimmten Bedingungen gleichförmige Versorgungsverträge abgeschlossen und dabei ein bestimmtes in der Satzung vorgesehenes Verfahren über den Hauptausschuß eingehalten. Er hat darüber hinaus nicht verhindert, daß in Einstellungsverhandlungen auf die bei ihm bestehende betriebliche Übung hingewiesen wurde. Angesichts dessen gelten die Grundsätze, die der Senat in seinem Urteil vom 7. September 1982 (BAGE 40, 126, 136 f. = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost, zu III 2 b und c der Gründe) aufgestellt hat. § 4 Abs. 2 BAT will die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen des öffentlichen Dienstes sichern und verhindern, daß irreguläre, vom Normensystem abweichende Absprachen einer dienstaufsichtlichen Überprüfung verborgen bleiben. Um die Verwirklichung dieses Regelungszweckes kann es im vorliegenden Fall nicht gehen. Maßnahmen der Dienstaufsicht stehen nicht in Rede. Der Verbandsvorstand selbst hat die Grundlage für eine dann durchgeführte betriebliche Übung geschaffen.
V. Nach alledem hat der Kläger einen Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Sein Anspruch beschränkt sich nicht darauf, daß der Beklagte eine Entscheidung über den Abschluß eines Versorgungsvertrages zu treffen hätte. Der Hauptausschuß des Beklagten hat vor seinem Beschluß hierüber nur festzustellen, ob die durch den Vorstandsbeschluß festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies war beim Kläger nach Ablauf der Vier-Jahres-Frist am 1. Juli 1992 der Fall. Der Beklagte hat sich während des gesamten Rechtsstreits nicht darauf berufen, der Kläger habe die Voraussetzungen einer Bewährung in der Verbandstätigkeit nicht erfüllt. Hierzu wäre spätestens nach dem obsiegenden Urteil erster Instanz Anlaß gewesen, hätte es solche Gründe gegeben.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Weinmann, Martschin
Fundstellen