Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten der Fahrerkarte für digitale Tachografen
Leitsatz (amtlich)
1. Die für das Führen von Lastkraftwagen nach § 2 FPersV erforderliche Fahrerkarte ist kein vom Arbeitgeber zu beschaffendes Betriebsmittel.
2. Beantragt ein als Kraftfahrer beschäftigter Arbeitnehmer auf Aufforderung seines Arbeitgebers bei der zuständigen Behörde nach § 4 FPersV die Ausstellung der Fahrerkarte, so besteht kein Anspruch, entsprechend § 670 BGB den Ersatz der Kosten verlangen zu können, die im Zusammenhang mit der Beschaffung der Fahrerkarte entstehen.
Orientierungssatz
1. Weist ein Transportunternehmer in einem Aushang die bei ihm im Güterverkehr beschäftigten Kraftfahrer darauf hin, die Einführung digitaler Tachografen für Neufahrzeuge stehe bevor, er habe seinerseits die erforderliche Unternehmerkarte bereits bestellt und fordert er die Fahrer ihrerseits auf, die für den Betrieb dieser Geräte zusätzlich erforderlichen Fahrerkarten bei der zuständigen Behörde zu beantragen, weil diese “zum Führerschein” gehörten, so liegt darin keine an die Belegschaft gerichtete Gesamtzusage mit dem Inhalt, er wolle die Fahrer von den infolge der Beantragung der Fahrerkarte entstehenden Kosten und Gebühren freistellen.
2. Wer im Interesse des Arbeitgebers und auf dessen Aufforderung Aufwendungen macht, die durch die Vergütung nicht abgegolten werden, kann entsprechend § 670 BGB Ersatz dieser Aufwendungen verlangen.
3. Ein Arbeitnehmer, der die Ausstellung der Fahrerkarte iSv. § 2 FPersV beantragt, handelt auch im Eigeninteresse:
• Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a FPersV kann nur der Inhaber der Fahrerlaubnis die Fahrerkarte beantragen. Dies spricht dafür, dass der Verordnungsgeber die Interessen so bewertet hat, dass der Fahrer die Kosten auch dann tragen soll, wenn er Arbeitnehmer ist.
• Der Arbeitnehmer darf – vergleichbar dem Fall des Fehlens der erforderlichen Fahrerlaubnis – die vertraglich geschuldete Fahrtätigkeit nicht anbieten, wenn er nicht im Besitz der Fahrerkarte ist.
• Der Arbeitnehmer kann die Fahrerkarte während ihrer fünfjährigen Laufdauer für das Führen von Kraftfahrzeugen auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses nutzen, das bei Beantragung der Fahrerkarte besteht.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 670; FPersV §§ 2, 4 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchst. a, § 23 Abs. 1 Nr. 2; Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 Art. 13
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 2007 – 3 Sa 1225/06 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung von Auslagen für den Erwerb einer Fahrerkarte hat.
Der Kläger wird seit 1988 von der Beklagten als Kraftfahrer in ihrem Transportunternehmen beschäftigt. Auf Grund der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 (ABl. EU Nr. L 102 vom 11. April 2006 S. 1) sind ab 1. Mai 2006 für LKW ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht anstelle der bisherigen analogen Kontrollgeräte digitale Tachografen vorgesehen. Zum Betrieb des digitalen Aufzeichnungsgeräts ist neben einer Unternehmerkarte auch eine Fahrerkarte von der Größe einer Scheckkarte erforderlich. In dem auf der Fahrerkarte befindlichen Chip sind die persönlichen Daten des Fahrers in maschinenlesbarer Form gespeichert. Voraussetzung für den Erhalt der Fahrerkarte ist eine Meldebescheinigung sowie ein Lichtbild. Die Chipkarte wird vom Kraftfahrt-Bundesamt gegen eine Gebühr von 38,00 Euro erstellt. Die Karte steht im Eigentum des Fahrers und ist nicht an ein bestimmtes Fahrzeug gebunden. Die Beklagte gab mit Aushang vom 10. Januar 2006 bekannt, dass alle Fahrer verpflichtet seien, unverzüglich die Fahrerkarte bei den für den gewöhnlichen Wohnsitz zuständigen Fahrerlaubnisbehörden zu beantragen. Mit Schreiben vom 16. Februar 2006 machte der Kläger erfolglos die Erstattung der angefallenen Auslagen für die Karte, für Passfotos sowie für die Meldebescheinigung in Höhe von insgesamt 58,00 Euro geltend.
Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Vereinbarung der Manteltarifvertrag (MTV) sowie der Lohntarifvertrag (LTV) für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Weder der MTV vom 26. April 2005 noch der LTV vom 26. April 2005 noch der rückwirkend zum 1. Mai 2006 in Kraft getretene LTV vom 4. September 2006 enthalten eine Bestimmung zur Fahrerkarte. Geregelt ist nur die Gesundheitsuntersuchung. Dazu heißt es in § 4 LTV vom 4. September 2006:
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Gesundheitsuntersuchung
Bei Fahrern von Kraftfahrzeugen mit mehr als 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht und einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 5 Jahren und einem Mindestalter von 50 Jahren übernimmt der Arbeitgeber die fällige reguläre Gesundheitsuntersuchung und die Kosten für die Umschreibung bzw. Verlängerung der Fahrerlaubnis.”
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Aufwendungen für die Fahrerkarte zu erstatten. Die Karte sei für ihn nutzlos. Sie sei lediglich ein Teil des digitalen Tachografen, der ohne die Karte nicht funktioniere. Soweit die Fahrerkarte der Identifizierung des Fahrers diene, könne das auch durch eine digitale Erkennung des Fingerabdrucks oder der Iris bewerkstelligt werden. Es bestehe eine Parallele zur Kostenerstattung für die Gesundheitsuntersuchung nach § 4 LTV. Die Fahrerkarte müsse als Arbeitsmittel vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen stelle der Aushang vom 10. Januar 2006 mit seiner “Fahrerinformation” eine Kostenzusage dar.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 58,00 Euro netto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28. März 2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Anspruchsgrundlage sei nicht ersichtlich. Es bestehe eine Parallele zur Fahrerlaubnis.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger weiterhin sein erstinstanzliches Klageziel.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Beschaffung der Fahrerkarte ergibt sich weder aus tarifvertraglichen Regelungen oder einer Gesamtzusage durch Aushang vom 10. Januar 2006 noch aus § 670 BGB analog.
I. Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich nicht aus den Bestimmungen des MTV und des LTV. In beiden Tarifverträgen sind keine Regelungen getroffen, die den Arbeitgeber verpflichten, die Kosten der Beschaffung einer Fahrerkarte zu tragen.
1. Die vom Kläger angeführte Bestimmung des § 4 LTV regelt nach ihrem Wortlaut ausschließlich die Kostenerstattung für die Gesundheitsuntersuchung sowie die Verlängerung der Fahrerlaubnis für Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als fünf Jahren und einem Mindestalter von 50 Jahren. Der Wortlaut ist eindeutig. Er besagt nichts darüber, wer die Kosten einer Fahrerkarte zu tragen hat. Eine analoge Anwendung der Bestimmung scheidet aus. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit dieser Regelung eine allgemeine Erstattungspflicht für behördlich erforderliche Dokumente des Arbeitnehmers vereinbaren wollten, sind nicht erkennbar. Zwar mag der Sinn und Zweck des § 4 LTV darauf gerichtet sein, Arbeitnehmer von bestimmten Kosten freizustellen, die ihnen regelmäßig auf Grund des Arbeitsverhältnisses entstehen. Ein Regelungswille, ihn generell von allen Kosten zu befreien, kann schon deswegen ausgeschlossen werden, weil die vereinbarte Erstattungsregelung nicht pauschal für alle Arbeitnehmer gilt, sondern nur Arbeitnehmer im vorgerückten Alter und einer längeren Betriebszugehörigkeit begünstigt.
2. Der LTV enthält auch in seiner nach der Einführung der Fahrerkarte abgeschlossenen Fassung vom 4. September 2006 keine Regelungslücke, die von den Gerichten für Arbeitssachen geschlossen werden könnte. Dabei kann dahinstehen, ob die Tarifvertragsparteien die Frage der Kostentragung für die Fahrerkarte bewusst nicht geregelt haben (bewusste Regelungslücke) oder ob sie diese Frage nicht erkannt und deshalb ungeregelt gelassen haben (unbewusste Regelungslücke).
Im Falle einer bewussten Regelungslücke ist die Rechtsprechung zu einer Lückenfüllung nicht befugt, weil hierin ein Eingriff in die Tarifautonomie läge (BAG 20. März 2002 – 4 AZR 90/01 – BAGE 101, 1, 7; 16. Februar 2000 – 4 AZR 422/99 – BAGE 93, 318, 326; 21. Oktober 1992 – 4 AZR 88/92 – juris Rn. 38, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 165; 10. November 1982 – 4 AZR 109/80 – BAGE 40, 345, 352; 23. September 1981 – 4 AZR 569/79 – BAGE 36, 218, 224 f.; Krause in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 4 Rn. 198; Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 1038).
Im Falle einer unbewussten Regelungslücke ist es den Gerichten für Arbeitssachen verwehrt, diese zu schließen, sofern mehrere Möglichkeiten der Lückenschließung bestehen (vgl. BAG 14. Oktober 2004 – 6 AZR 564/03 – juris Rn. 27, AP BAT SR 2r § 2 Nr. 3; 20. Mai 1999 – 6 AZR 451/97 – BAGE 91, 358, 367; 13. November 1985 – 4 AZR 234/84 – BAGE 50, 137, 145 f.; 23. September 1981 – 4 AZR 569/79 – BAGE 36, 218, 225; 24. Mai 1978 – 4 AZR 769/76 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 6 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 11; Krause in Jacobs/Krause/Oetker § 4 Rn. 199). So ist es hier: Es kommen unterschiedliche Lösungen in Betracht. Die Tarifvertragsparteien könnten sich sowohl für eine als auch gegen eine Erstattungspflicht entscheiden. Denkbar wären auch nach Betriebszugehörigkeit differenzierende Lösungen, wie sie bereits in § 4 LTV angelegt sind. Es wäre ein Eingriff in die Autonomie der Tarifvertragsparteien, wenn das Revisionsgericht entschiede, welche Lösung ihm sachgerecht und angemessen erschiene.
II. Dem Kläger ist auch durch den Aushang vom 10. Januar 2006 keine Kostenerstattung zugesagt worden. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, enthält der Aushang keine Gesamtzusage.
1. Eine Gesamtzusage ist eine an alle Arbeitnehmer oder an abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Der Arbeitnehmer erwirbt dann einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung (§ 151 BGB) des in der Gesamtzusage enthaltenen Angebots des Arbeitgebers wird nicht erwartet (vgl. BAG GS 16. September 1986 – GS 1/82 – BAGE 53, 42, 55). Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln (§§ 133, 157 BGB). Maßgeblich ist der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht des Empfängers (Senat 25. Januar 2000 – 9 AZR 140/99 – juris Rn. 33, AP BGB § 157 Nr. 15 = EzA BGB § 133 Nr. 22).
2. Da es sich bei dem Aushang um eine typische, über den Einzelfall hinausgehende Verlautbarung der Beklagten handelt, kann der Senat die Auslegung seines Inhalts uneingeschränkt überprüfen (vgl. Senat 25. Januar 2000 – 9 AZR 140/99 – juris Rn. 32, AP BGB § 157 Nr. 15 = EzA BGB § 133 Nr. 22; BAG 14. Juni 1995 – 5 AZR 126/94 – juris Rn. 25, AP BGB § 611 Personalrabatt Nr. 1 = EzA BGB § 611 Personalrabatt Nr. 1; 15. Dezember 1956 – 2 AZR 364/56 – AP ZPO § 549 Nr. 4).
3. Nach dem aus Sicht der betroffenen Arbeitnehmer zu beurteilenden objektiven Erklärungsgehalt enthält der Aushang vom 10. Januar 2006 keine Aussage, die Beklagte wolle die Kosten für die Beschaffung der Fahrerkarte übernehmen. Weder die Begleitumstände (vgl. BGH 19. Januar 2000 – VIII ZR 275/98 – juris Rn. 20, MDR 2000, 692) noch die Interessenlage der Parteien (vgl. BGH 3. April 2000 – II ZR 194/98 – juris Rn. 11, NJW 2000, 2099 mwN) legen ein solches Verständnis nahe.
a) In dem Aushang weist die Beklagte darauf hin, dass mit der rechtsverbindlichen Einführung digitaler Tachografen für Neufahrzeuge ab Anfang Mai 2006 zu rechnen ist. Weiter führt die Beklagte aus, dass bei Inanspruchnahme von Mietfahrzeugen sowie im Falle der Ersetzung defekter analoger Tachografen zeitnah Fahrzeuge mit digitalem Tachografen zum Einsatz kommen könnten. Die Beklagte erklärt – dies ist durch Fettdruck besonders hervorgehoben –, sie habe ihre Unternehmerkarte bereits bestellt. Mit einer ebenfalls durch Fettdruck hervorgehobenen Aufforderung werden die Fahrer angewiesen, sich ihrerseits unverzüglich die Fahrerkarte zu besorgen. Schließlich führt die Beklagte aus, dass die Fahrerkarte nur vom Fahrer beantragt werden könne und “zum Führerschein” gehöre.
b) Irgendein Hinweis dahingehend, die Beklagte werde die Kosten für die Beschaffung der Fahrerkarte erstatten, ist nicht erkennbar. Im Gegenteil sind Anhaltspunkte dafür auszumachen, der Fahrer habe die Kosten selbst zu tragen. Hierfür spricht die hervorgehobene Gegenüberstellung: Die Beklagte hat ihre Unternehmerkarte bereits bestellt, die Fahrer müssen nun ihrerseits die Fahrerkarte beantragen. Dies kann so zu verstehen sein, jeder solle seinen Teil beitragen und – unausgesprochen – seine Kosten tragen. In diese Richtung weist auch der Hinweis der Beklagten, die Fahrerkarte gehöre zum Führerschein. Das kann so verstanden werden, der Fahrer habe die Kosten für die Beschaffung der Fahrerkarte ebenso zu tragen wie für die Beschaffung des Führerscheins.
c) Besondere Begleitumstände des Aushangs, die für die Auslegung bedeutsam sein könnten, sind nicht festgestellt.
Die objektive Interessenlage der Parteien ist nicht so gestaltet, dass ein verständiger Arbeitnehmer Grund zur Annahme hat, der Transportunternehmer wolle sich verpflichten, die Kosten der Beschaffung der Fahrerkarte zu übernehmen. Mag auch das betriebliche Interesse groß sein, es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch der Arbeitnehmer ein eigenes Interesse hat. Die Fahrerkarte wird für ihn persönlich ausgestellt und ermöglicht ihm das Führen von LKW ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht. Die Nutzung der Fahrerkarte ist nicht auf das bestehende Arbeitsverhältnis beschränkt. Ihre Gültigkeitsdauer beträgt fünf Jahre. Somit hat jede Partei ein Interesse. Der Kläger konnte bei dieser Interessenvermischung nicht ohne weiteres davon ausgehen, seine Arbeitgeberin wolle die Kosten übernehmen.
III. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten auch keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen aus analoger Anwendung von § 670 BGB.
1. Nach § 670 BGB ist der Auftraggeber zum Ersatz der Aufwendungen des Beauftragten verpflichtet. Diese Bestimmung findet auf einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung (Senat 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – Rn. 21, BAGE 118, 16; 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1; 19. Mai 1998 – 9 AZR 307/96 – BAGE 89, 26; BAG GS 10. November 1961 – GS 1/60 – BAGE 12, 15). Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch keinen Vorteil ziehen (Staudinger/Martinek BGB (2006) § 667 Rn. 1). Die für die Erbringung der Arbeitsleistung notwendigen Betriebsmittel hat der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Nur was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird durch die Vergütungszahlung ausgeglichen (Senat 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – aaO; BAG GS 10. November 1961 – GS 1/60 – aaO). Wer im Interesse des Arbeitgebers und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, kann Ersatz dieser Aufwendungen verlangen (Senat 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – juris Rn. 41, aaO; 19. Mai 1998 – 9 AZR 307/96 – BAGE 89, 26, 29; BAG 21. August 1985 – 7 AZR 199/83 – juris Rn. 47, AP BGB § 618 Nr. 19 = EzA BGB § 618 Nr. 5; 21. März 1973 – 4 AZR 187/72 – BAGE 25, 107, 113).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein Aufwendungsersatzanspruch in analoger Anwendung des § 670 BGB nicht anzuerkennen.
a) Es besteht ein beiderseitiges Interesse der Arbeitsvertragsparteien an der Beschaffung der Fahrerkarte. Auch bei typisierender Betrachtung kann nicht festgestellt werden, dass das Interesse des Arbeitgebers so weit überwiegt, dass allein der Arbeitgeber die Kosten tragen soll.
aa) Die Rechtsprechung hat für die Bewertung der Interessenlage darauf abgestellt, wem der Gesetzgeber eine Beschaffungspflicht zugewiesen hat. So hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer Aufwendungen für die nach den geltenden Unfallverhütungsvorschriften vorgeschriebenen Sicherheitsschuhe zu ersetzen. Auf Grund der Unfallverhütungsvorschriften sowie der gesetzlichen Regelung der §§ 618, 619 BGB obliege die Beschaffung von Sicherheitsschuhen allein dem Arbeitgeber. Deswegen liege der Kauf von Sicherheitsschuhen durch den Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers (21. August 1985 – 7 AZR 199/83 – Rn. 47, AP BGB § 618 Nr. 19 = EzA BGB § 618 Nr. 5). Das zum Ersatz der Aufwendungen gehörige Interesse des Arbeitgebers kann sich demnach aus den gesetzlichen Beschaffungsvorschriften ergeben.
Die Frage, wer die Fahrerkarte zu beschaffen hat, ist eindeutig geregelt: Antragsberechtigt für die Erteilung der Fahrerkarte ist nach § 4 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. a FPersV nur der Inhaber der Fahrerlaubnis, somit allein der Arbeitnehmer. Dies spricht dafür, dass der gesetzlich ermächtigte Verordnungsgeber die Interessen so bewertet hat, dass der Fahrer die Kosten für die Erteilung der Fahrerkarte auch dann tragen soll, wenn er Arbeitnehmer ist.
bb) Der erkennende Senat hat in der Nutzung von privaten Räumlichkeiten zur Erfüllung der Arbeitspflicht ein Vermögensopfer gesehen, das Aufwendungsersatzansprüche in entsprechender Anwendung von § 670 BGB begründen könne (14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1). In dieser Entscheidung hat der Senat darauf abgestellt, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Ersatz der Aufwendungen verlangen kann, wenn sie in dessem Interesse liegen (14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – Rn. 41, aaO). Zwar liegt auf der Hand, dass der Arbeitgeber ein erhebliches Interesse daran haben kann, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung zu Hause erbringen, um Kosten für die Unterhaltung von teurem Büroraum zu sparen. Zu beachten ist jedoch, dass auch der Arbeitnehmer ein Interesse an einem häuslichen Arbeitszimmer haben kann, um Fahrtkosten zu sparen. Dies verdeutlicht, dass Aufwendungen im Interesse beider Arbeitsvertragsparteien liegen können. Dem Arbeitgeber kann nur dann das alleinige Tragen der Aufwendungen auferlegt werden, wenn sein Interesse so weit überwiegt, dass das Interesse des anderen vernachlässigt werden kann.
cc) Im Fall der Fahrerkarte ist die Bestimmung, in wessen Interesse die Beschaffung der Fahrerkarte vorrangig liegt, nicht eindeutig zu beantworten. Zwar kann der Arbeitnehmer regelmäßig darauf verweisen, dass er die Fahrerkarte auf Wunsch des Arbeitgebers und allein für einen Einsatz im Rahmen des Arbeitsverhältnisses beschafft hat. Der Arbeitgeber hat ein dringendes betriebliches Interesse daran, dass seine Arbeitnehmer über die für das Führen von Lastkraftwagen erforderliche (§ 2 FPersV) Fahrerkarte verfügen. Der Einsatz eines Fahrers auf einem LKW mit digitalem Tachografen, der über keine Fahrerkarte verfügt, würde eine Ordnungswidrigkeit des Arbeitgebers nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 FPersV darstellen. Danach handelt ordnungswidrig iSd. § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Fahrpersonalgesetzes, wer als Unternehmer gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 “verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig … entgegen Artikel 13 für … die ordnungsgemäße Benutzung … der Fahrerkarte nicht sorgt”.
Andererseits hat der Arbeitnehmer auch ein eigenes Interesse an der Erlangung der Fahrerkarte. Ohne die Fahrerkarte dürfte er die vertraglich geschuldete Fahrtätigkeit nicht anbieten. Würde er einen LKW mit digitalem Tachografen ohne die erforderliche Fahrerkarte betreiben, beginge er ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit. Gem. § 23 Abs. 2 Nr. 2 FPersV handelt ordnungswidrig, “wer als Fahrer gegen die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig … entgegen Artikel 13 für … die ordnungsgemäße Benutzung … der Fahrerkarte nicht sorgt”.
Die Frage, in wessen Interesse die Beschaffung der Fahrerkarte vorrangig liegt, lässt sich auch mit einem Blick auf die Beweggründe des Verordnungsgebers nicht abschließend klären. So wird mit der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr insbesondere ausweislich der Erwägungen Nr. 1, 16 und 17 sowie des Art. 1 bezweckt, die Arbeitsbedingungen im Straßenverkehr zu verbessern. Dies liegt im Interesse der betroffenen Fahrer. Gleichzeitig wird jedoch das Ziel verfolgt, die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern (Erwägung Nr. 1 sowie Art. 1 der Verordnung). Dies wiederum liegt im Interesse der redlichen Unternehmer.
b) Die Beschaffung einer Fahrerkarte für Arbeitnehmer, die als LKW-Fahrer angestellt sind, kann als Teil der selbstverständlichen Einsatzpflicht angesehen werden.
Der erkennende Senat hat unter Berufung auf den Großen Senat festgestellt, dass nur, was zur “selbstverständlichen Einsatzpflicht” des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, durch die Vergütungszahlung ausgeglichen wird (14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – juris Rn. 47, AP BGB § 670 Nr. 32 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 1; BAG GS 10. November 1961 – GS 1/60 – BAGE 12, 15, 27). Deswegen kann der Arbeitnehmer keinen Ersatz für normalen Verschleiß seiner bei der Arbeit getragenen Kleidung verlangen (Senat 19. Mai 1998 – 9 AZR 307/96 – BAGE 89, 26, 29 f.; BAG GS 10. November 1961 – GS 1/60 – aaO). Dagegen kann er Ersatz von Aufwendungen für die Neubeschaffung von Kleidung verlangen, wenn der Sachschaden “durchaus außergewöhnlich” ist und der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder nach der Art der Arbeit nicht damit zu rechnen hatte (BAG GS 10. November 1961 – GS 1/60 – aaO, der Glasboden einer Korbflasche platzt ab, und Säure beschädigt die Kleider des Arbeitnehmers). Weiterhin hat der Senat entschieden, dass die ständige Nutzung von mindestens 8 m(2) Wohnraum im Interesse des Arbeitgebers auch im Außendienst den üblichen Rahmen übersteigt und damit nicht mehr zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers gehört (Senat 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 – aaO).
Was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht eines Arbeitnehmers gehört, ist nach der geschuldeten Arbeitsleistung zu bestimmen. Die Beschaffung einer Fahrerkarte für Arbeitnehmer, die als LKW-Fahrer angestellt sind, kann – anders etwa als bei einem als Chauffeur angestellten Fahrer – als Teil der selbstverständlichen Einsatzpflicht angesehen werden. Denn ohne Fahrerkarte könnte der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung als Lastkraftfahrer in LKW mit digitalem Tachografen nicht anbieten. Die Aufwendungen für die Fahrerkarte scheinen insoweit vergleichbar mit den Aufwendungen für die Verlängerung der Fahrerlaubnis inklusive Gesundheitsuntersuchung, die für Lastkraftfahrer alle fünf Jahre erforderlich wird (§§ 23, 24 iVm. Anlage 5 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, Fahrerlaubnis-Verordnung). Diese Kosten hat grundsätzlich der Fahrer selbst zu tragen. Hiervon gehen offensichtlich auch die Tarifvertragsparteien im Bereich der Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen aus; denn sonst wäre die Regelung in § 4 LTV überflüssig.
c) Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Fahrerkarte kein Bestandteil eines Tachografen und muss deshalb auch nicht als Arbeitsmittel vom Arbeitgeber bereitgestellt werden. Die Fahrerkarte kann in Verbindung mit jedem beliebigen digitalen Tachografen in jedem beliebigen entsprechend ausgestatteten Fahrzeug genutzt werden. Zwar stellt das im LKW eingebaute Kontrollgerät selbst ein Betriebsmittel dar, das ebenso wie der LKW vom Arbeitgeber zu beschaffen und finanzieren ist. Dies gilt für die Fahrerkarte jedoch nicht. Sie wird für den Arbeitnehmer persönlich ausgestellt und bleibt in seinem Besitz. Der Arbeitnehmer kann während der fünfjährigen Laufzeit der Fahrerkarte nacheinander oder gleichzeitig für beliebig viele Arbeitgeber LKW-Fahrten durchführen. Ebenso kann der Arbeitnehmer neben dem Arbeitsverhältnis als Selbstständiger unter Verwendung der Fahrerkarte einen LKW gewerblich nutzen. Diese Übertragbarkeit stellt ein gewichtiges Argument gegen eine Pflicht zur Kostenerstattung durch den Arbeitgeber dar.
Die Fahrerkarte kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deswegen als Teil des Kontrollgeräts und damit als vom Arbeitgeber zu beschaffendes Betriebsmittel angesehen werden, weil sie nur eine Identifizierungsfunktion ähnlich einem elektronischen Fingerabdruck habe. Die Fahrerkarte dient nicht lediglich dazu, die Identität des Fahrers an das Kontrollgerät zu übermitteln. Vielmehr werden auf der Fahrerkarte ua. die Lenk- und Ruhezeiten des Karteninhabers gespeichert, um auch bei einem Einsatz auf wechselnden LKW die Einhaltung beispielsweise der vorgeschriebenen Ruhezeiten überprüfbar zu machen (siehe Verordnung (EG) Nr. 1360/2002 der Kommission vom 13. Juni 2002 zur siebten Anpassung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr an den technischen Fortschritt, Anhang I B IV 5.2 = Seite 37 f. nach juris).
B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Krasshöfer, Gallner, Furche, Preuß
Fundstellen
Haufe-Index 1971254 |
BAGE 2009, 210 |
DB 2008, 933 |