Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Besitzstandsregelung in einer Versorgungsordnung

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Ablösung

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Urteil vom 06.02.1995; Aktenzeichen 5 Sa 12/94)

ArbG Hamburg (Urteil vom 25.01.1993; Aktenzeichen 26 Ca 559/88)

 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Februar 1995 – 5 Sa 12/94 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, in welchem Umfang die Beklagte den Betriebsrentenanspruch des Klägers nach Eintritt des Versorgungsfalles anpassen muß.

Der am 24. Oktober 1933 geborene Kläger war bis September 1969 bei der N gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH tätig. Seit dem 1. Oktober 1969 stand er in einem Arbeitsverhältnis bei der N t Städtebau, die zum 1. Januar 1992 mit der Beklagten verschmolzen worden ist. Er wechselte zum 1. Januar 1985 aufgrund eines Interessenausgleichs vom 29. Oktober 1984 zu der P GmbH über. Seit Dezember 1987 bezieht er gesetzliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die N Städtebau hatte dem Kläger am 1. April 1972 eine „Ruhegeldzusicherung” „nach den bestehenden Bestimmungen unserer Ruhegeldordnung” erteilt. Die der Zusicherung beigefügte Ruhegeldordnung sah vor, daß der Kläger eine Gesamtversorgung in Höhe von bis zu 75 % des in den letzten 24 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles durchschnittlich bezogenen Monatsgehaltes erhalten sollte. Weiter war in § 12 der Ruhegeldordnung bestimmt:

„Nach Beginn der Rentenzahlung verändert sich die Rente entsprechend den Veränderungen der Tarifgehälter für die Angestellten der Wohnungswirtschaft für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.”

Eine entsprechende Regelung wurde in § 11 der Ruhegeldordnung vom 30. Dezember 1976 (RGO 76) aufgenommen, die am 1. Januar 1977 in Kraft trat:

„Anpassung laufender Renten

Nach Beginn der Rentenzahlung werden die Renten entsprechend den Veränderungen der Gehälter nach dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland neu berechnet.”

Zum 1. Juli 1980 wurde eine neue Pensionsvereinbarung (PV 80) geschlossen. In deren § 14 wurde eine Anpassung von Pensionen nach Maßgabe der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes eines Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes zum 1. April des jeweils laufenden Jahres vereinbart. Die Neuregelung galt jedoch nicht für diejenigen Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1976 die 10jährige Wartezeit nach der bisherigen Ruhegeldordnung erfüllt hatten und eine Ruhegeldzusicherungsurkunde in der bis zum 31. Dezember 1976 verwendeten Fassung erhalten hatten. Hierzu gehörte auch der Kläger.

Im Jahre 1981 vereinbarten die Betriebsparteien eine Protokollnotiz zu § 11 RGO 76, deren Anwendbarkeit auf den Kläger zwischen den Parteien umstritten ist.

Mit Wirkung zum 30. Juni 1983 schließlich lösten die Betriebsparteien die Pensionsvereinbarung erneut ab. In dieser Vereinbarung (PV 83) heißt es u.a.:

㤠1

Kreis der Pensionsberechtigten

(1) Die Pensionsvereinbarung gilt für alle, die am 30. Juni 1983 Arbeitnehmer der N gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH, H, und N Städtebau Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden Unternehmen genannt) waren, und mit denen mindestens 50 % der vollen betriebsüblichen Arbeitszeit vereinbart sind.

(2) Sie gilt auch für Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1976 die Wartezeit nach der bisherigen Ruhegeldordnung (RGO) erfüllten. Diese Arbeitnehmer haben Anspruch auf Besitzstand nach § 18.

Protokollnotiz zu § 1

Für die ab dem 1. Juli 1983 neu eintretenden Arbeitnehmer gilt diese Pensionsvereinbarung nicht. Zum Ende der Phase des Strukturkonzepts (1985) soll geprüft werden, wie ein Weg gefunden werden kann, der diese Arbeitnehmer in die Pensionsvereinbarung einschließt.

§ 14

Anpassung von Pensionen

(1) Alle Pensionen, die nach dieser Pensionsvereinbarung gezahlt werden, werden jährlich zum Oktober angepaßt. Die Anpassung erfolgt nach Maßgabe der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes eines Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes aufgrund der Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Stichtag für den Index ist der 01.04. des laufenden Jahres.

(2) Die Anpassung darf die zuletzt vor dem Anpassungstermin vereinbarten Steigerungssätze des Gehaltstarifvertrages der Wohnungswirtschaft nicht überschreiten. Für den Fall, daß der Gehaltstarifvertrag der Wohnungswirtschaft auch nicht lineare Anpassungen beinhaltet (Sockelbeträge, unterschiedliche Steigerungssätze u.ä.), wird der für das Unternehmen durchschnittliche Anpassungssatz zugrunde gelegt.

§ 18

Besitzstandsregelung

(1) Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1976 die 10-jährige Wartezeit nach der bisherigen Ruhegeldordnung erfüllt und eine Ruhegeldzusicherungsurkunde in der bis zum 31. Dezember 1976 verwendeten Fassung erhalten haben, erhalten im Versorgungsfall mindestens die Leistungen nach der Ruhegeldordnung. Für die Berechnung der Betriebsrente ist das am 1. Juli 1983 erreichte ruhegeldfähige Einkommen maßgeblich. Ebenso wird für die gem. § 12 RGO anzurechnende Sozialversicherungsrente die allgemeine Bemessungsgrundlage in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 1. Juli 1983 herangezogen. Der prozentuale Steigerungssatz von 1 % pro Dienstjahr (max. 75 %) wird bis zum Eintreten des Versorgungsfalles fortgeschrieben.”

Nach Maßgabe der RGO 76 und der bei der Berechnung zugrunde gelegten Höhe der Sozialversicherungsrente stand dem Kläger ab dem 1. Dezember 1987 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 2.123,35 DM zu. Diesen Betrag zahlte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch zunächst an den Kläger aus. Sie erhöhte den Auszahlungsbetrag entsprechend der Anpassungsregelung in § 14 PV 83 bis zum 31. Dezember 1992 auf 2.422,62 DM. Vom Ausgangsbetrag am 1. Dezember 1987 ausgehend hätte sich der Betriebsrentenanspruch des Klägers in mehreren Stufen bis zum 31. Dezember 1992 auf 2.614,48 DM gesteigert, wäre die Anpassung nach § 11 RGV 76 entsprechend der Entwicklung des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft berechnet worden. Für die Zeit zwischen dem 1. Dezember 1987 und dem 31. Dezember 1992 ergäbe sich ein Differenzbetrag in Höhe von insgesamt 6.588,54 DM brutto.

Der Kläger hatte sich ursprünglich auch gegen die Festschreibung des ruhegeldfähigen Einkommens auf den 1. Juli 1983 gewendet und eine über die genannten Beträge hinausgehende Betriebsrente verlangt. Dieses Ziel hat er aufgrund des Senatsurteils vom 22. Mai 1990 (BAGE 65, 157 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung) nicht weiter verfolgt. Er hat nunmehr nur noch geltend gemacht, die Beklagte müsse die jährliche Anpassung nach § 11 RGO 76 und nicht nach § 14 PV 1983 vornehmen. Dies ergebe sich aus der Besitzstandsregelung in § 18 PV 83. Sein Anpassungsanspruch werde durch die Protokollnotiz zu § 11 RGO 76 aus dem Jahre 1981 nicht berührt.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.588,54 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab 1. Januar 1993 ein betriebliches Altersruhegeld von monatlich 2.614,48 DM zu zahlen;
  3. die Beklagte zu verurteilen, die Betriebsrente in Höhe von 2.614,48 DM ab dem Jahre 1993 jeweils zum 1. Juni entsprechend den Veränderungen der Gehälter nach dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzupassen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, § 18 PV 83 sei dahin auszulegen, daß nur die Errechnung des Ruhegeldes bei Eintritt des Versorgungsfalles nach der RGO 76 mit der nicht streitigen Festschreibung des ruhegeldfähigen Einkommens zu erfolgen habe. Im übrigen seien die Ansprüche des Klägers in der PV 83 abschließend geregelt. Auch § 14 PV 83 gelte für den Kläger, der eine solche Anpassungsregelung im übrigen bereits aufgrund der im Jahre 1981 vereinbarten Protokollnotiz zu § 11 RGO 76 hinnehmen müsse.

Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen entsprochen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A. Nach dem Klagevorbringen geht es ausschließlich darum, ob die Beklagte die laufenden Betriebsrentenzahlungen nach der Anpassungsregel in § 11 RGO 76 oder, wie unstreitig geschehen, nach § 14 PV 83 berechnen mußte. Bei der nach Auffassung des Klägers gebotenen Anwendung von § 11 RGO 76 ergibt sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1992 der Differenzbetrag, der Gegenstand des Zahlungsantrags zu 1. ist und die Höhe der insgesamt von der Beklagten ab dem 1. Januar 1993 geschuldeten Betriebsrente. Mit dem Antrag zu 3., den das Landesarbeitsgericht zutreffend als zulässigen Feststellungsantrag verstanden hat, strebt der Kläger eine Anpassung entsprechend der Regelung in § 11 RGO 76 auch für die Zukunft an.

B. Mit diesem Klagebegehren kann der Kläger insgesamt keinen Erfolg haben. Die Beklagte muß die dem Kläger geschuldete Betriebsrente lediglich nach § 14 PV 83 entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes anpassen. Daß die Beklagte diese Verpflichtung erfüllt, ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Eine darüber hinausgehende Anpassung an die Entwicklung der Tarifgehälter in der Wohnungswirtschaft nach § 11 RGO 76 schuldet die Beklagte nicht.

I. Nach der dem Kläger am 1. April 1972 erteilten Ruhegeldzusicherung ist für dessen Betriebsrentenanspruch die bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten geltende Ruhegeldordnung in ihrer jeweiligen Fassung maßgeblich. Dies ergibt sich bereits aus dem in der Zusicherung verwendeten Begriff der „bestehenden” Bestimmungen der Ruhegeldordnung. Auch der Kläger, der seine Ansprüche nicht auf die in der Zusicherung selbst in bezug genommene Ruhegeldordnung, sondern auf die Ruhegeldordnung vom 30. Dezember 1976 stützt, geht hiervon aus.

II. Damit kommt es für die Ruhegeldansprüche des Klägers auf die PV 83 an. Diese in Form einer Konzernbetriebsvereinbarung abgeschlossene Regelung gilt nach § 1 Abs. 1 für alle Arbeitnehmer, die wie der Kläger am 30. Juni 1983 in einem Arbeitsverhältnis bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestanden haben. Sie hat für diesen Personenkreis die vorangegangenen Konzernbetriebsvereinbarungen über betriebliche Altersversorgung, darunter auch die RGO 76, abgelöst. Dies war rechtlich möglich, weil im Verhältnis gleichrangiger Regelungen zueinander die Zeitkollisionsregel gilt, wonach die jüngere die ältere Norm ersetzt (BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung; BAGE 65, 157 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung).

III. Die Beklagte schuldet hiernach nur die von ihr auch durchgeführte Anpassung der laufenden Betriebsrente des Klägers entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes. Sie muß den Betriebsrentenanspruch nicht an die Entgeltentwicklung bei den Tarifgehältern in der Wohnungswirtschaft anpassen. Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Rechtsfolge bereits aus der von den Parteien unterschiedlich bewerteten Protokollnotiz zu § 11 RGO 76 aus dem Jahre 1981 ergibt. Sie folgt jedenfalls aus § 14 PV 83. Diese Vorschrift ist an die Stelle von § 11 RGO 76 getreten.

1. § 1 Abs. 2 PV 83 gibt einen ersten Hinweis darauf, daß es den Betriebsparteien bei ihrer Neuregelung darum ging, eine möglichst einheitliche Versorgungsregelung für alle damals bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zu schaffen. Sogar Arbeitnehmer wie der Kläger, die schon sieben Jahre zuvor die 10jährige Wartezeit nach der RGO 76 erfüllt hatten, wurden vorbehaltlich der in bezug genommenen Besitzstandsregelung des § 18 PV 83 der abändernden Neuregelung unterworfen.

2. Damit ist auch für das Ruhestandsverhältnis des Klägers die Anpassungsbestimmung des § 14 PV 83 maßgeblich. Entgegen der Auffassung des Klägers bestimmt § 18 PV 83 nichts hiervon abweichendes. Den in § 18 Abs. 1 PV 83 genannten Arbeitnehmern, zu denen auch der Kläger gehört, wird nicht zugesagt, daß sich die Entwicklung der von ihnen erdienten Versorgungsansprüche im Ruhestand weiterhin nach § 11 der abgelösten RGO 76 richten wird.

a) § 18 Abs. 1 PV 83 regelt nach seiner Überschrift Fragen des Besitzstandes. Hierunter versteht man herkömmlich die Rechtspositionen, die ein Arbeitnehmer auf der Grundlage der bisher zurückgelegten Beschäftigungszeiten anteilig erdient hat. Dazu zählt man üblicherweise die bis zum Ablösungszeitpunkt erdiente und nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zu errechnende Teilrente sowie möglicherweise eine erdiente Dynamik. Es geht bei Besitzstandsregelungen also typischerweise darum zu bestimmen, was von dem nach der alten Versorgungsordnung bis zum Ablösungszeitpunkt Erdienten dem Versorgungsanwärter bis zur Entstehung des Vollrechts bei Eintritt in den Ruhestand erhalten bleiben wird. Die von zurückgelegten Beschäftigungszeiten unabhängige Frage, wie sich die erdiente Betriebsrente während des Ruhestandes weiterentwickeln wird, gehört nicht hierhier.

b) Die einzelnen Regelungen in § 18 Abs. 1 PV 83 entsprechen der Überschrift dieser Norm. Zunächst wird festgelegt, daß die dort genannten Arbeitnehmer im Versorgungsfall mindestens die Leistungen nach der RGO 76 erhalten. Danach bestimmen § 18 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 Näheres „für die Berechnung der Betriebsrente”. Damit bestimmen die Sätze 1 bis 4 des § 18 Abs. 1 PV 83 umfassend und abschließend das, was die Betriebsparteien den dort genannten älteren Arbeitnehmern als Besitzstand erhalten wollen: Sie sollen im Versorgungsfall eine Betriebsrente erhalten, bei deren Berechnung in Abwandlung der Bestimmungen der RGO sowohl das ruhegeldfähige Einkommen als auch die gegenüber der Gesamtversorgungsobergrenze gegenzurechnende Sozialversicherungsrente auf den Stand vom 1. Juli 1983 festgeschrieben werden. Es geht in § 18 Abs. 1 PV 83 mithin um die Leistungen im Versorgungsfall. Eine Bestimmung über die Entwicklung dieser Leistungen nach Eintritt des Versorgungsfalls trifft die Vorschrift nicht. Die Betriebsparteien haben mit dem Begriff „im Versorgungsfall” nicht das Ruhestandsverhältnis als ganzes, sondern den Zeitpunkt bezeichnet, in dem erstmals Versorgung geschuldet wird, in dem es also auf die Berechnung ankommt, für die § 18 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 PV 83 die näheren Bestimmungen treffen. Daß die Betriebsparteien dabei von Leistungen, also im Plural, gesprochen haben, steht diesem Verständnis nicht entgegen. Hiermit wird auf die in § 2 RGO 76 genannten vier Arten der Versorgungsleistungen Bezug genommen, nicht auf eine während des Ruhestandsverhältnisses für diese Versorgungsleistungen geltende Anpassungspflicht.

c) Eine Anwendung von § 11 RGO 76 auf Betriebsrentenansprüche, die nach § 18 Abs. 1 PV 83 errechnet worden waren, stünde auch im Gegensatz zu § 18 Abs. 1 Satz 2 PV 83.

§ 11 RGO 76 schreibt nicht vor, daß sich die bei Eintritt des Versorgungsfalles errechnete Betriebsrente entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter in der Wohnungswirtschaft erhöhen soll. Die Vorschrift ordnet vielmehr an, daß die Betriebsrente entsprechend den Veränderungen der Gehälter nach dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in der Wohnungswirtschaft neu berechnet werden muß. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten mußte also die nach den ruhegeldfähigen Bezügen der letzten 24 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalls errechnete Rente entsprechend der eingetretenen Erhöhung des Tarifgehaltes neu berechnen und dann auf sie die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung anrechnen (§ 12 Abs. 2 RGO 76). Eine solche Neuberechnung stünde im Widerspruch zu § 18 Abs. 1 Satz 2 PV 83, der für die Berechnung der Betriebsrente nicht auf das letzte ruhegeldfähige Einkommen abstellt, sondern auf das am 1. Juli 1983 erreichte Arbeitsentgelt. Bei einer solchen Festschreibung kommt es auf spätere Entwicklungen der Tarifgehälter, sei es während des weiter fortbestehenden Arbeitsverhältnisses, sei es im Ruhestand, nicht mehr an.

d) Der Kläger beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf einen Vergleich von § 18 PV 83 mit einer ähnlichen Regelung in § 18 PV 80. Dort gab es zwar eine ausdrückliche Regelung, wonach die in § 18 PV 80 genannten Leistungen nach den Bestimmungen der neuen Versorgungsordnung angepaßt werden sollten. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Bestimmung in § 18 PV 83 kann aber nicht geschlossen werden, daß deshalb im Geltungsbereich dieser Bestimmung die alte Anpassungsregelung der RGO 76 gelten soll. Die ausdrückliche Erwähnung in der Pensionsvereinbarung aus dem Jahre 1980 erklärt sich daraus, daß die Betriebsparteien in § 18 Ansprüche begründet hatten, deren Höhe mit Hilfe zweier Berechnungspositionen zu ermitteln war. Die erste Position ergab sich aus einer Anwendung der RGO 76, die eine an der Entwicklung der Tarifgehälter orientierte Anpassungsregelung enthielt; die zweite Position war mit Hilfe der PV 80 zu errechnen, die bereits eine Anpassung entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes vorsah. Angesichts dessen mußten die Betriebsparteien klären, nach welcher der beiden Regelungen die errechneten Leistungen ab dem Eintritt des Versorgungsfalles anzupassen waren. Ein vergleichbarer Regelungsbedarf bestand für die Betriebspartner der PV 83 schon wegen der Festschreibung des ruhegeldfähigen Einkommens auf den 1. Juli 1983 nicht.

e) Der Kläger rügt auch zu Unrecht, daß das Landesarbeitsgericht seinem Hinweis auf eine Mitgliederzeitung der Unternehmensgruppe N nicht nachgegangen ist, in der es hieß „Die Ruhegeldordnung (RGO) gilt im Rahmen einer Besitzstandsklausel weiter”. Die Bedeutung einer solchen Äußerung für die Auslegung einer Betriebsvereinbarung ist begrenzt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie in allen Einzelheiten das wiedergibt, was die Betriebsparteien tatsächlich regeln wollten. Dies gilt besonders, wenn es um die streitige Entwicklung des Ruhegeldanspruchs während des Ruhestandes geht, die gegenüber der durch Betriebstreue erreichbaren Betriebsrente typischerweise für die Betroffenen nur von geringerem Interesse ist. Daß der Verfasser des vom Kläger angesprochenen Artikels den Regelungsgehalt der PV 83 nicht zutreffend wiedergegeben hat, ergibt sich im übrigen schon daraus, daß er die im Widerspruch zur RGO 76 stehende Festschreibung des ruhegeldfähigen Einkommens auf den 1. Juli 1983 nicht erwähnt hat.

IV. Die für Arbeitnehmer wie den Kläger in § 14 PV 83 gegenüber § 11 RGO 76 liegende Verschlechterung der betrieblichen Versorgungsregelung ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

1. Wenn die Betriebspartner eine an die Tarifentwicklung gebundene Dynamisierung der Betriebsrenten durch eine Regelung ersetzen, die eine Anpassung entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes vorschreibt, handelt es sich nicht um einen schwerwiegenden Eingriff. Die Betriebspartner bedürfen hierfür nur eines sachlich nachvollziehbaren und Willkür ausschließenden Grundes. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 16. Juli 1996 (– 3 AZR 398/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen) im einzelnen begründet. Von einer Vertiefung im vorliegenden Rechtsstreit wird abgesehen, weil der Kläger die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Wirksamkeit der Ablösung in der Revisionsinstanz nicht in Frage gestellt hat.

2. Im übrigen ergibt sich die Wirksamkeit der Ablösung auch aus der gerichtsbekannt außerordentlich schwierigen Lage der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahre 1983. In seinem Urteil vom 22. Mai 1990 (BAGE 55, 157 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung) hat der Senat hieraus sogar den für den Eingriff in die erdiente Dynamik durch § 18 Abs. 1 Satz 2 PV 83 erforderlichen triftigen Grund entnommen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Weinmann, Martschin

 

Fundstellen

Dokument-Index HI951940

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